Unsere Kinder
Tipps für Eltern von Kindern und Jugendlichen

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© SoundWords, online seit: 15.07.2016, aktualisiert: 06.07.2023

  Leitverse: 1. Mose 21,17-19

1Mo 21,17-19: Und der Engel Gottes rief der Hagar vom Himmel zu und sprach zu ihr: Was ist dir, Hagar? Fürchte dich nicht! Denn Gott hat auf die Stimme des Knaben gehört, da wo er ist. Stehe auf, nimm den Knaben und fasse ihn mit deiner Hand, denn ich will ihn zu einer großen Nation machen. Und Gort öffnete ihre Augen und sie sah einen Wasserbrunnen; und sie ging hin und füllte den Schlauch mit Wasser und tränkte den Knaben.

Einleitung

Der Teil der Geschichte Hagars, dem die obigen Verse entnommen sind, ist ergreifend. Abraham hatte sie – die Frau nach dem Fleisch, deren Sohn nicht mit Isaak, dem Sohn der Verheißung, erben sollte – aus seinem Haus entlassen. Einsam irrte sie mit ihrem Knaben in der dürren Wüste von Beerseba umher, und als schließlich der Wasserschlauch, den Abraham ihr bei der Entlassung mitgegeben hatte, leer geworden war, warf sie in bitterer Verzweiflung ihr verdurstendes Kind unter einen Strauch und setzte sich selbst weinend einen Bogenschuss weit entfernt von ihm nieder, um das Sterben des Kindes nicht ansehen zu müssen.

Hagars Kummer erweckt unwillkürlich unser Mitgefühl. Ihr Schmerz angesichts des sicheren Untergangs ihres einzigen Kindes rührt uns. Auch Gottes Herz wurde durch Hagars Weinen bewegt. War nicht Ismael trotz allem Abrahams Sohn? Und siehe da, ein Engel, ein dienstbarer Geist, ging von dem Thron Gottes aus, um der verzweifelnden Mutter Trost zuzusprechen und ihr einen „Wasserbrunnen“ zu zeigen, aus dem sie schöpfen und so ihr sterbendes Kind am Leben erhalten konnte.

Wenn Kinder nicht den Weg des Glaubens gehen

Beim Nachdenken über diesen Abschnitt werden unsere Augen unwillkürlich auf unsere Kinder gelenkt. Manche von ihnen sind schon herangewachsen. Solange sie im elterlichen Haus sind, vielleicht noch die Schule besuchen, gehen sie ja, selbst wenn sie noch nicht errettet sind, den Weg der Eltern. Vielleicht tun sie es weniger aus Bedürfnis als aus Gehorsam. Sind sie aber einmal der Schule entwachsen, haben sie gar das elterliche Haus verlassen und müssen sich nun mehr oder weniger in der Welt zurechtfinden, so macht sich der verderbliche Einfluss der Welt oft in erschreckender Weise bemerkbar. Zuweilen werden sie mit unheimlicher Schnelligkeit umgarnt und in Sünde und Verderben hineingezogen. Mit Schmerz und tiefer Wehmut sehen die Eltern, wie sie sich jedem christlichen Einfluss entziehen, für alles Göttliche abstumpfen und ihr Ohr und Herz vor allen Ermahnungen verschließen. Und auch wenn gläubige Eltern auch hinsichtlich aller ihrer Kinder der Gnade Gottes vertrauen und selbst im Blick auf solche, die in Welt und Sünde hineingeraten sind, darauf hoffen dürfen, dass der Reichtum des göttlichen Erbarmens auch sie auf den Weg des Glaubens bringen wird, so ist und bleibt es doch sehr betrübend, wenn die schönsten Jahre des Lebens in der Welt, ja oft im Schlamm der Sünde zugebracht werden. Die Folgen eines solchen Lebens bleiben auch, selbst wenn die Gnade Gottes eingreift und aus dem Verderben herausreißt, in vielen Fällen bestehen.

In unseren Tagen sind die Gefahren größer denn je. Furchtbar wirkt der Zeitgeist auf die Jugend ein. Viele sind bereits durch ihn beeinflusst und angesteckt worden. Wir möchten gleich Hagar bitterlich weinen über all den Schaden, der schon angerichtet ist, und zum Herrn schreien ob der geistlichen Not, die schlimmer ist als ein natürliches Sterben, wie es bei Ismael einzutreten drohte. Zugleich aber drängt sich uns die Frage auf: Wie kann dem Bösen am besten begegnet, wie ihm vorgebeugt werden? Die Befreiung derer, die schon von den Einflüssen und Stricken des Feindes gefangengenommen worden sind, ist ein besonders ernstes Kapitel. Sehr oft gibt es da kein anderes Mittel mehr als ein anhaltendes, dringendes Flehen für sie zu Gott.

Wenn ich in Beantwortung der oben gestellten Frage einige Gedanken niederschreibe, so geschieht es zunächst in dem Bewusstsein, dass es für die Erziehung der Kinder keine Schablone gibt; dann aber auch in der klaren Erkenntnis, dass alle eigene Kraft und Weisheit gerade in diesem Falle völlig versagt. Wenn irgendwo, so ist das Wort der Heiligen Schrift in Jakobus 1,5 hier am Platz: „Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er von Gott, der allen willig gibt.“ Es steht auch wohl außer Frage, dass jedes Elternpaar, das im Licht wandelt, sein häufiges Versagen bekennen und, wenn seine Kinder errettet sind und auf dem Weg des Glaubens geht, dies nicht sich, sondern mit dankbarem Herzen der Gnade Gottes zuschreiben wird. Damit soll selbstverständlich nicht gesagt sein, dass Eltern die Hände in den Schoß legen sollen. Im Gegenteil: Eine ernste Verantwortlichkeit ruht auf ihnen, der sie sich nicht ohne Folgen entziehen können.

Kinder sind eine Gabe

Zum Ausgangspunkt meiner Ausführungen möchte ich ein Wort nehmen, das, obgleich es dem Alten Testament entnommen und zunächst für Israel bestimmt, doch auch heute für alle Eltern bedeutungsvoll ist und das laut und eindringlich zu uns redet vor allem in einer Zeit, die Familie und Familienleben am liebsten ganz ausrotten möchte. Es lautet: „Siehe, ein Erbteil des HERRN sind Söhne, eine Belohnung die Leibesfrucht“ (Ps 127,3). Die Bedeutung dieses Wortes kann gar nicht überschätzt werden. Hier muss unsere Betrachtung beginnen, ja hier liegen Anfang und Ausgang für jedes richtige Handeln in der Frage der Kindererziehung. Kinder sind eine Gabe Gottes, das kostbarste von all den Gütern, die unserer Verwaltung anvertraut sind. Ja, vergessen wir es nie: Kinder sind Güter und anvertraute Schätze. Dass die uns umgebende Welt oftmals nicht so denkt und urteilt, ist bekannt; aber wir haben es nicht mit dem Urteil der Welt, sondern mit den Gedanken Gottes zu tun. Bleiben wir nur einen Augenblick bei dem Wort stehen: anvertraute Schätze, die wir verwalten sollen! Welch ein hohes Vorrecht einerseits, welch eine ernste Pflicht andererseits! Die Worte des Herrn: „Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat“, und: „Ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren“ (Heb 2,13; Joh 17,12), beschäftigen uns oft und rufen in unseren Herzen heilige Bewunderung und Anbetung wach. Wir wissen ja, wer diese Kinder sind und wie unser Herr für sie sorgt. Aber vergessen wir nicht, dass Gott auch uns solche anvertraut, die wir behüten und für Ihn erziehen sollen, damit keines von ihnen verlorengehe.

Wir wiederholen: ein gesegnetes Vorrecht, eine heilige Aufgabe! Betrachtet man von dieser Seite aus die Erziehung der Kinder, so wird man sich gewiss gern der Arbeit und Mühe unterziehen, die mit ihr verbunden sind. Man wird sich mit heiligem Eifer bemühen, in dieser Beziehung als „treue Verwalter" erfunden zu werden, und Gott wird uns ganz gewiss in seiner Gnade und Barmherzigkeit zu Hilfe kommen bei einer Arbeit, vor der man sonst verzagt zurückschrecken müsste. Die Aussicht, einmal auch vor Gott hintreten und, die uns Anvertrauten mit uns führend, sagen zu dürfen: „Siehe, ich und die Kinder, die Du mir gegeben hast“, wird selbst in schweren und entmutigenden Fällen betendes Ausharren und geduldiges Warten bewirken.

Das Vorbild Hannas

Sehen wir in unseren Kindern das, was Gott in ihnen sieht, so werden sie nicht nur erbetene, sondern auch auf betendem Herzen getragene Kinder sein. Das Gebet ist und bleibt ja die erste und wichtigste Arbeit bei der Erziehung. Ein lehrreiches Beispiel dafür liefert uns Hanna, die Mutter Samuels. Sie erbat ihren Sohn vom Herrn, und Ihm weihte sie ihn, und zwar für alle Tage seines Lebens. Es ist wohltuend, eine solche Gesinnung bei einer gläubigen Mutter des Alten Testaments vorzufinden; zugleich aber wird mit Macht die Frage in uns wachgerufen: Wo sind die betenden Väter und Mütter in unseren Tagen? Wenn bei der Erziehung unserer Kinder so manches übersehen und versäumt wird, wenn so viele in falsche Bahnen geleitet werden, liegt es nicht einfach daran, dass jene wichtige Arbeit vernachlässigt oder doch nur mechanisch ausgeführt wird, so dass Herz und Gewissen nicht dabei in Tätigkeit kommen?

Wir wollen uns gegenseitig ermuntern, mehr als bisher von unserem gesegneten Vorrecht Gebrauch zu machen. Das Gebet ist eine Macht, die das Herz und die Hand Gottes in Bewegung setzt. Möchten wir uns dessen mehr bewusst sein und diese Macht, diesen Schlüssel zu den Schatzkammern der Gnade Gottes, reichlicher benutzen! Zahlreich und groß sind die Verheißungen Gottes hinsichtlich des Rufens der Seinen und zahllos die Beispiele seiner gnädigen Erhörung, nicht zum wenigsten gerade im Blick auf unsere Kinder.

Beten aus einem Bedürfnis heraus

Das Gebet, das aus einem wahren Bedürfnis hervorgeht und in gläubiger Einfalt anhaltend geübt wird, wirkt auch noch in anderer Beziehung. Es übt gesegnete Einflüsse auf uns selbst aus, indem es unser Auge wachsam und scharf macht für Gefahren, die den Kindern drohen. Im Lichte der Gegenwart Gottes zu weilen, übt das Auge und befähigt es, Gefahren zu entdecken, die ein anderes, weniger geübtes Auge noch gar nicht sieht. Wie vielem kann da beizeiten vorgebeugt werden! Man wird auch davor bewahrt, gleichgültig zu sein wie einst der Priester Eli, der die Ungerechtigkeit seiner Söhne „wusste“, aber ihnen „nicht wehrte“. Wer in aufrichtigem, inbrünstigem Gebet, im Gefühl seiner Verantwortlichkeit, vor dem Herrn für seine Kinder eintritt, der kann nur mit tiefem Schmerz und wahrer Beugung die Wahrnehmung machen, dass seine Kinder nicht die Wege des Herrn gehen. Er macht sich vor dem Herrn eins mit seinen Kindern und hat die geziemenden Gefühle über ihr Verhalten. Er entschuldigt nicht das Böse bei seinen Kindern, noch weniger deckt er es zu; und wenn er von irgendeiner Seite, sei es geschickt oder ungeschickt, aufmerksam gemacht wird auf irgendeine Gefahr, die seinen Kindern droht, so nimmt er es mit dankbarem Herzen aus des Herrn Hand an. Er erblickt in der Warnung eine Antwort auf sein Rufen und behandelt sie dementsprechend.

Manche Eltern werden sehr geübt und auf die Probe gestellt, weil es so scheint, als ob der Herr nicht auf ihre Gebete höre. Ihre Kinder gehen eigene und oft gar böse Wege. Aber es ist wahr, was ein alter Christ in dieser Hinsicht einmal sagte: „Durch unsere Kinder müssen wir lernen, was wir sonst nie gelernt hätten.“ Zur Ermunterung für solche Eltern, die für ihre Kinder ernst und anhaltend beten und doch scheinbar keine Erfolge haben, sei hier, abgesehen von vielen anderen Fällen, an den Kirchenvater Augustin, den Sohn der Monika, erinnert. Jahrelang ging er eigene Wege, aber seine Mutter hörte nicht auf, ihn Tag und Nacht unter Tränen im Gebet dem Herrn darzubringen, so dass einer von ihren Bekannten ihr einmal sagte: „Ein Sohn so vieler Tränen kann nicht verlorengehen.“ Und er ging nicht verloren; nein, er wurde gefunden, und Gott benutzte ihn zu reichem Segen für viele.

Das Vorbild der Eltern

Nächst dem Gebet ist ein sehr wichtiger Punkt das persönliche Vorbild. Wir alle wissen aus Erfahrung, dass der Anschauungsunterricht der beste ist. Das gilt auch im Blick auf unsere Kinder, die wir aufziehen sollen „in der Zucht und Ermahnung des Herrn“ (Eph 6,4; Kol 3,21). Wie es niemals ohne gesegnete Einflüsse bleiben kann, wenn die Kinder wahrnehmen, dass wir mit ausharrendem Eifer am Thron der Gnade für sie ringen, so ruft auch der treue, vorbildliche Wandel ernste, unverwischbare Eindrücke hervor. Wenn wir der Aufforderung des Herrn folgen: „Lernt von mir“, oder: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit, wie ich euch getan habe, auch ihr tut“ (Joh 13,15; vgl. Mt 11,29); wenn wir uns beeifern, so „zu wandeln, wie er gewandelt ist“ (1Joh 2,6), dann wird das sicherlich nicht ohne Wirkung bleiben. Wie mancher ist gewonnen worden durch den treuen Wandel von Gläubigen, die er kannte! Worte erwiesen sich als wirkungslos, „der Wandel ohne Wort“ überwältigte ihn.

Vor allen Dingen bleiben Kinder nicht unberührt von dem Verhalten ihrer Eltern. Alles, was sie an ihnen wahrnehmen, prägt sich ihren jungen Herzen ein, sei es zum Schaden oder zum Nutzen. Die guten Lehren und Unterweisungen, die ihnen daheim, in der Sonntagschule und in den Versammlungen zuteilwerden, fassen oder behalten sie vielleicht nicht, aber nie vergessen sie es, wenn sie ihre Eltern den Weg des Glaubens und in den Fußstapfen des Herrn Jesus, des Sanftmütigen und von Herzen Demütigen, vorangehen sehen. Ein solches Beispiel geht den Kindern nach und beeinflusst sie selbst noch in den späteren Jahren ihres Lebens.

Gelegentlich eines Zusammenkommens mehrerer junger Männer zwecks Besprechung schwieriger Bibelstellen sagte einer von ihnen: „Mir hat meine Mutter die beste Bibelerklärung gegeben; sie lebte mir die Bibel vor.“ Ein berühmter englischer Schriftsteller (Thomas Carlyle) bekennt von seiner Mutter: „Sie war die aufrichtigste Christin, die mir je in meinem Leben vorgekommen ist.“ Von seinem Vater konnte er bezeugen: „Er hat nie den Mund aufgetan, wenn er nicht etwas Wertvolles zu sagen wusste; nie habe ich eine leere Redensart von ihm gehört … Er las nur ein einziges Buch, die Bibel. Sie war ihm der Inbegriff aller Weisheit, und nie hat er an irgendeinem ihrer Worte gezweifelt.“ Ein Diener des Herrn berichtet: „Meine Mutter erzählte mir eines Tages, als ich noch ein Kind war, die Geschichte vom Heiland, wie er am Kreuz für uns starb. Dabei fielen heiße Tränen aus ihren, Augen auf meine Hand. Diese Tränen haben mich zum Herrn geführt. Ich bin früh ein Schäflein des guten Hirten geworden und es geblieben, und ich darf Ihm nun dienen.“

Das sind schöne Zeugnisse, nicht wahr? Sie ließen sich mühelos vermehren; doch diese mögen genügen. Ein jeder von uns weiß ja auch aus eigener Erfahrung von solchen Beispielen und Vorbildern zu reden. Und sie wirken in der Stille, bringen Segen hervor, wenn auch manchmal erst nach Jahren, aber niemals bleiben sie ohne Frucht.

Wollen wir uns nicht fragen: Wie sieht es in unseren Häusern aus? Was nehmen unsere Kinder an uns wahr? Ist es etwas, was sie günstig beeinflusst und zum Guten anspornt?

Eltern müssen sich einig sein

Schließlich möge auch ein Punkt hervorgehoben werden, der von der allergrößten Wichtigkeit ist. Es ist dieser: Vater und Mutter sollten bei der Erziehung ihrer Kinder stets völlig eins sein, füreinander eintreten, selbst wenn sie einmal meinen, der andere Teil sei in seinen Anordnungen etwas zu weit oder nicht weit genug gegangen. Unberechenbar ist der Schaden, wenn durch die Unweisheit des einen Ehegatten die Autorität und das Ansehen des anderen bei den Kindern untergraben wird. Seien wir deshalb auf der Hut! Vor allen Dingen gebe der Herr allen gläubigen Eltern darin einen Sinn, dass sie mit ihrem ganzen Haus in wahrer Absonderung von der Welt und ihren Dingen den Glaubensweg gehen und die Kinder so zu erziehen wünschen, dass sie, unter dem Einfluss des Wortes Gottes und durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes, schon früh den Herrn als ihren Heiland kennenlernen und ebenfalls wünschen, auf seinen Wegen zu wandeln! Von Abraham konnte der HERR bezeugen: „Ich habe ihn erkannt, damit er seinen Kindern und seinem Haus nach ihm befehle, dass sie den Weg des HERRN bewahren, Gerechtigkeit und Recht zu üben“ (1Mo 18,19). Und dieser Berufung entsprach Abraham. Möge der Herr dieselbe Entschiedenheit bei allen Gläubigen bewirken, denen Er einen Platz und Ruf als Haupt und Priester in der Familie gegeben hat!

Die Bedeutung des Wortes Gottes im Elternhaus

Die Verordnungen Gottes im Alten Bund geben uns manch wertvollen Wink für das praktische Leben auch in der gegenwärtigen Zeit. So die bekannte Verordnung für den Erstgeborenen in Verbindung mit dem Passah und dem Fest der ungesäuerten Brote in 2. Mose 13. Die Erstgeborenen gehörten Gott aufgrund ihrer Befreiung von dem Gericht, das alle Erstgeburt im Land Ägypten getroffen hatte. Diese Befreiung hatte sie aber nicht nur in ein besonderes Verhältnis zu Gott gebracht, sondern auch ihnen und mit ihnen dem ganzen Volk eine ernste Verantwortlichkeit auferlegt. Der HERR, der Gott Israels, der sie aus Ägypten herausgeführt und zu sich gebracht hatte, war ein heiliger Gott, und deshalb durfte kein Sauerteig (das bekannte Bild der wirkenden Sünde) in allen Grenzen Israels gesehen werden, solange das Fest der ungesäuerten Brote währte. Als äußere Erinnerungszeichen an den Auszug aus dem „Haus der Knechtschaft“ (dem Bild der „Welt“) mussten die Israeliten Denkzeichen auf Hand und Stirn binden: „Es sei dir zum Zeichen an deiner Hand und zu einem Denkzeichen zwischen deinen Augen, damit das Gesetz des HERRN in deinem Munde sei.“ Der Gott, der sie mit starker Hand befreit hatte, machte Ansprüche an sie; all ihr Denken und Sinnen, ihr Tun und Handeln musste fortan unter der Leitung seines Wortes stehen.

In Übereinstimmung damit lesen wir: „Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen auf deinem Herzen sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt und wenn du auf dem Weg gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst. Und du sollst sie zum Zeichen auf deine Hand binden, und sie sollen zu Stirnbändern sein zwischen deinen Augen; und du sollst sie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore schreiben“ (5Mo 6,6-9; vgl. 5Mo 11,18-21). Wie schön und ernst ist die Reihenfolge in diesen Versen! Wenn die Gebote Gottes im Herzen der Eltern wohnen, werden sie auch im rechten Augenblick hervorkommen, denn „aus der Fülle des Herzens redet der Mund“; sie werden daheim und auf dem Weg, in Zeiten der Ruhe und der Tätigkeit den Kindern eingeprägt werden, indem sie Kopf und Hand der Eltern leiten und ihren bildenden und bewahrenden Einfluss auf das ganze Haus ausüben. Das Zeugnis des Hauses wird nach innen und außen, bis zu den Pfosten und Toren hin, ein gutes Zeugnis sein. Wenn nur alle christlichen Häuser diesem Bild entsprechen möchten! Welch ein Segen würden sie sein gerade in diesen Tagen der Zuchtlosigkeit und Gottvergessenheit!

Wie schon weiter oben angedeutet wurde, ist zur Erziehung der Kinder auch viel „Weisheit von oben“ nötig. Gott öffnete der Hagar die Augen, so dass sie den Wasserbrunnen sah, aus dem sie schöpfen konnte. Doch wird nicht der „Wasserbrunnen“ der Gnade Gottes, der für alle da, für alle zugänglich ist, von manchen Eltern gewohnheitsmäßig vernachlässigt? Anstatt für sich und ihre Lieben zu schöpfen, lassen sie die ihnen von Gott geöffnete Quelle unberührt. Die Folgen werden nicht lange auf sich warten lassen. Wenn wir einmal von uns selbst reden wollen, wird ja gewiss der Treueste unter uns nicht sagen können, dass bei ihm alles so vor sich gegangen sei, so geordnet werde, dass der Herr nichts zu tadeln finde. Man kennt seine eigene Unzulänglichkeit und seine vielen Verfehlungen gut, und gerade weil man sie kennt, geht man zur Quelle und empfängt, was man bedarf.

Aber es gibt Häuser, wo in dieser Hinsicht eine erschreckende Gleichgültigkeit und Leichtfertigkeit herrschen, obwohl vielleicht an der Wand der Spruch hängt: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“ Ja, da hängt er und wird von den ins Haus Eintretenden gelesen, aber in den Herzen der Bewohner lebt er nicht. Vielleicht hält man den Kindern lange Sittenpredigten, aber weil im eigenen Leben und Wandel die himmlische Gesinnung fehlt, haben die Worte keine Kraft. Sie verhallen wirkungslos, ja bewirken vielleicht nur eine noch größere Verhärtung des Herzens. Dass in solchen Häusern die Kinder sich der Welt zuwenden oder auf die Einflüsterungen des Unglaubens horchen, ist nicht verwunderlich. Es ist ernst, aus dem Mund gläubiger Eltern Bekenntnisse zu vernehmen wie das folgende: „Wir waren nicht treu, waren keine Vorbilder für unsere Kinder, und so sind sie alle ihre Wege gegangen und machen uns jetzt viele Schmerzen und bringen Unehre auf den Namen des Herrn.“

Vor einiger Zeit befand sich der Schreiber in einer Familie, wo ihm Gelegenheit geboten wurde, mit einem erwachsenen Sohn ein Wort zu reden. Der junge Mann offenbarte ohne Scheu den Unglauben seines Herzens. Als der anwesende Vater das vernahm, wurde er unwillig und wies den Sohn scharf zurecht. Aber ich suchte ihn zu beschwichtigen, und als wir allein waren, sagte ich zu ihm: „Die Zeit, um ein Kind so zu behandeln, wie du es soeben getan hast, ist in diesem Alter vorbei. Jetzt gilt es, in der Gegenwart des Herrn zu weinen, sich zu demütigen ob der eigenen Untreue und der der Kinder und zu Gott um Gnade und Erbarmen zu flehen. Dem Demütigen und Zerschlagenen gibt Gott Gnade.“

Was bieten wir unseren Kindern?

Bei dieser Gelegenheit sei noch Folgendes hervorgehoben: Wir wissen alle, dass unsere heranwachsenden Kinder nach vermehrter geistiger Anregung verlangen, auch gern etwas für sich haben möchten. „Man muss ihnen etwas bieten“, sagt man deshalb. Ganz recht; aber wie und was? Sind sie bekehrt, so ist es ja leichter, ihren Wünschen nachzukommen, wenn auch das neue Leben vielfach schwach ist und mehr Neigungen zu den Dingen der Welt vorhanden sind als Hingabe an den Herrn; sie möchten in ihrem Auftreten gern Schritt halten mit der Welt und ihren sogenannten Fortschritten. Sind die Kinder nicht bekehrt, so bedarf es weit größerer Gnade und Einsicht, um ihnen das Rechte darzubieten und ihnen so zu dienen, dass Bedürfnisse geweckt werden nach dem Herrn und seinen Wegen. Leider werden den Kindern oft Zugeständnisse gemacht und Dinge geboten, die ihnen zum Schaden gereichen, ja sie geradezu in die Arme der Welt führen. Der Herr wolle uns geben, dass wir Augensalbe von Ihm nehmen, um klar zu sehen, ein besonnenes Urteil behalten und unseren Kindern nichts erlauben oder bieten, was sie schädlich beeinflussen oder böse Neigungen in ihnen nähren könnte.

Sich um die Jugend kümmern

Endlich sei noch in Liebe ein Wort an alle gerichtet. Wir sind dem Herrn zu großem Dank verpflichtet für den Segen, den Er unseren Kindern durch die Sonntagsschule geschenkt hat und schenkt. An vielen Orten haben sich auch schon seit Jahren Brüder und Schwestern mit hingebender Liebe der heranwachsenden Jugend angenommen, und viele bekennen mit dankbarem Herzen, dass sie reichen Segen durch solche Bemühungen empfangen haben, in der Erkenntnis befördert und zugleich vor manchen Schlingen des Feindes bewahrt wurden.

Nun, in unserer Zeit mit ihren furchtbaren Gefahren und den stetig wachsenden Bedürfnissen auf geistlichem Gebiet gilt es, sich auch in besonderer Weise der reiferen Jugend anzunehmen. Ein verständnisvolles Nachgehen und ein liebendes Beschäftigtsein mit den Einzelnen wie in größerem Kreis ist nötig. Je ernster die Tage werden und je näher wir dem Ziel kommen, umso höher und mannigfaltiger werden ja die Anforderungen, die an einen jeden von uns herantreten. Aber wir wollen es uns dadurch nicht nehmen lassen, der Jugend nachzugehen, indem wir den Gläubigen unter ihnen die Schönheit des Herrn und seines Wortes vorstellen und die, die noch ohne Heil dahingehen, immer wieder ermuntern, in seine rettenden Arme zu fliehen, ehe es für ewig zu spät ist.

Es könnte in dieser Hinsicht sicher manches anders unter uns sein, als es ist. Vielerorts fehlt es wohl noch an dem genügenden Verständnis für diese Frage. Das Bestreben der Ungläubigen, der Schule die Bibel zu rauben, hat freilich manchen die Augen geöffnet und sie mit Schrecken sehen lassen, wohin wir treiben; aber doch erkennen viele, zu viele, noch gar wenig den Ernst und die dringende Not unserer Tage und fühlen darum nicht, was uns nottut. Deshalb sagt das Wort: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!“ Auch heute passt gewiss das Wort: „Es ist gegen Abend, und der Tag hat sich geneigt.“ Die Nacht, da niemand wirken kann, wirft schon ihre dunklen Schatten voraus. Das „Geheimnis der Gesetzlosigkeit“ ist nahe daran, in dem „Gesetzlosen“ vor aller Augen enthüllt zu werden.

Der Dienst an der Jugend ist oft nicht leicht; er bringt manche Selbstverleugnung mit sich, gibt aber auch viel Freude, macht dankbare Herzen und kann vor allem auf die Anerkennung des Herrn rechnen. Die, welche durch solchen Dienst Segen empfangen, vergessen es auch selten; es bleibt ihnen für ihr ganzes Leben in dankbarer Erinnerung. Daher wollen wir alle viel den Brunnen Gottes aufsuchen und aus der Quelle schöpfen für uns selbst und für andere. Unsere Hände seien stark und lasst uns sie nicht erschlaffen lassen, denn „es gibt Lohn für unser Tun“ (2Chr 15,7). Die Zeit der Abrechnung naht heran und mit ihr sein Lohn.


Originaltitel: „Unsere Kinder“
aus Botschafter des Heils in Christo, 1920, S. 309–324;
von der Redaktion sprachlich leicht bearbeitet


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