Mythos Wissenschaft (4)
Die Theologie auf dem Prüfstand

Willem Johannes Ouweneel

© CLV, online seit: 30.01.2005, aktualisiert: 17.11.2022

Theologie

Wer sich mit der Bibel beschäftigt und das wirklich eingehend tun will, der muss sich auch mit dem beschäftigen, was Menschen schon seit tausenden von Jahren über die Bibel sagen. Man kann ja nicht so leben, als hätte man selbst das Feuer oder das Rad erfunden, man baut ja weiter auf dem auf, was andere gesagt haben.

Und so war die Theologie die vierte Wissenschaft in meinem Leben. Und ich habe mich auch mit der Geschichte dieser Theologie beschäftigt. Das ist sehr wichtig, denn viele Menschen, vielleicht fast alle von uns, kommen kaum noch an die Bibel heran. Wenn wir die Bibel lesen, lesen wir die Bibel durch die Brille, die uns in der Erziehung aufgesetzt worden ist, und das ist die Brille einer gewissen Theologie. Einer Laien-Theologie, einer spezialistischen Theologie, einer dummen Theologie, einer hochintelligenten Theologie, aber irgendwie eine Brille. Wer von uns möchte behaupten, er habe gar keine Brille auf der Nase, er komme ganz unvoreingenommen, objektiv an die Bibel heran. Ich habe es schon gesagt, das gibt es auch in der Wissenschaft nicht. Unvoreingenommene, neutrale, objektive Wissenschaft gibt es nicht, und genauso gibt es auch keine unvoreingenommene, neutrale, objektive Betrachtung der Bibel. Bilden wir uns nichts ein, ich kann es nicht und Sie können es auch nicht. Wenn Leute sagen, jetzt haben wir diese Meinung gehört, jetzt wollen wir einfach mal sehen, was die Bibel sagt, das ist gut gemeint, aber der das sagt, hat auch eine Brille auf der Nase, er weiß es nur nicht, er ist schlechter dran als die anderen beiden, die es vielleicht wohl wissen. Man ist schon sehr weit, wenn man weiß, dass man eine Brille auf hat.

Und deshalb ist es so wichtig zu sehen, wo diese Brille herkommt. Was haben wir denn für geistliche Vorfahren gehabt, aus welcher Tradition stammen wir, schaffen wir es noch irgendwie, zu der Bibel selbst hindurchzudringen. Ich frage mich das jeden Tag, schaffe ich das noch, kann ich meine Brille noch so überprüfen, kann ich mich noch da durchgraben, durch diese Schicht, die ich selbst durch die Tradition um die Bibel gewoben habe. Ich weiß es nicht, ich versuche es. Darum habe ich mich mit der Geschichte der Theologie beschäftigt, denn da lerne ich, wie diese Schichten aufgebaut worden sind. Und dann habe ich wieder etwas Erschütterndes entdeckt. Die Mythologie! Ich hätte es wissen können aus 2. Timotheus 4, dass die Menschen in der Endzeit die Ohren von der Wahrheit abwenden würden, abkehren würden und sich zu den Fabeln hinwenden würden, zu den Mythen. Ich hätte es erwarten können, aber auch in der Theologie?

Ja, gerade in der Theologie. Jede Irrlehre aus der Kirchengeschichte kam ja aus der Theologie, einfache Leute ersinnen keine Irrlehren, und wenn sie es tun, dann machen sie keinen Eindruck. Irrlehren kommen immer von den Theologen, ein gefährliches Gebiet, aber alle Wissenschaft ist gefährlich. Wenn Sie sich nicht mit gefährlichen Dingen beschäftigen wollen, dann machen Sie am besten überhaupt keine Wissenschaft. Aber wenn wir es doch wollen, wenn wir diese Herausforderung nun akzeptieren wollen, dann seien Sie vorsichtig, denn überall haben wir es mit Mythologie zu tun. Die moderne Theologie, das ist also die Theologie von 99% der Theologen, stammt aus der Aufklärung, stammt aus demselben Klima, woraus die moderne Biologie, die moderne Philosophie, die moderne Psychologie stammt. Sie stammt aus diesem Denkklima von Menschen, die sagen, wir wollen keine Autorität mehr über uns, wir wollen nur noch die Autorität des modernen Verstandes.

Auch die moderne Theologie hat gelitten unter diesen falschen Auffassungen der neutralen, objektiven, unvoreingenommenen Theologie. Gegenüber der traditionellen Theologie sagen wir, jetzt wollen wir einmal objektiv sein und rein und unvoreingenommen an die Tatsachen herangehen. Und so wurde alles Übernatürliche abgelehnt, denn das ging ja gegen den gesunden Verstand, alles was übernatürlich ist, das geht natürlich nicht mehr. Die Wunder wurden abgelehnt, die Auferstehung kann es nicht geben, Inspiration kann es nicht geben. Der christliche Glaube wurde von den sogenannten Heilstatsachen getrennt.

Seitdem hat es viele Theologen gegeben, die versucht haben, den Schritt zurück zu machen, und es ist eigentlich fast nie wieder gelungen. Ich könnte da viele Namen nennen, es hat gewaltige Entwicklungen gegeben. Friedrich Schleiermacher war der erste, der im vergangenen Jahrhundert versuchte, diesen Rückzug zu machen gegenüber der liberalen Theologie, der Aufklärung. Aber Schleiermacher, man könnte fast sagen typisch für das 19. Jahrhundert, hat nur über das religiöse Bewusstsein gesprochen und über das Gefühl, typisch für die Zeit der Romantik. Gegenüber der Verstandesverherrlichung, der Vernunftverherrlichung hat er das Gefühl verherrlicht, aber den Jesus der Bibel hat er uns nicht zurückgegeben. Und die Bibel als das Wort Gottes hat er uns auch nicht zurückgegeben, das schien wohl vorbei zu sein. Man versucht es weiter, es gibt auch Theologen, die uns Jesus zurückgeben wollen.

Christentum ist nicht ein schönes Gefühl. Das ist typisch modern und manche Evangelisten verkündigen das auch so: Du hast jetzt Drogen versucht, du hast jetzt Sex versucht, du hast dieses und jenes versucht, hast Popmusik versucht, jetzt musst du Jesus mal probieren, so wird es gemacht. Suchst du das Glück, du hast es überall gesucht, jetzt musst du Jesus mal probieren. Und ich bringe dir ein schönes Gefühl bei, du musst ein schönes Gefühl haben, mit Jesus hast du das. – Und manche nehmen Jesus an und denken, dass sie auch ein schönes Gefühl dabei bekommen, aber nach zwei, drei, vier, sechs Jahren versuchen sie doch wieder mal was anderes.

Die Heilstatsachen bedeuten, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, der in diese Welt gekommen ist, um Sein Leben zu geben für arme Sünder. Und das bedeutet ganz besonders, dass Er auferstanden ist. Man kann sofort die Leute herausfinden, die noch auf der Seite Gottes sind. Glauben Sie noch an die Auferstehung Jesu oder stehen Sie einfach, darf ich mal sagen, auf der Seite der Mythologie? Das wird natürlich spannend, denn heutzutage bekommen wir immer zu hören, dass solche, die noch an die Auferstehung Jesu glauben, an die körperliche, buchstäbliche Auferstehung aus den Toten, dass das gerade solche sind, die noch in der alten Mythologie stecken. Lassen Sie sich nichts vormachen. Ich behaupte, dass es genau umgekehrt ist, es gehört zu der modernen Mythologie, das zu leugnen. Was ist die Mythologie? Die Mythologie ist das, dass Menschen behaupten, aufgrund der modernen, unvoreingenommenen Wissenschaft nicht mehr an die Auferstehung Jesu glauben zu können.

Vielleicht der berühmteste oder bekannteste deutsche Theologe aus dem 20. Jahrhundert war Rudolf Bultmann, und der sagte, ein moderner Mensch, der das Radio – heute würde er sagen, der das Fernsehen – einschaltet, der zum Arzt geht, wenn er krank ist usw., solch einem Menschen kann man doch nicht mehr vormachen, dass es eine Welt von Engeln und Dämonen gibt. Man kann ihn doch nicht mehr mit solchen Dingen belästigen wie eine Auferstehung und all das. Ist das der moderne Mensch? Wie kommt es denn, lieber Herr Rudolf Bultmann, wie kommt es denn, dass der Okkultismus zum Beispiel heute mächtiger und stärker ist als je zuvor? Ist das der moderne rationelle Mensch? Wie kommt das denn, dass der Mensch sich so massiv dieser modernen Mythologie übergibt, wie kommt es, dass der moderne Mensch sich so massiv der New-Age-Bewegung übergibt, diese moderne Mythologie aus dem Osten? Ist das der moderne Mensch, der unmöglich noch an die Auferstehung glauben kann, weil die neutrale, objektive Wissenschaft ihm bewiesen hat, dass eine Auferstehung unmöglich ist? Nein, ich werde ihnen sagen, Rudolf Bultmann ist einfach überholt, denn diese Weltanschauung Bultmanns gibt es gar nicht, hat es damals eigentlich nicht gegeben, aber heute umso weniger.

Der moderne Mensch ist höchst irrational, oft solchen Dingen wie Okkultismus ergeben. Erzähle mir nicht, dass solch ein Mensch unmöglich an eine Auferstehung glauben kann. Er glaubt an noch viel, viel Unglaubwürdigeres als das. Es ist die moderne Mythologie. Diese moderne Mythologie wird uns zum Verhängnis werden, wie manch anderen Dinge. Nein, der moderne Mensch ist, etwas überspitzt ausgedrückt, ja gerade der, der diese Mythologie durchschaut und der es versteht, was der Apostel Paulus hier sagt. Wir hören nicht auf solche Menschen. Timotheus sagte er es, es war sein Testament. Wir hören nicht auf solche Menschen. Er sagt im ersten Vers, Jesus Christus, der da richten wird Lebendige und Tote, ich sage es, bezeuge es bei seiner Erscheinung und seinem Reiche. Das alles ist für den modernen Menschen natürlich völlig unverständlich und unakzeptabel.

2. Petrus 3 sagt, dass der moderne Mensch meint, die Wiederkunft Jesu, die gibt es doch gar nicht, das ist altmodisch. Das hat schon 2000 Jahre gedauert, glauben denn die Christen wirklich noch, dass Jesus wiederkommen wird nach 1900 Jahren? Glauben sie das noch immer? Das ist doch undenkbar, dass solche Intervention möglich wäre, in den Weltlauf hinein, ein solches Eingreifen von oben. Und da sagt Petrus ganz nüchtern, solche Leute vergessen, dass das schon einmal passiert ist, nämlich bei der Sintflut. Seit Charles Lyle ist die Sintflut schön aus der Wissenschaft entfernt. Eine Katastrophe? Nein, die Sintflut gibt es nicht mehr. Warum hat man das so gerne gemacht, warum wollte man von der Sintflut nichts wissen? Weil die Sintflut beweist, dass es nicht nur einen Schöpfer gibt, dem gegenüber ich verantwortlich bin, dass es nicht nur die Sünde gibt, wodurch ich diesem Gott tatsächlich schuldig gegenüber stehe, so dass ich Vergebung und Erlösung brauche. Drittens beweist die Sintflut mir auch noch, dass Gott Sich auch tatsächlich darum kümmert und dass Er den schuldigen Menschen auch tatsächlich für schuldig hält und ihn auch richtet, wenn sich dieser Mensch nicht bekehrt.

Das ist erschütternd, das will der moderne Mensch gar nicht hören. Er will nicht hören, dass er schuldig ist und dass er es auch noch mit einem Richter zu tun hat, der letztendlich diesen schuldigen Menschen nicht für unschuldig halten wird. Das will er gar nicht hören. Was macht er deshalb? Er sucht sich die Psychologen und die Theologen und die Biologen und die Philosophen aus. Es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Psychologen usw. aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren zu den Fabeln, den Mythen hinwenden. Wird es vielleicht nicht Zeit für Sie, ein bisschen Vertrauen zu dem Wort Gottes zu haben, zu der glaubwürdigen Bibel? Kein Theologe hat es seit der Aufklärung geschafft, uns die Heilstatsachen Jesu wiederzugeben, es sei denn die paar wenigen Köpfe, die die alte Linie der bibeltreuen Theologie festgehalten haben. Aber die muss man mit einem Laternchen heutzutage in Deutschland suchen.

Denken wir einmal an die körperliche Auferstehung. Wie viele Theologen glauben in Deutschland noch an die körperliche Auferstehung des Herrn Jesus Christus? Wie viele Theologen in Deutschland gibt es noch, die glauben, dass wir es in der Bibel mit dem Wort Gottes zu tun haben, dass es Gott Selbst ist, der in diesen Worten direkt zu uns redet. Es ist alles Mythologie und das ist nicht nur in Deutschland so, das ist überall so in der modernen westlichen Welt. Gibt es unter den Lesern vielleicht solche, die sagen, ich versuche es doch mal wieder mit der glaubwürdigen Bibel? Hat Sie das Gelesene angerührt, dann müssen Sie erst die Sache zwischen sich und Gott bereinigen. Dann müssen Sie erst einmal sehen, dass Sie nicht einfach zu Gott hingehen können, wenn Sie nicht das Problem Ihrer Schuld zur Sprache bringen werden und anerkennen wollen, dass Sie vor diesem Gott schuldig dastehen in jeglicher Hinsicht, wenn Sie auch noch so ein anständiger Mensch gewesen sind. Und wenn Sie nicht bereit sind, sich so sehr zu demütigen, dass Sie den einzigen Weg akzeptieren, Jesus Christus, dann wird es nichts zwischen Gott und Ihnen. Man muss sich demütigen, man muss sich so klein machen, dass man sagt, ich brauche tatsächlich das einzige Mittel, das Gott gegeben hat, um mich mit Ihm zu versöhnen, so dass ich von einem Feind wieder ein Freund werden kann.

Denken wir einmal an Buße und Glaube an Jesus Christus. Es gibt in Deutschland noch immer, das ist einmalig in der Welt, einen Buß- und Bettag. Aber wie viele Leute da büßen und beten, das fragt keiner, es ist nur ein Urlaubstag. Das ist genau, was Deutschland braucht und jeder Mensch in der westlichen und östlichen Welt, Buße vor Gott. Und das Gebet: 0, Gott, sei mir Sünder gnädig. Wer das fertig bringt, und das können Sie durch die Kraft des Heiligen Geistes, sich selbst überwinden und sich klein machen vor Gott. Für solch eine Person geht die Welt auf, da geht das Licht auf, da verschwindet die Mythologie, die die moderne Wissenschaft uns gebracht hat und da sieht man die Wahrheit Gottes. Fehlerhaft und schwach, ich habe die Wahrheit auch nicht gepachtet, aber ich versuche einfach, mich der glaubwürdigen Bibel zu unterwerfen und dem Wort Gottes zu gehorchen.

Ich habe auch nicht über alles die Wahrheit erkannt, ich sehe auch nur fehlerhaft, aber ich sehe wenigstens. Ich hoffe, ich darf das so sagen, weil Gott mein Herz berührt hat mit Seinem Heiligen Geist, mit Seinem Wort. Das möchte ich Ihnen wünschen. Ich hoffe, dass Sie über diese Dinge nachsinnen werden und sich dann nicht wieder alles von der Mythologie aus dem Herzen rauben lassen wollen, sondern darüber nachdenken. Ich hoffe, Sie werden diese Dinge mit Gott bereinigen und sich vor Gott demütigen. Ich hoffe, Sie werden die Bibel lesen und sich zu Herzen nehmen, um darin den großen, wunderbaren, mächtigen Gott zu finden durch Seinen Sohn Jesus Christus. Das wünsche ich Ihnen, lassen Sie sich nicht von der Mythologie verführen. Nehmen Sie nicht mein Wort an, sondern versuchen Sie es mal mit der Bibel selbst, lesen Sie dieses Wort und beten Sie ganz einfach in Ihrem Herzen: Gott, öffne mir die Bibel, Dein Wort. Wenn es die Wahrheit ist, zeige es mir, gib mir die Kraft, dieses Wort, diese glaubwürdige Bibel anzunehmen und zum Leitfaden für mein Leben zu machen. Gott möge Ihnen dabei helfen.

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Aus dem vergriffenen Buch Mythos Wissenschaft
mit freundlicher Genehmigung des CLV-Verlages www.clv.de

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