Gottvertrauen oder Verantwortungsbewusstsein?
Nicht nur in Zeiten von Corona!

Gerd Pohl

© G. Pohl, online seit: 24.05.2020, aktualisiert: 29.10.2022

Leitverse: Psalm 62,2.9; Jeremia 17,7; Jakobus 2,8; Hebräer 10,24

Ps 62,2.9: Nur auf Gott vertraut still meine Seele, von ihm kommt meine Rettung. … Vertraut auf ihn allezeit, o Volk!

Jer 17,7: Gesegnet ist der Mann, der auf den HERRN vertraut und dessen Vertrauen der HERR ist! 

Jak 2,8: Wenn ihr wirklich das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“, so tut ihr recht. 

Heb 10,24: Lasst uns aufeinander achthaben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken.

Wir leben gerade (Mai 2020) in einer außergewöhnlichen und herausfordernden Zeit. Unser Alltag verläuft meist ganz anders, als wir es bisher gewöhnt waren. Ständig müssen wir uns auf Neues einstellen. Werden nicht gerade Dinge von uns verlangt, die vielleicht übertrieben sind? Ist es tatsächlich ein Gebot der Nächstenliebe, dass wir uns isolieren, um andere Menschen zu schützen? Können wir nicht Gott vertrauen, dass Er uns bewahrt? Bist du auch hin und her gerissen zwischen Gottvertrauen und Verantwortungsbewusstsein?

1. Bedingungsloses Gottvertrauen

Können wir nicht bedingungslos auf Gott vertrauen? Ja, sicher! Auch, dass nichts passiert, dass Er uns bewahrt? Selbstverständlich! Und wenn es Gottes souveränen Plänen entspricht, wird Er uns auch davor bewahren, dass wir uns anstecken. Gott, der Allmächtige, steht über allen Dingen. Warum sollen wir dann auf vieles wie Gottesdienste, Bibeltage, Freizeiten, Besuche, gemeinsame Unternehmungen verzichten, die doch für uns Menschen und besonders für uns Christen eigentlich sehr wichtig sind?

Noch viele ähnliche Fragen fallen in diese Rubrik. Die Bibel lehrt uns, dass wir in allen Lebenssituationen zu hundert Prozent auf Gott, unseren HERRN, vertrauen dürfen. Er hat alles in seiner Hand. Gott meint es immer gut mit uns und liebt uns. Den Beweis hat Er am Kreuz gegeben, als sein geliebter Sohn für uns sündige Menschen gestorben und wieder auferstanden ist (Röm 8,31-34). Gott ist aber kein Wunschautomat. Er hat mit allem seine eigenen souveränen Absichten, denen wir manchmal gedanklich nicht folgen und sie daher nicht verstehen können (Jes 55,8.9). Dem allmächtigen Gott, der jetzt unser Vater ist, dürfen wir aber mit kindlichem Glauben bedingungslos und uneingeschränkt unser Leben anvertrauen – wie ein Kind, das, ohne viel nachzudenken, in die Arme seines Vaters springt. Das gilt nicht nur in der aktuellen Zeit, sondern immer.

2. Verantwortung und Fürsorge

Wir werden in Gottes Wort ganz klar aufgefordert, uns den Anweisungen der Regierenden unterzuordnen (Röm 13,1-7; Tit 3,1; 1Pet 2,13-17). Es gibt nur eine Ausnahme: Wenn solche Verordnungen ausdrücklich gegen Gottes offenbarten Willen gerichtet sind, dann soll man Gott mehr gehorchen als Menschen (Apg 4,19; 5,29). Das trifft wohl auf die jetzige Situation so nicht zu.

Außerdem ist uns nicht nur geboten, Gott zu lieben mit ganzem Herzen, sondern gleicherweise auch den Nächsten (Lk 10,27-37: Der barmherzige Samariter). Wir sollen dem Nächsten Gutes tun (Röm 13,8; Gal 5,14; Jak 2,8), aufeinander Rücksicht nehmen und fürsorglich miteinander umgehen (Apg 27,3; 1Kor 12,25; Gal 5,13; Eph 5,21; Heb 10,24). Den Mund-Nasen-Schutz beim Einkaufen trage ich zum Beispiel nicht zuerst deshalb, um mich selbst zu schützen, sondern zum Schutz der anderen, damit ich nicht unwissend (was durchaus möglich ist) einen anderen, der vielleicht zu einer Risikogruppe gehört, infiziere und dieser schwer erkrankt und eventuell sogar stirbt.

3. Gottvertrauen und Verantwortungsbewusstsein!

Vielleicht hast du diese beiden Seiten bisher im Widerspruch oder Konkurrenz zueinander gesehen. Aber beides ist gleichzeitig wahr und wichtig. Vertraute nicht der König Hiskia allein auf Gott (2Kön 18,5), obwohl der assyrische Feldherr Rabsake ihn heftig verspottete und dieses Gottvertrauen in Frage stellte (2Kön 18,19-37)? Und ganz Jerusalem wurde vor der Eroberung bewahrt! Aber Hiskia verschloss gleichzeitig auch vorausschauend und verantwortungsbewusst hinsichtlich einer möglichen Belagerung nach Absprache und im Einvernehmen mit seinen Ministern Wasserquellen außerhalb der Stadt, besserte die Stadtmauer aus, fertigte Waffen an, bereitete die Menschen vor und sprach ihnen Mut zu (2Chr 32,2-8).

Es ist einfach nicht zulässig, diese beiden Seiten gegeneinander auszuspielen. Sie müssen Hand in Hand gehen. Niemals darf mich mein persönliches Gottvertrauen dazu verleiten, leichtfertig oder sogar rücksichtslos mit meinem Nächsten umzugehen und ihm unnötige Risiken zuzumuten. Es erscheint zwar sehr fromm, aber den persönlichen vertrauenden Glauben, den ich in bestimmten Lebenssituationen habe, darf ich nicht einfach genauso von anderen abverlangen. Andersherum kann ich natürlich auch nicht für alles vorsorgen, alle Risiken ausschließen und dabei so handeln, als gäbe es Gott gar nicht.

Die Überschrift muss deshalb unbedingt richtig heißen: Gottvertrauen und Verantwortungsbewusstsein! Und beides zu hundert Prozent. Diese ausgewogene Sicht wünsche ich auch dir. Nicht nur in der aktuellen, sondern in jeder Situation.

Jetzt stehen gerade Fragen an, die Entscheidungen erfordern. Als Beispiel sei genannt, dass Gottesdienste zwar wieder erlaubt sind, aber aus Rücksichtnahme trotzdem verschiedene Einschränkungen erforderlich sind (Abstandsregel einhalten; möglicherweise auf gemeinsamen Gesang verzichten usw.). Wie wirst du dich wohl zu solchen neuen Fragen stellen?

Erbitten wir uns persönlich und gemeinsam Weisheit, auf der einen Seite voll und ganz auf Gott zu vertrauen und gleichzeitig auf den Nächsten Rücksicht zu nehmen, fürsorglich miteinander umzugehen. Das ist durchaus nicht immer leicht und einfach und erfordert bei gemeinsamen Aktivitäten viel Geduld und Einfühlungsvermögen. Aber Gott erwartet das von uns und es ehrt Ihn.


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