Bibelstudium (6)
Hauptgrundsätze: Reichweite eines Schriftwortes

Willem Johannes Ouweneel

© EPV, online seit: 03.03.2006, aktualisiert: 17.11.2022

B Die Reich- oder Tragweite eines Schriftwortes

1. Zeitgebundenheit

Natürlich ist jedes Schriftwort für den Christen von Bedeutung; die Bibel ist ja das Wort Gottes, und der Heilige Geist kann jedes Wort moralisch auf unser Herz und Gewissen anwenden. Das bedeutet nun nicht, dass jedes Schriftwort in seiner buchstäblichen Bedeutung dieselbe Gültigkeit hat. So sind sich die meisten Christen darin einig, dass sie trotz 3. Mose 11,4.7 „Nur diese sollt ihr nicht essen von den wiederkäuenden Tieren und von denen, die gespaltene Hufe haben: das Kamel, denn es käut wieder, aber es hat keine gespaltenen Hufe: Unrein soll es euch sein;“ „und das Schwein, denn es hat gespaltene Hufe, und zwar ganz gespaltene Hufe, aber es käut nicht wieder: Unrein soll es euch sein.“ ruhig Schweinefleisch essen dürfen, und die meisten sind sich auch darüber einig, dass sie trotz 1. Korinther 14,26.30 „Was ist es nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder [von euch] einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung.“ „Wenn aber einem anderen, der dasitzt, eine Offenbarung zuteilwird, so schweige der erste.“ in ihren Zusammenkünften keine direkten Offenbarungen Gottes mehr zu erwarten haben. Übrigens sind wir hier bei einem der schwierigsten Themen der biblischen Auslegung angekommen, und wir werden deshalb ausführlich darauf eingehen müssen.

Erstens also: Was sind zeitgebundene und was sind immer gültige Grundsätze bei den Vorschriften der Bibel? Ist zum Beispiel das Evangelium durch alle Jahrhunderte dasselbe gewesen? Die Schrift spricht zwar von einem „ewigen Evangelium“ (Off 14,6), einer Art „Kernevangelium“ oder „Mindestevangelium“, das in allen Haushaltungen gilt, nämlich dass die Menschen Gott, den Schöpfer und Richter, ehren müssen. In der christlichen Zeitspanne (nicht im Alten Testament) wird das „Evangelium der Herrlichkeit des seligen Gottes“ (1Tim 1,11) und das „Evangelium der Herrlichkeit des Christus“ (2Kor 4,4) gepredigt; wir müssen das von dem „Evangelium des Reiches“ (Mt 24,14) unterscheiden, das in der Zukunft von dem gläubigen Überrest gepredigt werden wird. (Vielleicht ist es an dieser Stelle angebracht, noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass diese Artikel eine Anleitung zur Bibelauslegung, keine Bibelauslegung selbst sein wollen [also eine hermeneutische, keine dogmatische Einführung], so dass in den angewendeten Beispielen wohl manchmal dogmatische oder exegetische Behauptungen aufgestellt werden, die nicht für alle Leser selbstverständlich sind, auf die ich hier aber doch nicht näher eingehen kann.)

Sehr bedeutsam ist auch die Reichweite und Rechtsgültigkeit der verschiedenen Bündnisse, die in der Bibel vorkommen; ich nenne einige Beispiele:

  • Der Bund mit Noah (1Mo 9,1-17) ist auch für Christen gültig; er ist mit der ganzen Erde geschlossen, solange die Erde besteht, und die Verpflichtungen dieses Bundes werden ausdrücklich für die Christen bestätigt (Apg 15,20 „sondern ihnen schreibe, dass sie sich enthalten von den Verunreinigungen der Götzen und von der Hurerei und vom Erstickten und vom Blut.“).

  • Die Verheißung, die Gott Abraham gab (1Mo 12,1.3; 22,16-18 (12:1) Und der HERR hatte zu Abram gesprochen: Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde.“ „(12:3) Und ich will die segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde!“ „(22:16) und sprach: Ich schwöre bei mir selbst, spricht der HERR, dass, weil du dies getan und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast, (22:17) ich dich reichlich segnen und deine Nachkommen sehr mehren werde, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist; und deine Nachkommen werden das Tor ihrer Feinde besitzen; (22:18) und in deinem Nachkommen werden sich segnen alle Nationen der Erde: weil du meiner Stimme gehorcht hast.“), gilt, wenigstens was den geistlichen, himmlischen, nicht was den leiblichen, irdischen Aspekt betrifft (also 1Mo 12,3 „Und ich will die segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde!“, nicht 1Mo 12,2 „Und ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen; und du sollst ein Segen sein!“; 1Mo 22,18 „und in deinem Nachkommen werden sich segnen alle Nationen der Erde: weil du meiner Stimme gehorcht hast.“, nicht 1Mo 22,17 „ich dich reichlich segnen und deine Nachkommen sehr mehren werde, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist; und deine Nachkommen werden das Tor ihrer Feinde besitzen;“), nach Römer 4,13-18 und Galater 3,7-9.14.29 (7) Erkennt also: Die aus Glauben sind, diese sind Abrahams Söhne. (8) Die Schrift aber, voraussehend, dass Gott die Nationen aus Glauben rechtfertigen würde, verkündigte dem Abraham die gute Botschaft zuvor: „In dir werden gesegnet werden alle Nationen.“ (9) Also werden die, die aus Glauben sind, mit dem gläubigen Abraham gesegnet.“ „damit der Segen Abrahams in Christus Jesus zu den Nationen käme, damit wir die Verheißung des Geistes empfingen durch den Glauben.“ „Wenn ihr aber Christi seid, so seid ihr denn Abrahams Nachkommen und nach Verheißung Erben.“ für Christen.

  • Der Bund mit Abraham (1Mo 15,18; 17,1-4 (15:18) An diesem Tag schloss der HERR einen Bund mit Abram und sprach: Deiner Nachkommenschaft gebe ich dieses Land vom Strom Ägyptens bis an den großen Strom, den Strom Euphrat:“ „(17:1) Und Abram war 99 Jahre alt, da erschien der HERR Abram und sprach zu ihm: Ich bin Gott, der Allmächtige; wandle vor meinem Angesicht und sei vollkommen. (17:2) Und ich will meinen Bund setzen zwischen mir und dir und will dich sehr, sehr mehren. (17:3) Da fiel Abram auf sein Angesicht, und Gott redete mit ihm und sprach: (17:4) Ich, siehe, mein Bund ist mit dir, und du wirst zum Vater einer Menge Nationen werden.“), dessen Zeichen die Beschneidung ist, ist formell nicht für Christen gültig, weil er sich auf irdische Aspekte beschränkt (das Land Kanaan und die leibliche Nachkommenschaft); allerdings hat zum Beispiel die Beschneidung doch eine moralische Bedeutung für uns (Röm 2,28.29 (28) Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung; (29) sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geist, nicht im Buchstaben; dessen Lob nicht von Menschen, sondern von Gott ist.“; Kol 2,11 „in dem ihr auch beschnitten worden seid mit einer nicht mit Händen geschehenen Beschneidung, in dem Ausziehen des Leibes des Fleisches, in der Beschneidung des Christus,“).

  • Der „neue Bund“ (Jer 31,31-34; Heb 8) ist formell nicht mit der christlichen Versammlung geschlossen, sondern wird mit dem wiederhergestellten Israel geschlossen werden; doch dieser Bund hat eine moralische Bedeutung für uns, denn wir genießen alle Segnungen dieses Bundes (Mt 26,28 „Denn dies ist mein Blut, das des [neuen] Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“; 2Kor 3,6 „der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.“).

Wir erkennen daran, wie wichtig der Unterschied zwischen der formellen und der moralischen Tragweite einer Sache ist. Die Christen stehen, wie bereits gesagt, formell nicht unter dem Gesetz des Sinai, doch moralisch haben sie sehr wohl damit zu tun. Wir dürfen diese Dinge nicht so einfach beiseiteschieben; man erlebt es, dass die gleichen Christen, die ihre Kinder „beschneiden“ (nämlich taufen), um sie dadurch unter ein Bündnis zu bringen, das nicht für sie bestimmt ist, ruhig Blutwurst oder von erstickten Tieren essen und damit den Bund mit Noah übertreten.

2. Veränderung

Im Zusammenhang hiermit müssen wir uns auch vor Augen halten, dass in der Offenbarung des Wortes Gottes eine fortschreitende Linie, eine zunehmende Entfaltung festzustellen ist. Auch hier gilt, dass wir zuerst den Halm sehen, danach die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre (Mk 4,28 „Die Erde bringt von selbst Frucht hervor, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann vollen Weizen in der Ähre.“). Keine einzige Wahrheit wird in der Schrift unmittelbar als Ganzes entfaltet; stets finden wir darin ein allmähliches Fortschreiten. Dies ist sehr wichtig, denn das bedeutet, dass wir, wenn wir bestimmten Aussagen und Grundsätzen im Wort begegnen, uns immer fragen müssen, ob sie durch später gegebene Aussagen und Grundsätze ergänzt und erweitert worden oder durch spätere Ereignisse abgeändert oder hinausgeschoben worden sind. Das gilt bereits innerhalb ein und derselben „Haushaltung“ (einem bestimmten Zeitabschnitt, in dem Gott entsprechend bestimmter Grundsätze in Beziehung zu dem Menschen steht, s. Eph 1,10 „für die Verwaltung der Fülle der Zeiten: alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist, in ihm,“). Alles, was zum Beispiel während der Anfangszeit der Christenheit galt, solange das Neue Testament noch nicht vollständig war, gilt nicht ohne Weiteres auch für uns. Es war eine Übergangszeit, in der erstens bestimmte Einrichtungen nötig waren, um eine formelle Autorität zu gewährleisten, solange die Autorität des Neuen Testaments noch nicht da war (nämlich die formelle Anstellung von Ältesten durch die Apostel); zweitens waren bestimmte Offenbarungen nötig, solange das Wort Gottes noch nicht vollendet war (Kol 1,25 „deren Diener ich geworden bin nach der Verwaltung Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, um das Wort Gottes zu vollenden:“; 1Kor 14,26.30 „Was ist es nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder [von euch] einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung.“ „Wenn aber einem anderen, der dasitzt, eine Offenbarung zuteilwird, so schweige der erste.“); drittens wurden bestimmte Zeichen und „verzierende“ Gaben geschenkt, um die Verkündigung zu untermauern, solange das geschriebene Wort das noch nicht tun konnte (Mk 16,20 „Sie aber gingen aus und predigten überall, wobei der Herr mitwirkte und das Wort bestätigte durch die darauf folgenden Zeichen.“; Apg 14,3 „Sie verweilten nun lange Zeit und sprachen freimütig in dem Herrn, der dem Wort seiner Gnade Zeugnis gab, indem er Zeichen und Wunder geschehen ließ durch ihre Hände.“; Heb 2,3.4 (3) wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Errettung vernachlässigen? – die den Anfang ihrer Verkündigung durch den Herrn empfangen hat und uns von denen bestätigt worden ist, die es gehört haben, (4) wobei Gott außerdem mitzeugte, sowohl durch Zeichen als durch Wunder und mancherlei Wunderwerke und Austeilungen des Heiligen Geistes nach seinem Willen.“; 1Kor 12,9.10; 13,8; 14,22 (12:9) einem anderen [aber] Glaube in demselben Geist, einem anderen aber Gnadengaben der Heilungen in demselben Geist, (12:10) einem anderen aber Wunderwirkungen, einem anderen aber Weissagung, einem anderen aber Unterscheidungen der Geister; einem anderen [aber] Arten von Sprachen, einem anderen aber Auslegung der Sprachen.“ „(13:8) Die Liebe vergeht niemals; seien es aber Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden.“ „(14:22) Daher sind die Sprachen zu einem Zeichen, nicht den Glaubenden, sondern den Ungläubigen; die Weissagung aber nicht den Ungläubigen, sondern den Glaubenden.“); viertens ließ Gott damals noch ein judaistisch gefärbtes Christentum eine Zeitlang fortbestehen (Apg 21,20-26; Jak 1,1; 2,2 (1:1) Jakobus, Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus, den zwölf Stämmen, die in der Zerstreuung sind, seinen Gruß!“ „(2:2) Denn wenn in eure Synagoge ein Mann kommt mit goldenem Ring, in prächtiger Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung herein,“ [Synagoge]; 5,14; vgl. Röm 15,31a „damit ich vor den Ungläubigen in Judäa gerettet werde und mein Dienst für Jerusalem den Heiligen wohlangenehm sei;“).

In noch stärkerem Maß gilt dies, wenn wir es mit verschiedenen „Haushaltungen“ zu tun haben. Nirgends ist solch ein Wechsel der Haushaltungen natürlich deutlicher und wichtiger als im Neuen Testament. Der Herr Jesus weist selbst öfter auf solch einen Wechsel hin, der zur Abschaffung alter und zur Einführung neuer Grundsätze führen würde (Mt 4,17; 9,15-17; 11,11-14; 13,1-50; 16,13-21; Joh 4,19-24). Ferner beschreibt Paulus diesen Wechsel sehr deutlich mit allen seinen Konsequenzen (Röm 3,19-26; 11,1-32; 2Kor 3,6-16; Gal 3,21–4,11; Kol 2,16.17 (16) So richte euch nun niemand wegen Speise oder wegen Trank oder hinsichtlich eines Festes oder Neumondes oder von Sabbaten, (17) die ein Schatten der zukünftigen Dinge sind, der Körper aber ist des Christus.“); eine sehr praktische Folge ist, dass wir nicht mehr an die zeremoniellen Gesetze des Alten Testaments gebunden sind. Aber das ist lediglich ein negativer Aspekt: Das bedeutsame Positive ist das Entstehen der christlichen Versammlung am Pfingsttag (in Apostelgeschichte 2), die im Alten Testament weder bestand noch bekannt war (Eph 3,4-6 (4) woran ihr beim Lesen mein Verständnis in dem Geheimnis des Christus wahrnehmen könnt –, (5) das in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden ist, wie es jetzt offenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geist: (6) dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium,“; Kol 1,24-27 (24) Jetzt freue ich mich in den Leiden für euch und ergänze in meinem Fleisch das, was noch fehlt an den Drangsalen des Christus für seinen Leib, das ist die Versammlung, (25) deren Diener ich geworden bin nach der Verwaltung Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, um das Wort Gottes zu vollenden: (26) das Geheimnis, das von den Zeitaltern und von den Geschlechtern her verborgen war, jetzt aber seinen Heiligen offenbart worden ist, (27) denen Gott kundtun wollte, welches der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses ist unter den Nationen, das ist: Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit;“), die in den Evangelien noch etwas Zukünftiges war (Mt 16,18 „Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus; und auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen, und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.“) und erst am Pfingsttag entstehen konnte, weil erst dann ein verherrlichter Mensch zur Rechten Gottes im Himmel weilte (Eph 1,20-23; 2,19-22 (1:20) in der er gewirkt hat in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte; (und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, (1:21) über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, (1:22) und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, (1:23) die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt;)“ „(2:19) Also seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, (2:20) aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, indem Christus Jesus selbst Eckstein ist, (2:21) in welchem der ganze Bau, wohl zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, (2:22) in dem auch ihr mitaufgebaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.“; Kol 1,18 „Und er ist das Haupt des Leibes, der Versammlung, der der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allem den Vorrang habe.“) und erst dann der Heilige Geist ausgegossen wurde (1Kor 3,16; 12,13 (3:16) Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ „(12:13) Denn auch in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden.“; Eph 2,22 „in dem auch ihr mitaufgebaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.“; vgl. Joh 7,38.39; 16,7 (7:38) Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. (7:39) Dies aber sagte er von dem Geist, den die an ihn Glaubenden empfangen sollten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war.“ „(16:7) Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist euch nützlich, dass ich weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen; wenn ich aber hingehe, werde ich ihn zu euch senden.“).

Im Allgemeinen müssen wir also gut darauf achten, wann bestimmte Ereignisse stattfanden oder bestimmte Grundsätze gegeben wurden und gültig waren.

  • Erstens: War es vor oder nach der Geburt Christi? Wir brauchen zum Beispiel nicht nach dem Messias auszuschauen (s. Joh 4,25 „Die Frau spricht zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus genannt wird; wenn er kommt, wird er uns alles verkündigen.“), wenn er bereits gekommen ist.
  • Oder war es vor oder nach der Auferstehung Christi? Auch dadurch veränderte sich viel; denn an diesem Tag entstand die „Familie Gottes“, bestehend aus denen, die den Sohn als ihr Leben empfangen hatten, von Ihm Brüder genannt wurden und seinen Vater ihren Vater nennen durften (Joh 20,17.22 „Jesus spricht zu ihr: Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott.“ „Und als er dies gesagt hatte, hauchte er in sie und spricht zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!“).
  • Oder war es vor oder nach dem Pfingsttag? Dieser Unterschied ist sehr wesentlich; wir brauchen nicht mehr um den Heiligen Geist zu bitten (Lk 11,13 „Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater, der vom Himmel ist, den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten!“; Apg 1,14 „Diese alle verharrten einmütig im Gebet mit einigen Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.“), denn der ist bereits hier, und wir brauchen nicht mehr das Los zu werfen (Apg 1,24-26 (24) Und sie beteten und sprachen: Du, Herr, Herzenskenner aller, zeige von diesen beiden den einen an, den du erwählt hast, (25) das Los dieses Dienstes und Apostelamtes zu empfangen, von dem Judas abgewichen ist, um an seinen eigenen Ort zu gehen. (26) Und sie gaben ihnen Lose; und das Los fiel auf Matthias, und er wurde den elf Aposteln zugezählt.“), denn wir haben die Leitung des Heiligen Geistes.
  • Oder war es in der Anfangszeit der Versammlung? In dieser Zeit galten besondere Umstände, wie wir bereits gesehen haben.
  • Oder geht es um die Endzeit der Versammlung, die Schlussphase der christlichen Haushaltung? Auch das hat besondere Konsequenzen. Viele glauben mit Recht, dass wir heute in der Endzeit leben, in der wir es mit besonderen Anordnungen des Wortes Gottes zu tun haben für den Weg, den wir inmitten des Verfalls und der Verwirrung in der Christenheit zu gehen haben (u.a. 2Tim 2,14–4,8).

3. Symbolik

Der zweite typische Konflikt, auf den ich bereits hingewiesen habe, ist das Problem, was man genau wörtlich nehmen und was man geistlich oder symbolisch auffassen muss. Bestimmte Christen fassen gewisse Teile der Schrift geistlich oder übertragen auf und beschuldigen andere Christen, die diese Teile in erster Linie wörtlich auffassen, einer falschen Auslegung – doch selbst fassen diese Christen gewisse andere Teile der Schrift wörtlich auf, die von anderen vergeistlicht werden. Die Frage, ob man etwas bildlich, allegorisch, übertragen, geistlich oder vorbildlich auslegen muss, ist keine einfache Frage. Wir werden später ausführlich darauf eingehen.

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Originaltitel: „Gesundes Bibelstudium“
aus Hilfe und Nahrung, Ernst-Paulus-Verlag, 1977, S. 341–345
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