Besonderheiten im Text der Heiligen Schrift – Gottesdienst
latreia – threskeia

Christian Briem

© CSV, online seit: 07.03.2006, aktualisiert: 28.06.2023

Leitverse: Römer 12,1 „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist.“; Jakobus 1,27 „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser: Waisen und Witwen in ihrer Drangsal zu besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten.“

Röm 12,1: Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger {Gottes-}Dienst ist.

Jak 1,27: Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser: Waisen und Witwen in ihrer Drangsal zu besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten.

In unseren beiden Versen kommen zwei verschiedene Wörter für „Gottesdienst“ vor uns. Das erste in Römer 12,1 „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist.“ vorkommende Wort ist von dem Tätigkeitswort latreuo abgeleitet, das ursprünglich um „Lohn dienen“ bedeutet. Im biblischen Griechisch aber haben das Tätigkeitswort latreuo und das dazugehörende Hauptwort latreia eine Aufwertung erfahren, so dass sie nie für irgendeinen anderen Dienst benutzt werden als für den, den man dem wahren Gott oder den man falschen Göttern erweist.

Dieses Gott-Dienen, dieser Gottesdienst ist im höchsten Sinn Anbetung. Diese Bedeutung liegt zum Beispiel in Hebräer 9,14; 12,28 (9:14) wie viel mehr wird das Blut des Christus, der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen!“ „(12:28) Deshalb, da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, lasst uns Gnade haben, durch die wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit Frömmigkeit und Furcht.“; Offenbarung 7,15; 22,3 (7:15) Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der, der auf dem Thron sitzt, wird sein Zelt über ihnen errichten.“ „(22:3) Und keinerlei Fluch wird mehr sein; und der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein; und seine Knechte werden ihm dienen,“ vor. In Apostelgeschichte 7,42 „Gott aber wandte sich ab und gab sie hin, dem Heer des Himmels zu dienen, wie geschrieben steht im Buch der Propheten: „Habt ihr mir etwa vierzig Jahre in der Wüste Opfertiere und Schlachtopfer dargebracht, Haus Israel?“ und in Römer 1,25 „die die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauscht und dem Geschöpf Verehrung und Dienst dargebracht haben anstatt dem Schöpfer, der gepriesen ist in Ewigkeit. Amen.“ bezeichnen latreuo bzw. latreia Götzendienst. Auch zur Bezeichnung des Dienstes unter dem ersten Bund werden die beiden Wörter verwendet (Lk 2,37 „und sie war eine Witwe von vierundachtzig Jahren, die nicht vom Tempel wich, indem sie Nacht und Tag mit Fasten und Flehen diente.“; Apg 26,7 „zu der unser zwölfstämmiges Volk, unablässig Nacht und Tag Gott dienend, hinzugelangen hofft; wegen dieser Hoffnung, o König, werde ich von den Juden angeklagt.“; Röm 9,4 „die Israeliten sind, deren die Sohnschaft ist und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Dienst und die Verheißungen;“; Heb 8,5; 9,1.6; 10,2 (8:5) (die dem Abbild und Schatten der himmlischen Dinge dienen, wie Mose eine göttliche Weisung empfing, als er im Begriff war, die Hütte aufzurichten; denn „sieh zu“, spricht er, „dass du alles nach dem Muster machst, das dir auf dem Berg gezeigt worden ist“).“ „(9:1) Es hatte nun zwar auch der erste Bund Satzungen des Dienstes und das Heiligtum, ein weltliches.“ „(9:6) Da nun dieses so eingerichtet ist, gehen zwar in die vordere Hütte allezeit die Priester hinein und verrichten den Dienst;“ „(10:2) Denn würde sonst nicht ihre Darbringung aufgehört haben, weil die den Gottesdienst Ausübenden, einmal gereinigt, kein Gewissen von Sünden mehr gehabt hätten?“). Saulus diente (latreuo) dem Gott seiner Väter (Apg 24,14 „Aber dies bekenne ich dir, dass ich nach dem Weg, den sie eine Sekte nennen, so dem Gott meiner Väter diene, indem ich allem glaube, was in dem Gesetz und in den Propheten geschrieben steht,“), diente Ihm von seinen Voreltern her mit reinem Gewissen (2Tim 1,3 „Ich danke Gott, dem ich von meinen Voreltern her mit reinem Gewissen diene, wie unablässig ich deiner gedenke in meinen Gebeten Nacht und Tag,“). Und auf der Überfahrt nach Rom sprach er zu der Schiffsbesatzung von dem Gott, „dessen ich bin und dem ich diene [latreuo]“ (Apg 27,23).

Wir sehen also aus den Beispielen, dass Anbetung wohl die höchste Form des Gottesdienstes ist, dass aber nicht grundsätzlich Gottesdienst gleich Anbetung ist. Das macht auch Römer 12,1 „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist.“ deutlich: Unsere Leiber Gott als lebendige, heilige, Ihm wohlgefällige Schlachtopfer darzustellen ist – nicht Anbetung, sondern – unser vernünftiger Gottesdienst. Gottesdienst ist Dienst zu Gott gewandt.

Deswegen wird in der Schrift nie das Anhören einer Predigt Gottesdienst genannt, denn da dient Gott uns, wenn wir so sagen dürfen. Die Verkündigung des Wortes ist Dienst zu den Menschen gerichtet.

In Jakobus 1,27 „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser: Waisen und Witwen in ihrer Drangsal zu besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten.“ steht ein anderes Wort für „Gottesdienst“, es lautet threskeia und bedeutet eigentlich „Religion, Kultus“, im Sinn von religiöser, zeremonieller Verehrung. Es bezeichnet mehr die äußere Seite des Gottesdienstes. So hatte Paulus einst nach der strengsten Sekte der jüdischen Religion (threskeia) als Pharisäer gelebt (Apg 26,5 „die mich von Anfang an kennen – wenn sie es bezeugen wollen –, dass ich nach der strengsten Sekte unserer Religion, als Pharisäer, lebte.“).

Nun können wir sicher sein, dass Jakobus, durch den Geist inspiriert, nicht ohne Absicht die Wörter „religiös“ (Jak 1,26) und „Religion“ (Jak 1,26.27) benutzt. Immer besteht die menschliche Neigung, sich mit äußeren religiösen Formen ohne wahren Inhalt zufriedenzugeben. Gott aber legt Wert auf Wahrheit im Innern, für Ihn liegt die Frucht in unseren Beweggründen. Es mochte damals und mag auch heute viele geben, die sich für religiös halten, als dienten sie Gott. Wenn sie aber nicht ihre Zunge zu zügeln verstehen, so zeigen sie, dass sie nicht in Unterwerfung unter den Willen Gottes sind. Ihr ganzer äußerer Gottesdienst ist dann eitel, und sie betrügen sich selbst, denn ihr Gottesdienst ist durch selbstsüchtige Beweggründe verunreinigt und befleckt.

Diesem Gedankengang folgend, lässt Jakobus auch in Vers 27 den Ausdruck „Religion“ oder „Gottesdienst“ nicht fallen, versieht ihn aber mit zwei Attributen und sagt: „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst.“ Er sagt gleichsam: „Du rühmst dich deiner Religionsausübung? Nun, hier ist ein Gottesdienst, der rein und unbefleckt ist, der dem Leben aus Gott und der Unterwürfigkeit unter Gott entspringt und nicht seine Beweggründe in der Selbstsucht findet.“ Und dann nennt er Dinge, die von uns so leicht übersehen oder vergessen werden: Waisen und Witwen in ihrer Drangsal besuchen und sich selbst von der Welt unbefleckt erhalten. Gewiss machen diese Dinge nicht den ganzen Gottesdienst aus, aber Gott wählt gerade sie aus, weil sich wahre Gottesfurcht und echte Liebe zu Ihm in ihnen offenbaren.

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Aus Ermunterung und Ermahnung
Dieser Artikel und viele andere sind auch erschienen in dem Buch Antworten auf Fragen zu biblischen Themen
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