Das Evangelium nach Lukas (2)
Kapitel 2

Stanley Bruce Anstey

© SoundWords, Online începând de la: 20.12.2024, Actualizat: 14.04.2025

Die Geburt des Herrn Jesus Christus (Kap. 2,1-39)

Nicht ohne Absicht beginnt dieses Kapitel, das von der Geburt Christi berichtet, mit den Worten „Es geschah aber …“, denn die Umstände, die dieses große Ereignis umrahmen, zeugen davon, dass Gott den Lauf der Weltgeschichte bestimmt. Die Dinge geschehen in dieser Welt, weil Gott, „der alles wirkt nach dem Rat seines Willens“ (Eph 1,11), sie hinter den Kulissen durch seine göttliche Vorsehung ordnet, um sie zu verwirklichen (Hiob 42,2; Spr 16,33). Dieser Abschnitt zeigt, dass Gott die Menschen dieser Welt benutzt, damit sie seine Pläne unwissentlich verwirklichen (Spr 21,1).

Wo Christus geboren werden würde (V. 1-7)

„Die Fülle der Zeit“ war gekommen, dass Gott seinen Sohn in die Welt sandte (Gal 4,4). Siebenhundert Jahre zuvor war von Gott durch Micha eine Prophezeiung ergangen, dass der Ort, an dem Christus in die Welt kommen würde, Bethlehem sein würde (Mich 5,1; Mt 2,4-6). Das Problem: Joseph und Maria lebten in Nazareth, einer Stadt, die von Bethlehem etwa 120 Kilometer entfernt war. Diese missliche Lage war für Gott jedoch kein Problem. Er ordnete die Umstände einfach so, dass Joseph und Maria genau zu dem Zeitpunkt in Bethlehem waren, als das Kind geboren wurde, und so wurde die Prophezeiung erfüllt.

Lk 2,1-7: 1 Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben. 2 Diese Einschreibung geschah als erste, als Kyrenius Statthalter von Syrien war. 3 Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, jeder in seine Stadt. 4 Es ging aber auch Joseph von Galiläa aus der Stadt Nazareth hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt, weil er aus dem Haus und der Familie Davids war, 5 um sich einschreiben zu lassen mit Maria, seiner verlobten Frau, die schwanger war. 6 Es geschah aber, als sie dort waren, dass die Tage erfüllt wurden, dass sie gebären sollte; 7 und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Raum für sie war.

Das zeigt uns: Die Menschen machen zwar ihre eigenen Pläne, aber in Wirklichkeit sind diese den Plänen Gottes untergeordnet (Klgl 3,37). Lukas spielt darauf an, dass der Erlass des Kaisers nicht sofort ausgeführt wurde, sondern sich verzögerte, bis Kyrenius Statthalter von Syrien war. Für den, der über das Universum herrscht, war diese Wendung der Umstände jedoch kein Problem.

Nachdem unser Herr geboren war, legten sie Ihn in dem Stall „in eine Krippe“ (einen Futtertrog), der als Wiege diente. Manche sagen (irrtümlich), der Herr wäre in einer Krippe geboren worden, aber die Schrift sagt das nicht. Er wurde in einem Stall geboren[1] und dann in eine Krippe gelegt. Lukas erklärt, warum der Herr in einem Stall geboren wurde: „weil in der Herberge kein Platz für sie war“. Traurigerweise war dies ein Vorzeichen dafür, wie die Juden Ihn aufnehmen würden: Sie würden Ihn nicht annehmen (Joh 1,11). J.N. Darby fasst das Leben des Herrn wie folgt zusammen:

Er begann in einer Krippe und endete am Kreuz, und auf dem Weg dorthin hatte Er nicht, wo Er sein Haupt hinlegen konnte [Mt 8,20; Lk 9,58].[2]

Wann Christus geboren werden würde

Die Schriften des Alten Testaments sagen uns nicht nur, wo der Herr geboren werden würde, sondern auch, wann. Dies wird deutlich, wenn wir Daniel 9,26 mit Psalm 90,10 und Psalm 102,25 verknüpfen. Die Prophezeiung von Daniels siebzig Wochen (Dan 9,24-27) spricht nicht von der Geburt des Herrn, sondern von seinem Tod; und wenn wir von seinem Todesdatum aus rückwärts gehen, können wir den ungefähren Zeitpunkt seiner Geburt berechnen. Dazu nimmt man die Hälfte der normalen Lebensspanne eines Menschen von „siebzig Jahren“ (Ps 90,10) – denn das Leben des Herrn würde „in der Hälfte“ seiner Tage beendet werden (Ps 102,25) – und zieht sie vom Datum des Todes des Herrn ab. Das wären dann ungefähr fünfunddreißig Jahre. (Er starb tatsächlich in seinem vierunddreißigsten Jahr.)

Es ist nicht schwer, das Todesdatum des Herrn zu bestimmen. In Daniel 9,25 heißt es, dass der Ablauf der siebzig Wochen mit dem „Ausgehen des Wortes“ von König Artaxerxes begann, Jerusalem wiederaufzubauen. Dies geschah im Jahr 455 v.Chr. und wird in Nehemia 2 aufgezeichnet.[3] Die Prophezeiung Daniels besagt, dass der Messias nach 69 Jahrwochen (483 Jahren) im Tod „weggetan“ werden würde (Dan 9,26). Das wäre im Jahr 29 n.Chr. (wenn man ein Jahr hinzufügt, um die Epochen von v.Chr. bis n.Chr. im Jahr 0 anzugleichen). Von dort aus zählen wir etwa vierunddreißig bis fünfunddreißig Jahre rückwärts und kommen auf das Geburtsdatum des Herrn im Jahr 5 v.Chr.[4]

Wurde der Herr wirklich am ersten Weihnachtstag geboren?

Die meisten Menschen nehmen an, dass der Herr am 25. Dezember geboren wurde, und feiern diesen Tag als seinen Geburtstag. Die Heilige Schrift verrät uns zwar nicht den genauen Tag seiner Geburt, aber sie weist an drei Stellen im Neuen Testament darauf hin, dass er irgendwann zwischen den letzten September- und den ersten Oktobertagen liegt:

  • Lukas 2,8: Die Hirten waren zur Zeit der Geburt des Herrn mit ihren Herden auf dem Feld. Es kann demnach nicht Winter gewesen sein, denn dann wären ihre Schafe in ihren Hürden gewesen. Vergleiche Hohelied 2,11.

  • Lukas 1,24.36: Maria wurde schwanger, als Elisabeth im sechsten Schwangerschaftsmonat war. Wir wissen das, weil Maria nach dem Gespräch mit dem Engel sofort zu Elisabeths Haus ging, und als sie dort ankam, erklärte Elisabeth (in der Kraft des Heiligen Geistes), dass Maria zu dieser Zeit „die Frucht“ in ihrem Leib hatte (Lk 1,39-42). Wir wissen auch, dass Elisabeth kurz nach dem Ende des achten Loses („Abija“; 1Chr 24,10) des Priesterdienstes (Lk 1,5.23-24) schwanger wurde, was nach der neunten Woche des hebräischen Kalenders wäre. Wir fügen hier wegen der Besonderheit der Passahwoche eine zusätzliche Woche hinzu. Im Talmud heißt es, dass das erste Los in der Woche eins des hebräischen Kalenders begann, und als die Woche drei (die Passahwoche) kam, dienten alle Priester wegen der zusätzlichen Arbeit, die sich aus der Anwesenheit des ganzen Volkes ergab (5Mo 16,16). Dadurch wurde der normale Dienst der Priester des dritten Loses auf die Woche vier verschoben, und dies wiederum verschob jedes nachfolgende Los nach vorn. Das bedeutet: Zacharias, der dem achten Los angehörte, diente in der neunten Woche des Jahres. Das wäre nach unserem Kalender Ende Juni bis Anfang Juli. Elisabeth würde ihren Sohn Johannes neun Monate später zur Welt bringen, also Ende März oder Anfang April des folgenden Jahres. Da Maria sechs Monate nach Elisabeth schwanger wurde, würde sie Jesus sechs Monate nach Johannes’ Geburt zur Welt bringen, also Ende September oder Anfang Oktober.

  • Lukas 3,23: Der Herr begann seinen öffentlichen Dienst, als Er „dreißig Jahre alt“ war. Es wird von allen Bibellehrern allgemein anerkannt, dass die Dauer seines Dienstes dreieinhalb Jahre betrug und mit seinem Tod zur Zeit des Passahfestes endete.[5] Dies lässt sich berechnen, indem man die vier Passahfeste im Johannesevangelium zählt, an denen der Herr nach seinem öffentlichen Dienst teilnahm: (1) Johannes 2,13.23; (2) Johannes 5,1; (3) Johannes 6,4; (4) Johannes 11,55; 12,1; 18,28. Dies deckt drei volle Jahre ab.

Dann müssen wir alles berücksichtigen, was vor Johannes 2,13 geschah, was das andere halbe Jahr ausmacht. Dazu gehören seine Reise von Galiläa nach Bethabara/Beth-Abara [Bethanien], um sich taufen zu lassen; seine Rückkehr nach Galiläa (Joh 1,19-51); seine Flucht in die Wüste, wo Er vierzig Tage lang versucht wurde (Lk 4,1-13); sein Erscheinen bei der Hochzeit in Kana (Joh 2,1-11) und der Aufenthalt bei seiner Familie in Kapernaum (Joh 2,12) usw. Demnach lebte der Herr dreiunddreißigeinhalb Jahre. Wenn sein Todestag am Passahfest im Frühjahr war, müsste sein Geburtsdatum im Frühherbst liegen, also etwa dreiunddreißigeinhalb Jahre früher.

Das „Gloria in Excelsis“ der Engel (V. 9-20)

Gott hatte seinen Sohn in die Welt gesandt, den „Erretter“, der „Christus, der Herr“ ist (Lk 2,11). Sein Volk hätte „die Zeichen der Zeiten“ (Mt 16,3) und den Tag seiner „Heimsuchung“ (Lk 1,78; 19,44) erkennen und sich darauf vorbereiten müssen. Aber die großen Männer in Jerusalem (Herodes, die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten) wussten nichts von diesem gewaltigen Ereignis und mussten von den heidnischen Weisen aus dem Osten informiert werden (Mt 2,1-10)! Unnötig, zu sagen, dass es unter den religiösen Führern kein Empfangskomitee gab, das auf den Herrn wartete.

Lk 2,8-12: 8 Und es waren HIrten in derselben Gegend, die auf freiem Feld blieben und in der Nacht Wache hielten über ihre Herde. 9 Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umleuchtete sie, und sie fürchteten sich mit großer Furcht. 10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch große Freude, die für das ganze Volk sein wird; 11 denn euch ist heute in der Stadt Davids ein Erretter geboren, welcher ist Christus, der Herr. 12 Und dies sei euch das Zeichen: Ihr werdet ein Kind finden, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.

Gott wollte jedoch nicht, dass dieses große Ereignis stattfand, ohne dass der Überrest seines Volkes, der im Glauben auf den Erlöser wartete, davon erfuhr. Deshalb ging „ein Engel des Herrn“ zu „den Hirten“, „die auf freiem Feld blieben und in der Nacht Wache hielten über ihre Herde“, um ihnen „große Freude zu verkünden“. Der Engel hätte nach Jerusalem gehen können, um den Führern des Volkes zu verkünden, was geschehen war, aber da sie nur äußerlich fromm waren – sie ehrten Gott mit ihren Lippen, aber ihr Herz war weit von Ihm entfernt (Mt 15,8) –, wurden sie nicht beachtet. Das Vorrecht wurde den demütigen Hirten zuteil, die zu den Ärmsten gehörten, jedoch Männer des Glaubens waren.

Die Botschaft des Engels war „für das ganze Volk“ Israel bestimmt. Beachte: Der Engel sagte nicht:Uns ist heute in der Stadt Davids ein Erretter geboren“, sondern: „Euch ist heute in der Stadt Davids ein Erretter geboren.“ Der Grund dafür: Das Heil ist nicht für die (auserwählten) Engel bestimmt – nicht, weil Gott sich nicht um sie kümmert, sondern weil sie das Heil nicht brauchen. Sie haben nicht gesündigt und brauchen daher auch keinen Erlöser. Es sind die Söhne des gefallenen Adam, die diese Gnade brauchen.

Engel mit Entzücken sehen, 
dass Gnade fließt in Jesu Blut.
Doch nur an Menschen wird erwiesen, 
dass kräftig reinigt diese Flut.
[6]

Die „große Freude“ drehte sich darum, dass der Erretter gekommen war. Das Volk hatte den Gesetzgeber und die Propheten, aber jetzt hatten sie den Erretter! Die Hirten baten nicht um ein „Zeichen“, doch ihnen wurde eins gegeben. Allerdings mussten sie nach Bethlehem gehen, um es zu sehen. F.B. Hole sagt:

Das Zeichen dieses wunderbaren Ereignisses hatte niemand voraussehen können. Menschen mochten erwartet haben, einen mächtigen Kriegshelden zu sehen, prächtig gekleidet und auf einem Thron sitzend. Doch das Zeichen war ein Kind, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.[7]

Der Erretter kam also in den einfachsten Verhältnissen in diese Welt.

Lk 2,13-14: 13 Und plötzlich war bei dem Engel eine Menge des himmlischen Heeres, das Gott lobte und sprach: 14 Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf der Erde, an den Menschen ein Wohlgefallen!

Unmittelbar auf die Botschaft des Engels folgte der spontane Lobpreis des „himmlischen Heeres“ von Engeln, die „sprachen“ (nicht sangen): „Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf der Erde, an den Menschen ein Wohlgefallen.“ Dieser Lobgesang wird im Lateinischen Gloria in Excelsis genannt. Die Engel erklären in vierzehn kurzen Worten die ganze Absicht Gottes in Bezug auf das Reich, das durch das Kind in den Windeln errichtet werden sollte: Gott würde im Himmel und auf der Erde verherrlicht werden – wo es im Laufe der Geschichte nichts als Streit und Krieg gegeben hatte –, es würde „Frieden“ herrschen und Gott würde sein „Wohlgefallen“ an den Menschen finden.

Der Ungläubige fragt: „Wo ist dieser Friede? Ich sehe ihn nicht.“ Die Antwort finden wir, wenn wir den gesamten Text lesen. Bevor die himmlische Engelschar den Frieden ankündigte, verkündete der Engel, der sich den Hirten mitteilte, die frohe Botschaft von der Geburt des Erlösers, Christus des Herrn. Bevor der Frieden kommen kann, muss das Volk seinen Erlöser aufgenommen haben. Es kann keinen Frieden auf Erden geben, wenn der Friedensfürst nicht angenommen worden ist! Die Verkündigung des Friedens hing davon ab, dass sie den Erlöser annahmen.

Lk 2,15-20: 15 Und es geschah, als die Engel von ihnen weg in den Himmel auffuhren, dass die Hirten zueinander sagten: Lasst uns nun hingehen nach Bethlehem und diese Sache sehen, die geschehen ist, die der Herr uns kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilends und fanden sowohl Maria als auch Joseph, und das Kind in der Krippe liegen. 17 Als sie es aber gesehen hatten, machten sie das Wort kund, das über dieses Kind zu ihnen geredet worden war. 18 Und alle, die es hörten, verwunderten sich über das, was von den Hirten zu ihnen gesagt wurde. 19 Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten zurück und verherrlichten und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.

Wir sehen den Glauben in den Hirten, die nach Bethlehem gehen wollten, um dieses erstaunliche Ereignis zu sehen. Sie sagten nicht: „Lasst uns hingehen und sehen, ob das geschehen ist“, sondern: „Lasst uns nun hingehen … und diese Sache sehen, die geschehen ist.“ Sie wurden mit einem Anblick belohnt, der sie zu Evangelisten machte. Sie „verkündeten“ das Ereignis, und das hatte Auswirkungen auf alle, die es hörten; „Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen“. Die Hirten wurden vom Geist der Engel erfasst und „verherrlichten und lobten Gott“.

Die Beschneidung und Weihe des Kindes (V. 21-24)

Lk 2,21-24: 21 Und als acht Tage erfüllt waren, dass man ihn beschneiden sollte, da wurde sein Name Jesus genannt, der von dem Engel genannt worden war, ehe er im Leib empfangen wurde. 22 Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz Moses erfüllt waren, brachten sie ihn nach Jerusalem hinauf, um ihn dem Herrn darzustellen 23 (wie im Gesetz des Herrn geschrieben steht: „Alles Männliche, das den Mutterleib erschließt, soll dem Herrn heilig heißen“) 24 und ein Schlachtopfer zu geben nach dem, was im Gesetz des Herrn gesagt ist: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.

Lukas berichtet dann kurz über die Beschneidung und die Weihe[8] des heiligen Kindes. Nach 3. Mose 12 würde dies einen Zeitraum von vierzig Tagen umfassen. Nach der Geburt eines männlichen Kindes war die Frau „sieben Tage“ unrein und blieb noch weitere „dreiunddreißig Tage“ unrein. Dann wurde das Kind dem Herrn mit einer Opfergabe dargestellt, nachdem es am „achten Tag“ beschnitten worden war.[9]

Das Bild, das Lukas hier zeichnet, wirft die Frage auf: Blieben Joseph und Maria bis zur Darstellung Jesu im Tempel in der Gegend, da Jerusalem nur 8 Kilometer von Bethlehem entfernt war, oder gingen sie nach Hause nach Nazareth (120 km entfernt) und kamen erst dreiunddreißig Tage später zurück, um das Kind darzustellen? Lukas sagt es uns nicht. Die Tatsache, dass sie als Opfergabe „ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben“ mitbrachten, zeigt, dass Joseph und Maria arm waren. Das Gesetz nimmt Rücksicht auf die Armen, wenn sie Kinder bekommen; wenn sie kein Lamm als Opfergabe bringen konnten, durften sie zwei dieser Vögel bringen (3Mo 12,8).

Simeons „Nunc Dimittis“ (V. 25-35)

Lk 2,25-33: 25 Und siehe, in Jerusalem war ein Mensch, mit Namen Simeon; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war auf ihm. 26 Und von dem Heiligen Geist war ihm ein göttlicher Ausspruch zuteilgeworden, dass er den Tod nicht sehen solle, ehe er den Christus des Herrn gesehen habe. 27 Und er kam durch den Geist in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um mit ihm nach der Gewohnheit des Gesetzes zu tun, 28 da nahm auch er es auf die Arme und lobte Gott und sprach: 29 Nun, Herr, entlässt du deinen Knecht, nach deinem Wort, in Frieden; 30 denn meine Augen haben dein Heil gesehen, 31 das du bereitet hast vor dem Angesicht aller Völker: 32 ein Licht zur Offenbarung für die Nationen und zur Herrlichkeit deines Volkes Israel. 33 Und sein Vater und seine Mutter verwunderten sich über das, was über ihn geredet wurde.

Genau in diesem Moment (durch Gottes Vorsehung perfekt geplant) kam ein alter Mann namens Simeon in den Tempel. Als er das Kind sah, wusste er durch den Heiligen Geist, wer das Kind war, und „lobte Gott“ für die Ankunft des Erlösers. Simeon war „gerecht und gottesfürchtig“ und wartete im Glauben „auf den Trost Israels“. Vom Geist war ihm „ein göttlicher Ausspruch zuteilgeworden“, dass er „den Christus des Herrn“ sehen würde, bevor er starb – und genau das geschah an diesem Tag! Er nahm das Kind in seine Arme und stimmte einen Lobgesang an, der im Lateinischen Nunc Dimittis[10] genannt wird. Simeons Lobpreis, geleitet vom Heiligen Geist, prophezeite das volle und endgültige „Heil“, das für „alle Völker“ (Heiden) und für „Israel“ durch das Kind in seinen Armen geschehen würde.

Lk 2,34-35: 34 Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird – 35 aber auch deine eigene Seele wird ein Schwert durchdringen –, damit die Überlegungen vieler Herzen offenbar werden.

Dann segnete Simeon Joseph und Maria und gab Maria eine Prophezeiung über ihren Sohn. Der Geist ließ ihn auch prophezeien, dass Christus verworfen werden würde und dass deshalb der verheißene Segen, von dem er sprach, nicht sofort zu sehen sein würde. Das Kind würde Unglauben unter „vielen in Israel“ (der Masse) aufdecken und deshalb würde Ihm „widersprochen“ werden. Folglich würde das Volk durch seinen eigenen Unglauben zu „Fall“ und unter das Gericht Gottes kommen (Mt 21,43-44). Aber die Gnade Gottes würde überwiegen und ein Überrest des Volkes würde „aufstehen“ und den Segen empfangen. Simeon richtete dann ein besonderes Wort an Maria. Sie solle sich auf diese Verwerfung vorbereiten: „Deine eigene Seele wird ein Schwert durchdringen.“ Dies erfüllte sich, als sie voller Trauer am Kreuz stand und den Tod ihres Sohnes miterlebte (Joh 19,25).

Anna, die Prophetin (V. 36-38)

Lk 2,36-38: 36 Und es war eine Prophetin Anna da, eine Tochter Phanuels, aus dem Stamm Aser. Diese war in ihren Tagen weit vorgerückt und hatte sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt von ihrer Jungfrauschaft an; 37 und sie war eine Witwe von vierundachtzig Jahren, die nicht vom Tempel wich, indem sie Nacht und Tag mit Fasten und Flehen diente. 38 Und sie trat zu derselben Stunde herzu, lobte Gott und redete von ihm zu allen, die auf Erlösung warteten in Jerusalem.

Genau in diesem Augenblick kam „Anna, eine Prophetin“, eine Frau, die „in ihren Tagen weit vorgerückt“ war, in den Tempel. Lukas berichtet, dass sie etwa einundneunzig Jahre zuvor geheiratet hatte; ihr Mann starb nach „sieben Jahren“, und so blieb sie „vierundachtzig Jahre lang“ Witwe, was bedeutet, dass sie etwa hundertzehn Jahre alt gewesen sein könnte (Lk 2,36-37)![11] Das Großartige daran: Während Annas körperliche Kraft aufgrund ihres Alters nachließ, war ihre geistliche Kraft und Energie weiterhin stark. Wir erfahren vom Psalmisten, dass dies darauf zurückzuführen war, dass sie „im Haus des HERRN gepflanzt war“ (Ps 92,14-16). Ihr Leben orientierte sich an den Interessen Gottes im Tempel. Sie „wich nicht vom Tempel, indem sie Nacht und Tag mit Fasten und Flehen diente“.

Die besondere Bürde, der Schwerpunkt von Annas Leben und Dienst bestand darin, den Gläubigen die Hoffnung Israels auf den kommenden Messias vor Augen zu halten. Sie „redete von ihm zu allen, die auf Erlösung warteten in Jerusalem“. Aber nun, da sie das Kind sah, von dem sie unermüdlich prophezeit hatte, konnte sie die Nachricht von der Ankunft des Erlösers unter denen verbreiten, die wirklich auf Ihn warteten. Der gottesfürchtige Überrest, der den Tempel besuchte, wurde so auf seine Ankunft aufmerksam gemacht. Sie kamen herein und trafen sie dort, und sie verkündete ihnen die frohe Botschaft. Es ist schön, zu sehen, dass es in Israel noch einige gab, die auf diese große Befreiung warteten. Wie Zacharias konzentrierte sich auch Anna auf Gottes Erlösung durch Macht, nicht auf Gottes Erlösung durch Blut.

Die Entwicklung des Herrn Jesus als Knabe (Kap. 2,39-52)

Lk 2,39-40: 39 Und als sie alles nach dem Gesetz des Herrn vollendet hatten, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazareth zurück. 40 Das Kind aber wuchs und erstarkte, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade war auf ihm.

Joseph und Maria kehrten mit dem Kind nach Nazareth zurück. Den Besuch der Weisen aus dem Morgenland und die Flucht von Joseph und Maria nach Ägypten (Mt 2) lässt Lukas aus. Stattdessen fasst er das frühe Leben des Herrn in einem einzigen Vers (Lk 2,40) zusammen und erwähnt drei Dinge, die die Entwicklung des Herrn kennzeichneten:

  • Körperlich: „Das Kind wuchs und erstarkte.“
  • Geistig: Das Kind war „erfüllt mit Weisheit“.
  • Geistlich: „Gottes Gnade war auf ihm.“

William MacDonald sagt:

Das normale Wachstum des „Kindleins“ Jesus wird so beschrieben: Leiblich „wuchs“ Er „und ward stark im Geist“ (LUT 1912). Er durchlief alle Stufen der leiblichen Entwicklung, lernte laufen, sprechen, spielen und arbeiten. Deshalb kann Er mit uns in jeder Entwicklungsstufe mitfühlen. Geistig war Er „erfüllt mit Weisheit“. Er lernte nicht nur lesen und schreiben und alles andere Wissen dieser Zeit kennen, sondern wuchs in der „Weisheit“, das heißt in der praktischen Anwendung seines Wissens auf seine Lebensprobleme. Geistlich „war Gottes Gnade auf ihm“. Er lebte in Gemeinschaft mit Gott und in Abhängigkeit vom Heiligen Geist. Er las die Bibel, verbrachte Zeit im Gebet und freute sich, den Willen des Vaters zu tun.[12]

Im letzten Teil von Lukas 2 gibt uns der Schreiber einen Einblick in das Leben des Herrn als Knabe, und wir sehen nichts als moralische Vollkommenheit:

Lk 2,41-47: 41 Und seine Eltern gingen alljährlich am Passahfest nach Jerusalem. 42 Und als er zwölf Jahre alt war und sie nach der Gewohnheit des Festes hinaufgingen 43 und die Tage vollendet hatten, blieb bei ihrer Rückkehr der Knabe Jesus in Jerusalem zurück; und seine Eltern wussten es nicht. 44 Da sie aber meinten, er sei unter der Reisegesellschaft, kamen sie eine Tagereise weit und suchten ihn unter den Verwandten und den Bekannten; 45 und als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten ihn. 46 Und es geschah nach drei Tagen, dass sie ihn im Tempel fanden, wie er inmitten der Lehrer saß und ihnen zuhörte und sie befragte. 47 Alle aber, die ihn hörten, gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten.

Seine Eltern nahmen Ihn mit nach Jerusalem zum jährlichen „Passahfest“. Auf ihrer Rückkehr verloren sie Ihn aus den Augen, weil sie annahmen, Er sei in der Karawane „unter der Reisegesellschaft“. Er blieb jedoch „zurück“, nicht, weil Er ungehorsam gewesen wäre, sondern weil es Ihn nach der Wahrheit verlangte (Lk 2,43-44). Als sie nach Jerusalem zurückkehrten, fanden sie Ihn „nach drei Tagen“ im Tempel, „wie er inmitten der Lehrer saß und ihnen zuhörte und sie befragte. Alle aber die ihn hörten, gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten.“ Da wir wissen, wer Er war, würden wir denken, dass seine Eltern als Erstes den Tempel aufgesucht hätten.

Das Verhalten des Herrn unter den Lehrern war seinem Alter von zwölf Jahren angemessen. Er präsentierte sich nicht als frühreifes Kind, das die Menschen im Tempel mit seinen Kenntnissen der Heiligen Schrift beeindrucken wollte. Vielmehr nahm Er den Platz eines normalen Kindes ein, das in Demut lernt. Im weiteren Verlauf wurde deutlich, dass Er kein gewöhnliches Kind war. Die Tatsache, dass Er nicht nur „Fragen stellte“, sondern auch „Antworten gab“, zeigte, dass die Lehrer Ihm im weiteren Verlauf Fragen stellten (Ps 119,99)!

Lk 2,48-50: 48 Und als sie ihn sahen, erstaunten sie sehr; und seine Mutter sprach zu ihm: Kind, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. 49 Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist? 50 Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen redete.

Als seine Eltern Ihn fanden, machte seine Mutter ihrer Angst und Frustration Luft und „tadelte“ Ihn (vgl. Lk 2,48).[13] Aber Er konnte nicht im Unrecht sein, denn Er war ohne Sünde (1Pet 2,22). Ihr Verständnis seiner messianischen Mission war eindeutig mangelhaft, ebenso wie der Zustand ihrer Seele. J.G. Bellett sagt:

In all diesem offenbart sich die arme menschliche Natur. In der Eitelkeit, der irregeleiteten Suche, dem Erstaunen und dem verständnislosen Verweis Marias zeigt sich, was der Mensch ist. Jesus, das Kind, beginnt so, die verderbte Natur bloßzustellen: „Wusstet ihr nicht?“[14]

Diejenigen, die meinen, Maria wäre sündlos gewesen, brauchen nicht weiter als hier zu schauen, um zu sehen, dass dieser Gedanke falsch ist. Der Herr antwortete seiner Mutter: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ Er fragte sie, warum sie nicht wüsste, wo Er wäre, und deutete an, dass sie es hätte wissen müssen. Sie sagte: „Dein Vater“ (in Bezug auf Joseph), Er aber sagte: „Mein Vater“ (in Bezug auf Gott). Mit diesen Worten korrigierte Er den Blickwinkel seiner Mutter und richtete ihn behutsam neu aus. Sie dachte nur an die Natur, doch Er war auf die Dinge Gottes ausgerichtet. Man beachte: Er tadelte seine Eltern nicht dafür, dass sie nicht dort nach Ihm suchten, wo sie es hätten tun sollen; das wäre für Ihn als Kind unangebracht gewesen. Die Antwort des Herrn, Er müsse sich mit dem beschäftigen – „in dem sein muss“ –, „was seines Vaters ist“, sind die ersten Worte, die in den Evangelien aufgezeichnet sind, und sie sind der Inbegriff seines ganzen Lebens (Joh 4,34). Seine Eltern verstanden das nicht.

Lk 2,51-52: 51 Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth, und er war ihnen untertan. Und seine Mutter bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen. 52 Und Jesus nahm zu an Weisheit und an Größe und an Gunst bei Gott und Menschen.

Lukas stellt abschließend fest, dass Jesus mit seinen Eltern nach Nazareth hinabging und ihnen „untertan“ war, wie es im fünften Gebot heißt (5Mo 20,12; Eph 6,1-2). In Vers 52 lesen wir erneut von den drei Dingen, die die stetige Entwicklung des Herrn zum Mann kennzeichneten (Lk 2,40). Lukas fügt ein Viertes hinzu: Er nahm zu an „Gunst bei den „Menschen“. Dies bezieht sich auf seine soziale Entwicklung.


Übersetzt aus: „The Lord’s Birth, Early Life and Preparation for Ministry“
in The Gospel of Luke. The Operation of Heavenly Grace Among Men in the Person of the Lord Jesus Christ, 
Hamer Bay (Christian Truth Publishing) 2022

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Die Bibel sagt nicht ausdrücklich, dass Jesus in einem Stall geboren wurde; sie spricht nur davon, dass Jesus in eine Krippe gelegt wurde. Siehe auch Jesaja 1,3 in Verbindung mit Lukas 2,7.

[2] J.N. Darby, Synopsis of the Book of the Bible, Matthew – John, Bd. 3, London (Morrish), S. 273.

[3] Stichwort „Seventy Weeks of Daniel“ in A New and Concise Bible Dictionary, Bd. 2, London (Morrish) 1897, S. 708. Online: www.brethrenarchive.org.

[4] Siehe das Vorwort der Darby-Übersetzung, Chronologische Tabelle, S. xxviii.

[5] Stichwort „Je’sus, The Lord“ in A New and Concise Bible Dictionary, Bd. 1, London (Morrish) 1897, S. 424. Online: www.brethrenarchive.org.

[6] Übersetzt aus dem Lied „How pleasant is the sound of praise!“ von Thomas Kelly (1769–1854): Though angels with rapture see | how mercy flows in Jesus’ blood, | it is not theirs to prove, as we, | the cleansing virtue of this flood.

[7] F.B. Hole, Grundzüge des Neuen Testaments, Bd. 1: Matthäus – Lukas, Hückeswagen (CSV) 1989, S. 240.

[8] Anm. d. Red.: Nach 2. Mose 13,2 wurde der erstgeborene Sohn als Eigentum Gottes angesehen (Erstgeburtsweihe) und Ihm im Tempel dargestellt.

[9] Der Herr wurde zweimal beschnitten: buchstäblich acht Tage nach seiner Geburt und symbolisch bei seinem Tod (Kol 2,11).

[10] Nunc Dimittis: „Nun entlässt du“ – das sind die Anfangsworte von Simeons Lobpreis.

[11] Anm. d. Red.: Die Redaktion kann das nicht so sehen. Wir denken, dass Anna vierundzwanzig Jahre alt war und der Mann nach sieben Ehejahren gestorben war.

[12] W. MacDonald, Kommentar zum Neuen Testament, Bd. 1: Matthäus – Römer, Bielefeld (CLV) 1992, S. 234.

[13] Siehe auch J.N. Darby, Betrachtung über Lukas. Synopsis, Kommentar zu Lukas 2: „Joseph und Maria, welche – obwohl sie sich über alles das verwunderten, was Ihm begegnete – seine Herrlichkeit nicht völlig durch den Glauben erkannten, tadeln das Kind nach der Stellung, in der Es sich der Form nach ihnen gegenüber befand.“  Online: www.bibelkommentare.de.

[14] J.G. Bellett, Betrachtung über das Evangelium nach Lukas, Hückeswagen (CSV) o.J., S. 24.

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Nota redacţiei:

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