Aufrecht stehend
2. Mose 26,15.16

Klaus Güntzschel

© K. Güntzschel, online seit: 10.01.2017, aktualisiert: 22.12.2018

Leitverse: 2. Mose 26,15.16

Bretter, die dem Menschen Bedeutung geben

2Mo 26,15.16: Und die Bretter zu der Wohnung sollst du aus Akazienholz machen, aufrechtstehend: zehn Ellen die Länge eines Brettes, und eineinhalb Ellen die Breite eines Brettes.

Was könnte uns Menschen besser beschreiben als dieses eine Wort: AUFRECHT STEHEND. Das unterscheidet uns wesentlich vom Tier, das macht unsere Position unserem Schöpfer gegenüber aus und das markiert unsere Haltung unserem Nächsten gegenüber. Aber was ist geschehen? Stehen wir noch 2017, stehen wir wirklich aufrecht oder sind wir längst gekrümmt unterwegs? Ist der Mensch nicht im wahrsten Sinn des Wortes unterwegs auf einer krummen Tour? Sind wir eigentlich noch richtige Menschen? Bedeutet der griechische Ausdruck für Mensch anthropos nicht der Aufrechtgehende, der nach oben Blickende?

Die Bretter der Stiftshütte

Zwar kannte ich die Beschreibung der Stiftshütte und hatte selbst in einer Jugendfreizeit an einem Modell des ersten Gotteshauses mitgearbeitet. Aber als ich den Text vor einigen Wochen wieder las, begann dieses Wort mich regelrecht anzuspringen – aufrecht stehend. Es steht einfach so da, ein Satzteil bestehend aus einem Wort. Von Gott durch die Einfachheit betont und hervorgehoben. Und heute, 2017, mit einer hochaktuellen Botschaft.

Aus mehreren Stellen des Neuen Testaments kann man entnehmen, dass häufig Dinge oder Geschichten des Alten Testaments eine sinnbildliche Bedeutung haben. So ist es auch mit der Stiftshütte. Weisen mehrere Einrichtungsgegenstände auf Christus hin (wie z.B. die Bundeslade oder der Leuchter), so reden diese Bretter von einzelnen Gläubigen, die zusammen das Haus Gottes bilden und durch besondere Mechanismen miteinander verbunden sind. Die Lagebeschreibung dieser Gläubigen ist eindeutig: aufrecht stehend! Das ist Gott wichtig. Das hebt Er hervor. Und genau das ist uns verlorengegangen.

Der Mensch

Als der Mensch geschaffen wurde, war schnell deutlich, dass er weder ein veredeltes noch ein weiterentwickeltes Tier ist, sondern eine einmalige Spezies. Er wurde im Bild Gottes erschaffen. Gott legte ihm nach dem Buch Prediger die Ewigkeit ins Herz und machte ihn fähig, mit Gott zu kommunizieren. Man könnte auch sagen: Er legte die Sehnsucht nach Gott in den Menschen. Äußerlich gesehen war die aufrechte Körperhaltung ein deutliches Erkennungsmerkmal. Jahrhunderte später anerkennt der weiseste Mensch des Alten Testaments, Salomo: „Allein, siehe, dieses habe ich gefunden, dass Gott den Menschen aufrichtig geschaffen hat; sie aber haben viele Ränke gesucht“ (Pred 7,29). Statt aufrichtig haben hier einige Übersetzungen die Fußnote aufrecht, gerade. Sein Blick sollte nach oben gerichtet sein zu seinem göttlichen Gegenüber. Für den Schreiber des 123. Psalms eine Selbstverständlichkeit: „Ich hebe meine Augen auf zu dir, der du thronst in den Himmeln!“

Nebukadnezar

Der Unterschied zwischen Tier und Mensch wird besonders deutlich am Beispiel des gewaltigen Herrschers von Babel, Nebukadnezar. Seine Geschichte wird in den ersten Kapiteln des Buches Daniel beschrieben. Gott hatte ihm für den Fall fortdauernden Hochmuts eine markante Bestrafung angekündigt. Er würde ihn von den Menschen ausstoßen und bei den Tieren des Feldes wohnen lassen (Dan 4). Genau das geschieht dann – aber im weiteren Verlauf demütigt sich dieser Herrscher vor Gott. In diesem Prozess der Umkehr berichtet die Bibel einen bemerkenswerten Ausspruch Nebukadnezars: „Und am Ende der Tage erhob ich, Nebukadnezar, meine Augen zum Himmel und mein Verstand kam mir wieder.“ Der Übergang vom Tier zum Menschsein wird dadurch markiert, dass dieser Mann seine Augen wieder nach oben richtet. Er wird gerade. Das macht ihn wahrhaft zum Menschen. Und das ist wiederum untrennbar damit verbunden, dass ihm sein Verstand wiederkommt. Dazu später mehr. 

Achtzehn Jahre krumm

In Lukas 13 wird von der Heilung einer Frau berichtet, die achtzehn Jahre einen Geist der Schwachheit hatte. Die äußeren Auswirkungen waren, dass sie vollständig gekrümmt war. Lukas berichtet: „Als aber Jesus sie sah, rief er ihr zu und sprach zu ihr: Frau, du bist gelöst von deiner Schwachheit! Und er legte ihr die Hände auf, und sofort wurde sie gerade und verherrlichte Gott“ (Lk 13,12.13). Wieder verbindet die Bibel das Aufrichten des Körpers mit der Wiederherstellung der Gottesbeziehung des Menschen – „sie verherrlichte Gott“ – die Hauptaufgabe des Menschen.

Seit dem Sündenfall ist das die große Provokation des Menschen, dass er Gott die Ehre und den Dank verweigert, ja er verweigert die Anbetung. Paulus formuliert in Römer 1 genau diesen Anklagepunkt: „… weil sie, Gott kennend, ihn weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten“ (Röm 1,21). Das ist bis heute die große Schuld des Menschen. Darin ist er gekrümmt, unfähig, Gott zu verherrlichen, wie diese Frau aus Lukas 13.

Und wir Christen? Sind unsere Gemeinden noch Orte, wo Gott verherrlicht wird, oder sind es nicht wir selbst, die unterhalten und bespaßt werden wollen? Gehört Gott wirklich die Ehre? Ist Er die Mitte, der, um den sich alles dreht? Sind wir nicht ein egoistischer Rummelplatz geworden, der unsere eigenen Ideen ins Scheinwerferlicht stellt und den Herrn Jesus aus der Mitte verdrängt? Sind wir gerade oder bis zur Unkenntlichkeit verkrümmt?

Paulus an Timotheus

In seinem Vermächtnisbrief schreibt Paulus seinem geliebten Kind unter anderem Folgendes auf: „Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist“ (2Tim 3,14). Man könnte auch sagen: „Timotheus, bleib gerade!“ Haben wir eigentlich noch Überzeugungen? Bist du überzeugt, dass die Bibel Wort für Wort inspiriert ist? Dann bleibe dabei. Die Geraden sind heute nicht in der Mehrzahl. Gerade zu sein ist ein geistlicher Kraftakt. Ich wünsche es dir und mir, dass wir uns von Gott dazu die Kraft geben lassen.

Zwei Meldungen

Zwei Meldungen des vergangenen Jahres zeigen, wie krumm wir sind. Da ist das Ehepaar, das den Staat verklagt, weil er ihnen keinen Platz für ihr Kind in einer Kinderverwahranstalt bereitstellt. Hat niemand diesen Eltern gesagt, dass sie ihrem Kind einen Schaden zufügen, wenn sie es in den ersten drei Jahren von der Mutter trennen? Wird nicht eines Tages das Kind seine Eltern verklagen, weil sie das Wohl des Kindes gefährdet haben? Wie krumm sind wir eigentlich? Und wir Christen blasen mit in dieses Horn und behandeln Mütter verächtlich, die es wagen, für ihre Kinder zu Hause zu bleiben? Ich bitte dich: Bleib gerade! Und vertraue Gott, der die Finanzierung dieses anstrengenden Jobs längst übernommen hat: „Nimm dieses Kind und säuge es mir, und ich werde dir deinen Lohn geben“ (2Mo 2,9). Er lügt nicht.

Zweite Meldung: Am 17. Oktober 2016 hat nun auch die sächsische Landeskirche die Segnung Homosexueller möglich gemacht. Diese Entscheidung ist nur die Spitze des Eisbergs schriftwidriger Lehren der evangelischen Kirche. Wie bestürzend und wie „krumm“. Wenige Tage später stand ich vor einhundert Gläubigen, die diese Kirche verlassen haben. Sie haben sich aufgerichtet, und ich möchte ihnen heute zurufen: „Bleibt gerade!“ Es gibt Verachtung und Not, aber es gibt auch große Freude und großen Segen, dem Wort Gottes die erste Stelle einzuräumen.

Die Bretter

Aufrecht stehend. Dafür brauche ich auch die beiden Bretter neben mir. Der Herr bewahre uns vor Hochmut und Selbstgefälligkeit. Da gibt es zu vieles, was uns krümmt, und wir brauchen ganz nötig den Rat unseres Mit-“brettes“, das uns die Augen für den Balken in unserem eigenen Auge öffnet.

Luther ist in diesen Tagen und Wochen in aller Munde. „Hier stehe ich“ – soll er in Worms gesagt haben. Auf diesem Reichstag war er in der Tat ein aufrecht stehendes Brett und ein Vorbild für unsere Zeit. So hoffe ich, dass diese Zeilen eine aufrichtende Wirkung haben und dazu dienen, dass wir aufrecht stehend unseren Gott verherrlichen.

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