Der Brief des Paulus an die Römer (9)
Kapitel 9

Stanley Bruce Anstey

© SoundWords, Online începând de la: 25.12.2023, Actualizat: 18.01.2024

Gottes Gerechtigkeit, die sich in seinen Wegen mit den Menschen zeigt (Röm 9–11)

In Römer 3,21 bis 8,39 haben wir die Gerechtigkeit Gottes im Evangelium erklärt bekommen. In Römer 9 bis 11 sehen wir nun die Gerechtigkeit Gottes in seinen Wegen mit den Menschen (in seinen dispensationalen Wegen) dargestellt.

Die Versöhnung des Evangeliums mit den Verheißungen Gottes an Israel

Dieser Teil des Briefes befasst sich mit dem Haupteinwand, den die Juden gegen das von Paulus verkündete Evangelium einbringen. In ihren Augen war seine Botschaft, dass Gott mit Israel fertig wäre und dass die Verheißungen, die Er Abraham, Isaak und Jakob bezüglich des Segens für die Nation gegeben hatte, nun null und nichtig wären. Und das alles nur, weil Gott aus „heiterem Himmel“ beschlossen hätte, mit dem Evangelium einen Neuanfang mit den Heiden zu machen!

Da dies im Widerspruch zu den Aussagen in den alttestamentlichen Schriften steht, die voll von bedingungslosen Verheißungen bezüglich der Segnung Israels sind, lehnten die Juden natürlich das Evangelium des Paulus ab. Die Propheten Israels schildern einen kommenden Tag, an dem diese Nation unter der Herrschaft ihres Messias von Gott gesegnet sein wird. Viele irdische Segnungen werden ihnen zuteilwerden, wie zum Beispiel die Vorrangstellung gegenüber den heidnischen Nationen, Reichtum, langes Leben usw. Die Hoffnung eines jeden gottesfürchtigen Juden ist es, an dieser kommenden Szene irdischer Herrlichkeit teilzuhaben. Wenn es wahr wäre, dass Gott seine Beziehung zu Israel abgebrochen hätte und es nun für sie vorbei wäre, dann hätte Gott seine Verheißungen gebrochen! Die Juden wussten, dass Gott so etwas nicht tun würde, weil Er sich damit selbst verleugnete (Heb 6,17.18) – und damit hätten sie völlig recht gehabt! Daraus schlossen sie, dass das Evangelium, das Paulus predigte, eine falsche und ketzerische Sache war, und lehnten es zu Recht ab.

Paulus wusste, dass das, was er predigte, für die Juden ein Stolperstein sein könnte, wenn sie es nicht richtig verstanden, und macht sich sofort daran, es richtigzustellen. In den nächsten Kapiteln (Röm 9–11) zeigt er, dass die Juden über das, was er über das Evangelium und die Verheißungen Gottes an Israel lehrte, falsch informiert waren. Er erklärt sorgfältig, dass das Evangelium der Gnade und der Herrlichkeit Gottes (das er predigte) die Verheißungen Gottes an Israel in keiner Weise aufhebt, beiseiteschiebt oder auch nur berührt. Tatsächlich lehrte Paulus, dass die Verheißungen, die Gott Abraham, Isaak und Jakob gegeben hat, immer noch so galten, wie Gott sie gegeben hatte, und dass sie von Israel an einem kommenden Tag in einem buchstäblichen Sinne verwirklicht werden – was vom jüdischen Standpunkt aus gesehen völlig orthodox wäre.

Das ist wichtig für uns zu verstehen, denn leider gibt es christliche Lehrer (reformierte Theologen), die fälschlicherweise ein Lehrsystem lehren (genannt „Ersatz-“ oder „Bundestheologie“), das besagt, dass die Hoffnungen Israels null und nichtig wären! Und dass die Verheißungen, die Gott den Patriarchen gegeben hat, sich für Israel nicht im wörtlichen Sinne erfüllen würden! Stattdessen sagen sie uns, dass diese Verheißungen in der heutigen Kirche in einem geistlichen Sinn erfüllt worden wären! Angesichts dieser schwerwiegenden Missverständnisse hat die Lehre des Paulus in diesem Teil des Briefes heute eine doppelte Bedeutung:

  • Erstens zeigt er den Juden, dass die Verheißungen Gottes an Israel durch das Evangelium nicht null und nichtig geworden sind und dass sie sich daher alle buchstäblich erfüllen werden, wie Gott es in seinem Wort gesagt hat.
  • Zweitens zeigt es, dass diejenigen, die die reformierte Theologie verinnerlicht haben, mit ihren Vorstellungen über die „Vergeistlichung“ der Verheißungen Gottes an Israel in der Kirche leider falschliegen.

So bringt Paulus in den nächsten drei Kapiteln die Lehre des Evangeliums mit den Verheißungen Gottes an Israel in Einklang. Er zitiert in diesem Abschnitt des Briefes nicht weniger als dreißigmal aus dem Alten Testament. Das zeigt, dass er vor allem für diejenigen schrieb, die die Heilige Schrift kannten, das heißt für die Juden. Er zeigt anhand von Gottes Wort, dass Gott seine Verheißungen an Israel nicht zurückgenommen hat.

Eine Unterbrechung in dem Handeln Gottes mit Israel

Gott wird zwar seine Verheißungen gegenüber Israel nicht zurücknehmen, aber die Schrift weist darauf hin, dass Er seine Beziehungen zu ihnen vorübergehend aussetzen und sie wegen ihres Unglaubens und ihrer Verwerfung Christi, des Messias, auf nationaler Ebene beiseitestellen wird. Das sollte den Leser des Alten Testaments nicht überraschen, denn es gibt eine Reihe von Stellen, die darauf hinweisen: 

  • Ps 69,23-29: Ihr Tisch werde vor ihnen zur Schlinge, und ihnen, den Sorglosen, zum Fallstrick! Lass ihre Augen dunkel werden, damit sie nicht sehen; und lass ihre Lenden beständig wanken! Schütte deinen Grimm über sie aus, und die Glut deines Zorns erreiche sie! 26 Verwüstet sei ihr Zeltlager, in ihren Zelten sei kein Bewohner! Denn den du geschlagen hast, haben sie verfolgt, und vom Schmerz deiner Verwundeten erzählen sie. Füge Ungerechtigkeit zu ihrer Ungerechtigkeit, und zu deiner Gerechtigkeit lass sie nicht kommen! Lass sie aus dem Buch des Lebens ausgelöscht und nicht mit den Gerechten eingeschrieben werden!

  • Dan 9,26.27: Und nach den 62 Wochen wird der Messias weggetan werden und nichts haben. Und das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören, und das Ende davon wird durch die überströmende Flut sein; und bis ans Ende: Krieg, Festbeschlossenes von Verwüstungen. Und er wird einen festen Bund mit den Vielen schließen für eine Woche; und zur Hälfte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen. Und wegen der Beschirmung der Gräuel wird ein Verwüster kommen, und zwar bis Vernichtung und Festbeschlossenes über das Verwüstete ausgegossen werden.

  • Mich 5,1-3: Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ursprünge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her. Darum wird er sie hingeben bis zur Zeit, da eine Gebärende geboren hat; und der Rest seiner Brüder wird zurückkehren zu den Kindern Israel. Und er wird dastehen und seine Herde weiden in der Kraft des HERRN, in der Hoheit des Namens des HERRN, seines Gottes. Und sie werden wohnen; denn nun wird er groß sein bis an die Enden der Erde.

  • Sach 11,4-14: So sprach der HERR, mein Gott: Weide die Herde des Würgens, deren Käufer sie erwürgen und es nicht büßen, und deren Verkäufer sprechen: Gepriesen sei der HERR, denn ich werde reich!, und deren Hirten sie nicht verschonen. Denn ich werde die Bewohner des Landes nicht mehr verschonen, spricht der HERR; und siehe, ich überliefere die Menschen, jeden in die Hand seines Nächsten und in die Hand seines Königs; und sie werden das Land zertrümmern, und ich werde nicht aus ihrer Hand befreien. Und ich weidete die Herde des Würgens, ja, die Elenden der Herde; und ich nahm mir zwei Stäbe: den einen nannte ich „Huld“, und den anderen nannte ich „Verbindung“, und ich weidete die Herde. Und ich vertilgte drei Hirten in einem Monat. Und meine Seele wurde ungeduldig über sie, und auch ihre Seele wurde meiner überdrüssig. Da sprach ich: Ich will euch nicht mehr weiden; was stirbt, mag sterben, und was umkommt, mag umkommen; und die Übrigbleibenden mögen einer des anderen Fleisch fressen. Und ich nahm meinen Stab „Huld“ und zerbrach ihn, um meinen Bund zu brechen, den ich mit allen Völkern gemacht hatte. Und er wurde an jenem Tag gebrochen; und so erkannten die Elenden der Herde, die auf mich achteten, dass es das Wort des HERRN war. Und ich sprach zu ihnen: Wenn es gut ist in euren Augen, so gebt mir meinen Lohn, wenn aber nicht, so lasst es; und sie wogen meinen Lohn ab: dreißig Sekel Silber. Da sprach der HERR zu mir: Wirf ihn dem Töpfer hin, den herrlichen Preis, dessen ich von ihnen wert geachtet bin! Und ich nahm die dreißig Sekel Silber und warf sie in das Haus des HERRN, dem Töpfer hin. Und ich zerbrach meinen zweiten Stab „Verbindung“, um die Brüderschaft zwischen Juda und Israel zu brechen.

Es gibt auch Vorbilder, die darauf hinweisen: Joseph, Mose, David usw. (1Mo 37; 2Mo 2; 1Sam 17).

Weiter gibt es auch Prophezeiungen, die darauf hinweisen, dass Gott, nachdem die Juden durch eine noch zu erwartende Zeit der Drangsal gegangen sind, wieder mit ihnen anknüpfen wird, woraufhin ein Überrest der Nation Buße tun und den Herrn Jesus als ihren Messias annehmen und danach in seinem Tausendjährigen Reich gesegnet werden wird:

  • Dan 9,27: Er wird einen festen Bund mit den Vielen schließen für eine Woche; und zur Hälfte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen. Und wegen der Beschirmung der Gräuel wird ein Verwüster kommen, und zwar bis Vernichtung und Festbeschlossenes über das Verwüstete ausgegossen werden.

  • Dan 12,1: In jener Zeit wird Michael aufstehen, der große Fürst, der für die Kinder deines Volkes steht; und es wird eine Zeit der Drangsal sein, wie sie nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht bis zu jener Zeit. Und in jener Zeit wird dein Volk errettet werden, jeder, der im Buch geschrieben gefunden wird.

  • Jer 30,7Wehe, denn groß ist jener Tag, ohnegleichen, und es ist eine Zeit der Drangsal für Jakob! Doch er wird aus ihr gerettet werden.

  • Mich 5,3: Und er wird dastehen und seine Herde weiden in der Kraft des HERRN, in der Hoheit des Namens des HERRN, seines Gottes. Und sie werden wohnen; denn nun wird er groß sein bis an die Enden der Erde.

Die Schrift sagt jedoch nicht, dass dieser kommende Segen für das Volk Israel (der die Erfüllung der Verheißungen an Abraham, Isaak und Jakob sein wird) der Anteil jedes einzelnen Israeliten sein wird. Viele von ihnen werden sich als ungläubig erweisen und diesen nationalen Segen verpassen (Ps 135,14; Hes 11,9.10; 20,38; Dan 12,2; Amos 9,9.10; Sach 13,8.9 usw.).

Die Lehren des Paulus im Neuen Testament stehen also in keiner Weise im Widerspruch zu den irdischen Segnungen, die Gott Israel verheißen hat. Seine Predigten und Lehren haben mit dem zu tun, was Gott gegenwärtig tut, während Israel vorübergehend beiseitegestellt ist. Er zeigt, dass Gott die Heiden gegenwärtig in Gnade und Vorrecht besucht und sie durch das Evangelium der Gnade Gottes (Apg 15,14) dazu aufruft, Teil einer völlig neuen Körperschaft zu sein, die Christus aufbaut: die Versammlung Gottes, sein (unsichtbarer) Leib (Mt 16,18; Eph 1,22.23). Dies ist eine himmlische Schar von Gläubigen, getrennt und verschieden von dem (wiederhergestellten) Israel und den heidnischen Nationen, die mit Christus auf Erden in seinem Reich an einem kommenden Tag gesegnet sein werden. Es gibt also eine wunderbare und herrliche Zukunft für Israel, wie es die Propheten vorausgesagt haben.

Der Grund für diesen gegenwärtigen Ruf des Evangeliums ist, dass Gott vorgesehen hat, dass Christus, wenn Er öffentlich in seinem Reich regiert, sowohl eine himmlische als auch eine irdische Schar von gesegneten Menschen haben wird, die mit Ihm regieren (Eph 1,10). Die jetzige Berufung ist einfach die Sammlung derer, die die christliche Gemeinde bilden, die Teil der himmlischen Schar sein wird. Sie besteht aus der Gemeinde (Eph 2,6; Phil 3,20; Heb 3,1; 12,22.23a; Off 21,9–22,5), den Heiligen des Alten Testaments, die zu den „vollendeten Gerechten“ zählen, indem sie auferweckt und verherrlicht wurden (Dan 7,18.22.27: „die Heiligen der höchsten Örter“; Joh 3,29; Heb 12,23b), und den Kindern, die gestorben sind, bevor sie verantwortlich waren, und ebenfalls auferweckt werden (Mt 18,10.11). Die irdische Abteilung des Königreichs wird aus dem wiederhergestellten Israel und den bekehrten heidnischen Nationen bestehen.

Diejenigen, die heute dem Ruf des Evangeliums folgen, werden Teil der Versammlung Gottes sein. Wie bereits erwähnt, ist sie ein himmlisches Gebilde mit himmlischen Segnungen und Hoffnungen, das eine himmlische Bestimmung hat. Paulus verrät die Einzelheiten dieses neuen Anfangs unter den Heiden (dem sogenannten Geheimnis) hier im Römerbrief nicht, weil er sich in erster Linie mit der Seite Israels beschäftigt. Diese zwischengeschaltete, himmlische Berufung ist also wie eine Klammer in Gottes Handeln mit Israel; sie stellt die Verheißungen, die Er ihnen gegeben hat, in keiner Weise in Frage oder macht sie zunichte. Paulus will den Juden in Römer 9 bis 11 zeigen, dass das Volk Israel nichts von dem verloren hat, was ihm verheißen worden war. Wenn sie umkehrten und Christus annähmen – was ein Überrest von ihnen an einem kommenden Tag tun wird –, dann würde ihnen alles, was ihnen auf nationaler Ebene verheißen war, in vollem Umfang zustehen. Paulus zeigt in diesen Kapiteln auch, dass einige Juden heute „zuvor auf den Christus gehofft haben“, indem sie an das von Paulus gepredigte Evangelium ihrer Errettung geglaubt haben (Eph 1,12.13). Er nennt sie „ein Überrest nach Auswahl der Gnade“ (Röm 11,5) und „das Israel Gottes“ (Gal 6,16). Infolge ihrer Aufnahme in Christus sind sie nun Teil der Versammlung Gottes (Eph 3,6).

Es wird der Tag kommen, an dem Gott die Heidenvölker mit dem Evangelium der Gnade Gottes erreicht haben wird und „die Vollzahl der Nationen eingegangen“ sein wird (Röm 11,25). Das bedeutet, dass die Vollzahl der Nationen, die gemäß der Erwählung der Gnade an das Evangelium glauben werden, vollständig sein wird. Dann wird die Entrückung stattfinden (1Thes 4,15-18), und alle, die an das Evangelium geglaubt haben (Christen), werden in den Himmel aufgenommen, woraufhin Gott wieder mit Israel anknüpfen wird, um einen Überrest der Nation in den Segen Christi auf Erden in seinem Tausendjährigen Reich zu bringen. Diese einfache Abfolge der Wege Gottes mit „den Juden“ und „den Heiden“ und „der Versammlung Gottes“ wird „dispensationale Wahrheit“ genannt (vgl. 1Kor 10,32).

Ein Überblick über die Kapitel 9 bis 11

  • Römer 9: Paulus zeigt, dass die souveräne Erwählung Israels immer noch gilt und dass Gott, der souverän ist, jedes Recht hat, heute Heiden zum Segen zu rufen.
  • Römer 10: Paulus stellt die moralische Verantwortung des Menschen dar, an das Evangelium zu glauben – egal ob Jude oder Heide. Er berichtet, dass die Juden in dieser Verantwortung versagt haben, und dies hat die Tür für den Segen geöffnet, der zu den Heiden hinausging, und viele von ihnen sind durch den Glauben zum Segen gekommen.
  • Römer 11: Paulus erklärt, dass das Straucheln Israels nur eine vorübergehende Sache ist; die letztendliche Ablehnung der Gnade durch die Heiden wird den Weg für Israels Wiederherstellung bereiten, woraufhin die Verheißungen an ihre Väter erfüllt werden.

Dieser Abschnitt des Briefes (Röm 9–11) beginnt in einem traurigen Ton (Röm 9,1.2), aber er endet mit einem Ton des Triumphs und der Freude (Röm 11,33-36). Er endet mit einem freudigen Ton, denn Gott hat, wie Paulus erklärt, alles unter Kontrolle, und Er wird alles zu seiner eigenen Ehre vollbringen und zur Ehre des Herrn Jesus Christus und auch zum Segen derer, die glauben werden. Dies zu wissen, gibt den Christen die Zuversicht, Gott in seinen Wegen mit dem Menschen (in dispensationaler Hinsicht) zu vertrauen und Ihn schon jetzt für seine Wege zu preisen, bevor wir sehen, wie seine Pläne für den Segen der Welt im Reich Christi zur Verwirklichung kommen.

Die Souveränität Gottes | Israels vergangene Erwählung (Röm 9)

Paulus’ aufrichtige Liebe zu Israel und zu der gottgewollten Religion des Judentums

Verse 1-3

Röm 9,1-3: 1 Ich sage die Wahrheit in Christus, ich lüge nicht, indem mein Gewissen mit mir Zeugnis gibt in dem Heiligen Geist, 2 dass ich große Traurigkeit habe und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen. 3 Denn ich selbst, ich habe gewünscht, durch einen Fluch von dem Christus entfernt zu sein für meine Brüder, meine Verwandten nach dem Fleisch, …

Wie bereits erwähnt, missverstanden die Juden die Botschaft des Paulus im Evangelium. Sie sahen in ihm einen Verräter und dachten, er wäre ein Israelhasser, der ihre gottgewollte jüdische Religion nicht respektierte. Sie dachten, er würde den „Abfall von Mose“ lehren (Apg 21,21).

Um dieses Missverständnis auszuräumen, erklärt Paulus zunächst seine große Liebe zu seinem Volk und seine Wertschätzung für die Vorrechte, die es im Judentum genoss. Seine Liebe zu ihnen war so groß, dass er wegen ihres Unglaubens und ihrer Ablehnung des Herrn Jesus Christus, ihres Messias, großen Kummer und Schmerz empfand. Er ging sogar so weit, zu sagen, dass er „gewünscht habe“, er selbst wäre „durch einen Fluch von Christus entfernt“ worden, wenn dies nur bedeuten würde, dass seine Landsleute gerettet würden! Dies ist eine unglaubliche Aussage, die nur von Mose selbst übertroffen wird (2Mo 32,31.32). Dies war ein klarer Beweis dafür, dass die Juden falsche Vorstellungen von Paulus hatten; er liebte sie wirklich und respektierte das Judentum.

Verse 4.5

Röm 9,4.5: … 4 die Israeliten sind, deren die Sohnschaft ist und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Dienst und die Verheißungen; 5 deren die Väter sind und aus denen, dem Fleisch nach, der Christus ist, der über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit. Amen.

Um zu beweisen, dass er nicht die Absicht hatte, die Vorrechte Israels zu schmälern, zählt Paulus acht Dinge auf, die Israel zur bevorzugten Nation auf der Erde gemacht hatten (5Mo 4,7):

  • „die Sohnschaft“ – sie hatten eine bevorzugte Stellung bei Gott (2Mo 4,22; 5Mo 7,6-8).
  • „die Herrlichkeit“ – sie besaßen die Wolke der Herrlichkeit, die das sichtbare Zeichen der Gunst Gottes über sie war (2Mo 13,21.22; 2Chr 5,14).
  • „die Bündnisse“ – im Namen des Volkes waren Bündnisse mit den Vätern geschlossen wurden (1Mo 15,18-21; 17,7 usw.).
  • „das Gesetz“ – die fünf Bücher Mose waren ihnen gegeben worden (2Mo 20).
  • „der Dienst“ – die von Gott eingesetzte levitische Ordnung im Opferdienst, mit der sie sich Gott in Anbetung und Lobpreis nahten, gehörte zu ihnen (3Mo 1–7).
  • „die Verheißungen“ – eine strahlende Zukunft im Tausendjährigen Reich wurde ihnen zugesichert (Jes 30,23-26; 32,1-20; 35,1-10 usw.).
  • „die Väter“ – sie hatten ein großes Erbe von geistlichen Vorfahren.
  • „der Christus“ – sie waren von Gott begünstigt, dass der Retter und künftige Herrscher der Welt aus ihrem Volk hervorging (Jes 9,6.7).

Indem er sein „Amen“ unter diese Liste von Dingen hinzufügte, zeigte Paulus, dass er diese Vorteile und Vorrechte, die Israel gegeben worden waren, sehr schätzte und sie guthieß. Er schätzte diese Dinge so sehr wie jeder Jude und machte sie in seiner Predigt und Lehre nicht lächerlich, wie die Juden fälschlicherweise dachten. Er könnte sogar argumentieren, dass nicht er es war, der das Judentum und die Hoffnung Israels nicht respektierte, sondern sie! Denn die größte der Israel verheißenen Wohltaten bestand darin, dass der Christus durch dieses Volk in die Welt kommen sollte (Mt 1). Er war es, um den sich alle Vorrechte des Judentums drehten und durch den sich die Verheißungen erfüllen würden. Doch als Er zu ihnen kam, lehnten sie Ihn ab! „Sie haben sich gestoßen an dem Stein des Anstoßes“ (Röm 9,32; Joh 1,11), und ihr Stolpern hat die Erfüllung ihrer nationalen „Hoffnung“ verhindert (Apg 26,6).

Das wahre „Israel Gottes“ ist nicht jeder natürliche Nachkomme Abrahams (V. 6-33)

Verse 6.7a

Röm 9,6.7a: 6 Nicht aber, dass das Wort Gottes hinfällig geworden wäre; denn nicht alle, die aus Israel sind, diese sind Israel, 7 auch nicht, weil sie Abrahams Nachkommen sind, sind alle Kinder …

Paulus wendet sich dann dem Nachweis zu, dass die Ablehnung des Messias durch die Juden die Verheißung Gottes an Israel nicht ungültig hat. Er sagt: „Nicht aber, dass das Wort Gottes hinfällig geworden wäre.“ Das heißt, Gott hat mit seinem Wort verheißen, Abrahams Kinder zu segnen, und diese Verheißung ist nicht null und nichtig geworden (Heb 6,13-18).

Er fährt fort zu zeigen, dass diese Verheißungen zwar auf jeden Fall in Erfüllung gehen würden, dass die Schrift aber nicht lehrt, dass sie von allen Nachkommen Abrahams erfüllt werden. Er sagt: „Denn nicht alle, die aus Israel sind, diese sind Israel, auch nicht, weil sie Abrahams Nachkommen sind, sind alle Kinder.“ Damit zeigt Paulus, dass Abraham zwei Arten von Nachkommen hat: diejenigen, die seine Abstammung haben, aber nicht seinen Glauben; und dann diejenigen, die beides haben. Das bedeutet: Nicht alle, die durch natürliche Abstammung „aus Israel“ sind, sind notwendigerweise wahre „Israeliten“, die den Glauben haben. Ein echter Israelit, den Gott als solchen ansieht, hat sowohl Abrahams Blut als auch Abrahams Glauben. Dementsprechend unterscheidet Paulus sorgfältig zwischen dem „Nachkommen“ Abrahams (natürliche Abstammung) und den „Kindern“ Abrahams (diejenigen, die Abrahams Blut und Glauben haben). Auf diese Unterscheidung geht er in Römer 2 ein:

  • Röm 2,28.29: Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung; sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geist, nicht im Buchstaben; dessen Lob nicht von Menschen, sondern von Gott ist.

Die Heilige Schrift unterscheidet also zwischen einem Israeliten und einem „wahren Israeliten“ (Joh 1,47). Die Verheißungen Gottes werden sich also mit Sicherheit für „ganz Israel“ erfüllen (Röm 11,26), aber dies bezieht sich auf diejenigen, die wahre Israeliten sind und Abrahams Blut und Glauben haben.

Vier Beispiele aus der Geschichte Israels, die die Souveränität Gottes betreffen (V. 7-18)

Paulus zeigt dann, dass Gott nach dem Prinzip der souveränen Erwählung handelt, und da Er Gott ist, kann Er die Heiden in dieser Zeit genauso souverän berufen, wie Er vor langer Zeit das Volk Israel berufen hat. Die Juden waren wirklich das letzte Volk auf der Welt, das es sich leisten konnte, die göttliche Souveränität in Frage zu stellen. Immer wieder in ihrer Geschichte war sie zu ihren Gunsten ausgeübt worden. Paulus wendet sich an die Heilige Schrift, um diesen Punkt zu beweisen.

1. Isaak wird anstelle von Ismael ausgewählt

Verse 7b-9

Röm 9,7b-9: … 7b sondern „in Isaak wird dir eine Nachkommenschaft genannt werden.“ 8 Das ist: Nicht die Kinder des Fleisches, diese sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung werden als Nachkommen gerechnet. 9 Denn dieses Wort ist eine Verheißung: „Um diese Zeit will ich kommen, und Sara wird einen Sohn haben.“

Paulus zitiert die Worte des HERRN an Abraham: „In Isaak soll dir eine Nachkommenschaft genannt werden“ (1Mo 21,12). Dies wurde zu ihm gesagt, als in Abrahams Haus die Frage aufkam, wer sein Erbe sein würde: Ismael oder Isaak. Indem der HERR mit Nachdruck erklärt hatte, dass es Isaak sein würde, schloss Er eine natürliche Abstammung in Abrahams Haus eindeutig aus, denn sowohl Ismael als auch Isaak waren Abrahams natürliche Söhne. Wenn die Juden darauf bestünden, dass die natürliche Abstammung ausreicht, um den Segen zu erben, dann müssten sie die Araber in den Segen aufnehmen, weil sie von Abraham durch Ismael abstammen (1Mo 25,12-18)! Das würden die Juden niemals akzeptieren. Paulus sagt: „Nicht die Kinder des Fleisches, diese sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung werden als Nachkommen gerechnet.“ Ismael war, wie wir wissen, ein Kind des Fleisches, aber Isaak war das Kind der Verheißung (Gal 4,23). Die Tatsache, dass Gott sich für Isaak und nicht für Ismael entschied, macht deutlich, dass der Segen in Abrahams Haus nicht durch die natürliche Abstammung kam. Und so wird es auch sein, wenn das Reich Christi auf Erden errichtet wird – nicht alle natürlichen Nachkommen Abrahams werden als „Nachkommen“ gesegnet werden und die Verheißungen erben.

2. Jakob wurde anstelle von Esau erwählt

Verse 10-13

Röm 9,10-13: 10 Nicht allein aber das, sondern auch als Rebekka schwanger war von einem, von Isaak, unserem Vater, 11 selbst als die Kinder noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten (damit der Vorsatz Gottes nach Auswahl bleibe, 12 nicht aus Werken, sondern aus dem Berufenden), wurde zu ihr gesagt: „Der Größere wird dem Kleineren dienen“; 13 wie geschrieben steht: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.“

Paulus geht nun zum Beispiel von Jakob und Esau über. Er zeigt erneut, dass der Segen nicht durch natürliche Abstammung, sondern durch die souveräne Erwählung aus Gnade zustande kam. In Bezug auf Isaak und Ismael könnten die Juden argumentieren, dass sie zwei verschiedene Mütter hatten, aber bei Jakob und Esau könnten sie dieses Argument nicht verwenden. Rebekka war die Mutter von beiden.

In Verbindung mit diesen Zwillingen, wenn der Segen auf der Linie der natürlichen Abstammung vererbt wird, müssten sie die Edomiter in den Segen aufnehmen! Kein Jude würde das auch nur einen Moment lang akzeptieren. Bevor die Jungen geboren wurden und weder „Gutes“ noch „Böses“ getan hatten, sagte Gott: „Der Ältere wird dem Jüngeren dienen“ (1Mo 25,23). Normalerweise hätte Esau den bevorzugten Platz in Isaaks Familie gehabt, aber Gottes souveräne Auswahl ging an Esau vorbei und ruhte auf Jakob. Das beweist, dass Gottes souveräne Berufung nicht von guten oder schlechten Werken abhängt, sondern allein von der Gnade. Fünfzehnhundert Jahre später sagte der HERR: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst“ (Röm 9,13; Mal 1,2.3). Dies wurde geschrieben, nachdem sie ihr Leben gelebt und ihren wahren Charakter bewiesen hatten. Paulus erwähnt also zwei Aussagen, die der HERR über Jakob und Esau machte: Die eine wurde gemacht, bevor die Jungen geboren wurden (Röm 9,12), und die andere viele Jahre nachdem sie gelebt hatten und gestorben waren (Röm 9,13). Sie zeigen eindeutig, dass Gott sich für den einen und nicht für den anderen entschieden hat.

3. Der Herr entschied sich, Israel Gnade zu erweisen, als es sich dem Götzendienst zuwandte

Verse 14-16

Röm 9,14-16: 14 Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne! 15 Denn er sagt zu Mose: „Ich werde begnadigen, wen ich begnadige, und ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme.“ [2Mo 33,19] 16 Also liegt es nun nicht an dem Wollenden noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott.

Derjenige, der mit der göttlichen Souveränität argumentiert, wird sagen: „Wenn es bei der Wahl wirklich nur zwei Möglichkeiten gibt – gesegnet oder verdammt zu sein –, dann verdammt man zwangsläufig denjenigen, der nicht erwählt wurde, und wählt den einen und nicht den anderen! Wie kann das gerecht sein?“ Derselbe Skeptiker wird auch sagen: „Wenn alles im Voraus festgelegt wurde, kann niemand etwas dagegen tun, und wenn das stimmt, dann ist Gott ungerecht, wenn Er Menschen verurteilt, denn es ist nicht ihre Schuld, dass sie nicht auserwählt wurden!“

Paulus rechnete damit, dass man gegen das Prinzip der göttlichen Souveränität Einspruch erheben würde, und antwortet: „Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott?“ Er antwortet auf seine eigene Frage: „Das sei ferne!“ Paulus fährt fort, die Souveränität Gottes zu verteidigen, aber nicht wie einige christliche Theologen, die versuchen, die Souveränität Gottes und die Verantwortung des Menschen miteinander zu versöhnen, indem sie beides zu einer Sache verschmelzen. Sie werden sagen, dass Gott durch sein Vorherwissen wusste, wer glauben würde und wer nicht, und diejenigen auswählte, die glauben würden. Dies ist der Kern der falschen Vorstellungen des Arminianismus, der die Verantwortung des Menschen für die Errettung unter Ausschluss der Souveränität Gottes betont.

Paulus führt ein Beispiel für Gottes Souveränität im Fall des Götzendienstes Israels an: die Anbetung des goldenen Kalbs (2Mo 32). Als sich das Volk in dieser Sache gegen Gott versündigte, sagte Gott zu Mose: „Ich werde begnadigen, wen ich begnadige, und ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme.“ Hätte Gott mit Israel nur nach den Maßstäben der göttlichen Gerechtigkeit gehandelt und ihnen gegeben, was ihnen zustand, hätte Er das ganze Volk vernichtet! Aber die Tatsache, dass Gott sich dafür entschied, das Volk nicht zu richten, zeigt, dass Er sich souverän dafür entschied, sich über sie zu erbarmen. Die Juden konnten es sich kaum leisten, Gottes Souveränität in diesem Fall anzufechten, denn wäre sie ihnen gegenüber nicht wohlwollend ausgeübt worden, wären sie ausgerottet worden! Wenn die Juden Gott in diesem Fall Ungerechtigkeit vorwerfen wollen, dann würden sie damit zugeben, dass sie verdammt werden sollten! Und wenn alle Menschen es verdienen, verdammt zu werden, dann kann niemand Gott mit Recht der Ungerechtigkeit bezichtigen, wenn Er sich nicht einiger erbarmt. Paulus schließt daher: „Also liegt es nun nicht an dem Wollenden noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott.“ Wenn Gott sich entschließt, sich einiger zu erbarmen, kann niemand etwas daran aussetzen.

4. Der Herr hat den Pharao verhärtet

Verse 17.18

Röm 9,17.18: 17 Denn die Schrift sagt zum Pharao: „Eben hierzu habe ich dich erweckt, damit ich meine Macht an dir erweise und damit mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde.“ 18 So denn, wen er will, begnadigt er, und wen er will, verhärtet er.

Die Betrachter haben vielleicht kein Problem damit, dass Gott souverän Barmherzigkeit gegenüber jemand übt, aber sie haben ein Problem, wenn es um einen Akt des Gerichtes geht. Paulus fährt fort zu zeigen, dass Gott auch im Gericht souverän ist. So wie Israel böse handelte, als es das goldene Kalb anbetete, und Gott sich souverän entschied, ihnen Barmherzigkeit zu erweisen, so ist es auch mit Pharao – er handelte böse, aber in seinem Fall verhärtete Gott ihn und richtete ihn dann. Da der Pharao erntete, was er gesät hatte, war es Gottes Recht, ihn zu richten. Wir sehen also, wie Gottes Souveränität darin zum Ausdruck kommt, dass Er den einen Barmherzigkeit erweist und die anderen verhärtet. Paulus sagt: „So denn, wen er will, begnadigt er, und wen er will, verhärtet er“ (Röm 9,18). Gott kann über die Bösen Gericht halten und tut dies auch, und Er ist dabei gerecht, aber Er kann sich auch entscheiden, einigen Barmherzigkeit zu erweisen; das ist sein Vorrecht.

Wer kann sich dem Willen Gottes widersetzen? (V. 19-23)

Verse 19-23

Röm 9,19-23: 19 Du wirst nun zu mir sagen: Warum tadelt er denn noch? Denn wer hat seinem Willen widerstanden? 20 Wer bist du denn, o Mensch, der du das Wort nimmst gegen Gott? Wird etwa das Geformte zu dem, der es geformt hat, sagen: Warum hast du mich so gemacht? 21 Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse das eine Gefäß zur Ehre und das andere zur Unehre zu machen? 22 Wenn aber Gott, willens seinen Zorn zu erweisen und seine Macht kundzutun, mit vieler Langmut ertragen hat die Gefäße des Zorns, die zubereitet sind zum Verderben, 23 und damit er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Begnadigung, die er zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat –

Die Menschen werden Gott der Ungerechtigkeit beschuldigen, indem sie sein Verhalten gegenüber Pharao als Beispiel dafür anführen, dass Er Menschen zur Hölle vorherbestimmt hat. Paulus fährt fort zu zeigen, dass dies nicht wahr ist; Gott würde niemals jemand zu einer verlorenen Ewigkeit vorherbestimmen. Er weist auch darauf hin, dass es eine Torheit des Menschen ist, die Wege Gottes in Frage zu stellen.

Er führt das Argument an, das Skeptiker und Gegner des Glaubens verwenden: „Wenn Gott einen Menschen so verhärtet, dass er nicht glaubt, ‚warum tadelt er denn noch‘, weil er nicht glaubt?“ (Röm 9,19). Paulus antwortet auf diese falsche Vorstellung, indem er zeigt, dass Gott zwar im Gericht handelt, die Schrift aber nicht sagt, dass Er Menschen für die ewige Verdammnis auserwählt hat. „Die Gefäße des Zorns sind zubereitet zum Verderben“ (Röm 9,22), aber sie werden nicht von Gott „zubereitet“, sondern die Menschen bereiten sich selbst zu durch ihren eigenen Unglauben! Im Fall des Pharaos hatte Gott ihn nicht für das Gericht vorherbestimmt. Wenn wir den Bericht über den Umgang des HERRN mit Pharao aufmerksam lesen (2Mo 4–12), werden wir sehen, dass er sich selbst für sein Gericht zubereitete, indem er sich wiederholt gegen den HERRN verhärtete. Aber er war nicht von Geburt an zum Tode verurteilt. In seinem Leben erwies er sich als böse, und Gott hätte ihn mit Recht ausrotten können, entschied sich aber, ihn eine Zeitlang am Leben zu erhalten, damit Er seine Macht im Gericht zeigen und dadurch seinen Namen auf der Erde verherrlichen konnte.

Der Herr wusste, dass der Pharao sein Herz gegen Ihn verstocken würde (2Mo 3,19), und sagte zu Mose, dass er sein Herz infolgedessen gerichtlich noch mehr verstocken würde. Der HERR sagte: „Ich will sein Herz verhärten, so dass er das Volk nicht ziehen lassen wird“ (2Mo 4,21; 7,3). Beachte: Der HERR sagte in diesem Moment nicht: „Ich habe sein Herz verhärtet“, sondern: „Ich will sein Herz verhärten.“ Das war etwas, was der Herr als Konsequenz daraus tun wollte, dass der Pharao sein Herz zuerst selbst verhärtet hatte. Und tatsächlich erwies sich der Pharao als ein böser Mensch und verhärtete sein Herz gegen den HERRN. In der Schrift heißt es: „Das Herz des Pharaos verhärtete sich“ (2Mo 7,13). In 2. Mose 7,13.14 wird zum ersten Mal in der Schrift erwähnt, dass das Herz des Pharaos verhärtet wurde, und es ist eindeutig etwas, was er selbst tat. Tatsächlich verhärtete er sein Herz wiederholt gegen den HERRN (2Mo 7,22; 8,15.19.32; 9,7). Erst nach all dem sagt die Schrift schließlich: „Der HERR verhärtete das Herz des Pharaos“ (2Mo 9,12; 10,1.20.27; 11,10), womit sich erfüllte, was der Herr in 2. Moses 4,21 und 7,3 angekündigt hatte. Die Heilige Schrift sagt: „Ein Mann, der, oft zurechtgewiesen, den Nacken verhärtet, wird plötzlich zerschmettert werden ohne Heilung“ (Spr 29,1). Dies war der Fall bei Pharao.

Paulus zeigt, dass die Souveränität Gottes in Frage gestellt wird, wenn man missversteht, wer Gott ist und wer wir sind. Er sagt: „Wer hat seinem Willen widerstanden? Wer bist du denn, o Mensch, der du das Wort nimmst gegen Gott? Wird etwa das Geformte zu dem, der es geformt hat, sagen: Warum hast du mich so gemacht? Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse das eine Gefäß zur Ehre und das andere zur Unehre zu machen?“ Gott hat alle Macht im Himmel und auf Erden und kann tun, was Ihm gefällt – und Er tut niemals Unrecht. Er sagte zu Abraham: „Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben?“ (1Mo 18,25).

Alle Menschen verdienen das Gericht, aber wenn Gott sich entscheidet, einigen wenigen Gnade zu erweisen, wer sind wir, dass wir sagen, dass Er Unrecht tut? Dass überhaupt jemand gerettet wird, ist ein Zeugnis für die souveräne Gnade Gottes. Das alte und wahre Sprichwort lautet:

Alle können kommen (Off 22,17), aber keiner wird kommen (Joh 3,32); aber aufgrund der souveränen Macht Gottes, die in den Menschen wirkt, werden einige zu Christus kommen und gerettet werden (Joh 6,44).

Gott mag zwar einige zum Segen erwählen (als „Gefäße der Begnadigung“), aber Er erwählt nie jemand zur Hölle. Alle, die sich als „Gefäße des Zorns“ erweisen, sind durch ihren eigenen Unglauben „zubereitet zum Verderben“ (Röm 9,22). So etwas wie eine Vorbestimmung zur Hölle gibt es nicht. Paulus sagt, dass der Grund, warum Gott einige auserwählt, „Gefäße der Begnadigung“ zu sein, darin liegt, „den Reichtum seiner Herrlichkeit“ zu zeigen (Röm 9,23).

J.N. Darby sagt:

Die Wurzel der Frage ist dies: Soll Gott den Menschen richten, oder der Mensch Gott? Gott kann tun, was irgend Er will. Er ist nicht der Gegenstand des Richtens.[1]

F.B. Hole sagt:

Wie schwer tun wir uns, zuzugeben, dass Gott ein Recht hat, zu handeln, wie es Ihm beliebt. Tatsächlich kommt Ihm allein dieses Recht zu, da Er ja allein vollkommen ist in seiner Vorkenntnis, Weisheit, Gerechtigkeit und Liebe. Uns mögen manche Dinge unerklärlich erscheinen, aber das rührt daher, dass wir unvollkommen sind.[2]

Das Prinzip der souveränen Auserwählung der Gnade, angewandt auf die Nichtjuden

Verse 23-26

Röm 9,23-26: … 23 und damit er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Begnadigung, die er zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat – 24 uns, die er auch berufen hat, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Nationen. 25 Wie er auch in Hosea sagt: „Ich werde Nicht-mein-Volk mein Volk nennen und die Nicht-Geliebte Geliebte.“ 26 „Und es wird geschehen, an dem Ort, wo zu ihnen gesagt wurde: Ihr seid nicht mein Volk, dort werden sie Söhne des lebendigen Gottes genannt werden.“

Paulus zeigt dann, dass der Grundsatz der souveränen Erwählung für die Heiden ebenso gilt wie für Israel. Er sagt, dass Gott „die Gefäße der Barmherzigkeit“ (die Gläubigen) „zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat – uns, die er auch berufen hat, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Nationen“. Alle Segnungen, ob für Juden oder Heiden, beruhen also auf der Souveränität Gottes.

Er zitiert aus Hosea 2,1 und Hosea 2,25, um zu zeigen, dass Gott Israel an einem kommenden Tag wieder aufnehmen wird. Gegenwärtig sind sie nicht sein Volk – „Lo-ammi“ („nicht mein Volk“) steht über ihnen geschrieben. Aber dann wird Er sie in souveräner Gnade wieder zu seinem Volk machen. Ihre derzeitige Position, nicht sein Volk zu sein, ist identisch mit der Position, in der sich die Nationen befinden. Paulus argumentiert, dass Gott, wenn Er so mit Israel verfahren kann, dies auch mit den Heiden tun kann.

Verse 27-29

Röm 9,27-29: 27 Jesaja aber ruft über Israel: „Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres, nur der Überrest wird errettet werden. 28 Denn indem er die Sache vollendet und abkürzt, wird der Herr auf der Erde handeln.“ 29 Und wie Jesaja zuvor gesagt hat: „Wenn nicht der Herr Zebaoth uns Nachkommen übrig gelassen hätte, so wären wir wie Sodom geworden und wären Gomorra gleich geworden.

Paulus zitiert dann den Propheten Jesaja, um zu betonen, was er bereits in den Römer 9,6-8 gelehrt hat: dass dieser Akt der Gnade gegenüber Israel nicht jeden Israeliten natürlicher Abstammung einschließen wird. Die Masse des Volkes wird sich als ungläubig erweisen und von Gott gerichtet werden, aber „ein Überrest“ wird gerettet werden. Er sagt: „Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres [durch natürliche Abstammung], nur der Überrest wird errettet werden“ (vgl. Jes 10,22). Und weiter: „Wenn nicht der Herr Zebaoth uns Nachkommen übriggelassen hätte, so wären wir wie Sodom geworden und wären Gomorra gleich geworden“ (vgl. Jes 1,9). Diejenigen, die diesen Überrest bilden werden, werden Glauben haben und folglich den Herrn annehmen und gemäß den Verheißungen an Abraham, Isaak und Jakob gesegnet werden. Sie werden den Kern des Volkes im Tausendjährigen Reich bilden.

Verse 30-33

Röm 9,30-33: 30 Was sollen wir nun sagen? Dass die von den Nationen, die nicht nach Gerechtigkeit strebten, Gerechtigkeit erlangt haben, eine Gerechtigkeit aber, die aus Glauben ist; 31 Israel aber, einem Gesetz der Gerechtigkeit nachstrebend, nicht zu diesem Gesetz gelangt ist. 32 Warum? Weil es nicht aus Glauben, sondern als aus Werken geschah. Sie haben sich gestoßen an dem Stein des Anstoßes, 33 wie geschrieben steht: „Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Felsen des Ärgernisses, und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.“

Paulus schließt mit der Feststellung, dass die Nationen, die „nicht nach Gerechtigkeit strebten, Gerechtigkeit erlangt haben, eine Gerechtigkeit aber, die aus Glauben ist“. Israel hingegen, „einem Gesetz der Gerechtigkeit nachstrebend“, hat diese nicht erreicht, weil es „aus Werken“ geschah und nicht aus Glauben.

Paulus fragt: „Warum?“ Er beantwortet seine Frage damit, dass es daran lag, „weil es nicht aus Glauben geschah“. Die Juden (im Land) verpassten den Segen, weil sie den Zweck des Gesetzes missverstanden. Sie dachten, es wäre eine Leiter, auf der man hinaufsteigt, um Gerechtigkeit zu erlangen, und versuchten, ihre eigene Gerechtigkeit durch das Halten des Gesetzes zu erlangen, und wurden dadurch blind für ihren wahren Zustand. Und der krönende Beweis für ihren verblendeten Zustand ist, dass sie „über den Stein des Anstoßes“ – Christus – gestolpert sind. Sie haben Ihn verworfen!

Paulus zitiert erneut aus Jesaja 28, um zu zeigen, dass Gott, während das ganze Volk über den „Stein des Anstoßes“ stolperte, souverän gewirkt hat und dass einige in dieser Zeit (ein Überrest) dem Evangelium geglaubt haben. Mit der Formulierung „wer an ihn glaubt“ weist Paulus auf die Tatsache hin, dass es in der Verantwortung des Menschen liegt, den Segen zu empfangen – eine Person, ob Jude oder Nichtjude, muss glauben. Dies dient als Überleitung zum Thema des nächsten Kapitels, in dem es um die Verantwortung des Menschen geht.


Originaltitel: „God’s Righteousness Displayed in His Dispensational Ways: Romans 9–11“
Quelle: www.bibletruthpublishers.com

Übersetzung: Stephan Isenberg

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Anmerkungen

[1] J.N. Darby, Betrachtung über Römer (Synopsis), Anmerkung zu Römer 9. Online auf: www.bibelkommentare.de

[2] F.B. Hole, Grundzüge des Neuen Testaments, Bd. 3: Römerbrief. Korintherbriefe, Hückeswagen (CSV) 1995, S. 69.


Nota redacţiei:

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