Warum?
Die Warum-Fragen des Habakuk – ganz aktuell

Gerd Pohl

© G. Pohl, online seit: 31.10.2020, aktualisiert: 22.11.2020

Warum-Fragen in unserem Leben

Nicht nur uns Christen beschäftigen viele Warum-Fragen im Leben zu Ereignissen der Weltgeschichte, zum aktuellen Zeitgeschehen und zum persönlichen Erleben. Gerade was uns in diesem Jahr (2020) aktuell durch Corona überrascht hat, wirft manche Warum-Fragen auf. Jeder von uns hat persönlich wohl schon solche Fragen gehabt, und das nicht erst, wenn ein geliebter Mensch unerwartet in die Ewigkeit gerufen wird oder die Diagnose Krebs im Raum steht. Manchmal können uns schon relativ kleine Dinge aus der Bahn werfen und uns zu schaffen machen, wenn uns etwas im Leben überrascht und nicht wie erwartet verläuft. Zum Beispiel eine vermasselte Prüfung, eine Absage auf eine Bewerbung oder Enttäuschungen jeder Art. Dann sind wir ratlos und verzweifelt und wissen nicht, wie es weitergehen soll. Habakuk ermutigt uns, dass wir Gott solche Fragen stellen dürfen. Gottes Antworten darauf sind überraschend, zeitlos und anspornend.

Gott, warum schaust du untätig zu?

Wenn sich etwas Negatives ereignet, fragen wir meistens: Warum? So fragt Gideon in Richter 6,13: „Wenn der HERR mit uns ist, warum hat denn dies alles uns betroffen?“ Habakuk dagegen fragt, warum Gott nichts tut, nicht eingreift, obwohl so viel im Volk Gottes verkehrt läuft (Hab 1,2-4 (2) Wie lange, HERR, habe ich gerufen, und du hörst nicht! Ich schreie zu dir: „Gewalttat!“, und du rettest nicht. (3) Warum lässt du mich Unheil sehen und schaust Mühsal an? Und Verwüstung und Gewalttat sind vor mir, und Streit entsteht, und Hader erhebt sich. (4) Darum wird das Gesetz kraftlos, und das Recht kommt niemals hervor; denn der Gottlose umzingelt den Gerechten: Darum kommt das Recht verdreht hervor.“). Da stoßen wir schon das erste Mal an unsere Grenzen. Sollte Gott nun auch in unserer Zeit eingreifen oder lieber nicht? Tatsache ist: Wenn wir wünschen, dass Gott eingreift, kann es uns auch persönlich gewaltig mitbetreffen. Das war nicht nur bei Habakuk oder Jeremia so, das sehen wir ganz aktuell. Am besten wir überlassen das stets unserem souveränen und weisen Gott, dessen Gedanken viel höher sind als unsere (Jes 55,9 „Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“).

Gott handelt – aber nicht unbedingt nach unseren Vorstellungen

Gottes Antwort lautet, dass Er nicht tatenlos zusieht, sondern etwas zum Erstaunen und Erschrecken geschehen lässt (Hab 1,5 „Seht unter den Nationen und schaut und erstaunt, staunt; denn ich wirke ein Werk in euren Tagen – ihr würdet es nicht glauben, wenn es erzählt würde.“). Etwas, was Habakuk überhaupt nicht auf dem Plan hatte. Gott würde die grausamen ungestümen Babylonier benutzen, um Juda und viele andere Länder zu erobern (Hab 1,6-11).[1] Das ist hart. Hast du etwa erwartet, dass Gott einmal in solcher Weise ins Weltgeschehen eingreift, wie es jetzt gerade der Fall ist? Gott handelt immer richtig und zur richtigen Zeit. Das passt aber oft nicht in unsere sehr begrenzten Denkvorgänge. Was Gott getan hat, war oft überraschend. Aktuell können wir das auch gerade wieder lernen. Erkennen wir das an (vgl. Amos 3,6 „Oder wird die Posaune in der Stadt geblasen, und das Volk sollte nicht erschrecken? Oder geschieht ein Unglück in der Stadt, und der HERR hätte es nicht bewirkt?“)?

Gott, warum handelst du auf solche Weise?

Jetzt ist Habakuk erst recht verunsichert und fragt Gott, warum Er ausgerechnet durch eine gottlose, räuberische Nation eingreift (Hab 1,12-17), die selbst das Gericht verdient hätte. Geduldig wartet Habakuk auf Gottes Antwort (Hab 2,1 „Auf meine Warte will ich treten und auf den Turm mich stellen und will spähen, um zu sehen, was er mit mir reden wird und was ich erwidern soll auf meine Klage. –“). Nun zeigt sich deutlich, dass Gott unsere Warum-Fragen zwar beantwortet, aber anders, als wir es erwarten. Wie bei Hiob, gibt es keine konkreten ausführlichen Erklärungen. Die wären für unseren begrenzten Verstand einfach viel zu hoch, und bei Gottes vielfältigen Absichten auf verschiedensten Ebenen könnten wir ihnen manchmal auch sicher nicht folgen. Manchmal meinen wir sogar, es besser als Gott zu wissen, obwohl wir nicht die geringste Ahnung haben (Hiob 42,7 „Und es geschah, nachdem der HERR diese Worte zu Hiob geredet hatte, da sprach der HERR zu Eliphas, dem Temaniter: Mein Zorn ist entbrannt gegen dich und gegen deine beiden Freunde; denn nicht geziemend habt ihr von mir geredet wie mein Knecht Hiob.“; Joh 9,2 „Und seine Jünger fragten ihn und sagten: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde?“). Aber Gottes Antworten zielen auf die persönliche Beziehung und das Vertrauen zu unserm HERRN ab.

Gilt das nicht auch gerade für die derzeitige Situation? Wissen wir etwa, warum Gott es erlaubt hat, dass zeitweise gar kein oder nur ein Zusammenkommen mit Einschränkungen möglich war oder ist?

Der Gerechte wird durch seinen Glauben leben

Die Antworten an Habakuk, auch für uns einfach und verständlich:

  • Für die Eroberer damals und allgemein für jeden Menschen, der Böses tut, gelten Gerichtsankündigungen (fünf Wehe, Hab 2,6-20). Die genannten Sünden sind heute immer noch sehr aktuell.
  • Der Gerechte wird durch seinen Glauben leben. Das bedeutet, dass jedem, der an den Herrn Jesus glaubt, umsonst und aus freier Gnade Gottes Gerechtigkeit geschenkt wird und er vom Gericht freigesprochen, gerechtfertigt ist (Röm 1,17 „Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.““; 3,24; 5,1).
  • Der Gerechte wird durch seinen Glauben leben. Das heißt, niemals durch Gesetzeswerke, nicht durch eigene Anstrengungen und Verdienste, sondern weil er Gott beim Wort nimmt, Ihm vertraut (Gal 3,11 „Dass aber durch Gesetz niemand vor Gott gerechtfertigt wird, ist offenbar, denn „der Gerechte wird aus Glauben leben“.“; 2,16).
  • Der Gerechte wird durch seinen Glauben leben. Dieser Aspekt besagt, dass ein Christ selbst bei Warum-Fragen ein erfülltes Leben haben darf und sich nicht frustriert zurückziehen muss, wie die Beispiele der Glaubenshelden zeigen (Heb 10,38 „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben“; und: „Wenn jemand sich zurückzieht, so hat meine Seele kein Wohlgefallen an ihm.““; 10,35–11,40).
  • Der Herr Jesus wird eines Tages die Herrschaft antreten, den Platz der Herrlichkeit einnehmen, und alle Menschen werden vor Ihm verstummen (Hab 2,14.20 „Denn die Erde wird voll der Erkenntnis der Herrlichkeit des HERRN sein, so wie die Wasser den Meeresgrund bedecken.“ „Aber der HERR ist in seinem heiligen Palast: Schweige vor ihm, ganze Erde!“).

Von Fragen und Ratlosigkeit zu Gebet, Ruhe, Dankbarkeit, Jubel, Kraft und Weitsicht

  • Nach Gottes Antwort kann Habakuk um Belebung für Gottes Werk beten und um sein Erbarmen (Hab 3,2 „HERR, ich habe deine Kunde vernommen, ich fürchte mich; HERR, belebe dein Werk inmitten der Jahre, inmitten der Jahre mache es kund; im Zorn gedenke des Erbarmens!“). Wäre das nicht auch eine dringende Bitte für uns heute? Ist es uns wieder mehr ein Anliegen, dass Gottes Werk zum Tragen kommt? Vielleicht auf neue oder andere Art und Weise als bisher. Sind wir dafür offen? Übrigens lautet Gottes Antwort auf die eingangs erwähnte Warum-Frage Gideons, dass er einen ganz persönlichen Auftrag von Gott bekommt. Der Herr möchte auch dich gerade in der aktuellen Zeit (wieder) in seinem Dienst sehen. Arbeit im Reich Gottes gibt es genug. Ist uns das noch wichtig?
  • Habakuk rühmt die Größe und Macht Gottes in vergangener Zeit. Poetisch wird auf Ereignisse wie der Durchzug durchs Rote Meer und vieles andere angespielt (Hab 3,3-15). Auch dem Hiob offenbart sich Gott als Antwort in seiner Größe als Schöpfer. Unser Herr ist auch heute noch derselbe, der Großes und Wunder tut (Hiob 5,9 „der Großes und Unerforschliches tut, Wunder ohne Zahl,“). Ist uns seine Größe noch bewusst?
  • Jetzt kann Habakuk in Ruhe und Gelassenheit abwarten, was sich ereignen wird (Hab 3,16.17 (16) Ich vernahm es, und es zitterte mein Leib; bei der Stimme bebten meine Lippen; Morschheit drang in meine Gebeine, und wo ich stand, erzitterte ich: Ich werde ruhen am Tag der Drangsal, wenn derjenige gegen das Volk heranzieht, der es angreifen wird. (17) Denn der Feigenbaum wird nicht blühen, und kein Ertrag wird an den Reben sein; und es trügt die Frucht des Olivenbaumes, und die Getreidefelder tragen keine Speise; aus der Hürde ist verschwunden das Kleinvieh, und kein Rind ist in den Ställen. –“). Können wir das heute auch? Egal, was alles noch im Leben kommt, Gott ist für uns (Röm 8,31 „Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns?“) und größer als alles.
  • Habakuk kann sich jetzt sogar freuen und jubeln, weil Gott sein Heil, seine Rettung ist (Hab 3,18 „Ich aber, ich will in dem HERRN frohlocken, will jubeln in dem Gott meines Heils.“). Bist du dir der Sicherheit in dem Herrn Jesus bewusst und freust du dich jederzeit daran (Joh 10,27-29 (27) Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; (28) und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. (29) Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben.“)?
  • Habakuk weiß, dass der HERR seine Kraft ist. Auch darf er wie ein Höhenwegwanderer Aus- und Weitsichten genießen und Gottes Lob anstimmen (Hab 3,19 „Der HERR, der Herr, ist meine Kraft und macht meine Füße denen der Hirschkühe gleich und lässt mich einherschreiten auf meinen Höhen.Dem Vorsänger. Mit meinem Saitenspiel.“). Möchtest du dir nicht auch solch einen Blickwinkel schenken lassen und Freude haben am Leben in der Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus, auch wenn es manchmal in dir selbst und um dich her gar nicht so optimistisch aussieht? Möchten wir als Christen nicht auch gemeinsam dieses Zeugnis ausstrahlen und zu Gottes Lob beitragen? Wir wissen nicht, wie viel Zeit noch dafür bleibt. Ich wünsche sehr, dass die aktuellen Ereignisse und unsere Warum-Fragen uns näher in die Gemeinschaft mit dem Herrn bringen, unser Blickfeld durch Gottes Wort geprägt wird und der Herr dich und mich gebrauchen kann, sein Werk auszuführen zu seinem Lob, bis Er wiederkommt.

Anmerkungen

[1] Die Erlebnisse des Propheten Habakuk fanden mit ziemlicher Sicherheit nach der Zeit Josias (letzter gottesfürchtiger König) und kurze Zeit vor dem ersten Einfall Nebukadnezars statt. Die zehn Stämme waren schon mehr als hundert Jahre nicht mehr im Land.


Hinweis der Redaktion:

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