Der erste Brief des Apostels Johannes (2)
Kapitel 2

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online seit: 30.09.2023, aktualisiert: 28.12.2023

LEBEN IM LICHT GOTTES

Christus ist unser Sachwalter (V. 1.2)

Verse 1.2

1Joh 2,1.2: 1 Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt; und wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten. 2 Und er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.

Diese beiden Verse entsprechen dem zweiten Teil der Botschaft, die wir im ersten Kapitel studiert haben. Erinnern wir uns daran, dass wir in 1. Johannes 1,5 lesen: „Dies ist die Botschaft“, und im Rest des Kapitels, einschließlich der ersten beiden Verse des zweiten Kapitels, finden wir die Botschaft in ihrer Gesamtheit. Dies ist die Botschaft, die Johannes und die anderen Apostel im Auftrag Christi in die Welt tragen sollten. Es ist die Botschaft von der völligen Verlorenheit des Menschen in der Finsternis und von dem sühnenden Wert des kostbaren Blutes Christi. Diese Botschaft sagt uns, wie wichtig es ist, dass wir uns unseren Sünden in der Gegenwart Gottes stellen und Vergebung finden. Nun geht Johannes auf das Versagen der Gläubigen ein, die gerichtlich von aller Sünde gereinigt worden sind. Was ist mit unserem Versagen? Denn wir wissen, dass wir alle versagen – so sehr wir das auch bedauern.

Ich erinnere mich, dass ich eines Sommers recht amüsiert einer Predigt zuhörte, in der der Prediger von einem kleinen Mädchen erzählte, das von seinen Eltern bei einer anderen Familie zurückgelassen worden war, während die Eltern verreist waren. Als die Mutter und der Vater sie endlich abholten und sie auf dem Heimweg war, sagte sie zu ihrem Vater: „Papa, in dem Haus, in dem ich gewohnt habe, waren vier kleine Jungs.“ – „Ja, das wusste ich“, sagte er. „Papa, die haben dort jeden Abend eine Familienandacht.“ – „Das freut mich zu hören.“ – „Papa, jeden Abend betet ihr Vater für die vier kleinen Jungs.“ – „Das ist sehr schön.“ – „Papa, er betet, dass Gott sie zu guten Jungen macht und dass sie nichts Unanständiges tun“, sagte das kleine Mädchen. „Das ist sehr schön.“ Sie schwieg einen Moment und sagte dann: „Aber Papa, Er hat es noch nicht gemacht.“

Es gibt sehr viele Menschen wie diese. Wir beten, dass Gott uns gut und heilig macht und dass unser Leben ein Leben des Sieges ist. Aber ich fürchte, viele von uns müssen bekennen, dass Gott das noch nicht getan hat. Wir erkennen die Tatsache an, dass wir sündigen und versagen. Unsere Herzen zerbrechen beinahe aufgrund unseres Versagens. Was ist mit den Sünden der Gläubigen?

Zuerst einmal: Gläubige sollen nicht sündigen. Johannes sagt uns: „Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt; und wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten“ (1Joh 2,1). Das Wort, das [in der KJV und Luther 1912] mit „Kindlein“ übersetzt wird, könnte besser mit „Kinder“ oder „liebe Kinder“ übersetzt werden, denn das ursprüngliche Wort bezieht sich nicht auf Alter oder Größe. Es ist ein Wort, das jeden einschließt, der aus Gott geboren ist. Es bedeutet wörtlich „Geborene“, also diejenigen, die in die Familie Gottes hineingeboren werden. „Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt.“ Es ist der Wunsch, der Wille Gottes für seine Kinder, dass wir nicht sündigen sollen. Gott hat uns nicht nur für sich selbst erlöst, um uns in den Himmel zu bringen, sondern auch, damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit in dieser Welt leben.

Später lesen wir: „Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde“ (1Joh 3,9). Mit anderen Worten: Sie leben nicht in der Praxis der Sünde. Wenn ein Mensch gerettet wird, findet eine Veränderung statt. Wenn sich das Leben eines Menschen nicht ändert, ist er nicht aus Gott geboren. Vom Zeitpunkt der Wiedergeburt an hasst er die Sünde und liebt die Heiligkeit. Wenn er die Sünde nicht hasst und die Heiligkeit nicht liebt, ist er nicht aus Gott geboren. Andererseits erkenne ich die Tatsache an, dass „kein Gerechter auf der Erde ist, der Gutes tut und nicht sündigt“ (Pred 7,20). Es gibt niemand, der nicht versagt. Es ist nicht so, dass Gott nicht in der Lage wäre, uns davon zu befreien, aber wir versagen darin, unseren Blick standhaft auf Christus gerichtet zu halten und uns selbst als „der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus“ zu betrachten (Röm 6,11; rev. Elb.).

In dem Moment, in dem ein Gläubiger mit sich selbst beschäftigt, undiszipliniert und nachlässig im Gebet wird, sündigt er. Beachte: Sünde besteht nicht nur darin, offenkundig Böses zu tun, sondern auch darin, das Gute nicht zu tun, von dem man weiß, dass man es tun sollte: „Wer nun weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde“ (Jak 4,17).

Ich treffe häufig Menschen, die sagen, dass sie nie sündigen. Ich frage sie: „Was genau meinst du damit? Meinst du, dass du nie gegen eines der zehn Gebote verstößt?“ – „Ja“, antworten sie. – „Meinst du damit, dass du nie eine offensichtliche Ungerechtigkeit begehst?“ – „Ja.“ – „Meinst du auch, dass du alles tust, von dem du weißt, dass du es für Gott tun könntest, dass du jede Gelegenheit nutzt, um Gutes zu tun, jede Gelegenheit, um für Christus zu sprechen, jede Gelegenheit, um deinen Herrn und Heiland zu verherrlichen?“ Wenn sie auch nur ein bisschen ehrlich sind, neigen sie ihr Haupt und sagen: „Nein, ich fürchte, das tue ich nicht.“ Demnach sündigst du. Sünde ist nicht nur der Verstoß gegen bestimmte moralische Grundsätze, sondern auch das Versäumnis, das Gute zu tun, von dem man weiß, dass man es tun sollte.

„Und wenn jemand gesündigt hat“: Für „sündigen“ wird hier im Griechischen die Zeitform des Aorist verwendet; das bedeutet: „Wenn jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Sünde begeht.“ Es geht nicht um das Leben in der Sünde, sondern um ein bestimmtes Versagen. „Wenn jemand gesündigt hat“, was dann? Manche glauben, dass die Sünde das Band, das den Gläubigen an Christus bindet, sofort zerreißt. Wenn das wahr wäre, hätte niemand jemals die Gewissheit, ein Christ zu sein. Aber es gibt zwei Bande, die uns an Christus binden:

  1. Erstens das Band der Einheit. Dieses Band ist so stark, dass das Gewicht der Welt es nicht zerreißen könnte. Unser Herr sagte selbst: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben“ (Joh 10,27.28). Nichts kann jemals unsere Verbindung mit Christus unterbrechen, wenn sie einmal durch den Geist Gottes hergestellt wurde.

  2. Aber es gibt noch etwas anderes, das den Gläubigen mit dem Herrn verbindet, und das ist das Band der Gemeinschaft. Dieses Band ist so zart, dass es leicht zerbrechen kann. Ein unheiliger Gedanke kann es zerreißen. Eine unchristliche Tat wird es zerstören. Eine Minute, in der wir uns der Torheit hingeben, wird es zerbrechen, und diese Verbindung könnte nie wieder hergestellt werden, wenn sie ganz von uns abhinge. Wir sprechen oft von dem vollbrachten Werk Christi, und das zu Recht. Als unser Herr am Kreuz hing, rief er: „Es ist vollbracht“ (Joh 19,30)! Er beugte sein Haupt und übergab seinen Geist, und damit war das Werk, das unsere schuldigen Seelen rettet, vollendet. „Ich habe erkannt, dass alles, was Gott tut, für ewig sein wird: Es ist ihm nichts hinzuzufügen und nichts davon wegzunehmen; und Gott hat es so gemacht, damit man sich vor ihm fürchte“ (Pred 3,14). Das vollbrachte Werk Christi steht allein in absoluter Vollkommenheit. Unsere Seelen können auf diesem vollbrachten Werk ruhen.

Als ein Gläubiger im Sterben lag, beugte sich jemand über ihn und fragte: „Ist alles in Ordnung?“ Der Mann antwortete: „Es ist vollbracht; darauf kann ich mich in Ewigkeit ausruhen.“

Auf ein Leben, das ich nicht gelebt habe;
auf einen Tod, den ich nicht gestorben bin;
auf das Leben und den Tod eines anderen
setze ich meine ganze Ewigkeit.[1]

Es ist vollbracht, o ja;
erfüllt ist jedes Jota!
Sünder, das ist alles, was du brauchst!
Sag mir, ist es nicht so?[2]

Einem vollbrachten Werk kann nichts hinzugefügt werden. Es ist vollkommen biblisch, von dem vollendeten Werk Christi zu sprechen, aber es ist ebenso biblisch, von dem unvollendeten Werk Christi zu sprechen. Unser geliebter Herr, der ein Werk vollendete, als Er für unsere Sünden starb, begann ein anderes Werk, als Er zur Rechten des Vaters in den Himmel aufstieg. Dort, in der Herrlichkeit, „lebt er allezeit, um sich für sie {bzw. uns} zu verwenden“ (Heb 7,25). Dieses Werk der Fürbitte hat zwei Aspekte. Im Hebräerbrief lesen wir, dass Er dort als unser Hoherpriester bei Gott ist. Als Hoherpriester ist Er in der Lage, uns vollkommen vor Gott zu vertreten. Wir werden in Ihm gesehen, und Er ist da, um uns in Zeiten der Not Gnade zu gewähren. Als Hoherpriester kann Er unsere Schwachheiten mitfühlen und hat Mitleid mit uns in all unseren Schwachheiten (Heb 4,15). Sein Mitgefühl hat nichts mit unseren Sünden zu tun, sondern mit unseren Gebrechen, unseren Schwachheiten. Wenn wir sein hohepriesterliches Werk in Anspruch nehmen, werden wir nicht in Sünde fallen. Wir können zu Ihm, unserem großen Hohepriester, gehen und „Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe“ (Heb 4,16).

Die Heilige Schrift stellt Christus nicht nur als unseren Hohenpriester, sondern auch als unseren Sachwalter [oder Fürsprecher] vor. Als unser Sachwalter nimmt Er sich der Sünden der Gläubigen an. Es heißt, Er ist ein Hoherpriester bei Gott, aber Er ist auch unser Fürsprecher beim Vater. Je mehr ich die Bibel lese, desto mehr wird mir die Genauigkeit der Heiligen Schrift bewusst. Je mehr ich die Menschen über die Bibel reden höre, desto mehr bin ich erstaunt, wie ungenau wir sind, wenn wir über göttliche Dinge sprechen. Es ist ganz natürlich, dass wir von Christus als dem Hohenpriester beim Vater oder dem Sachwalter bei Gott sprechen, aber das würde die Wahrheit der Schrift verwässern. Meine Sünden sind durch das Blut Christi weggetan, und ich habe eine vollkommene Vertretung vor dem Thron Gottes in meinem großen Hohenpriester: „Daher vermag er diejenigen auch völlig zu erretten, die durch ihn Gott nahen, indem er allezeit lebt, um sich für sie zu verwenden“ (Heb 7,25).

Als ich mich bekehrte, wurde Gott mein Vater. In der Bibel gibt es nicht so etwas wie eine universelle Vaterschaft Gottes. Er ist nur für diejenigen der Vater, die wiedergeboren sind. Wenn ich als Gläubiger versage oder in Sünde falle, lese ich: „Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechte“ (1Joh 2,1). Nicht einen Sachwalter bei Gott, sondern bei dem Vater. Warum beim Vater? Weil der Geist Gottes mich lehrt, dass unsere Beziehung nicht beeinträchtigt worden ist! Wenn du sündigst, sagt der Teufel: „Jetzt hast du es getan; du warst vorher ein Christ, aber jetzt nicht mehr. Gott ist nicht mehr dein Vater.“ Das ist nur eine Lüge des Teufels, denn es steht geschrieben: „Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater.“

Im Griechischen bedeutet das Wort paraclete – mit „Sachwalter“ übersetzt in 1. Johannes 2,1 –: „einer, der dir zur Seite steht, um zu helfen“. Das gleiche Wort wird in Johannes 14,16; 14,26; 15,26; 16,7 [in machen Übersetzungen] mit „Beistand“ übersetzt. Im Evangelium sprach Jesus von dem „Beistand“, den der Vater in seinem Namen senden wird. Der Beistand – der Geist Gottes – kommt vom Vater und wird sowohl vom Vater als auch vom Sohn gesandt. Eigentlich sagt der Herr: „Ich gehe weg, aber ich werde den Tröster senden – einen, der euch zur Seite stehen wird, um euch in jeder Zeit der Not zu helfen.“ Andererseits lesen wir in 1. Johannes 2,1, dass wir einen Beistand oder Sachwalter beim Vater haben, „Jesus Christus, den Gerechten“. Mit anderen Worten: Gott hat den Heiligen Geist auf die Erde gesandt, damit Er in mir wohnt und hier auf der Erde mein Sachwalter ist – damit Er Gottes Interessen in mir wahrnimmt. Dann nahm Er unseren Herrn in den Himmel auf, damit Er dort mein Sachwalter beim Vater ist und meine Interessen beim Vater vertritt.

Warum brauchst du einen Sachwalter im Himmel? Weil du einen großen Widersacher hast. Ein Sachwalter ist jemand, der vor Gericht deinen Fall vertritt. Du kannst dich nicht selbst verteidigen, aber wenn du zu deinem Sachwalter gehst, verteidigt er dich und vertritt deinen Fall gegen deinen Gegner. Satan wird in Offenbarung 12,10 „der Verkläger unserer Brüder“ genannt, „der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte“. Wenn du sündigst, ernennt sich der Teufel selbst zum Ankläger vor dem Hohen Gericht des Himmels. Der Teufel geht unmittelbar in die Gegenwart Gottes und sagt: „Ist das einer eurer Christen? Hört, was er jetzt sagt; seht, was er tut!“ Er ist da, um anzuklagen, aber der gesegnete Herr ist da. Er zeigt seine Wunden und breitet seine Hände aus und sagt zum Vater: „Das alles habe ich bedacht, als ich am Kreuz von Golgatha starb.“

Ich höre den Ankläger brüllen
von den Übeln, die ich getan;
ich weiß sie wohl und Tausende mehr;
der Herr findet keine.[3]

Der ruhlose Feind klagt uns an
und Sünden häufen sich wie eine Flut,
doch jeden Angriff weist Gott ab:
Christus hat schon gezahlt mit seinem Blut.[4]

Ich erkenne meine Schuld, wenn ich in Sünde falle, und könnte leicht in Verzweiflung aufgeben. Aber ich habe einen Sachwalter in der Gegenwart des Vaters, der mich vollkommen vertritt. Gott sieht mich in lhm. Ich trete nicht auf der Grundlage meiner eigenen Gerechtigkeit auf, sondern auf der Grundlage der vollkommenen Gerechtigkeit Christi Jesu. Und so kann ich mit Macht sprechen; ich kann vollmächtig bitten, weil Christus für ebendie Sünde gestorben ist, die mich jetzt bedrängt: „Wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten. Und er ist die Sühnung für unsere Sünden.“

Das Wort „Sühnung“, wie es im Johannesbrief verwendet wird, ist ein anderes als das im Römerbrief. Im Römerbrief bedeutet Sühnung Sühnedeckel. In Römer 3,25 heißt es: „Gott hat ihn dargestellt als Sühnmittel durch den Glauben an sein Blut.“ Der Hinweis bezieht sich auf den Sühnedeckel, den Ort der Begegnung zwischen Gott und Mensch [in 3Mo 16,11-19]. Aber in 1. Johannes 2,2 und 1. Johannes 4,10 bedeutet Versöhnung Sühnung oder Wiedergutmachung. Mein Versagen kann das Werk des Kreuzes nicht ungeschehen machen. Christus ist gestorben, auferweckt worden und zur Rechten Gottes hinaufgestiegen, wo Er als mein Sachwalter für mich eintritt. Dort nimmt Er sich meiner Sache an. Er selbst ist die Sühnung.

In 1. Johannes 2,1 heißt es nicht: „Wenn jemand Buße tut, haben wir einen Beistand; wenn jemand seine Sünden bekennt, haben wir einen Fürsprecher; wenn jemand über seine Sünden weint, haben wir einen Sachwalter.“ Stattdessen heißt es: „Wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater.“ Nicht nur wenn ich Reue zeige, habe ich einen Sachwalter, sondern in dem Moment, in dem ich versage, nimmt sich Christus meines Falles an, noch bevor ich es bereue. In dem Augenblick, in dem ein unfreundliches Wort über meine Lippen kam, in dem ich eine boshafte Tat beging, in dem ich in einer geschäftlichen Angelegenheit unbedacht handelte, in dem Augenblick, in dem mein Gewissen belastet und ich beunruhigt war, stand der Teufel vor Gott und klagte mich an. Aber im selben Augenblick war der Sohn Gottes da, um mich zu vertreten. Infolge seines Eintretens nimmt der Geist das Wort Gottes und legt es auf mein Gewissen und ich bekenne meine Sünde. Es ist möglich, dass mein Gewissen erst einige Zeit nach meinem Versagen beunruhigt war. Vielleicht erkannte ich den wahren Zustand meines Herzens erst in der Nacht, in der ich nicht beten konnte, und ich fragte mich: „Was ist los?“ Dann rief ich: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken“ (Ps 139,23)! Als Antwort auf die Fürsprache meines Herrn sagt der Geist Gottes: „Erinnerst du dich nicht an das unfreundliche Wort, den unheiligen Gedanken, die Bosheit, die du getan hast, den unversöhnlichen Geist, den Egoismus, die Weltlichkeit?“ Die Schuld überwältigt mich und ich breche vor Gott zusammen und sage: „O Gott, ich kann heute Nacht nicht schlafen gehen, bevor ich Dir nicht alles erzählt habe.“ Dann erzähle ich meine Geschichte, bekenne mein Versagen, meine Schwäche und meine Sünden, und während ich das tue, erfahre ich den Segen der Verheißung: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1Joh 1,9). Die wunderbare Wahrheit ist, dass all die Erlebnisse, die ich durchgemacht habe, meine Beziehung zur Familie Gottes nicht beeinträchtigt haben.

Meine Frau und ich haben zwei Jungen großgezogen. Wie andere Jungen auch sind sie in der Regel sehr brav, aber manchmal machen sie uns auch große Schwierigkeiten. Es gab Zeiten, in denen sie uns sehr viel Trost gespendet haben, und dann gab es Zeiten, in denen sie nicht so waren, wie sie sein sollten, und das hat uns Sorgen gemacht. Oft mussten wir sie disziplinieren und sagen: „Geh auf dein Zimmer und bleib dort, bis du dich dieser Sache stellen kannst, bis du bereit bist, dein Unrecht einzugestehen und um Vergebung zu bitten.“ Manchmal setzt sich der Wille des Kindes gegen den Willen der Eltern durch. Stunde um Stunde vergeht, ohne dass das Unrecht anerkannt wird. Dann kommt die Abendessenszeit, und als das Kind das Klappern des Geschirrs hört, ruft es: „Vater!“ Ich gehe nach oben und er fragt: „Darf ich zum Essen runtergehen?“ – „Das hängt von dir ab. Bekenne dein Unrecht und du darfst herunterkommen.“ – „Nun“, sagt er, „wenn du denkst, dass ich etwas falsch gemacht habe, tut es mir leid.“ – „Nein, so geht das nicht“, und so verlasse ich ihn und gehe wieder nach unten. Bald wird das Essen serviert und der Geruch zieht nach oben. Er wird hungrig und ruft wieder. Ich gehe nach oben, und er versucht, dem Problem auszuweichen, indem er sagt: „Da du und Mutter beide denken, dass das, was ich getan habe, falsch ist, schätze ich, dass es wohl so ist, und es tut mir leid.“ – „Nein, schätzen geht nicht“, und ich drehe mich um, um die Treppe hinunterzugehen. Vielleicht auf halbem Weg nach unten höre ich ihn weinen: „Vater, Vater, bitte vergib mir. Ich war sehr ungezogen und bockig.“ Wie gerne nehme ich ihn in den Arm, drücke ihm den Kuss der Vergebung auf die Stirn und sage: „Komm runter, mit dir schmeckt das Abendessen gleich viel besser.“

So ist es auch mit unserem Gott und Vater. Die Sünde berührt unsere Beziehung nicht, aber sie verletzt unsere Gemeinschaft. Aber unser Herr ist in der Gegenwart Gottes, des Vaters, um für sein Volk einzutreten, und als Ergebnis seiner Fürsprache werden wir zur Buße und zum Schuldbekenntnis gebracht, und Er stellt unsere Gemeinschaft gnädig wieder her.

Gehorsam, der Beweis für das neue Leben (V. 3-11)

Der Apostel stellt uns nun einige Prüfungen für unser christliches Bekenntnis vor. Es ist eine Sache, zu sagen: „Ich bin ein Christ“, aber es ist eine andere, das ewige Leben zu besitzen. Es ist eine Sache, zu sagen: „Ich bin ein Kind Gottes“, und eine ganz andere, den wunderbaren Segen der Wiedergeburt zu kennen. Sagen wir, dass wir Christen sind? Bekennen wir, Kinder Gottes zu sein? Dann müssen wir es durch unser Leben beweisen.

Vers 3

1Joh 2,3: Und hieran wissen wir, dass wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.

Johannes spricht hier nicht von einem rechtlichen Standpunkt aus. Im Alten Testament wurden dem Menschen die Gebote Gottes im Hinblick auf die Erlangung des Lebens vorgelegt. Das Gesetz sagte von dem Menschen, der seine Gebote hielt: „Der sie tut, wird durch sie leben“ (3Mo 18,5; SCHL 2000). Aber hier, unter der Gnade, ist es genau umgekehrt: Der Mensch, der aus dem Glauben lebt, wird Gottes Gebote tun. Wer sagt, er lebe für Gott, und doch dem Willen Gottes völlig gleichgültig ist, der ist nicht aus Gott geboren. Er ist noch „in Galle der Bitterkeit und in Fesseln der Ungerechtigkeit“ (Apg 8,23). Das Kind Gottes hat Freude am Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes. Nicht, dass sein Gehorsam perfekt wäre, denn das ist er nie. Es gibt nur einen, der sagen kann: „Ich tue allezeit, was ihm wohlgefällt“ (Joh 8,29; SCHL 2000). Aber die Liebe zum Willen Gottes entspringt in der Seele des Menschen, der wirklich erneuert ist. Er hat Freude daran, im Gehorsam gegenüber Gottes Wort zu wandeln, und damit beweist er, dass er ein Kind Gottes ist. Er stützt sich nicht nur auf das Wort, das sagt: „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben“ (Joh 3,36), sondern er findet in sich selbst das, was seinen Glauben bestätigt – das, was beweist, dass er aus Gott geboren ist. Dieses neue Verlangen, den Willen Gottes zu tun, stammt nicht vom natürlichen Menschen. Von Natur aus ziehen wir es vor, unseren eigenen Willen zu tun; wir ziehen es vor, unseren eigenen Weg zu gehen. Aber wenn wir Christus vertrauen, lernen wir, uns an seinem göttlichen Willen zu erfreuen.

Verse 4.5

1Joh 2,4.5: 4 Wer sagt: Ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner, und in diesem ist die Wahrheit nicht. 5 Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. Hieran wissen wir, dass wir in ihm sind.

Es gibt einen Unterschied zwischen dem Halten von Gottes Wort und dem Halten seiner Gebote. Natürlich heißt es etwas später: „Das alte Gebot ist das Wort“ (1Joh 2,7). Aber man kann nicht wirklich sagen, dass das Wort das Gebot ist. Das Gebot ist im Wort enthalten, aber das Wort ist mehr als das Gebot. Das Wort ist der Ausdruck des Willens Gottes, der entweder in einem direkten Gebot oder auf andere Weise zum Ausdruck kommt, und wir, die wir gerettet sind, wollen sein Wort halten. Dies ist das Lob, das der Herr der Gemeinde in Philadelphia aussprach: „Du hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet“ (Off 3,8). Der Herr selbst macht diesen Unterschied zwischen dem Halten seines Gebots und dem Halten seines Wortes. In Johannes 14,15 sagt Er: „Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote.“ Aber etwas später fügt er hinzu: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten“ (Joh 14,23).

Die folgende Geschichte veranschaulicht den Unterschied zwischen dem „Gebot“ und dem „Wort“. Ein kleines Mädchen spielte nach der Schule gerne mit seinen Freunden spielt. Eines Tages sagte ihre Mutter: „Liebling, wenn du heute von der Schule nach Hause kommst, möchte ich, dass du einige Aufgaben erledigst. Mach das Wohnzimmer sauber und decke den Tisch für das Abendessen. Ich werde eine Weile weg sein, aber wenn du fertig bist, kannst du rausgehen und spielen.“ Weil sie ein gehorsames Kind war, tat sie, als sie von der Schule zurückkam, was ihre Mutter ihr aufgetragen hatte. Auf diese Weise zeigte sie ihre Liebe.

Ein anderes Mal hatte sie keinen solchen Befehl, aber als sie nach Hause kam, hörte sie ihre Mutter mit der Nachbarin sprechen. Ihre Mutter sagte: „Weißt du, ich weiß wirklich nicht, wie ich den heutigen Nachmittag überstehen soll. Ich habe Gäste zum Abendessen eingeladen und bin in Panik, weil ich noch nichts vorbereitet habe. Ich bin so erschöpft, und trotzdem muss ich Kartoffeln schälen, Gemüse vorbereiten, und ich weiß nicht, wie ich das alles schaffen soll.“ Am Morgen hatte die Mutter zu ihrer Tochter gesagt: „Wenn du heute von der Schule nach Hause kommst, kannst du rausgehen und spielen, bis ich dich zum Abendessen rufe.“ Aber das kleine Mädchen, das dieses Gespräch zwischen ihrer Mutter und der Nachbarin mit angehört hatte, sagte: „Mutter, geh und leg dich eine Stunde lang hin. Ich werde die Kartoffeln schälen, das Gemüse vorbereiten, den Tisch decken und dir helfen, das Abendessen vorzubereiten.“ – „Aber ich habe dir doch gesagt, dass du heute spielen darfst“, antwortete die Mutter. „Oh, aber ich mag nicht draußen spielen, wenn ich weiß, dass es dir hier zu Hause so schlecht geht“, antwortete das Kind. Gestern hielt das kleine Mädchen die Gebote der Mutter, heute hält es ihr Wort. Wie sehr muss es das Herz der Mutter erfreut haben, dass ihre Tochter diese Dinge tat, obwohl sie ihr nicht befohlen worden waren!

Wenn der Gläubige das Wort Gottes studiert, findet er direkte Gebote – bestimmte Dinge, die der Herr ihm aufgetragen hat zu tun. Und weil er seinen Herrn liebt, ist es ihm eine Freude, diese Gebote zu halten. Aber wenn er weiterliest, stößt er auf Stellen, die keinerlei Gebote enthalten, sondern Gottes Wünsche zum Ausdruck bringen – die Sehnsucht seines Herzens nach seinem eigenen Volk. Der wahre Gläubige sagt: „Weil Du mein Herz gewonnen hast, lieber Heiland, will ich deine Worte halten.“ – „Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. Hieran wissen wir, dass wir in ihm sind“ (1Joh 2,5). Das Wort ist die Offenbarung dessen, wie Gott ist und wie Er im Gläubigen wohnt. Daher ist das Halten seines Wortes der Beweis für das Leben Christi in demjenigen, den Er erlöst hat.

Vers 6

Deshalb fügte der Apostel hinzu:

1Joh 2,6: Wer sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt ist.

Ich kann nicht alles sein, was Jesus ist; das ist unmöglich. Jesus ist der Heilige Gottes, und obwohl ich wiedergeboren bin, bin ich immer noch ein armer, unzulänglicher, sündiger Mensch. Aber ich bin aufgerufen, so zu wandeln, wie Er gewandelt ist, denn Christus hat uns „ein Beispiel hinterlassen, damit wir seinen Fußstapfen nachfolgen“ (1Pet 2,21). Ich soll Ihn verherrlichen, indem ich in seine Fußstapfen trete.

Vers 7

1Joh 2,7: Geliebte, nicht ein neues Gebot schreibe ich euch, sondern ein altes Gebot, das ihr von Anfang an hattet. Das alte Gebot ist das Wort, das ihr gehört habt.

Wir haben im ersten Kapitel den Ausdruck „von Anfang an“ untersucht und gesehen, dass er sich von den Worten in 1. Mose 1,1 unterscheidet, die vom Beginn der Schöpfung sprechen. Als Johannes sagte: „Nicht ein neues Gebot schreibe ich euch, sondern ein altes Gebot, das ihr von Anfang an hattet“ (1Joh 2,7), bezog er sich nicht auf etwas Fremdes und Neues, sondern auf das Wort, das der Herr sprach, als Er hier auf der Erde war. Er bezog sich damit auf den Beginn der christlichen Haushaltung.

Falsche Lehrer waren in die Gemeinde gekommen und verführten das Volk Gottes mit ihren Lehren. Der Apostel sagte, man solle diese Lehren prüfen, indem man fragt: Wurden diese Dinge von Anfang an gelehrt? Wie wir bereits gesehen haben, gilt im Christentum: „Was neu ist, ist nicht wahr, und was wahr ist, ist nicht neu.“ Wir sind nicht dabei, das Christentum zu entdecken. Das Christentum war eine Offenbarung, die gottesfürchtigen Menschen durch den Heiligen Geist gleich zu Beginn des Zeitalters der Gemeinde zuteilwurde. Mit anderen Worten sagte Johannes: „Geht zurück zu den Aufzeichnungen über das Leben unseres Herrn, seht, was Er selbst gelehrt hat, und wandelt im Gehorsam gegenüber seinem Wort.“ Unser Herr fasste nicht nur die Gebote zusammen, als Er sagte: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet“ (Joh 13,34), sondern es war seine Anweisung zum Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes.

Vers 8

Aber jetzt bekommt das Gebot einen neuen Charakter. Seit Christus gestorben, von den Toten auferstanden und in den Himmel aufgefahren ist und den Heiligen Geist gesandt hat, um in den Herzen der Gläubigen zu wohnen, gibt es Millionen von wiedergeborenen Männern und Frauen. Ihnen erklärte der Apostel:

1Joh 2,8: Wiederum schreibe ich euch ein neues Gebot, das, was wahr ist in ihm und in euch, weil die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon leuchtet.

Das Gebot ist das Wort Gottes, und das Wort wurde im Leben Christi ausgedrückt. Wenn wir wiedergeboren sind, ist uns das Leben Christi gegeben worden, so dass das, was in Ihm wahr ist, auch in uns wahr ist. Das Einzige, was Jesus tun konnte, als Er hier auf der Erde war, war der Wille Gottes. Er hatte keinen anderen Gedanken oder Wunsch. Jetzt wohnt Er in uns, und wenn wir Christen sind, haben wir sein Leben in uns. Wenn Johannes vom Gebot des Herrn spricht, sagt er, es sei neu, weil das göttliche Leben das unsere ist, und so ist das Wort sowohl in Ihm als auch in uns. Indem unser Herr den Gläubigen auffordert, den Willen Gottes zu tun, fordert Er ihn auf, genau das zu tun, wonach der Gläubige sich sehnt.

Angenommen, eine Mutter ruft den Arzt, um ihr kleines Kind zu untersuchen. Das Kleine scheint sehr krank zu sein. Nach einer sorgfältigen Untersuchung sagt der Arzt: „Ich fürchte, das Baby ist sehr krank. Ich lasse Ihnen etwas Medizin da. Vernachlässigen Sie das Kind nicht und seien Sie nicht gleichgültig gegenüber seinen Bedürfnissen. Beobachten Sie es sorgfältig, sorgen Sie dafür, dass es die Medizin regelmäßig bekommt und vor allem geschützt wird, was es schlimmer machen könnte, anstatt es besser zu machen. Bitte kümmern Sie sich gut um das Kind!“ Fordert er die Mutter auf, etwas zu tun, was schwierig ist? Nein. Sie würde wahrscheinlich antworten: „Das ist genau das, was ich will und zu tun gedenke. Ich liebe dieses kleine Kind, und nichts würde mich veranlassen, unachtsam mit ihm umzugehen. Ich möchte das Beste für es tun, was ich kann.“ Die Mutter wird aufgefordert, genau das zu tun, wonach sich ihr Herz sehnt. Und so ist es auch mit dem Gläubigen: Ihr, „die ihr einst entfremdet und Feinde wart nach der Gesinnung in den bösen Werken“ (Kol 1,21), liebt es jetzt, das zu tun, was Er verlangt. Wir haben Freude am Willen Gottes.

„Wiederum schreibe ich euch ein neues Gebot …, weil die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon leuchtet“ (1Joh 2,8). Das Wort „vergangen“[5] in der englischen King-James-Übersetzung gibt nicht genau die Zeitform des Originals wieder. Was Johannes tatsächlich sagt, ist: „Die Finsternis vergeht, und das wahre Licht leuchtet jetzt.“ Wenn wir die Welt um uns herum und in uns selbst betrachten, können wir sehen, dass die Finsternis nicht vorüber ist. Auch wenn das Evangelium von der Gnade Gottes seit fast zweitausend Jahren gepredigt wird, ist die Finsternis nicht verschwunden. Es gibt immer noch Millionen von Menschen in der Finsternis und im Schatten des Todes. Auch wenn ich meinen Herrn und sein Wort noch so gut kenne, kann ich nicht sagen, dass die Finsternis auch in mir vorüber ist. Aber die Finsternis vergeht, und das wahre Licht leuchtet. Jeden Tag lerne ich meinen Herrn besser kennen, und jeden Tag verstehe ich seinen Willen besser. Aber bis die Zeit kommt, in der ich diesen Leib verlasse und meinen geliebten Erlöser von Angesicht zu Angesicht sehe, wird immer noch ein gewisses Maß an Finsternis in mir sein, obwohl alles Licht in Ihm ist.

Schiller, der deutsche Dichter, sagte im Sterben: „Ich sehe alles klarer und klarer.“ Es wird nicht mehr lange dauern, bis alle Dunkelheit verschwunden sein wird und wir alles in seiner ganzen Klarheit in der segensreichen Gegenwart unseres Herrn sehen werden.

Vers 9

In 1. Johannes 2,9.10 spricht der Apostel sehr eindrücklich über etwas, das einige von uns sehr wohl überführen kann:

1Joh 2,9: Wer sagt, dass er in dem Licht sei, und hasst seinen Bruder, ist in der Finsternis bis jetzt.

Wenn du deinen Bruder hasst, egal, was du bekennst, bist du immer noch in der Finsternis. Beachte, dass er nicht gesagt hat, du könntest ein wahrer Christ sein, der in Finsternis gefallen ist, sondern er sagte gleichermaßen: Wenn du deinen Bruder hasst, bist du „in der Finsternis bis jetzt“. Du warst noch nie irgendwo anders. Du bist überhaupt nie im Licht gewesen. Du kannst nicht göttliches Licht oder den Heiligen Geist oder die Liebe Gottes in dir wohnen haben und trotzdem deinen Bruder hassen. Und doch sehen wir oft Menschen, die sich zum Namen Christi bekennen und gleichzeitig anderen gegenüber Hass zeigen.

Vers 10

1Joh 2,10: Wer seinen Bruder liebt, bleibt in dem Licht, und kein Ärgernis ist in ihm.

Mit dem neuen Leben kommen Licht und Liebe. Gott ist Licht und Liebe, und wenn wir in Gemeinschaft mit Ihm wandeln, wird uns nichts ins Straucheln bringen. Stattdessen werden wir ständig die Liebe Christi zeigen. In einem Herzen, das von der Liebe Gottes erfüllt ist, ist kein Platz für Hass.

Vers 11

1Joh 2,11: Wer aber seinen Bruder hasst, ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wohin er geht, weil die Finsternis seine Augen verblendet hat.

Dies ist die natürliche Finsternis, in die alle Menschen hineingeboren werden. „Verfinstert am Verstand, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verhärtung ihres Herzens“ (Eph 4,18). Das ist der Zustand, in dem der Mensch von Natur aus ist. Aber bedenke, dass wir nicht verurteilt werden, weil wir von Natur aus so sind, wie wir sind. „Dies aber ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse“ (Joh 3,19). Du bist nicht verantwortlich, weil du von Natur aus ein Sünder bist, aber du bist verantwortlich, wenn du den Erlöser ablehnst. Du bist nicht verantwortlich, weil du in Finsternis geboren wurdest und dein Verstand verfinstert ist, aber du bist verantwortlich, wenn du das Licht ablehnst, das durch das Wort Gottes zu dir kommt. Dieses Licht wird alle Finsternis vertreiben, wenn du im Licht wandelst. Wende dich nicht von seinen suchenden Strahlen ab.

Aber wenn die Menschen das Licht weiterhin ablehnen, kann der Tag kommen, an dem Gott das Licht zurückzieht. In Jeremia 13,16 lesen wir: „Gebt dem HERRN, eurem Gott, Ehre, bevor er finster macht und bevor eure Füße sich an Bergen der Dämmerung stoßen und ihr auf Licht wartet, und er es in Todesschatten verwandelt und zur Dunkelheit macht.“ Dies ist die „wirksame Kraft des Irrwahns“, von der wir in 2. Thessalonicher 2,11 lesen. Dann gibt es nur noch einen weiteren Schritt: den  Schritt in die ewige Finsternis – „Irrsterne, denen das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit aufbewahrt ist“ (Jud 1,13). „Wer aber seinen Bruder hasst, ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wohin er geht, weil die Finsternis seine Augen verblendet hat.“ Jesus aber sagte: „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12). Glaubst du aufrichtig an Ihn? Ist Er dein Licht? Ist Er heute dein Leben?

Ich hörte Jesu Freundesruf:
„Ich bin das Licht der Welt;
in Finsternis blick auf zu mir,
so wird dein Weg erhellt!“
Ich schaute auf und fand in Ihm
den schönen Morgenstern,
und wandle nun in seinem Licht
zur Heimat, zu dem Herrn.[6]

Die Kinder Gottes (V. 12-14a)

Vers 12

Diese Verse leiten einen besonderen Abschnitt des Johannesbriefes ein, in dem Johannes ein Wort der Ermahnung für alle Kinder Gottes hat. Unabhängig von den Jahren ihres christlichen Lebens oder ihrer Erfahrung werden alle in Vers 12 angesprochen, wenn er sagt:

1Joh 2,12: Ich schreibe euch, {liebe} Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.

Ich habe das Wort „kleine“, das in der englischen King-James-Übersetzung steht, absichtlich weggelassen und durch das Wort „liebe“ ersetzt, denn das Wort, das in 1. Johannes 2,12 mit „kleine Kinder“ übersetzt wird, ist ein ganz anderes griechisches Wort als das Wort, das in Vers 18 in der King-James-Übersetzung mit „kleine Kinder“ übersetzt wird. Das erste Wort bezieht sich auf alle, die in die Familie Gottes hineingeboren sind. Es ist ein Ausdruck der Zuneigung. Aber das zweite Wort bezieht sich auf solche, die noch jung sind. In Vers 12 wendet sich Johannes an alle, die durch das kostbare Blut des Herrn Jesus Christus von Gott erlöst worden sind – an alle, die in die große Familie Gottes aufgenommen worden sind. Sie alle sind Gottes geliebte Kinder. Wenn du Christus zu dem Fundament deiner Zuversicht gemacht hast und jetzt sagen kannst: „Auf Christus, dem festen Felsen, stehe ich, | alles andere ist sinkender Sand“[7], dann gehörst du zu den Kindern von Vers 12. „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.“ Die Grundlage für diese Vergebung hat Er uns in 1. Johannes 1,7 gegeben: „Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.“ Es gibt keinen anderen Weg, wie die Sünde ausgelöscht werden kann. Es gibt keinen anderen Weg, wie schuldige Menschen in der Gegenwart eines heiligen Gottes stehen können. Es ist kein anderer Weg nötig, denn unser Herr hat am Kreuz von Golgatha sein kostbares Sühneblut vergossen. Gott sei Dank, dass „die Sünder, die unter die Flut getaucht wurden, all ihre schuldigen Flecken verloren haben.[8] Dies sind die Kinder Gottes.

Alle Menschen sind von Natur aus die Kinder Adams. Sie sind „entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist“ (Eph 4,18), und „wenn jemand nicht von neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Joh 3,3). Diejenigen, die dem Herrn Jesus vertrauen und an das Evangelium glauben, sind bereits in seine Familie hineingeboren. Petrus sagte: „Die ihr nicht wiedergeboren seid aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes … Das Wort des Herrn aber bleibt in Ewigkeit. Dies aber ist das Wort, das euch verkündigt worden ist“ (1Pet 1,23.25). Doch obwohl alle Gläubigen als Erlöste des Herrn gleich sind und alle, die an Christus glauben, als Kinder Gottes zu einer Familie gehören, gibt es doch offensichtlich unterschiedliche Grade der Geistlichkeit, Grade des Fortschritts im Leben als Christ. Deshalb teilt der Apostel in Vers 13 und 14 die Kinder Gottes in drei Klassen ein, je nach dem Maß ihres Wachstums „in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus“ (2Pet 3,18).

Vers 13a – Die Väter

1Joh 2,13a: Ich schreibe euch, Väter, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist.

Johannes bezog sich hier nicht auf das Alter oder das Geschlecht. Er schrieb nicht nur an die Männer in Christus und schloss die Frauen dabei aus. Diese drei Begriffe – Väter, Jünglinge und Kinder – werden verwendet, um die Gläubigen nach dem Maß ihres Wachstums in der Gnade zu unterscheiden. Wer sind die Väter? Es sind diejenigen, die seit Jahren den Herrn kennen, mit Gott wandeln und in den Dingen Christi älter geworden sind. Zu ihnen sagt Johannes: „Ich schreibe euch, Väter, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist.“ Es ist durchaus möglich, seit vielen Jahren Christ zu sein und dennoch kein Vater zu sein. Es gibt viele, die schon seit vielen Jahren gerettet sind, aber geistlich verkümmert sind, weil sie geistlichen Dingen so wenig Aufmerksamkeit schenken. Sie verbringen so wenig Zeit mit dem Wort Gottes, üben sich so selten in heiligen Dingen und wissen so wenig von dem Segensreichtum des Gebets und der Gemeinschaft mit dem Herrn, dass sie nicht wachsen. Aber als der Apostel zu den Vätern sprach, sprach er zu denen, die über lange Jahre hinweg von ihren christlichen Vorrechten Gebrauch gemacht haben; die gelernt haben, das Wort Gottes zu lieben; die sich bemüht haben, mit Christus zu wandeln; die sich zum Segen anderer eingesetzt haben und die durch Erfahrung gelernt haben, den geliebten Herrn in seiner ganzen Fülle zu kennen. Als Johannes schrieb: „weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist“, meinte er nicht: „Ihr wisst von Ihm“,  oder: „Ihr wisst etwas über Ihn“, sondern: „Ihr kennt Ihn.“ Geistliche Väter leben in Gemeinschaft mit Ihm, wandeln mit Ihm und sprechen mit Ihm. Er ist ihnen lieber, näher und wirklicher geworden als jeder irdische Freund. Er kommt den Seinen sehr nahe und, wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf, Er ist bei ihnen gegenwärtig. Er zeigt ihnen seine Hände und Füße und sagt: „Ich bin es selbst; rührt mich an und seht“ (vgl. Lk 24,39). Er bittet uns, daran zu denken, dass Er für uns durchbohrt wurde und die Qualen des Kreuzes ertrug, damit wir sein Eigentum werden konnten. Die Väter sind also diejenigen, die Ihn im Laufe der Jahre kennengelernt haben. Sie haben gelernt, seine Liebe zu schätzen. Die Welt hat ihre Macht über ihre Seelen verloren, weil Christus die Augen ihrer Herzen erfüllt hat.

Vers 13b – Die Jünglinge

1Joh 2,13b: Ich schreibe euch, Jünglinge, weil ihr den Bösen überwunden habt.

Als Nächstes schrieb Johannes an die „Jünglinge“. Das sind die starken Christen, die zwar noch nicht so viele Jahre mit Gott gewandelt sind wie die Väter, aber dennoch mit Ihm geistlich gereift sind. Sie haben das Geheimnis der Überwindung gelernt. Im Buch der Offenbarung lesen wir: „Sie haben ihn überwunden um des Blutes des Lammes und um des Wortes ihres Zeugnisses willen“ (Off 12,11). Wenn Johannes sagt: „Ich schreibe euch, Jünglinge, weil ihr den Bösen überwunden habt“, dann können wir sicher sein, dass sie sich durch ihren Glauben an das sühnende Blut Christi von der Welt, die Ihn gekreuzigt hat, abwenden konnten. Sie haben sich von allem verabschiedet, das keinen Platz für ihren Herrn hat.

O Freunde ihr, so lebet wohl,
kann nicht mit euch zur Hölle geh’n;
will nur mit Jesus Christus sein,
ich werd’ geh’n
.[9]

Erinnerst du dich an eine solche Erfahrung? Hast du dich von der Welt abgewandt, die deinen Erlöser abgelehnt hat, und dich an Ihn geklammert und seinen Platz der Verwerfung eingenommen? Wenn ja, dann kannst du dich auf den unendlichen Wert des Sühneblutes Christi berufen, selbst wenn Satan versucht, dir Angst zu machen, indem er dir deine vergangenen Sünden vor Augen führt. Das ist der Weg zur Überwindung.

Vers 14a – Die Kinder

Schließlich gibt es noch eine dritte Klasse, in die der Apostel die Familie Gottes einteilt. Dies sind die Kleinen, die jungen Gläubigen in Christus, und zu ihnen sagt er:

1Joh 2,14a: Ich schreibe euch, Kinder, weil ihr den Vater erkannt habt.

Vor nicht allzu langer Zeit wandelten sie noch mit der Welt in der Finsternis, aber sie hörten die gnädige Einladung des liebenden Erlösers: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben“ (Mt 11,28). Sie folgten seiner Einladung, kamen mit all ihren Sünden und ihrem Kummer und erfuhren, dass Jesus ein wahrer Freund all derjenigen ist, die Ihm vertrauen. Bis jetzt wissen sie zwar noch nicht viel mehr, aber sie kennen den Vater und haben den Heiligen Geist empfangen.

Gott wartet nicht, bis wir reife Christen sind, bevor Er uns den Heiligen Geist gibt. „Nachdem ihr im Geist angefangen habt, wollt ihr jetzt im Fleisch vollenden?“ (Gal 3,3). Wir haben im Geist angefangen. Wir haben den Geist Gottes empfangen, sobald wir an Jesus glauben, und Er lehrt uns, „Abba, Vater!“ zu rufen. Wir blicken in sein Angesicht und können sagen: „Mein Vater“. Es gibt für die „kleinen Kinder“ noch sehr viel zu lernen. Viele unterschiedliche Erfahrungen liegen noch vor ihnen, und es gibt wunderbare Wahrheiten, die ihnen noch eröffnet werden müssen. Aber sie sind genauso in dem Geliebten angenommen wie die Väter. Sie sind genauso von jeder Sünde gereinigt wie die Jünglinge, die „den Bösen überwunden“ haben.

Wie man überwindet (V. 14b-17)

Vers 14b

In Vers 14 fährt Johannes damit fort, jeder Gruppe von Gläubigen ein Wort der Ermutigung, der Warnung und der Ermahnung zu geben, weshalb er sie alle noch einmal der Reihe nach erwähnt. Zu den Vätern sagt er:

1Joh 2,14b: Ich habe euch, Väter, geschrieben, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist.

Johannes fügt nichts zu dem hinzu, was er bereits in Vers 13 gesagt hat. Er sagt genau dasselbe. Warum fügt er nichts hinzu? Weil man dem Höhepunkt der christlichen Erfahrung nichts hinzufügen kann: „Ihr habt den erkannt, der von Anfang an ist.“ „Von Anfang an“ bezieht sich auf die Menschwerdung Jesu hier auf der Erde. Es muss wunderbar gewesen sein, seinen Fußspuren zu folgen, als Er über den Sand der Erde ging, und Ihn in seiner Vollkommenheit zu sehen – Gott, der sich im Fleisch offenbart hat. Noch wunderbarer ist es, Ihn jetzt als denjenigen zu kennen, der durch den Tod hindurchgegangen ist, durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt wurde, in den Himmel aufgefahren ist und zur Rechten Gottes als unser großer Hohepriester und Sachwalter thront.

Es gibt nicht viele Väter im Glauben. Menschen können sehr alt in Christus sein und dennoch keine Väter im geistlichen Sinne sein. Traurigerweise sind viele, die schon seit Jahren Christen sind, immer noch sehr weltlich eingestellt und wissen wenig von der wahren Gemeinschaft mit Christus. Paulus betete inständig dafür, „ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden, indem ich seinem Tod gleichgestaltet werde“ (Phil 3,10). Es ist diese persönliche Erkenntnis Gottes, die einen zum Vater in Christus macht. Dies ist der Höhepunkt der christlichen Reife, die durch ein Leben in inniger Gemeinschaft mit Christus erreicht wird.

Sehnt sich deine Seele danach, Ihn zu kennen? Willst du Ihn im Laufe der Jahre besser kennenlernen? Es gibt nur einen Weg, wie du jemals ein Vater in Christus werden kannst – du musst Ihn erfahren. Viele Menschen sind sich über bestimmte große Lehren im Klaren oder sie sind davon überzeugt, wo sie in der Debatte um Fundamentalismus und Modernismus stehen. Sie haben strikte Vorstellungen davon, wie das Volk Gottes zusammenkommen sollte, und doch ist eines ganz offensichtlich: Sie kennen Christus nicht in dieser vertrauten Beziehung, die hier angedeutet wird.

Wie lernt man einen Menschen kennen? Indem man Tag für Tag mit ihm lebt. Wie lernt man Christus kennen? Indem man Tag für Tag und über Jahre hinweg in inniger Gemeinschaft mit Ihm lebt. Man lernt Ihn kennen, wenn Er einem im Leid beisteht. Du lernst ihn kennen, wenn du Christus an die erste Stelle setzt und deine Hauptfreude und dein Glück in Ihm findest. Ihn zu kennen! Das bedeutet, ein Vater in Christus zu sein. Johannes fügt kein einziges Wort der Ermahnung hinzu. Und warum? Weil dem nichts mehr hinzugefügt werden kann, wenn Christus zum einzigen Gegenstand deines Herzens wird. Ein Herz, das sich ganz und gar Christus hingibt, ist von der Macht der Sünde befreit, wird von der Weltlichkeit gerettet und von Eifersucht, Neid und allem, was dem Fleisch angehört, bewahrt. Diese Dinge werden in einem Herzen nicht vorhanden sein, in dem Christus ein und alles ist.

Vers 14c

Als Nächstes wendet der Apostel seine Aufmerksamkeit denen zu, die nicht die Tiefe der Erfahrung erreicht haben, die die Väter hatten, und dennoch starke Christen sind. Er schreibt:

1Joh 2,14c: Ich habe euch, Jünglinge, geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt.

Als er zuvor zu ihnen sprach, schrieb er einfach: „Ich schreibe euch, ihr Jünglinge, weil ihr den Bösen überwunden habt“ (1Joh 2,13). Aber jetzt enthüllt er das Geheimnis dieser Überwindung. Sie sind nicht stark in ihrer eigenen Kraft, sondern „im Herrn und in der Macht seiner Stärke“ (Eph 6,10). Mit anderen Worten: Sie sind stark, weil „das Wort Gottes in ihnen bleibt“. Viele von uns verbringen den größten Teil der Woche damit, sich ausschließlich mit irdischen Dingen zu beschäftigen – mit Dingen, die durchaus ihre Berechtigung haben. Einmal in der Woche kommen wir zum Bibelstudium oder zum Gottesdienst zusammen und sagen: „Wie ermutigend und hilfreich!“ Das ist so, als ob jemand nur eine einzige gute Mahlzeit in der Woche zu sich nimmt. Das ist nicht der Weg, um stark zu werden. Wir werden gestärkt, wenn wir morgens als Erstes das Wort Gottes lesen, den ganzen Tag über das Wort Gottes nachdenken und als Letztes am Abend das Wort Gottes studieren. Wenn du mit dem Wort Gottes im Kopf zu Bett gehst, wirst du mit dem Wort Gottes im Kopf aufwachen. Es ist das Wort Gottes, das uns den ganzen Tag über vor der Macht des Feindes bewahrt. Manche sagen: „Ich glaube nicht, dass das möglich ist.“ Aber es ist möglich, und viele haben bewiesen, dass es möglich ist. Jemand sagte einmal zu mir über einen Mitchristen: „Ich mag deinen Freund. Er ist wie eine wandelnde Bibel.“ Das lag daran, dass mein Freund sich ständig vom Wort Gottes nährte.

Ich kannte einen Schmied, der so sehr darauf bedacht war, ein Mann Gottes zu werden, dass er seine Bibel in Abschnitte zerschnitt und einen Abschnitt mit einem Stück Schnur neben seiner Schmiede festband. Er zog eine Seite heraus und heftete sie vor sich auf, damit er während der Arbeit in der Schmiede das Wort Gottes lesen konnte. War es da ein Wunder, dass Gott diesen Mann drei Jahre später von der Schmiede weg in den aktiven christlichen Dienst rief? Seit vierzig Jahren ist er ein Evangelist, der viele zum Herrn Jesus Christus geführt hat. Ein anderer Mann, den ich kannte, war Drucker. Er hatte seine Bibel auf einem kleinen Ständer vor sich liegen, und während er an den großen Rundpressen arbeitete, hatte er sein Herz auf die Dinge Gottes gerichtet. Er las einen Vers und dachte darüber nach, während er arbeitete, und dann las er noch einen und noch einen. Es dauerte nicht lange, bis Gott diesen Mann von der Druckerpresse wegholte und ihn zum Predigen aussandte. Er sagte immer, dass er seine theologische Ausbildung an der Druckmaschine erhalten hatte.

„Weil das Wort Gottes in euch bleibt.“ Viele Christen betrachten das Wort Gottes als etwas, das eine zusätzliche Stunde oder so in Anspruch nimmt, wenn sie gerade nichts anderes zu tun haben. Aber auf diese Weise wirst du niemals wachsen. Das bisschen Kraft, das du in dieser Stunde bekommst, ist aufgebraucht, wenn du dich mit anderen Dingen beschäftigst. Mit kleinen Dosen kommt man nicht weiter. Wenn das Wort Gottes das Wichtigste in deinem Leben ist und alles andere sich danach ausrichtet, dann wirst du wachsen und ein starker Christ werden.

Verse 15.16

Die Welt wirbt um starke junge Christen, und ihre Verlockungen sind überall um sie herum. Der Teufel würde alles tun, um einem ernsthaften Christen ein Bein zu stellen. Es gibt Gläubige, um die sich der Teufel nicht schert. Aber diejenigen, die sich voll und ganz für Gott einsetzen, verfolgt Satan mit seinen Fallen und Verlockungen und versucht, ihnen ein Bein zu stellen. Wenn sie vor einer Sache fliehen, hat er eine andere Versuchung für sie parat. Und so kommt die Ermahnung:

1Joh 2,15.16: 15 Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; 16 denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt

Was ist das für eine Welt, die wir nicht lieben sollen? Es ist nicht die Erde, denn die hat an sich nichts, was unsere Seele verletzen könnte. Wir können die Natur lieben. Wir brauchen keine Angst vor einer schönen Aussicht oder einer schönen Blume zu haben. Manche Christen haben die Vorstellung, dass wir uns nicht an der Natur erfreuen sollen. Ich sagte zu einem: „Ist das nicht ein schöner Rosenstrauch?“ Er antwortete: „Ich interessiere mich nicht für Rosen; ich bin nicht von dieser Welt.“ Das ist nicht die Welt, von der in der Heiligen Schrift die Rede ist. Das Universum ist der Ausdruck der Weisheit und Güte des Vaters.

Seit ich das gewisslich weiß,
strahlt die Sonne doppelt schön,
trägt die Welt ein Farbenkleid,
prächtig, wie ich’s nie gesehn;
heller singt der Vöglein Chor,
strahlt der Blumen Flor am Rain,
und voll Jubel brichts hervor:
Ich bin Sein und Er ist mein!
[10]

Der Herr liebte die Lilien auf dem Feld. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf die Schönheiten der Natur. Sie rührten seine eigene Seele, und Er wollte, dass sein Volk in ihnen die Beweise für die Weisheit und Güte des Vaters sah. Was aber ist dann die Welt, die wir hassen sollen? Es ist das System, das der Mensch auf der Erde aufgebaut hat und in dem er versucht, sich ohne Gott glücklich zu machen. Das System der Welt begann eigentlich schon in 1. Mose, als Kain von dem Angesicht des Herrn wegging und eine Stadt baute (1Mo 4,16.17). Es war eine wunderbare Welt. Die Menschen beherrschten alle möglichen Künste, Wissenschaften, Geschäfte und Vergnügungen – alles, was sie ohne Gott glücklich machen konnte. Aber sie endete in Verderbnis und Gewalt, und Gott musste das Ganze mit einer Flut wegfegen. Die Grundsätze der Welt, die die Verderbnis und Gewalt vor der Sintflut verursacht hatten, wurden in den Herzen einiger von Noahs Kindern in die Arche getragen. Sie brachten die Welt in die Arche, und als sie aus der Flut auftauchten, nahmen sie die Welt mit aus der Arche und bauten sie wieder auf.

Was ist denn die Welt, die Johannes als „die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens“ bezeichnet? Wenn manche an die Welt denken, denken sie an Dinge, die abscheulich, niederträchtig und verdorben sind: Bordelle, Spielhallen und jede Art von Gewalt. Diese Dinge bieten wenig, was das christliche Herz anziehen könnte. Die Welt, vor der sich die Christen hüten müssen, ist die Welt der Kultur: die Welt, die unser ästhetisches Empfinden anspricht. Diese Welt sollte für den Christen so wenig Anziehungskraft haben wie die verdorbene, abscheuliche Welt in den Slums unserer Großstädte. Bilde dir nicht ein, dass du sicher und frei von weltlichen Dingen bist, nur weil deine Welt in den Künsten und der Wissenschaft liegt. Selbst die Geschäftswelt kann zu einer großen Schlinge werden. Aber du fragst: „Müssen wir nicht arbeiten?“ Ja. Jesus sagte: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnehmest, sondern dass du sie bewahrest vor dem Bösen“ (Joh 17,15). In all diesen Dingen müssen wir uns vor dem Bösen in der Welt hüten.

Ich erinnere mich, dass die Welt, vor der ich mich als junger Christ am meisten hüten musste, die Welt der Literatur war. Ich liebte ihre Gedichte, Essays und wunderbaren Bücher. Ich schätze sie immer noch bis zu einem gewissen Grad. Aber ich muss mich daran erinnern, dass ich, wenn diese Dinge jemals zwischen meine Seele und meine Liebe zu Gottes Wort kommen, mich von ihnen abwenden und meine Zeit und Aufmerksamkeit der Heiligen Schrift widmen muss. Und so ist es auch mit allem, was sich zwischen dich und deinen Herrn stellt.

Eine junge Frau mit großen musikalischen Fähigkeiten bereitete sich darauf vor, auf die Konzertbühne zu gehen, als der Herr sie rettete. Eines Tages sagte sie: „Wisst ihr, ich habe eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Meine Liebe zur Musik steht zwischen meiner Seele und Christus.“ Acht Jahre lang rührte die junge Frau kein Musikinstrument an, weil sie fürchtete, sich so sehr in der Musik zu verlieren, dass sie sich nicht mehr an den Dingen Gottes erfreuen könnte. Doch dann kam die Zeit, in der sie sagte: „Auch wenn ich die Musik nicht um ihrer selbst willen genießen kann, so kann ich sie doch als Mittel benutzen, um die Seelen der Menschen zu gewinnen.“ Sie übergab ihr Talent Christus, und Er nutzte es, um Menschen für das Evangelium zu gewinnen. Egal, wie deine Welt aussieht: Wenn du sie Jesus zu Füßen legst und sie für Ihn einsetzt, brauchst du keine Angst davor zu haben. Aber stelle deine Welt nicht über Jesus Christus.

Für manche ist ein schönes Haus „die Welt“. Nehmen wir an, ein Christ hat wenig weltlichen Reichtum. Er lebt in einem ruhigen kleinen Haus und ist glücklich und zufrieden. Aber dann vertraut der Herr ihm eine Menge Geld an und er sagt sofort: „Ich muss jetzt ein besseres Haus haben. Ich muss mit Stil leben. Ich muss prächtige Möbel und schöne Vorhänge haben.“ Aber wozu? Hat er es jetzt bequemer? Er kann nur drei Mahlzeiten am Tag essen, er kann gleichzeitig nur in einem einzigen Bett schlafen und nur auf einem einzigen Stuhl sitzen. Aber er hat das Gefühl, dass er die Leute beeindrucken muss. Er ist verliebt in das, „was in der Welt ist“ (1Joh 2,15).

Auch körperliche Schönheit kann sich zwischen dich und Christus stellen und sich als „die Welt“ erweisen, wenn man nicht aufpasst. „Denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt“ (1Joh 2,16).

Was ist „der Hochmut des Lebens“? Es ist die Anmaßung des Lebens, der Versuch, Eindruck auf andere zu machen. Es ist die übermäßige Selbstüberschätzung in den Augen der Welt. Ich denke manchmal, wenn Christen zwei Drittel des Geldes, das sie in eine Villa in dieser Welt investiert haben, in die Verkündigung des Evangeliums in der verlorenen Welt investieren würden, hätten sie eine viel schönere Villa in der ewigen Welt. Eines Tages ging ich mit einem Freund die Straße entlang. Als er mich auf ein bestimmtes Haus aufmerksam machte, sagte er: „Mit diesem Haus ist eine schreckliche Tragödie verbunden. Ein Mann hat dieses großartige Haus für seine schöne Frau gebaut, und plötzlich ist sie gestorben. Hier ist ein Haus, in das viel Geld investiert wurde, aber es gab einen Selbstmord in der Familie, und jetzt will niemand mehr darin wohnen.“ Es gibt keine wirkliche Freude an diesen Dingen. Als Christen ist unsere Freude in Christus die einzige Freude, die ewig währt. Unsere Freude liegt in den Dingen, die niemals vergehen, und doch ist es traurig, zu denken, dass wir so töricht sein und so viel in etwas investieren können, das vergänglich ist und uns am Ende unzufrieden und unglücklich machen wird.

Vers 17

1Joh 2,17: Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit

Im Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes gibt es dauerhafte Freude und unendliche Wonne. Wer würde angesichts dieser Tatsache nicht sagen:

Nimm die Welt, doch gib mir Jesus,
Er ist höchste Freude mir;
seine Liebe bleibt auf ewig
unverändert für und für.[11]

Hast du deine Wahl getroffen? Als Gläubiger hast du deine erste Wahl getroffen, als du dich von der Sünde abgewandt und Christus zugewandt hast. Hast du deine nächste Entscheidung getroffen? Hast du dich von der Welt zu Christus gewandt? Es gibt viele, die Jesus als ihren Retter vor dem Gericht vertraut haben, die Ihn aber nie kennengelernt haben. Sie haben nie gelernt, mit Ihm in segensreicher Gemeinschaft zu leben.

Niemand kann diese Welt jemals unter seine Füße legen, bevor er nicht eine bessere Welt im Himmel gefunden hat. Wenn dein Herz mit Christus in dieser ewigen Welt verbunden ist, ist es leicht, die Aufforderung zu befolgen: „Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist“ (1Joh 2,15).

Gottes kleine Kinder – ihre Vorrechte und Gefahren (V. 18-27)

Wir haben gesehen, dass der Heilige Geist, als Er sich an die Familie Gottes wandte, diese in drei Klassen einteilte, je nach dem Maß ihres Wachstums in der Gnade. Wir haben bereits betrachtet, was der Herr den Vätern in Christus und den jungen Männern zu sagen hat. Jetzt kommen wir zu seiner Botschaft an die kleinen Kinder Gottes.

Vers 18

1Joh 2,18: {Kleine} Kinder, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen geworden; daher wissen wir, dass es die letzte Stunde ist.

Das Wort, das in Vers 18 in der King-James-Übersetzung mit „kleine Kinder“ übersetzt wird, unterscheidet sich, wie bereits erwähnt, sehr von dem Wort, das im ersten Teil von Vers 12 mit „kleine Kinder“ übersetzt wird. Dort ist es ein Ausdruck der Zuneigung und bezieht sich auf alle, die in die Familie Gottes hineingeboren sind, auf alle seine lieben Kinder, die sich in ihrer geistlichen Entwicklung auf verschiedenen Stufen befinden. Aber hier schließt der Begriff nicht nur diejenigen ein, die erst kürzlich errettet wurden, sondern auch diejenigen, die zwar seit Jahren errettet sind, aber nicht gut genährt oder in Christus aufgebaut wurden. Obwohl sie zu den geistlich reiferen Menschen gehören sollten, sind sie immer noch Gottes kleine Kinder. Diese unreifen Gläubigen gehen durch eine Welt, in der es sehr viele negative Einflüsse gibt, die versuchen, sie von der Schlichtheit, die in Christus ist, abzubringen. Deshalb warnte der Apostel sie sofort, und interessanterweise warnte er sie auch vor dem Geist des Antichristen: „Und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen geworden; daher wissen wir, dass es die letzte Stunde ist.“ Johannes ist der einzige Autor, der den Begriff Antichrist verwendet. Andere Begriffe, die in der Schrift verwendet werden, sind der „nichtige Hirte“ (Sach 11,17); der, der „in seinem eigenen Namen kommt“ (Joh 5,43); der „Mensch der Sünde“ und der „Sohn des Verderbens“ (2Thes 2,3); der „Gesetzlose“ (2Thes 2,8) und der „falsche Prophet“ (Off 16,13; 19,20; 20,10). Diese verschiedenen Begriffe beschreiben ein und dieselbe Person, die während der großen Drangsal auftauchen und die abgefallene Christenheit und das Judentum noch weiter von Gott wegführen wird, als dies jetzt schon der Fall ist.

Der Antichrist ist noch nicht erschienen, aber der Geist des Antichristen ist in der Welt, denn „so sind auch jetzt viele Antichristen geworden“ (1Joh 2,18). Der „Geist des Antichristen“ (1Joh 4,3) besteht darin, den Menschen an die Stelle Gottes und seinen Christus zu setzen. Er ist die Selbstanbetung oder der Humanismus. Davor müssen die kleinen Kinder gewarnt werden. Leider haben viele der Vertreter dieser unheiligen Systeme früher behauptet, Christen zu sein. Sie nahmen ihren Platz am Abendmahlstisch ein, hatten äußerlich Gemeinschaft mit dem Volk Gottes, ließen sich taufen. Mittlerweile haben sie sich jedoch vom Christentum und der Heiligen Schrift abgewandt. Sie verleugnen das kostbare Blut, zu dem sie sich einst bekannten. Die Schrift sagt: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben“ (Joh 10,27.28). Was sollen wir also von Menschen halten, die jahrelang genauso echt zu sein schienen wie alle anderen bekennenden Gläubigen, jetzt aber „das Blut des Bundes, durch das sie geheiligt worden sind, für gemein erachten und den Geist der Gnade“ (Heb 10,29) und die Liebe Jesu verschmähen? Die Antwort lautet: „Sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, so würden sie wohl bei uns geblieben sein“ (1Joh 2,19).

Vers 19

Ich erinnere mich, wie mein Herz nach dem [Ersten Welt-]Krieg aufgewühlt wurde, als ich von einem unserer großen amerikanischen Prediger las, der von seinen Fähigkeiten, seinem Verständnis der Kultur und der rhetorischen Begabung her großartig war, aber nichts von der rettenden Gnade Gottes wusste. Nachdem er in Europa gewesen war und seine Erfahrungen in den Schützengräben gemacht hatte, warf er die Lehre von der Blutsühnung durch das kostbare Opfer unseres Herrn Jesus Christus über Bord, gab die Lehre von der Gottheit Christi auf und spottete über seine jungfräuliche Geburt und Auferstehung. Wie konnte ein so großer Prediger diese Wahrheiten verwerfen? Darüber brauchen wir nicht zu raten, denn die Antwort gibt uns der Heilige Geist selbst in Vers 19:

1Joh 2,19: Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, so würden sie wohl bei uns geblieben sein; aber damit sie offenbar würden, dass sie alle nicht von uns sind.

Ihr Hinausgehen zeigte, dass sie keine echten Gläubigen waren. Sie trugen einen christlichen Namen, traten in eine christliche Kirche ein, ließen sich auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen und nahmen das Brot und den Wein am Tisch des Herrn. Aber Er, der nicht sieht, wie die Menschen sehen, sagte: „Die Hand dessen, der mich überliefert, ist mit mir auf dem Tisch“ (Lk 22,21). Er wusste, wer Judas wirklich war, und sagte deshalb: „Habe ich nicht euch, die Zwölf, auserwählt? Und von euch ist einer ein Teufel“ (Joh 6,70). Judas war nie etwas anderes.

Gott weiß, wer heute die Unechten unter seinem Volk sind. Er kennt alle, die sich unter das Volk Gottes mischen, die den Namen Christi bekennen, aber nie den Segen der erneuernden Gnade kennengelernt haben; sich nie in Buße vor dem Kreuz Christi gebeugt haben; nie durch das kostbare Blut des Erlösers von ihren Sünden reingewaschen wurden. Das Schwierigste auf der Welt ist der Versuch, wie ein Christ zu leben, wenn man kein christliches Leben hat. Es wäre leichter für ein Tiere auf dem Feld, sich in einer Villa einzurichten und zu versuchen, das Leben eines Millionärs zu führen, als für einen nicht wiedergeborenen Sünder, zu versuchen, das Leben eines Christen zu führen. „Ihr müsst von neuem geboren werden“ (Joh 3,7). „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Joh 3,3). Und so schrieb Johannes von Menschen, die sich unter die Christen mischten und äußerlich wie sie aussahen, aber er sagte über sie: „Sie waren nicht von uns.“ Sie waren nicht echt.

Oh, möge jeder von uns sein Herz im Angesicht Gottes prüfen und sich fragen: Habe ich mich meinen Sünden im Licht des Kreuzes Christi wirklich gestellt? Habe ich mich wirklich in Buße an Gott gewandt, meine Schuld bekannt, meine Ungerechtigkeit anerkannt und mich in die Hoffnung geflüchtet, die mir im Evangelium gegeben wurde? Zeige ich Anzeichen einer wiedergeborenen Seele? Liebe ich die Geschwister? Liebe ich die Gebote Gottes? Ist mir das Wort Gottes kostbar, und habe ich Freude daran, mich davon zu nähren? Ist es meine Freude, dem Herrn zu dienen, oder sind mir diese Dinge lästig? Ich bin überzeugt, und das sage ich mit Liebe, dass es heute Zehntausende von Menschen gibt, deren Namen in den Kirchenbüchern stehen, die aber nie in das Buch des Lebens des Lammes eingetragen worden sind. Es gibt Zehntausende von Menschen, die sich bemühen, ein christliches Leben zu führen, und dabei völlig versagen, weil sie noch nicht wiedergeboren sind.

Wenn es in diesem Land zu einer großen Erweckung kommen sollte, wird einer der ersten Beweise dafür sein, dass Menschen, die den Namen Christ benutzt haben und sich als christliche Arbeiter ausgegeben haben, herausfinden werden, dass sie selbst nie gerettet worden sind. Sie werden vor Gott zusammenbrechen und ihre Sünden bekennen und ihre Ungerechtigkeit und Selbstsucht verurteilen. Wie furchtbar ist es, die Wahrheit erst am Tag des Gerichts zu erfahren, wenn es zu spät ist, den Irrtum zu korrigieren!

Johannes schrieb über diese Heuchler: „Sie sind von uns ausgegangen …, aber damit sie offenbar würden, dass sie alle nicht von uns sind“ (1Joh 2,19). Sobald sie draußen waren, wurden sie zu den schlimmsten Gegnern derjenigen, die für die Wahrheit Gottes eintraten. Es gibt niemand, der das Evangelium so sehr hasst wie der Mensch, der sich einst als gerettet bezeichnete, sich dann aber einem Leben in Sünde zuwandte, weil sein Bekenntnis nicht der Wahrheit entsprach. Das waren die Antichristen, vor denen Johannes zu seiner Zeit die kleinen Kinder warnte.

Verse 20.21

Wie sollen sich die kleinen Kinder vor diesen falschen Lehrern schützen? Schauen wir uns die Verse 20 und 21 an:

1Joh 2,20.21: 20 Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisst alles. 21 Ich habe euch nicht geschrieben, weil ihr die Wahrheit nicht wisst, sondern weil ihr sie wisst, und dass keine Lüge aus der Wahrheit ist.

Er sagte: „Ihr wisst alles“ – nicht unbedingt jedes Detail, aber in gewisser Weise. Ihr habt denjenigen in euch wohnen, der alles weiß, und deshalb braucht ihr euch nicht von irgendeinem Irrtum wegreißen zu lassen. Was haben die jungen Gläubigen als Hilfsmittel? Sie haben den Geist Gottes und das Wort Gottes. Sie haben das Wort Gottes in ihren Herzen und der Geist Gottes wohnt in ihnen, um ihnen die Wahrheit zu eröffnen. Wenn Menschen mit ihren falschen Lehren kommen, die das sühnende Blut oder die Gottheit Christi leugnen oder die menschliche Leistung betonen, können sich die jungen Menschen in Christus wieder dem Wort Gottes zuwenden, und der Geist Gottes, der in ihnen wohnt, öffnet ihnen das Wort und bewahrt sie so vor Irrtum.

Ein bekannter englischer Pfarrer erzählte, wie es eines Abends, als er gerade zu Bett gehen wollte, an seiner Tür klopfte. Als er die Treppe hinunterging, fand er an der Tür ein armes, erbarmungswürdiges kleines Mädchen, das tropfnass war. Sie war durch den Sturm gekommen und fragte: „Sind Sie der Pfarrer?“ – „Ja“, sagte er, „das bin ich.“ Er war damals einer, der sich von der Schlichtheit des Evangeliums abgewandt hatte. „Würden Sie bitte kommen und meine Mutter heimholen?“, fragte sie. Der Pfarrer antwortete: „Ich wollte gerade ins Bett gehen, und außerdem gehört es sich nicht, dass ich bei diesem Wetter hinausgehe und deine Mutter heimhole. Wenn sie betrunken ist, kannst du einen Polizisten holen, der sie abholt. Er hat sein Ölzeug an und ist auf den Sturm vorbereitet.“ – „Oh nein“, sagte das kleine Mädchen, „Sie verstehen nicht! Meine Mutter ist nicht im Sturm, und sie ist auch nicht betrunken. Sie liegt zu Hause im Sterben und hat Angst vor dem Tod. Sie hat Angst, dass sie für immer verloren ist. Sie will in den Himmel kommen und weiß nicht, wie; also habe ich ihr gesagt, dass ich einen Pfarrer hole, der sie heimholt.“ Er fragte sie, wo sie wohne, und sie erzählte ihm von einem Viertel, das so verdorben war, dass selbst tagsüber anständige Leute nicht ohne Polizeibegleitung dorthin gingen. „Also“, sagte er, „ich kann heute Abend nicht dorthin gehen.“ Er dachte bei sich: „Es würde meinen Ruf ruinieren, wenn ich mitten in der Nacht mit einem solchen Mädchen in diesem Viertel gesehen würde. Nein, ich kann nicht gehen. Ich bin der Prediger einer großen und wichtigen Kirche. Was würde meine Gemeinde denken, wenn die Zeitung darüber berichten würde?“ Zu dem Mädchen sagte er: „Ich werde dir sagen, was du tun sollst. Du gehst runter und holst den Mann, der die Rescue Mission leitet. Er wird dir gerne helfen.“ Er schämte sich, als er das sagte, aber er beschloss, dass sein Ruf gewahrt bleiben musste. „Er mag ein guter Mann sein“, antwortete das Mädchen, „aber ich kenne ihn nicht. Ich habe meiner Mutter versprochen, einen richtigen Pfarrer zu suchen, und ich möchte, dass Sie kommen und sie heimholen. Bitte kommen Sie schnell, sie liegt im Sterben.“ – „Ich konnte die Aufforderung in diesen Augen nicht ertragen“, gestand der Prediger. Er schämte sich und sagte zu ihr: „Nun gut, ich werde kommen.“ Er ging die Treppe hinauf, zog sich an und zog seinen Mantel an.

Dann führte ihn das Mädchen durch die Stadt, ins Armenviertel, in ein altes Haus, eine klapprige Treppe hinauf und durch einen langen dunklen Flur in ein kleines Zimmer, in dem die arme Frau lag. „Ich habe den Prediger der größten Kirche der Stadt aufgetrieben“, sagte das Mädchen. „Er wird dich heimholen. Er wollte nicht kommen, aber er ist hier. Du sagst ihm, was du willst, und tust genau das, was er dir sagt.“ Die Frau sah auf und sagte: „Oh, Herr, können Sie etwas für eine arme Sünderin tun? Mein ganzes Leben lang war ich eine böse Frau, und ich werde in die Hölle kommen. Aber ich will nicht dorthin gehen. Ich möchte gerettet werden und in den Himmel kommen. Sagen Sie mir, was ich tun kann.“ Der Prediger erzählte, wie er dastand, auf dieses arme, ängstliche Gesicht hinunterblickte und dachte: Was soll ich ihr nur sagen? Ich habe in meiner eigenen Kirche über die Errettung durch einen guten Charakter, ethische Kultur[12] und Läuterung gepredigt. Aber ich kann ihr nicht von der Erlösung durch einen guten Charakter erzählen, denn sie hat keinen. Ich kann ihr nicht von der Erlösung durch ethische Kultur erzählen, denn dafür ist keine Zeit, und außerdem würde sie wahrscheinlich nicht wissen, was ich meine. Ich kann ihr nicht von der Erlösung durch Läuterung erzählen, denn sie ist schon zu weit gegangen, um sich läutern zu lassen. Dann kam mir der Gedanke: Warum sollte ich ihr nicht das sagen, was mir meine Mutter immer gesagt hatte? Sie liegt im Sterben, und es kann ihr nicht schaden, auch wenn es ihr nichts nützen wird. Und so sagte er: „Meine arme Frau, Gott ist sehr gnädig, und die Bibel sagt: ‚Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat.‘“

Sie antwortete: „Steht das auch in der Bibel? Meine Güte! Das sollte mir helfen, reinzukommen. Aber, Herr, meine Sünden! Was ist mit meinen Sünden?“ Der Pfarrer erzählte, es sei erstaunlich, wie ihm die Verse einfielen, die er vor Jahren gelernt und nie benutzt hatte. Er sagte zu der Frau: „Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“ (1Joh 1,7). „Alle Sünden?“, fragte sie. „Steht da wirklich, dass das Blut mich von allen Sünden reinigt? Das müsste mich doch reinbringen.“ – „Das Wort ist gewiss und aller Annahme wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu erretten, von denen ich der erste bin“ (1Tim 1,15). „Nun“, sagte sie, „wenn der erste der Sünder reinkommt, kann ich auch kommen. Beten Sie für mich!“ Er kniete nieder und betete mit der armen Frau und holte sie heim, und während er sie heimholte, holte er sich selbst heim. Diese beiden armen Sünder, der Pfarrer und die sterbende Prostituierte, wurden gemeinsam in diesem kleinen Raum gerettet.

Botschaften, die nichts enthalten, um einem armen, schuldigen, an die Hölle gebundenen Sünder zu helfen, sind ein Gräuel vor Gott! Aber Gott sei Dank hat Er seinen kleinen Kindern den Heiligen Geist gegeben, um sie zu führen, zu leiten, zu unterweisen und ihnen die Wahrheit zu eröffnen. Und durch die Wahrheit werden sie vor der Macht des Bösen bewahrt.

Verse 22.23

Dann lesen wir:

1Joh 2,22: Wer ist der Lügner, wenn nicht der, der leugnet, dass Jesus der Christus ist? Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet.

Johannes fährt mit scharfen Worten fort:

1Joh 2,23: Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, hat auch den Vater

Die kursiv gedruckten Wörter in unserer King-James-Übersetzung stehen im Allgemeinen für Wörter, die im Griechischen nicht vorkommen, aber seit der Übersetzung des Neuen Testaments im Jahr 1611 wurden viele andere Handschriften entdeckt, die alle diese Wörter enthalten.

Vers 24.25

1Joh 2,24: Ihr, was ihr von Anfang an gehört habt, bleibe in euch. Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang an gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohn und in dem Vater bleiben.

Wenn das Evangelium dein Herz nicht ergriffen hat, wirst du eines Tages abdriften, so wie andere abgedriftet sind.

Vers 25

1Joh 2,25: Und dies ist die Verheißung, die er uns verheißen hat: das ewige Leben.

(Keine Erklärung von Ironside überliefert.)

Verse 26.27

1Joh 2,26.27: 26 Dies habe ich euch im Hinblick auf die geschrieben, die euch verführen. 27 Und ihr, die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr habt nicht nötig, dass euch jemand belehrt, sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt und wahr ist und keine Lüge ist und wie sie euch belehrt hat, so bleibt in ihm.

Sie waren nicht abhängig von menschlicher Weisheit, denn ihnen wurde das Wort Gottes durch den Heiligen Geist geöffnet.

Das also ist der Trost, der Halt und der Schutz der kleinen Kinder Gottes. Sie wissen vielleicht nicht sehr viel, aber sie kennen Christus. Sie haben den Heiligen Geist, der in ihnen wohnt, und sie haben das Wort Gottes, das sie lehrt. Mögen wir alle schätzen lernen, was Gott uns gnädig anvertraut hat.

Das Erscheinen Christi (V. 28.29)

Vers 28

1Joh 2,28: Und nun, Kinder, bleibt in ihm, damit wir, wenn er offenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft.

In Vers 28 (wie bereits schon in Vers 12) verwendet Johannes [im Griechischen] wieder den Ausdruck „liebe Kinder“, um die ganze Familie Gottes unabhängig von Reife und Alter anzusprechen. Er schreibt: „Und nun, {liebe} Kinder, bleibt in ihm.“ In Ihm zu bleiben bedeutet, in Gemeinschaft mit Ihm zu leben. Es ist eine Sache, in Ihm zu sein bzw. Leben in Ihm zu haben. Aber es ist eine andere Sache, in Ihm zu bleiben bzw. Gemeinschaft mit Ihm genießen zu können. Es gibt viele, die das Leben in Christus haben, aber in seiner Gegenwart nicht glücklich sind. Sie lassen zu, dass etwas in ihr Leben kommt, das die Gemeinschaft behindert.

Wir wissen, wie es in einer Familie zugeht. Wenn die Kinder in Harmonie mit Vater und Mutter sind, geben sie ihren Eltern Zufriedenheit und es herrscht Frieden, Freude und Gemeinschaft. Wenn aber eines der Kinder nicht mit dem Rest der Familie harmoniert und auf die eine oder andere Weise eigensinnig, ungehorsam und undankbar ist, entsteht eine Barriere zwischen diesem Kind und den Eltern. Nicht, dass die Eltern das Kind deshalb weniger lieben, aber sie erkennen, dass sein Verhalten die Gemeinschaft stört. So ist es auch mit den Kindern Gottes. Johannes sagt: „Und nun, Kinder, bleibt in ihm, damit wir, wenn er offenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft“ (1Joh 2,28).

Bei der Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus wird unser Lohn ausgeteilt werden: „Siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk ist“ (Off 22,12). In 2. Korinther 5,10 lesen wir: „Wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden.“ Der Apostel Johannes wünschte, dass wir, wenn der Tag der Abrechnung kommt, „Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden“. Achte auf das Pronomen wir. Er wendet sich an die Kinder, und so würde man erwarten, dass er sagt: „Damit ihr, wenn er erscheinen wird, Zuversicht habt und euch nicht schämt vor ihm, wenn er kommt.“ Aber er sprach als Diener Christi und wandte sich an diejenigen, die er entweder zu Christus geführt hatte oder denen er auf den Wegen Gottes helfen wollte. Er sprach für alle Diener Christi, als er sich an das gesamte Volk Gottes wandte, und sagte genau genommen: „Wir sind rechenschaftspflichtig und haben ein enormes Verantwortungsgefühl euch gegenüber.“ Ein anderer Apostel sprach von den Unterhirten Christi als denjenigen, die eine große Verantwortung tragen, und sagte: „Sie wachen über eure Seelen (als solche, die Rechenschaft geben werden), damit sie dies mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; denn dies wäre euch nicht nützlich“ (Heb 13,17).

Ich erinnere mich, wie ich vor einigen Jahren versuchte, in einem überfüllten Haus in Detroit über 1. Johannes 2,28 zu sprechen. Nachdem ich die Zuhörer am Ende des Zusammenkommen entlassen hatte, sah ich, wie sich eine junge Frau von der linken Seite der Gemeinde auf die rechte Seite drängte. Sie warf sich weinend in die Arme einer hübschen christlichen Frau und sagte: „Oh, Frau M., werden Sie mir vergeben? Können Sie mir verzeihen?“ Die Frau versuchte, sie zu beruhigen und zu besänftigen, und sagte: „Nicht ich bin es, der dir vergeben muss. Wenn du gesündigt hast, dann hast du es gegen den Herrn getan. Geh zu ihm.“ – „Oh“, sagte die junge Frau, „aber Sie haben mich zu Christus geführt. Sie waren meine Sonntagsschullehrerin, und Sie haben versucht, mich zu ermutigen. Ich war so glücklich als junge Christin, und dann habe ich mich in einen unerlösten Mann verliebt. Sie haben mich gewarnt, dass das nicht das Richtige für ein christliches Mädchen ist. Sie haben mich vor dem ungleichen Joch gewarnt, aber ich habe mir eingeredet, dass ich ihn bald umstimmen und er ein Christ werden würde. Aber so hat es nicht funktioniert. Er hat mich von der Gemeinde Gottes weg in die Welt getrieben. Dies ist das erste Zusammenkommen, das ich seit Monaten besucht habe. Ich bin mit ihm ins Theater und zum Tanzen gegangen und habe den Anschluss verloren. Es ist mir nie klar geworden, wie sehr Sie sich vor dem Richterstuhl Christi für mich schämen würden. Ich möchte mit Gott im Reinen sein.“ Ich sah, wie diese liebe Frau sie für eine Zeit des Gebets in einen Nebenraum mitnahm. Als sie wieder herauskamen, leuchteten ihre Gesichter.

Es ist eine Sache, zu Christus zu kommen. Aber es ist eine andere Sache, sich so zu verhalten, dass diejenigen, die dich zu Christus geführt und über deine Seele gewacht haben, an jenem großen Tag mit Freude Rechenschaft ablegen können. Manchmal habe ich mich sogar hier auf Erden ein wenig geschämt. Ich bin an bestimmte Orte gegangen und habe jemand getroffen, der kein gläubiger Christ zu sein schien. Dann fragte jemand: „Kennst du nicht diesen und jenen?“ – „Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn kenne“, antwortete ich. „Nun, er ist einer deiner Bekehrten.“ Ich weiß, dass sie damit meinen, dass er sich in einer meiner Gottesdienste zu seiner Bekehrung bekannt hat, aber er lebte nicht für Christus. Nichts bereitet einem wahren Diener Christi nach der Bekehrung von Sündern größere Freude, als zu sehen, wie diejenigen, die er für den Heiland gewonnen hat, den Heiland in ihrem Leben verherrlichen.

Erinnerst du dich, als du zum ersten Mal auf Christus vertraut hast? Was hast du seitdem getan? Was hat der Herr aus deinem Leben herausgeholt? Hast du mit der Welt geflirtet, hast du versucht, den Spagat zu schaffen? Du kannst das nicht tun, ohne in die Irre zu gehen. Wenn du durch das kostbare Blut Christi von Gott erlöst und durch die Gnade seines Heiligen Geistes wiedergeboren wurdest, dann lass Ihn das Beste aus deinem Leben herausholen. Bleibe in Ihm. Dann müssen an dem kommenden Tag, wenn die Diener Christi vor den Richterstuhl treten, um nach ihrem Dienst belohnt zu werden, sie sich nicht für dich schämen. Denken wir nur an D.L. Moody, der vor dem Herrn steht und sagt: „Herr, siehe, ich und die Kinder, die du mir gegeben hast“, und dann denken wir an einige dieser Bekehrten, die dort stehen und zu sich selbst sagen: „Oh, wie sehr wünschte ich, ich hätte mehr nach dem gelebt, was mein lieber Vater in Christus mich gelehrt hat.“

Vers 29

In Vers 29 erinnert uns Johannes daran, was diejenigen kennzeichnen sollte, die aus Gott geboren sind:

1Joh 2,29: Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist, so erkennt, dass jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren ist.

Begnüge dich nicht damit, zu sagen: „Ich habe Christus vertraut und bin in Ihm zur Gerechtigkeit Gottes geworden“ [vgl. 2Kor 5,21]. Wenn Gott einen Menschen durch den Glauben rechtfertigt, dann macht Er diesen Menschen durch das Wirken seines Heiligen Geistes gerecht. Er rechtfertigt die Menschen nicht durch den Glauben und lässt sie dann in einem ungerechtfertigten Zustand zurück. Jeder, der aus Gott geboren ist, tut Gerechtigkeit, liebt die Gerechtigkeit und strebt danach, in der Gerechtigkeit zu wandeln. Prüfen wir uns an einigen dieser Dinge, um festzustellen, ob wir uns als Christen bekennen, obwohl wir nie Gerechtigkeit erfahren haben.


Originaltitel: „Chapter Two – Living In God’s Light“
aus Addresses on the Epistles of John, Neptune, NJ (Loizeaux Brothers) 1931
Quelle: https://plymouthbrethren.org

Übersetzung: Samuel Ackermann

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „Upon a live I have not lived“ von Horatius Bonar (1808–1889): Upon a life I have not lived, | upon a death I did not die, | another’s  life; another’s death, | I stake my whole eternity.

[2] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „It is finished“ von James Proctor (1826–1860): „It is finished!“ yes indeed, | finished ev’ry jot: | Sinner, this is all you need – | Tell me, is it not?

[3] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „I hear the accuser roar“ (1937) von Samuel Whitelock Gandy (1780–1851): I hear the accuser roar, | of ills that I have done; | I know them well, and thousand more; | Jehovah findeth none.

[4] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „Many Sons to Glory Bringing“ von Mary Bowley (1813–1856): Though the restless foe accuses, | sins recounting like a flood, | every charge our God refuses: | Christ has answered with his blood.

[5] In der King-James-Übersetzung steht: Because the darkness is past: „Weil die Finsternis vergangen ist“.

[6] Anm. d. Red.: Aus dem Lied „Ich hörte Jesu Freundesruf“. Der Originaltitel lautet „I heard the voice of Jesus say“ und stammt von Horatius Bonar (1808–1889): I heard the voice of Jesus say, | „I am this dark world’s light; | look unto Me, thy morn shall rise, | and all thy day be bright.“ |  I looked to Jesus, and I found | in Him my star, my sun; | and in that light of life I’ll walk, | till trav’lling days are done. Die Übersetzung ins Deutsche ist von Ernst Heinrich Gebhardt (1832–1899). Quelle: www.liederindex.de.

[7] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „My Hope is built on nothing less“ von Edward Mote (1797–1874): On Christ the solid rock I stand, | all other ground is sinking sand.

[8] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „There is a fountain filled with blood“ von William Cowper (1731–1800): Sinners plunged beneath that flood, | lose all their guilty stains.

[9] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „Will you go“ von Richard Jukes (1804–1867): My old companions, fare you well, | I cannot go with you to hell; | I mean with Jesus Christ to dwell, | I will go.

[10] Anm. d. Red.: Aus dem Lied „Ich bin Sein und Er ist mein!“ (1876; Lied 66 im Liederbuch Rettungsjubel). Der Orginaltitel lautet „I am His, and He is mine“ und stammt von George Wade Robinson (1838–1877): Heav’n above is softer blue, | earth beneath is sweeter green! | Something lives in ev’ry hue | christless eyes haver never seen: | birds with gladder song o’verflow, | flow’rs with deeper beauties shine, | since I know, as now I know, | I am His, and He is mine! Wörtliche Übersetzung: Der Himmel oben ist sanfter blau, | die Erde unten ist lieblicher grün! | In jedem Farbton lebt etwas, | was christuslose Augen noch nie gesehen haben: | Vögel singen fröhlichere Lieder, | Blumen leuchten mit tieferer Schönheit, | seit ich weiß, wie ich jetzt weiß, | dass ich bin Sein und Er ist mein!

[11] Anm. d. Red.: Aus dem Lied „Nimm die Welt, doch gib mir Jesus!“ von Fanny J. Crosby (1820–1915). Englischer Originaltext: Take the world, but give me Jesus, | all its joys are but a name; | but his love abides forever, | through eternal years the same. Quelle: www.liederindex.de.

[12] Anm. d. Red.: Siehe dazu den Wikipedia-Artikel über die Ethische Bewegung


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

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