Der erste Brief des Apostels Johannes (3)
Kapitel 3

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online seit: 05.10.2023, aktualisiert: 28.12.2023

GOTT IST LIEBE

Die Liebe des Vaters und das Erscheinen Christi (V. 1-3)

Vers 1

Welch schöne Worte schrieb Johannes den Gläubigen in den ersten Versen von Kapitel 3. Als Erstes lesen wir:

1Joh 3,1: Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es. Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat

Die Liebe in dem Vers ist eine andere Liebe als die allgemeine Liebe in Johannes 3,16:

  • Joh 3,16: So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern ewiges Leben habe.

Dort geht es um die unendliche Liebe zu den verlorenen Menschen. Wenn du noch nicht glaubst, dann sei dir gewiss: Gottes Liebe gilt dir, und Er hat seine Liebe zu dir ausgedehnt, indem Christus für dich starb, als du noch ein Sünder warst. Es gibt jedoch eine Liebe, die noch süßer und kostbarer ist als diese, aber sie ist nicht für dich, solange du nicht auf Christus vertraust. Wenn du aber bereits an Ihn glaubst, dann kannst du in die Liebe des Vaters eintreten. „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat.“ Es sind die Kinder, die hier angesprochen werden, nicht die Söhne, und weil wir Kinder Gottes sind, „erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat“.

Wenn du eine revidierte Übersetzung [der englischen King-James-Bibel] verwendest, wirst du feststellen, dass einige Worte hinzugefügt sind, die in einigen alten Handschriften zu finden sind. Diese Handschriften waren nicht bekannt, als die King-James-Bibel damals [Anfang des 17. Jahrhunderts] übersetzt wurde: „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es.“ Es ist nicht so, dass wir hoffen, es zu sein, sondern wir sind es. Bist du dir darüber im Klaren? Wenn ja, dann wirst du nie singen:

Es gibt etwas, das ich gern wüsste
und das mich oft zum Grübeln bringt:
Liebe ich den Herrn oder nicht?
Bin ich Sein oder bin ich’s nicht?[1]

Ich würde meinen Herrn nicht enttäuschen, wenn ich solche Worte singen würde, wenn ich lese: „Freut euch vielmehr, dass eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind“ (Lk 10,20). Weil wir es sind – weil wir von Gott geboren und wiedergeboren sind –, versteht die Welt uns nicht. Die Welt erkennt uns nicht, weil sie Christus nicht erkannt hat. Wenn sie Ihn nicht erkannte, können wir nicht erwarten, dass sie uns erkennt. Weil Er als Fremder und Pilger durch die Welt ging, gehen auch wir als Fremde und Pilger durch die Welt und weigern uns, die Dinge vom Standpunkt der Welt aus zu betrachten.

Vers 2

1Joh 3,2a: Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, …

Nicht, dass wir hoffen, dass wir es sein werden, wenn wir in den Himmel kommen, sondern bereits jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber es gibt etwas, worauf wir warten:

1Joh 3,2b: … und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.

Bald wird jeder Gläubige dem Ebenbild des Herrn völlig gleichgestaltet sein – das ist unsere große Hoffnung. Was für ein wunderbarer Tag wird das sein! Schon jetzt sieht Gott sein Volk so an, wie es sein wird, wenn Er mit ihnen zum Ziel gekommen ist. Wir sehen uns so an, wie wir jetzt sind, und sind entmutigt in Bezug auf uns selbst und unsere Mitgeschwister. Aber Gott sieht uns so an, wie wir sein werden, wenn wir unseren Herrn sehen und in sein herrliches Bild verwandelt werden.

Man erzählt sich die Geschichte eines Künstlers, der die Vision eines großen Bildes im Kopf hatte, das er malen wollte. Er spannte seine riesige Leinwand quer über eine Seite seines großen Ateliers, baute das Gerüst auf, holte die großen, dicken Pinsel und bereitete die Farbe vor. Es sah aus wie ein Hausanstrich. Er malte mit großen Pinselschwüngen, während er den Hintergrund anlegte. Tag für Tag ging er hin und her und setzte hier einen grauen, dort einen blauen und dort einen schwarzen Klecks. Eines Tages kam er vom Gerüst herunter, um es sich anzusehen. Er ging immer wieder zurück und zurück und zurück. Ein Besucher war unbemerkt hereingekommen, und als der Künstler zurückging, stieß er genau mit ihm zusammen. Er drehte sich um und fragte: „Wo kommen Sie denn auf einmal her? Ich habe nicht bemerkt, dass Sie hereingekommen sind. Was halten Sie von meinem Bild? Es wird das Meisterwerk meines Lebens werden. Ist es nicht großartig?“ Der andere sagte: „Ich sehe da nichts weiter als eine Menge großer Farbkleckse.“ – „Oh, ich vergaß“, sagte der Künstler, „Sie sehen nur das, was da ist, während ich das Bild sehe, wie es sein wird.“

Unser Herr sieht uns so, wie wir sein werden, wenn wir Ihn sehen, denn dann werden wir genau wie Er sein. Schon jetzt auf der Erde werden „wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, verwandelt nach demselben Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit als durch den Herrn, den Geist“ (2Kor 3,18). Und wenn wir Ihn so sehen, wie Er ist, werden wir Ihm gleich werden.

Vers 3

1Joh 3,3: Und jeder, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst, wie er rein ist.

Wörtlich heißt es: „Jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt“ – in der Erwartung des Kommens des Herrn Jesus, in der wunderbaren Hoffnung auf seine Wiederkunft. Ich kenne keinen anderen Ansporn zu einem gottgefälligen Leben als die Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn Jesus Christus. Menschen müssen von der Welt entwöhnt werden, indem sie sich im Herzen mit dem kommenden Erlöser beschäftigen. Man kann nicht gleichzeitig mit Ihm und mit der Welt beschäftigt sein. Es ist unmöglich, nicht von der Welt entwöhnt zu werden, wenn man sein Herz ganz Ihm übergibt. Du musst die Welt nicht um Jesu willen aufgeben. Tatsache ist, dass „die Dinge der Erde seltsam verblassen werden | im Licht seiner Herrlichkeit und Gnade“[2]. Wenn du auf seine Wiederkunft wartest, kannst du dich nicht an den Dingen der Welt erfreuen, die Ihn gekreuzigt hat. Umgekehrt kann man sich als Christ nicht an Christus erfreuen, wenn man versucht, die Welt zu genießen, und dabei vergisst, dass man dazu berufen ist, sich von der Welt zu trennen. Man kann sich nicht gleichzeitig an Christus und an der Welt erfreuen. John Bunyan[3] hatte auf das Deckblatt seiner Bibel geschrieben: „Dieses Buch wird dich von der Sünde fernhalten, oder die Sünde wird dich von diesem Buch fernhalten.“ Und so können wir sagen: Die Beschäftigung mit Christus wird dich vor der Weltlichkeit bewahren oder die Weltlichkeit wird die Herrlichkeit seines wunderbaren Antlitzes verbergen. „Jeder, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst.“

Die zwei Naturen (V. 4-10)

Vers 4

Der vierte Vers scheint eine Definition der Sünde zu sein. Was ist Sünde? Als ein Sonntagsschullehrer einem kleinen Jungen diese Frage stellte, antwortete er: „Ich glaube, es ist alles, was man gerne tut.“ Das ist gar nicht so falsch, denn in unserem natürlichen Zustand sind wir so weit von Gott entfernt, dass wir gerne Dinge tun, die seinem heiligen Willen zuwiderlaufen. Die Definition von Sünde findet sich in Vers 4:

1Joh 3,4: Jeder, der die Sünde tut, tut auch die Gesetzlosigkeit, und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit.

Die King-James-Übersetzung ist nicht sehr genau.[4] Der Vers sollte lauten: „Wer Sünde tut, der tut Gesetzlosigkeit, denn Sünde ist Gesetzlosigkeit.“ Mit anderen Worten: Sünde besteht nicht nur darin, ein offenbartes Gesetz zu übertreten. Die King-James-Übersetzung scheint dies anzudeuten, aber wenn wir uns dem Römerbrief zuwenden, wird uns gesagt: „Wo kein Gesetz ist, da ist auch keine Übertretung“ (Röm 4,15), aber es heißt auch: „Bis zu dem Gesetz war Sünde in der Welt“ (Röm 5,13).

Wenn die Sünde die Übertretung des Gesetzes ist, wie konnte dann die Sünde in der Welt sein, bevor das Gesetz gegeben wurde? Wenn wir die genauere Wiedergabe akzeptieren, ist alles klar. „Sünde ist die Gesetzlosigkeit“, und das ist das eigentliche Wesen der Sünde. Sie ist Rebellion gegen Gott – ich gehe meinen eigenen Weg. Das ist etwas, was wir alle von Natur aus tun. Jesaja sagte: „Wir alle irrten umher wie Schafe, wir wandten uns jeder auf seinen Weg; und der HERR hat ihn treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit“ (Jes 53,6).

Ich war ein umherirrendes Schaf,
Ich liebte die Herde nicht,
Ich liebte die Stimme meines Hirten nicht,
Ich wollte mich nicht unterordnen.
Ich war ein eigensinniges Kind,
Ich liebte mein Zuhause nicht,
Ich liebte die Stimme meines Vaters nicht,
Ich liebte es, in die Ferne zu schweifen.[5]

Rebellion kennzeichnet jeden Mann und jede Frau, die nie von der göttlichen Gnade unterworfen wurden. Sünde ist also Eigenwille – sie bedeutet, seinen eigenen Weg zu gehen und sich nicht dem Willen Gottes zu unterwerfen.

Vers 5

In Vers 5 heißt es:

1Joh 3,5: Und ihr wisst, dass er offenbart worden ist, damit er unsere Sünden wegnehme; und Sünde ist nicht in ihm.

Hier erklärt Johannes mehr, als er es in seinem Evangelium tut. In Johannes 1,29 rief Johannes der Täufer aus, als er auf den Herrn Jesus Christus zeigte: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“ In seinem Evangelium wies Johannes auf das Werk Christi am Kreuz hin. Dort hat Er die Sündenfrage geklärt, und aufgrund dieses vollendeten Werkes kann Er allen Menschen überall Gnade erweisen. Aber hier im Brief geht es um die Befreiung von der Ausübung der Sünde für diejenigen, die bereits gerettet sind: „dass er offenbart worden ist, damit er unsere Sünden wegnehme“. „Denn die Sünde wird nicht über euch herrschen, denn ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade“ (Röm 6,14). Das Wort sagt: „Du sollst seinen Namen Jesus nennen; denn er wird sein Volk erretten von ihren Sünden“ (Mt 1,21).

Unser Herr rettet uns nicht nur von der Schuld der Sünde durch das Werk seines Kreuzes, sondern Er hat auch die Mittel bereitgestellt, mit denen Er uns von der Macht der Sünde erretten kann. Er nimmt uns die Gewohnheit, zu sündigen, durch den innewohnenden Heiligen Geist, nachdem uns die neue Natur durch die neue Geburt vermittelt wurde. Menschen, die es liebten, zu sündigen und ihren eigenen Weg zu gehen, erfreuen sich nun an der Heiligkeit und finden ihre Freude darin, seinen Willen zu tun. Dies ist das charakteristische Merkmal eines Christen. Ein Mensch, der sich dazu bekennt, Christus als seinen Erlöser angenommen zu haben und aufgrund seinens Glaubens durch sein sühnendes Blut gerechtfertigt worden zu sein, und der dennoch weiter in der Welt lebt und die Welt liebt, zeigt, dass er nie eine erneuerte Natur hatte. Er ist einfach ein Heuchler, weil er vorgibt, etwas zu sein, was er nicht ist. Ein echter Christ ist jemand, der wiedergeboren ist, ein neues Leben und eine neue Natur hat und dem der Heilige Geist innewohnt und der deshalb gelernt hat, die Sünde zu hassen, in der er einst lebte.

„Sünde ist nicht in ihm.“ Vom Sündopfer wurde gesagt: „Hochheilig ist es“ (3Mo 6,18). Wenn unser Herr Jesus das große Sündopfer für die Welt werden sollte, musste Er der Heilige sein – das Lamm ohne Makel und ohne Flecken, sowohl äußerlich als auch innerlich. Der Geist Gottes ist sehr darauf bedacht, darauf hinzuweisen, dass diese Vollkommenheit für unseren Herrn Jesus Christus gilt. Immer wieder verweilt die Heilige Schrift bei seiner unendlichen Schönheit und Heiligkeit: „Der keine Sünde tat“ (1Pet 2,22), und: „Sünde ist nicht in ihm.“ Und nun wohnt dieser absolut sündlose Mensch, der aus Gnade für uns zur Sünde wurde, damit wir mit Gott versöhnt werden, durch den Geist in dem Gläubigen. Unsere neue Natur ist sein Leben, das uns vermittelt wird. In der Kraft dieses Lebens werden wir über die Sünde triumphieren.

Ein Freund von mir ist seit langem ein überzeugter Süchtiger, der der ekelhaften Zigarettengewohnheit verfallen ist. Er hat versucht, sich von dieser Gewohnheit zu befreien, und er möchte frei sein, aber diese Sache hat ihn so fest im Griff, dass die Ärzte ihm leider gesagt haben, es wäre das Beste, weiterzurauchen. Ich kann dir nicht sagen, wie oft ich ihn angesehen und gesagt habe: „Oh, wie sehr wünschte ich, es wäre mir möglich, auf irgendeine Weise die Kontrolle über deinen Willen zu erlangen, damit diese Angewohnheit verschwindet, denn ich hasse sie so sehr! Wenn ich nur in dich eindringen könnte, so dass mein Verstand deinen kontrollieren könnte und meine Gefühle gegenüber dieser Sache von dir Besitz ergreifen würden, dann würdest du nie wieder rauchen.“ Das ist genau das, was der Herr für diejenigen tut, die Ihm vertrauen. Er wohnt in uns, und wenn wir uns Ihm hingeben, übernimmt Er die volle Kontrolle. Er beherrscht den Gläubigen, so dass er zu seinem Lob und zu seiner Ehre lebt.

Vers 6

Dann fährt der Apostel fort zu zeigen, was Heiligkeit im Leben eines Christen wirklich bedeutet:

1Joh 3,6: Jeder, der in ihm bleibt, sündigt nicht {bzw. ist nicht gekennzeichnet durch die Sünde}; jeder, der sündigt, hat ihn nicht gesehen noch ihn erkannt.

Dieser Vers hat mich immer gestört, weil ich ihn nicht richtig verstanden habe. Ich las ihn so, als ob es hieße: „Wer eine Sünde begeht, der hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt.“ Vers 8 war besonders beunruhigend: „Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel, denn der Teufel sündigt von Anfang an.“ Und als ich meine Augen vom Herrn abwandte und mich in etwas fallen ließ, das Ihn entehrte, waren diese Worte die Qual meines Lebens: „Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel.“ Dieser Vers scheint zu besagen, dass derjenige, der sündigt, noch nie ein Christ war. Ich war sehr beunruhigt, denn ich wusste, dass ich noch nicht an den Ort der sündlosen Vollkommenheit gelangt war, auch wenn ich damals versuchte, dorthin zu gelangen. Ich war mir so sicher, dass ich aus Gott geboren war – dass ich mich bekehrt hatte –, aber ich fragte mich, ob das alles ein Irrtum gewesen war. Ich ging zu einem Bibellehrer und fragte ihn danach, und er sagte: „Du hast dich zwar bekehrt, aber jedes Mal, wenn du eine Sünde begehst, wirst du wieder unbekehrt und wieder ein Kind des Teufels.“ Das machte mich noch verwirrter als zuvor, und ich fragte mich, wie ich jemals wissen sollte, wann ich mich bekehrt hatte, um zu bleiben. Wenn ich mich immer wieder bekehrte, wie könnte ich dann sicher sein, dass ich kurz vor meinem Tod noch bekehrt war? Ich könnte plötzlich wieder ein Kind des Teufels werden und alles verpassen.

Was für eine Erleichterung war es für meinen Geist, die Zeitform der Verben besser zu verstehen! Vergleiche dazu 1. Johannes 3,6 mit 1. Johannes 2,1:

  • 1Joh 2,1: Wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten.

Er sagt nicht: Wenn jemand sündigt, hört er auf, ein Kind Gottes zu sein, sondern: „Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater.“ Das Wort Sünde steht im Aorist und bezieht sich auf eine bestimmte Handlung zu einem bestimmten Zeitpunkt: „Wenn jemand gesündigt hat.“ Aber Vers 6 steht in der Gegenwartsform: „Wer in der Sünde bleibt, wer es sich zur Gewohnheit macht, in Sünde zu leben, der hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt.“ Petrus verfiel in schwere Sünde, und diese Sünde wiederholte sich zweimal. Aber als der Herr sich umwandte und ihn ansah, ging er hinaus und weinte bitterlich. Sein Herz war wegen seines Versagens gebrochen, und er wurde bald wiederhergestellt. Wahre Gläubige fallen in Sünde, wenn sie auch nur einen Augenblick lang den Blick von dem Herrn Jesus Christus abwenden. Aber die Fürsprache des Herrn Jesus beginnt in diesem Augenblick, und Er stellt ihre Seelen wieder her.

Die Angst, sein Heil zu verlieren, beunruhigte einen lieben Iren, der auf wunderbare Weise gerettet worden war. Ihm kam der Gedanke: „Meine Güte, wenn ich jetzt so glücklich im Herrn bin, wie schrecklich wäre es dann, wenn etwas geschähe, das mich von Christus trennte und ich doch verloren wäre!“ Er ging zu einer Versammlung, und ein Prediger las diese Worte vor: „Ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott“ (Kol 3,3). Die Wahrheit dieses Verses dämmerte dem irischen Bruder mit solcher Klarheit, dass er rief: „Ehre sei Gott, wer hat je von einem Mann gehört, der mit dem Kopf so hoch über dem Wasser ertrinkt!“

Verse 7.8

1Joh 3,7.8: 7 Kinder {was die ganze Familie Gottes umfasst}, dass euch niemand verführe! 8 Wer die Gerechtigkeit tut, ist gerecht, wie er gerecht ist. Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel, denn der Teufel sündigt von Anfang an. Hierzu ist der Sohn Gottes offenbart worden, damit er die Werke des Teufels vernichte.

In seiner ganzen furchtbaren Geschichte hat sich der Teufel durch Rebellion gegen Gott ausgezeichnet. Er hat von Anfang an Sünde praktiziert. Diejenigen, die Kinder des Teufels sind, weisen die moralischen Eigenschaften ihres Vaters auf, während diejenigen, die zur Familie Gottes gehören, die moralischen Eigenschaften ihres Vaters aufweisen. Sie erfreuen sich an der Heiligkeit, während die anderen die Sünde wie einen süßen Happen unter ihrer Zunge rollen.

„Hierzu ist der Sohn Gottes offenbart worden, damit er die Werke des Teufels vernichte {bzw. rückgängig mache oder annulliere}.“ Liebe Gläubige, es gibt nicht nur eine Befreiung von der Strafe von euren Sünden, sondern es gibt auch eine Befreiung von der Macht der Sünde. Er sorgt für die Befreiung von der Sünde, damit Er die Werke des Teufels vernichten kann. Er befreit sein Volk von der Macht der Sünde und des Satans, damit sie in dieser Welt zum Lob seiner Herrlichkeit leben können.

Vers 9

1Joh 3,9: Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist.

Wenn ich an Rechtfertigung denke, denke ich an eine rechtsprechende Handlung Gottes, durch die ich von jeder Schuld freigesprochen werde. Wenn ich an Neugeburt denke, denke ich an die Verleihung einer neuen Natur durch die Kraft des Heiligen Geistes, durch die die ganze Richtung meines Lebens verändert wird.

Als ich vor Jahren als Junge nach Kalifornien kam, kannten wir nur Orangen mit Kernen. Aber dann wurden zwei der Washingtoner Navel-Orangenbäume aus Brasilien nach Riverside gebracht und kultiviert. Von diesen Elternbäumen wurden in Riverside Stecklinge entnommen, und die Orangenbäume wurden mit den Washingtoner Naveltrieben veredelt, was ihren Charakter völlig veränderte. Ein Mann, der einen vierzig Hektar großen Obstgarten besaß und nicht völlig ohne Früchte dastehen wollte, ließ die Kronen der Hälfte der Bäume abschneiden. Zwanzig Hektar würden weiterhin Orangen mit Samen tragen. Aber er schnitt die Rinde der abgeschnittenen Bäume ab und setzte die Ableger der Navelorangen ein, und in ein paar Jahren hatten alle Bäume neue Äste und waren voller Orangen. Ich könnte den Besitzer fragen: „Was sind das für Orangen?“ – „Washingtoner Navel-Orangen“, würde er antworten. „Ist das die einzige Art von Orangen, die sie tragen? Tragen sie nicht manchmal auch Orangen mit Kernen?“ – „Oh nein“, würde er sagen, „ein knospiger Baum bringt keine Orangen mit Samen hervor.“ Aber noch während er sprach, beugte ich mich hinunter und sah einen kleinen Trieb unter den Ästen, der aus dem Stamm des Baumes kam, und sagte: „Was ist das denn für ein Trieb?“ Er schnipste ihn ab oder holte sein Messer aus der Tasche und sagte: „Der kommt von unterhalb des Pfropfreises. Er muss abgeschnitten werden.“ Ihr seht, das Charakteristische am veredelten Baum ist, dass er die Navel-Orangen trägt, aber wenn man nicht aufpasst, wird unter der Veredelung ein Trieb der alten Natur sein. Genauso können wir als Kinder Gottes nicht in der Sünde weiterleben. Wenn du jemals feststellst, dass ein Christ in etwas Unreines oder Unheiliges abrutscht, dann weißt du, dass dies von unterhalb der Veredelung kommt – es ist die alte Natur, die sich manifestiert!

Wie kann man die alte Natur davon abhalten, Sünde zu produzieren? Indem du das Schneidemesser der Selbstverurteilung benutzt. Wann immer wir eine Tendenz zur Rebellion gegen Gott feststellen, eine Tendenz zum Eigenwillen, eine Tendenz, an unreine oder unheilige Dinge zu denken, holen wir das Schneidemesser heraus und setzen es schonungslos gegen uns selbst ein. Diese Tendenzen sind von der alten Natur, nicht von der neuen, und man darf nicht zulassen, dass sie wachsen und sich entwickeln, sonst werden sie die Gemeinschaft mit Gott zerstören. „Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde …, weil er aus Gott geboren ist.“ Das neue Leben, das ihm gegeben wurde, ist ewiges Leben. Es bleibt in ihm, und er kann nicht in Sünde bleiben, weil er aus Gott geboren ist.

Vers 10

Der zehnte Vers bringt es auf den Punkt:

1Joh 3,10: Hieran sind die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels offenbar. Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist nicht aus Gott, und wer nicht seinen Bruder liebt.

Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass es zwei Familien gibt. Die Menschen sprechen von der universalen Vaterschaft Gottes und der Bruderschaft der Menschen und wollen uns glauben machen, dass alle Menschen von Gott als seine Kinder betrachtet werden. Aber es war unser Herr Jesus Christus, der genau das Gegenteil lehrte. Was meinte Er, als Er zu den Pharisäern sagte: „Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun“ (Joh 8,44)? Was meinte Er, als Er zu Nikodemus sagte: „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Joh 3,3)? Johannes war dreieinhalb Jahre lang mit dem Herrn unterwegs, nahm an seinem Lebenszeugnis teil wie vielleicht kein anderer und wird im Johannesevangelium mehrmals als „der Jünger, den Jesus liebte“ bezeichnet. Er schrieb seinen Brief, als er ein alter Mann war, und fasste zusammen, was er vom Herrn gelehrt worden war und was er im Laufe der Jahre erlebt hatte. Er sagte: „Hier sind die beiden Familien. Die Familie, die Gott liebt und die sich an der Gerechtigkeit erfreut, ist die Familie Gottes. Aber die Familie, die hasst, die schädigt, die Sünde und Ungerechtigkeit liebt, ist die Familie des Teufels.“

Lasst uns unser eigenes Herz herausfordern. Stellen wir uns in Gottes Gegenwart ehrlich die Frage: Bin ich durch göttliche Gnade wiedergeboren worden? Wenn wir wirklich gerettet sind, finden wir die Antwort in Vers 14: „Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben; wer den Bruder nicht liebt, bleibt in dem Tod.“

Die Liebe: der Beweis des göttlichen Lebens (V. 11-24)

Vers 11

1Joh 3,11: Denn dies ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, dass wir einander lieben sollen; …

Wir haben bereits mehrfach festgestellt, dass der Ausdruck „von Anfang an“ für den Johannesbrief charakteristisch ist. In einer Zeit, in der Menschen versuchten, falsche Lehren einzubringen und sie ahnungslosen Menschen als Christentum anzudrehen, obwohl sie in Wirklichkeit Lehren von Dämonen waren, rief der Apostel die Christen zu dem zurück, was sie von Anfang an gelehrt worden waren. Er betonte die Lehre unseres Herrn Jesus und seiner unmittelbaren Nachfolger, der Apostel.

In der griechischen Sprache gibt es drei verschiedene Wörter für Liebe. Eines dieser Wörter wird im Neuen Testament nie verwendet. Es ist das Wort eros. Dieses Wort war auch der Name des griechischen Gegenstücks zu Amor. Nach der römischen Mythologie war Amor der Sohn der Venus, der Göttin der sinnlichen Liebe und der körperlichen Schönheit. Bei den Griechen hieß die Göttin Aphrodite und ihr Sohn Eros. Dieses Wort für Liebe wird im Neuen Testament nie verwendet, wahrscheinlich weil es bei den Griechen abgewertet wurde. Es scheint, dass der Heilige Geist Gottes über die Seiten des Neuen Testaments wachte und gleichsam sagte: „Verunreinige diese Seiten nicht mit einem Wort, das so entwürdigt wurde.“

Die anderen Wörter für Liebe sind phileo und agapao. phileo bedeutet Zuneigung oder Freundlichkeit – die Art von Liebe, die gutmütige Menschen füreinander empfinden. Dieses Wort wird im Neuen Testament häufig verwendet. An einer Stelle wird es für Gott verwendet:

  • Tit 3,4.5: Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien, errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes.

Menschenliebe ist eigentlich unser Wort Philanthropie. Mit anderen Worten: Die Menschenliebe Gottes hat sich darin gezeigt, dass Er seinen Sohn gesandt hat. Normalerweise wird das Wort phileo für die Liebe zwischen Freunden, Brüdern, Schwestern, Ehemann und Ehefrau und manchmal auch zwischen Christen verwendet. Aber es wird nicht in dem Sinne verwendet, wie das Wort agapao verwendet wird. Dieses Wort bezeichnet eine göttliche Liebe.

Gott ist Agape. Er selbst ist in seinem Wesen Liebe, und „wer in der Liebe {in diesem Sinne} bleibt, bleibt in Gott“ (1Joh 4,16). Es ist diese höchste aller göttlichen Lieben – die Agape-Liebe –, die uns in diesem Teil des Briefes vorgestellt wird. Diese Liebe ist der Beweis für eine neue Natur, der Beweis dafür, dass wir wiedergeboren sind.

Vers 12

Das eine große Gebot, das unser Herr Jesus uns auferlegt hat, ist, dass wir einander so lieben, wie Er uns geliebt hat – selbstlos, auf eine gott- und christusähnliche Weise:

1Joh 3,12: … nicht wie Kain aus dem Bösen war und seinen Bruder ermordete; und weshalb ermordete er ihn? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht.

Kain wurde durch Eifersucht angestachelt und durch Neid gelockt. Was für eine schreckliche Sache ist diese Sünde. Die Schrift sagt, dass Eifersucht „grausam wie das Grab“ ist (Hld 8,6 KJV). Erlaube dir niemals, Eifersucht in deinem Herzen zu beherbergen. Veruteile sie sofort. Geh sofort in die Gegenwart Gottes und bekenne sie, und bitte Ihn, dich mit sich selbst zu erfüllen, damit Eifersucht keinen Platz mehr hat. Ich habe Eifersucht unter christlichen Mitarbeitern gesehen und sie in meinem eigenen Herzen in Verbindung mit anderen Predigern gespürt. Ein Mann hat eine Botschaft von Gott und gibt sie in der Kraft des Heiligen Geistes weiter, aber ein anderer kann den Gedanken nicht ertragen, dass die Botschaft seines Bruders mehr geschätzt wird als seine eigene. Er verfällt der gleichen Sünde, die Kain dazu brachte, seinen Bruder Abel zu erschlagen. Ich habe das auch bei denen gesehen, die singen, bei den Sonntagsschullehrern und sogar bei denen, die sich um die irdischen Bedürfnisse der Gläubigen kümmern.

Ich erinnere mich an einen Gemeinschaftstee, bei dem zwei liebe Schwestern weder miteinander sprachen noch einander ansahen, weil die eine fand, dass die Bemühungen der anderen mehr geschätzt wurden als ihre eigenen. Was für eine elende Sache ist Eifersucht! Sie hat weder in der Liebe noch in der neuen Natur einen Platz. Wann immer sie auftritt, ist sie einfach ein Beweis für einen Trieb der alten Natur, der beschnitten und weggeschnitten werden muss. Die Eifersucht ist in der Tat so grausam wie das Grab. Sie führt dazu, dass die Menschen den Ruf des anderen in Stücke reißen und bis zum Äußersten gehen, um ihn herabzusetzen und zu entwürdigen. Es mutet seltsam an, dass wir Christen, die wir von der Welt gehasst werden und deren Zahl gering ist, uns solche unfreundlichen Gefühle füreinander erlauben.

Vers 13.14

Man erzählt sich die Geschichte von Admiral Nelson, der, als seine Schiffe in Schlachtordnung vor der holländischen Flotte standen, zwei englische Offiziere streiten sah. Er warf sich dazwischen und stieß sie auseinander. Er deutete auf die holländischen Schiffe und sagte: „Meine Herren, dort sind eure Feinde!“ Wenn die Christen einander nur wirklich lieben würden, dann würde es uns nichts ausmachen, wenn die Welt uns hassen würde.

1Joh 3,13.14: 13 Wundert euch nicht, Brüder, wenn die Welt euch hasst. 14 Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben; wer den Bruder nicht liebt, bleibt in dem Tod.

Wissen wir, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir fest im Glauben sind, weil wir an der Schrift festhalten, weil wir ernsthafte christliche Arbeiter sind oder weil wir großzügig für Missionsorganisationen oder das Werk des Herrn spenden? Nein. „Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben.“ Wir lieben sie im göttlichen Sinne – mit Agape.

Lieber Freund, wenn du dieses Zeugnis nicht hast, solltest du besser anfangen, die Grundlagen deines christlichen Bekenntnisses zu untersuchen. „Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben.“ Als Ungläubige haben einige von uns die Christen nicht besonders geliebt. Ich erinnere mich an einige christliche Männer, die zu uns nach Hause kamen, als ich ein Junge war. Sie waren strenge alte Schotten und sagten: „Harry, Junge, bist du schon wiedergeboren?“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und so hasste ich sie! Doch eines Tages kam Gott in seiner Gnade und rettete meine Seele. Ich konnte es kaum erwarten, einige von ihnen zu sehen und zu sagen: „Gott sei Dank, ich bin gerettet!“ Die Wiedergeburt machte einen solchen Unterschied. Die Wiedergeburt, die Bekehrung zu Gott, ist eine reale Sache. Es ist die Verleihung einer neuen, göttlichen Natur, deren Wesen die Liebe ist.

Vers 15

1Joh 3,15: Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Menschenmörder, und ihr wisst, dass kein Menschenmörder ewiges Leben in sich bleibend hat.

Das Gleiche, was dich dazu bringt, deinen Bruder zu hassen, bringt die Sünde des Mordes hervor. Vielleicht ist es noch nicht so weit gekommen. Ich hörte, wie eine bekennende Christin über eine andere sprach, und zwischen zusammengebissenen Zähnen sagte sie: „Ich wünschte, sie wäre tot.“ Das ist Mord! Das ist es, was Menschen auf den elektrischen Stuhl bringt. „Wer seinen Bruder hasst, ist ein Mörder; und ihr wisst, dass kein Mörder ewiges Leben in sich hat.“ – „Aber“, sagst du, „das hast du doch eine Christin sagen hören?“ Ja, aber das war nur für einen Moment, als sie der alten Natur erlaubte, sich zu behaupten. Sie verurteilte sie bald und  tat sie weg. Wenn Christen den Kontakt zu Gott verlieren, kann es zu einer Demonstration des alten Fleisches oder des fleischlichen Geistes kommen. Aber der Heilige Geist wohnt in ihnen, und Er wird sie bald sehr unglücklich machen, und sie werden ihre Sünde verurteilen und sie abtöten. Niemand, der willentlich in diesen Sünden fortfährt, hat das Recht, sich ein Kind Gottes zu nennen. Keiner, der von Hass geprägt ist, hat ewiges Leben in sich. Kein Mörder hat das ewige Leben, und der Hass ist die Wurzel des Mordes. Das bedeutet nicht, dass ein echter Mörder nicht gerettet werden kann. Es bedeutet aber, dass er, wenn er gerettet wird, nicht mehr im Hass leben wird.

Vers 16

1Joh 3,16: Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben.

[…] Johannes sagte, wenn wir verstehen wollen, was göttliche Liebe ist, müssen wir uns das Beispiel Christi ansehen. Wir erkennen, was Liebe ist, und weil „er für uns sein Leben hingegeben hat“, sind auch wir schuldig, „für die Brüder das Leben hinzugeben“ – das heißt, wenn wir wissen wollen, was göttliche Liebe ist, ist Christus das Beispiel. Als Christ muss das, was in Christus zum Ausdruck kommt, auch in uns zum Ausdruck kommen. Du musst bereit sein, dein Leben für andere hinzugeben, jede Art von Härte zu ertragen, damit du anderen helfen und sie segnen kannst.

Vor Jahren, als ich Offizier der Heilsarmee war, war General William Booth in London. Er war ein alter, blinder Mann. Man hatte gehofft, ihn bei einem großen Kongress dabei zu haben, aber es wurde mitgeteilt, dass er nicht kommen könne. Dann bat man um einen Brief von ihm – eine Botschaft, die man den versammelten Offizieren vorlesen wollte –, aber es kam kein Brief. Während der Kongress tagte, kam ein Junge mit einem Umschlag den Gang hinauf. Er wurde dem verantwortlichen Offizier übergeben, und als er ihn hochhielt, rief er aus: „Eine Nachricht von General Booth!“ Er öffnete ihn und sagte: „Meine Kameraden, er enthält nur ein Wort: ‚Andere‘.“ Das war alles. Das war es, wofür der alte Mann gelebt hatte, und das war es, was er denen, die ihm folgten, auferlegen wollte. Schließlich ist dies das einzige glückliche Leben. Die unglücklichsten Menschen sind diejenigen, die versuchen, das Beste für sich selbst herauszuholen, während die glücklichsten Menschen diejenigen sind, die am meisten geben, am meisten opfern und sich am meisten für den Segen der anderen aufopfern. Es ist eine wahre Freude, sein Leben für die Geschwister hinzugeben. Es gibt immer welche, die sagen: „Du arbeitest zu viel; du solltest dies nicht tun und jenes nicht tun.“ Der Teufel hat immer eine Menge Leutnants, die sagen: „Sei vorsichtig; deine Gesundheit ist viel wichtiger.“ Es ist zehntausendmal besser, sich für Jesus abzunutzen, indem man andere segnet, und ein „Wohl, du guter und treuer Knecht“ zu hören, als vor den Richterstuhl Christi zu treten und Rechenschaft für ein Leben voller Selbstsucht ablegen zu müssen.

Vers 17

1Joh 3,17: Wer aber die Güter dieser Welt hat und sieht, dass sein Bruder Not leidet, und verschließt sein Herz vor ihm, wie kann da die Liebe Gottes in ihm wohnen?

Sagst du dir: „Ich weiß, dass er bedürftig ist, aber wenn er sein Geld gespart hätte, wie ich es getan habe, wäre er nicht in dieser Lage“, oder: „Ich weiß, dass seine Kleidung schäbig ist, aber wenn er sie so pflegen würde wie ich meine, würde er nicht so aussehen“? In Jakobus 2,16 lesen wir von denen, die zu den Bedürftigen sagen: „Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht das für den Leib Notwendige – was nützt es?“ Gott sieht herab und nimmt alles zur Kenntnis, und eines Tages wird derjenige, der die Armen Gottes abweist, selbst arm sein. Vielleicht ist er finanziell nicht so arm wie der andere, aber es wird eine Zeit großer Not kommen, und er wird zu Gott gehen und Ihn in dieser Stunde der Not anrufen und sich wundern, warum der Himmel über ihm zu schweigen scheint.

Verse 18-20

1Joh 3,18-20: 18 Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit. 19 Und hieran werden wir erkennen, dass wir aus der Wahrheit sind, und werden vor ihm unser Herz überzeugen – 20 dass, wenn unser Herz uns verurteilt, Gott größer ist als unser Herz und alles kennt.

Wenn unser Gewissen im Geheimen unseres Herzens und in der Gegenwart Gottes sagt: „Du weißt, dass du selbstsüchtig und rücksichtslos warst, du hast nicht in Liebe gehandelt oder den Geist Christi gezeigt“, dann denke daran: „Wenn unser Herz uns verurteilt, Gott ist größer als unser Herz und weiß alles.“

Verse 21.22

Als Nächstes lesen wir:

1Joh 3,21.22: 21 Geliebte, wenn unser Herz uns nicht verurteilt, so haben wir Freimütigkeit zu Gott, 22 und was irgend wir erbitten, empfangen wir von ihm, weil wir seine Gebote halten und das vor ihm Wohlgefällige tun.

Verstehst du die Schlussfolgerung? Wenn du nichts von Ihm empfängst, ist es vielleicht an der Zeit, zu fragen: „Verurteilt mich mein Herz? Meine Not ist groß, aber Gott scheint mir nicht zu helfen. Sind andere in ihrer Not zu mir gekommen, und ich habe es versäumt, ihnen zu helfen? Ich habe in den Tiefen meines Kummers und meiner Trauer zu Gott geschrien, aber Er scheint nicht zuzuhören. Hat jemals jemand in seinem Kummer zu mir geschrien und ich habe mich geweigert, ihm zuzuhören?“ – „Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten“ (Gal 6,7). Das Christentum ist sehr praktisch. Wir können fragen: „Ist es nicht wahr, dass alle, die an den Herrn Jesus Christus glauben, gerettet werden?“ Ja. Aber wir erkennen den wahren Glauben an seinen Werken der Liebe. Vergessen wir das nicht. Wenn wir im Gebet zu Ihm gegangen sind und keine Antwort erhalten haben, dann liegt das Geheimnis unseres unerhörten Gebets in unserem eigenen Herzen. Vielleicht waren wir selbstsüchtig und gleichgültig gegenüber den Bedürfnissen der anderen.

Verse 23.24

1Joh 3,23.24: 23 Und dies ist sein Gebot, dass wir an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben, wie er uns ein Gebot gegeben hat. 24 Und wer seine Gebote hält, bleibt in ihm, und er in ihm; und hieran erkennen wir, dass er in uns bleibt, durch den Geist, den er uns gegeben hat.

Der Heilige Geist ist der Geist „der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2Tim 1,7), und wenn Er im Gläubigen wohnt und ihn lenkt, wandelt der Gläubige in der Liebe und bringt die Güte Gottes gegenüber seinen Mitgläubigen zum Ausdruck.


Originaltitel: „Chapter Three – God Is Love“
aus Addresses on the Epistels of John, Neptune, NJ (Loizeaux Brothers) 1931
Quelle: https://plymouthbrethren.org

Übersetzung: Samuel Ackermann

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „Lovest Thou Me?“ von John Newton (1725–1807): ’Tis a point I long to know, | oft it causes anxious thought: | Do I love the Lord, or no? | Am I his, or am I not?

[2] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „Turn your eyes upon Jesus“ von Helen Howarth Lemmel (1863–1961): And the things of earth will grow strangely dim, | in the light of His glory and grace.

[3] John Bunyan (1628–1688), ein englischer Baptistenprediger, der unter anderem bekannt wurde als Autor von Die Pilgerreise.

[4] Dort wird der Vers übersetzt mit „Whosoever committeth sin transgresseth also the law: for sin is the transgression of the law.“ = „Wer eine Sünde begeht, der übertritt auch das Gesetz; denn Sünde ist die Übertretung des Gesetzes“.

[5] Anm. d. Red.: Übersetzt aus dem Lied „I was a wandering sheep“ von Horatius Bonar (1808–1889): I was a wandering sheep, | I did not live the fold, | I did not live my Shepherd’s voice, | I was a wayward child, | I did not live my home, | I did not love my Father’s voice, | I loved afar to roam.


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

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