Der Prophet Sacharja (2)
Kapitel 2

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online seit: 25.10.2021, aktualisiert: 27.10.2021

Jerusalems Wiederherstellung

Verse 1-4

Sach 2,1-4: 1 Und ich hob meine Augen auf und schaute, und siehe, vier Hörner. 2 Und ich fragte den Engel, der mit mir redete: Was bedeuten diese? Er sprach zu mir: Das sind die Hörner, welche Juda, Israel und Jerusalem zerstreut haben. 3 Da ließ mich der HERR vier Schmiede sehen. 4 Und ich fragte: Was wollen diese tun? Er sprach: Jene sind die Hörner, welche Juda so versprengt haben, dass niemand mehr sein Haupt erheben durfte; diese aber sind gekommen, um sie abzuschrecken und die Hörner der Heidenvölker niederzuwerfen, die das Horn gegen das Land Juda erhoben haben, um es zu zerstreuen!

Die erste Vision in den Versen 1 bis 4 handelt von den vier Hörnern und den vier Schmieden. Die vier Weltreiche, die Daniel in seiner Prophezeiung beschreibt, werden durch die Hörner (Symbole der Macht) veranschaulicht: nämlich Babylon, Medo-Persien, Griechenland und Rom.

Aber für jedes Horn gibt es einen Schmied; und so wie die Hörner sich zusammengetan haben, um Israel und Juda zu unterdrücken und zu vernichten, so wird Gott diese Schmiede benutzen, um wiederum die Hörner selbst zu vernichten. Die Feinde Israels sind Gottes Feinde, und wenn ihre festgesetzte Zeit abgelaufen ist, werden sie weggefegt und zerschmettert, damit der Überrest des von Gott auserwählten Volkes vollständig errettet wird.

Die Vision[1] bedarf keiner weiteren Erklärung. Sie erinnert den Gläubigen aus jedem Zeitalter an eine gesegnete Wahrheit: Gott vollbringt alles nach dem Rat seines Willens und lässt das Böse nur insoweit zu, als es dazu dient, seine wunderbaren Segensabsichten auszuführen.

Verse 5.6

Sach 2,5.6: 5 Und ich hob meine Augen auf und sah: Und siehe, ein Mann, und eine Mess-Schnur war in seiner Hand. 6 Und ich sprach: Wohin gehst du? Und er sprach zu mir: Jerusalem zu messen, um zu sehen, wie groß seine Breite und wie groß seine Länge ist.

Bei der zweiten Vision in diesem Kapitel geht es um einen Mann mit einer Mess-Schnur in der Hand. Als Sacharja ihn sieht, fragt er: „Wohin gehst du?“, und der Mann antwortet ihm: „Jerusalem zu messen, um zu sehen, wie groß seine Breite und wie groß seine Länge ist.“

Verse 7-9

Sach 2,7-9: 7 Und siehe, der Engel, der mit mir redete, ging aus; und ein anderer Engel ging aus, ihm entgegen. 8 Und er sprach zu ihm: Lauf, rede zu diesem Jüngling und sprich: Als offene Stadt wird Jerusalem bewohnt werden wegen der Menge von Menschen und Vieh in seiner Mitte. 9 Und ich, spricht der HERR, werde ihm ringsum eine feurige Mauer sein und werde zur Herrlichkeit sein in seiner Mitte (vgl. Zeph 3,5;14-20).

Der junge Mann ist Sacharja selbst. Er soll über die Ratschlüsse des HERRN über Jerusalem in Kenntnis gesetzt werden, um sie für zukünftige Generationen aufzuschreiben. Die Stadt, die Sacharja kannte, war im Vergleich zu dem zukünftigen Jerusalem wirklich armselig und elend. Am Tag ihrer Herrlichkeit und Pracht bedarf sie keiner Mauer aus Steinen mehr. Der HERR selbst ist dann die Feuerwand, die sie vor jedem Angreifer schützt, und Er wohnt in ihrer Mitte inmitten der Schechina, der Herrlichkeit des HERRN.

Verse 10.11

Sach 2,10.11: 10 Hui! Hui! Flieht aus dem Land des Nordens!, spricht der HERR. Denn nach den vier Winden des Himmels breite ich euch aus, spricht der HERR. 11 Hui! Entkomme, Zion, die du wohnst bei der Tochter Babels!

In diesen Versen wird der Überrest Israels aufgefordert, in sein Heimatland zurückzukehren, und zwar an jenem Tag, wenn alles erfüllt wird, was Gott verheißen hat. Moralisch gesehen wohnen sie dann immer noch bei der Tochter Babylon, denn Nebukadnezar hat die heidnische Herrschaft errichtet und alle seine Nachfolger haben dieselbe Gesinnung und dieselbe Natur wie er. Seit über zweitausend Jahren verfolgen und hassen sie die Juden; und obwohl die Situation der Juden heutzutage viel erträglicher[2] ist als je zuvor seit ihrer Zerstreuung, wütet in vielen Teilen Europas immer noch der Antisemitismus. Diese Strömung wird einen Flächenbrand von unvergleichlicher Gewalt gegen Israel auslösen. Dies geschieht in der Zeit der Drangsal Jakobs, nachdem die Kirche in den Himmel entrückt ist. Aber auch wenn es so aussieht, als seien die Juden alleingelassen und hilflos, sendet der Herr seinen Engel, um seine Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen zu sammeln und sie in ihrem lang verheißenen Erbe, dem Land ihrer Vorväter, in Frieden wiederherzustellen.

Vers 12

In Vers 12 wird uns der genaue Zeitpunkt gesagt, wann das alles stattfinden wird:

Sach 2,12: Denn so spricht der HERR der Heerscharen: Nach der Herrlichkeit hat er mich zu den Nationen gesandt, die euch geplündert haben; denn wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an.

Der Ausdruck „nach der Herrlichkeit“ bezieht sich auf die Zeit unmittelbar nach der Wiederkunft Christi vom Himmel, wenn Er in Macht und großer Herrlichkeit kommt, um sein Königreich aufzurichten und seine Rechte geltend zu machen, wie es in Psalm 2 beschrieben ist. Dann erkennt die Welt, dass Israel das auserwählte Volk Gottes ist und „die Schafe seiner Weide“ (Jer 23,1). Wie zur Zeit Esthers haben die Juden dann „Licht und Freude und Wonne und Ehre“ [Est 8,16]. Ihre Feinde dagegen werden vor ihnen im Staub gedemütigt, und sie erkennen, dass sie gegen den lebendigen Gott selbst gekämpft haben, als sie Jakobs Nachkommen unterdrückt haben.

Verse 13-16

Sach 2,13-16: 13 Denn siehe, ich werde meine Hand über sie schwingen, und sie werden denen zum Raub sein, die ihnen dienten; und ihr werdet erkennen, dass der HERR der Heerscharen mich gesandt hat. 14 Juble und freue dich, Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und werde in deiner Mitte wohnen, spricht der HERR. 15 Und an jenem Tag werden viele Nationen sich dem HERRN anschließen, und sie werden mir zum Volk sein; und ich werde in deiner Mitte wohnen, und du wirst erkennen, dass der HERR der Heerscharen mich zu dir gesandt hat. 16 Und der HERR wird Juda als sein Erbteil in Besitz nehmen im heiligen Land und wird Jerusalem noch erwählen.

Die Verse 13 bis 16 bilden einen passenden Abschluss für solch eine Prophezeiung. Die Tochter Zion, die ihre Harfe an die Weide gehängt hat, als sie an den Wasserflüssen Babylons weinte (vgl. Ps 137), wird nun aufgefordert, zu singen und zu jubeln, denn ihr herrlicher HERR wird selbst in ihrer Mitte wohnen und sie alle werden IHN erkennen, „von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten“ (Jer 31,34).

Dann schließen sich viele Nationen dem HERRN an und werden sein Volk sein, indem ihnen dieselbe Erkenntnis gewährt wird wie auch Israel. Dies ist etwas völlig anderes als die Berufung der Nationen in der gegenwärtigen Haushaltung. Jetzt [in unserer Haushaltung] sammelt Gott ein Volk für sich aus den Nationen (vgl. Apg 15,14) und vereint Juden und Heiden in einem Leib. Dann [im Tausendjährigen Reich] wird Israel über die Erde herrschen, und alle Völker werden durch Israel gesegnet, wenn „der HERR Juda als sein Erbteil in Besitz nehmen wird im heiligen Land und Jerusalem noch erwählen wird“.

Dann sind die Jahre der Trauer vorbei und Israels langer Kampf ist vollendet. An jenem Tag ist die Kirche [das himmlische Volk] in der himmlischen Herrlichkeit. Das irdische Volk dagegen findet seinen Segen in ebendem Land, das Abraham, Isaak und Jakob als unveräußerliches Erbe verheißen worden war und aus dem ihre Nachkommen niemals vertrieben werden.

Vers 17

Der letzte Vers drückt die Haltung der ganzen Welt aus, wenn der HERR dies alles tun wird:

Sach 2,17: Alles Fleisch sei still vor dem HERRN, denn er hat sich aufgemacht aus seiner heiligen Wohnung!

Es ist kostbar, zu wissen, dass die wachsende Flut des Bösen bald aufgehalten wird; Sünde und Rebellion in jeder Form werden von der Erde vertilgt werden. Alle die aus den Nationen, die verschont worden sind, anerkennen die gütige und doch gerechte Herrschaft des jetzt noch verworfenen Erretters, und überall betet man den HERRN der Heerscharen an und gehorcht Ihm.


Originaltitel: „Notes on the Prophecy of Zechariah“
aus Notes on the Minor Prophets, 1909

Übersetzung: Susana Finkbeiner

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Anmerkungen

[1] Im hebräischen Text gehört diese Vision zu Kapitel 2, da Kapitel 1 mit Vers 17 endet. (Anm. d. Red.: Auch in den deutschen Bibelübersetzungen gehört sie zu Kapitel 2; in der von Ironside verwendeten King-James-Bibel dagegen gehört sie noch zu Kapitel 1.)

[2] Anm. d. Red.: Ironside schrieb den Kommentar Anfang der 1900er Jahre. Möglicherweise spielt er darauf an, dass seit den 1880er Jahren immer mehr Juden nach Palästina einwanderten und bis Anfang des 20. Jahrhunderts bereits Zehntausende im Land waren.


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