Der erste Johannesbrief (4)
Kapitel 4

Stanley Bruce Anstey

© SoundWords, online seit: 25.03.2022, aktualisiert: 14.09.2022

Der Beweis, dass der Heilige Geist in uns wohnt (1Joh 3,24–4,6)

Falsche Lehrer

Vers 1

Nachdem Johannes in 1. Johannes 3,24 das Thema des Heiligen Geistes, der in den Kindern Gottes wohnt, eingeführt hat, beeilt er sich in diesem vierten Kapitel, uns vor den vielen falschen Geistern [Propheten] zu warnen, die in die Welt ausgegangen sind und versuchen, den Geist Gottes nachzuahmen. Er schreibt:

1Joh 4,1: Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen.

Da es „die letzte Stunde“ ist und viele Antichristen am Werk sind (1Joh 2,18), müssen wir vorsichtig sein, auf wen wir hören. Wir sollen nicht „jedem Geist“ glauben. Das bedeutet, wir dürfen nicht naiv sein und denken, dass jemand notwendigerweise die Wahrheit sagt, nur weil er aus der Bibel zitiert. Es ist eine Sache, aus der Schrift zu zitieren, und eine andere, in Übereinstimmung mit der Schrift zu reden. Satan ist in seinem Wirken nie satanischer, als wenn er die Heilige Schrift benutzt, um Menschen zu täuschen. Er ist durchaus in der Lage, aus dem Wort Gottes zu zitieren und es falsch anzuwenden, um sein Ziel zu erreichen und die Menschen in die Irre zu führen (Mt 4,6). Der Apostel Paulus warnt: „Solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die die Gestalt von Aposteln Christi annehmen. Und kein Wunder, denn der Satan selbst nimmt die Gestalt eines Engels des Lichts an; es ist daher nichts Großes, wenn auch seine Diener die Gestalt als Diener der Gerechtigkeit annehmen, deren Ende nach ihren Werken sein wird“ (2Kor 11,13-15).

In diesem Sinn ermahnt uns Johannes, „die Geister zu prüfen“. Er verwendet das Wort „Geister“ nicht, um damit anzudeuten, in welcher Haltung oder mit welchem Verhalten diese Lehrer arbeiten (Dan 5,12; 6,3), sondern um darauf hinzuweisen, dass hinter jedem Lehrer ein realer Geist steht – entweder der Geist Gottes (Apg 2,4) oder ein böser Geist (2Chr 18,21). Paulus sagte voraus, dass es in „späteren Zeiten“ im Haus Gottes „betrügerische Geister“ geben würde, die Irrlehren einführen würden, und dass falsche Lehrer diese Irrlehren übernehmen und verbreiten und viele verführen würden (1Tim 4,1). Diese Lehrer haben oft ein angenehmes Äußeres, in das die Menschen verliebt sind und wodurch sie verführt werden (Röm 16,18). Sie mögen wie Schafe aussehen, aber in Wirklichkeit sind sie „Wölfe im Schafspelz“. Der Herr warnt uns vor diesen bösen Arbeitern (Mt 7,15). Wir sollen also nicht nur ihr Verhalten prüfen (was Johannes in seinen vorherigen Beweisen und Gegenbeweisen getan hat), sondern auch ihre Botschaft. Das gilt besonders für die „Lehre des Christus“ (2Joh 9), denn hier entlarven sich die bösen Geister, die diese falschen Propheten beseelen. In dem Augenblick, in dem sie den Mund aufmachen und über die Person Christi lehren, verraten sie ihren wahren Charakter.

Drei Tests, um falsche Lehrer zu erkennen

Johannes führt drei Tests an, mit denen jeder Lehrer überprüft werden kann. Diese Prüfungen werden die Wahren offenbaren und auch die Falschen entlarven, denn die Lehre eines Menschen wird offenbaren, welcher Geist ihn antreibt. Beachte: Dies geschieht nicht, indem man sich mit den Irrlehren beschäftigt, die in der Christenheit im Umlauf sind. Eine solche Beschäftigung wird uns nur verunreinigen und wir könnten dabei ins Stolpern geraten (vgl. 5Mo 12,29-32). Wir finden auch nicht heraus, ob ein Dutzend Flaschen Gift enthalten, indem wir aus jeder einzelnen einen Schluck nehmen!

Verse 2

Die erste und größte Prüfung hat mit dem zu tun, was der Lehrer von der Person Christi hält. Wie bereits erwähnt, entlarven sich hier die betrügerischen Geister, denn sie können sich nicht dazu durchringen, gut von Christus zu reden und Ihn zu verherrlichen (1Kor 12,3). Johannes schreibt:

1Joh 4,2: Hieran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus Christus im Fleisch gekommen bekennt, ist aus Gott.

Das Erkennungsmerkmal eines Dienstes, der vom Heiligen Geist ausgeht, ist also, dass Christus verherrlicht wird.

Das Bekenntnis „Jesus Christus ist im Fleisch gekommen“ ist mehr als ein bloßes Bekenntnis von Worten auf unseren Lippen; die Dämonen können Christus auf diese Weise als den Sohn Gottes bekennen (Mt 8,29). Das Bekenntnis, von dem Johannes spricht, deutet darauf hin, dass der Betreffende in seiner Lehre über die Gottheit Christi und sein vollkommenes Menschsein auf dem richtigen Weg ist. „Im Fleisch gekommen“ bedeutet, dass Er bereits vor seiner Menschwerdung existierte und somit eine ewige Person ist. Das Wort „gekommen“ impliziert, dass Er irgendwo anders war, bevor Er hier in dieser Welt als Mensch war (1Tim 1,15; etc.). Die Heilige Schrift lehrt, dass Er vor seiner Menschwerdung beim Vater im Himmel war (Joh 8,42; 13,3; 16,28). Im Johannesevangelium wird Er sogar als der „Gesandte“ Gottes dargestellt (Joh 3,17; 4,34; 5,23 usw.). „Im Fleisch gekommen“ ist etwas, was man von uns nicht sagen kann, denn vor unserer Empfängnis und Geburt haben wir nicht existiert. Bei der Menschwerdung Christi jedoch hat Er die Menschheit in seine Person angenommen und ist Mensch geworden (Joh 1,14). Es gab eine Vereinigung der göttlichen und der menschlichen Natur, die für den menschlichen Verstand unergründlich ist (Mt 11,27). „Im Fleisch gekommen“ bedeutet, dass der Herr Jesus, als Er Mensch wurde, nicht die gefallene Sündennatur hatte. „Fleisch“ ohne den bestimmten Artikel „der“ bezieht sich auf die Menschheit ohne die Auswirkungen der sündigen Natur. Dies hilft, sich gegen jede Schlussfolgerung zu schützen, dass der Herr an der gefallenen sündigen Natur teilhatte, als Er Mensch wurde. Er hatte eine heilige menschliche Natur, nicht eine gefallene menschliche Natur (Lk 1,35).

Vers 3

Johannes gibt dann den Umkehrschluss an:

1Joh 4,3: Und jeder Geist, der nicht Jesus Christus im Fleisch gekommen bekennt, ist nicht aus Gott; und dies ist der Geist des Antichrists, von dem ihr gehört habt, dass er komme, und jetzt ist er schon in der Welt.

Wenn ein Mensch bekennt, ein Christ zu sein, aber nicht an die Gottheit und/oder das volle Menschsein Christi glaubt, gibt er ein klares Zeichen dafür, dass er kein echter Gläubiger ist. Er predigt „einen anderen Jesus“ (2Kor 11,4). Das heißt: Der Jesus, den er vorstellt, ist nicht derselbe Jesus, den die Bibel darstellt. Die Frage, die man stellen muss, um das wahre Gesicht einer Person zu erkennen, lautet daher: „Was hält er von der Person Christi?“ Alle derartigen falschen Lehren werden durch diesen einfachen Test sofort als der „Geist [die Macht] des Antichrists“ entlarvt.

Verse 4.5

Der zweite Test, an dem alle Propheten und Lehrer geprüft werden können, hat damit zu tun, wie die verlorenen Menschen in der Welt, die kein Leben aus Gott haben, ihre Botschaft aufnehmen. Johannes schreibt:

1Joh 4,4.5: 4 Ihr seid aus Gott, Kinder, und habt sie überwunden, weil der, der in euch ist, größer ist als der, der in der Welt ist. 5 Sie sind aus der Welt, deswegen reden sie aus der Welt, und die Welt hört sie.

Die Kinder Gottes „überwinden“ diese Lehrer und ihre falschen Lehren durch den innewohnenden Heiligen Geist. „Er“ (der Geist), der „in“ uns ist, ist „größer“ als „der [Satan], der in der Welt ist“. In 1. Johannes 2,20-27 hat der Apostel bereits darüber gesprochen, wie dies geschieht. Die Salbung des [Heiligen] Geistes gibt uns die Unterscheidungskraft, zu erkennen, dass das, was diese Irrlehrer vorbringen, falsch ist, und folglich weisen wir es zurück und werden dadurch bewahrt. Auf diese Weise sind wir siegreich über die Tricks des Feindes.

Wenn andererseits die Lehren dieser Männer von religiösen Menschen in der Welt, die nicht aus Gott geboren sind, aufgenommen werden, ist es klar, dass ihre Botschaft falsch ist. Die Dinge, die sie unter dem Banner des Christentums lehren, stimmen mit der Weltanschauung des natürlichen Menschen überein, weil sie auf weltlichen Prinzipien beruhen, die weltliche Menschen verstehen. Deshalb nehmen sie sie an. Daher werden ein paar einfache Fragen alles offenbaren, was wir über diese Irrlehrer wissen müssen: „Sind sie bei der Welt beliebt? Und nehmen die natürlichen Menschen der Welt ihre Lehren an?“ Wenn ja, dann kann das, was gelehrt wird, nicht die Wahrheit Gottes sein, denn „der natürliche Mensch nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird“ (1Kor 2,14).

Vers 6

Der dritte Test, an dem alle Lehrer überprüft werden können, hat damit zu tun, wo sie in Bezug auf die Lehren der Apostel stehen. Deshalb schreibt Johannes:

1Joh 4,6: Wir sind aus Gott; wer Gott erkennt, hört uns; wer nicht aus Gott ist, hört uns nicht. Hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums.

Das „wir“ und das „uns“ in diesem Vers sind die Apostel. Johannes schließt sich selbst in ihre gemeinsame Stimme ein. Sie sind „von Gott“, und jedes wahre Kind Gottes wird ihre Lehren als von Gott stammend annehmen. Dies ist also ein Maßstab, an dem alle, die behaupten, die Wahrheit zu lehren, geprüft werden können. Die große Frage ist hier: „Stimmt ihre Lehre mit der Lehre der Apostel überein?“

Wenn wir die göttlich inspirierten Briefe des Neuen Testamentes in Händen halten, in denen die Lehre der Apostel sorgfältig entfaltet wird, können wir die Quelle allen Wirkens „erkennen“, ob sie von Gott ist oder nicht (1Kor 10,15; 14,29). Wir müssen hier vorsichtig sein, denn der Feind (Satan) ist sehr raffiniert. Seine falschen Diener werden die Heilige Schrift benutzen, um ihre Irrtümer zu verbreiten, und wir könnten durch ihre klugen Fehlinterpretationen verführt werden. Deshalb ist es wichtig, eine „gute Lehre“ zu haben, indem wir alle biblischen Themen gründlich studieren: „der du genau gefolgt bist“ (1Tim 4,6; 2Tim 2,15).

Zusammenfassend lässt sich sagen: Wenn der Geist Gottes wirklich in einem Menschen wohnt, steht er in seiner Lehre über die Person Christi fest (1Joh 4,2.3). Außerdem wird er aufgrund der Salbung durch den Geist nicht durch antichristliche Lehren verführt (1Joh 4,4.5). Und er wird die Lehre der Apostel hören und annehmen (1Joh 4,6).

Zusammenfassung der Beweise für die Existenz des neuen Lebens und der neuen Natur

  • Wir praktizieren Gerechtigkeit (1Joh 2,29–3,10).
  • Wir lieben die Geschwister (1Joh 3,11-23).
  • Wir haben die innewohnende Gegenwart des Geistes Gottes (1Joh 3,24–4,6).

Liebe (1Joh 4,7–5,12)

Johannes setzt seine Beweise und Gegenbeweise im Zusammenhang mit einer anderen Eigenschaft von Gottes Natur und Wesen fort: der Liebe. Er hat das Thema der Liebe bereits im Brief angesprochen, indem er es dem Hass gegenübergestellt hat (1Joh 2,5-11; 3,11-23), aber nun greift er dieses Thema erneut auf, um es zu vertiefen. Da die Liebe in diesem kurzen Abschnitt des Briefes etwa 35-mal erwähnt wird, besteht kein Zweifel daran, dass das Thema, um das es hier geht, die Liebe Gottes ist.

Echte Liebe füreinander

Verse 7.8

Johannes beginnt diesen letzten Abschnitt des Briefes mit einer einfachen Ermahnung an die Kinder Gottes, sich gegenseitig zu lieben. Er führt dies als Beweis dafür an, dass ein Mensch die göttliche Natur hat. So schreibt der Apostel:

1Joh 4,7.8: 7 Geliebte, lasst uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott; und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. 8 Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe.

Wie so oft bei dem abstraktem Schreibstil von Johannes ist seine Aussage hier zutiefst einfach: Diejenigen, die ihre Geschwister mit echter Liebe lieben, beweisen, dass sie wahre Gläubige sind, und diejenigen, die das nicht tun, sind es nicht. „Lasst“ bedeutet, dass wir dem neuen Leben in uns erlauben sollen, sich auf natürliche Weise auszudrücken, was bedeutet: „einander lieben“. Das zeigt, dass es möglich ist, dass wir dem neuen Leben in uns in die Quere kommen und es so an seinem natürlichem Ausdruck hindern können. Der Hauptschuldige ist das Fleisch, aber wenn wir im Geist wandeln, wird es sein hässliches Haupt in unserem Leben nicht erheben (Gal 5,16). Johannes schließt seine kurze Ermahnung, einander zu lieben, mit der Angabe des Grundes: „Denn Gott ist die Liebe.“ Es ist zwar richtig, dass Gott Liebe ist, aber das bedeutet nicht, dass das Gegenteil auch wahr ist. Gott ist die Liebe, aber die Liebe ist nicht Gott. Diese Art der Argumentation ist gefährlich; sie kann zu einer mystischen Sache werden, bei der der Mensch nach einer subjektiven Erfahrung in sich selbst sucht. Solche Bestrebungen führen die Menschen von der Wahrheit weg.

Die Liebe der Welt ist keine göttliche Liebe

Das Problem, mit dem die Gläubigen in jenen Tagen konfrontiert waren, bestand darin, dass viele falsche Personen in die Reihen der Christen eingetreten waren, die behaupteten, die Geschwister zu lieben, aber sie waren nicht echt. Diese Personen machten eine schöne Show der Liebe, und die Gläubigen waren in Gefahr, getäuscht zu werden und zu denken, dass sie wahre Kinder Gottes seien – aber ihre Liebe war nicht die göttliche Liebe, die von der göttlichen Natur ausging. Der Herr sagte den Jüngern, dass die Welt ihre eigene Liebe hat, aber sie liebt hauptsächlich aus selbstsüchtigen Gründen. Sie liebt für das, was sie im Gegenzug bekommt (Lk 6,32; Joh 15,19). Sie sieht in ihrem Gegenüber etwas, was ihrer Liebe und ihres Mitleids würdig ist, und liebt auf dieser Grundlage (Röm 5,7). Daher dürfen wir nicht denken, dass jeder Akt der Freundlichkeit und Liebe unter den Menschen notwendigerweise ein Beweis dafür ist, dass sie von Gott geboren sind und die göttliche Natur besitzen. (Es gibt auch eine natürliche Liebe, die alle Menschen mehr oder weniger haben – zum Beispiel die Liebe der Eltern zu ihren Kindern. Auch diese ist zwar liebenswert, aber keine göttliche Liebe.)

Die göttliche Liebe (griech. agape) liebt auch dann, wenn ihr Gegenüber nichts hat, was ihrer Liebe würdig ist. Gottes Liebe entspringt einer entschiedenen Haltung seines Herzens zu uns; Er richtet seine Liebe auf den Menschen und sucht seinen Segen aus freien Stücken (5Mo 7,7.8). Gott hat uns geliebt, als wir gottlose Sünder waren! Wir waren einst „Gott Hassende“ und „Feinde“, und doch hat Er uns seine Liebe erwiesen, und zur rechten Zeit ist „Christus für Gottlose gestorben“ (Röm 1,29-31; 3,10-18; 5,6.8).

Die Qualitäten und Kennzeichen der göttlichen Liebe

Nachdem wir festgestellt haben, dass „Gott Liebe ist“ (1Joh 4,8), stellt sich die Frage: „Wie können wir die göttliche Liebe von der Liebe der Welt unterscheiden?“ Johannes sieht sich daher veranlasst, von den Eigenschaften und Kennzeichen der göttlichen Liebe zu sprechen, die uns als Maßstab dienen, um zu prüfen, ob ein Mensch aus Gott geboren ist und die göttliche Natur besitzt. Er spricht von der Liebe Gottes auf drei Arten:

  • Seine Liebe „zu uns“ in Bezug auf unsere Vergangenheit (1Joh 4,9).
  • Seine Liebe „in uns“ in Bezug auf die Gegenwart (1Joh 4,12).
  • Seine Liebe „mit uns“ im Hinblick auf die Zukunft (1Joh 4,17).

Die Liebe Gottes „zu uns“

Verse 9.10

Das erste und wichtigste Kennzeichen der göttlichen Liebe ist, dass sie sich für das Wohl und den Segen der anderen aufopfert. Dies zeigt sich in der Liebe Gottes zu uns, indem Er seinen Sohn sandte, damit Er für uns sterben sollte. Johannes schreibt:

1Joh 4,9.10: 9 Hierin ist die Liebe Gottes zu uns offenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben möchten. 10 Hierin ist die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden.

Das war der größte Liebesbeweis, den es je gegeben hat! Gott gab seinen Sohn als Opfer für die Sünde, um die Gläubigen in den Segen des Heils zu bringen. Es gibt kein größeres Geschenk der Liebe als dieses (Joh 3,16)! Der Preis, den der Herr Jesus bezahlt hat, um uns zu erlösen (sein Sühnungsleiden), macht die Größe seiner Liebe nur noch größer. Der Apostel Paulus dachte über dieses unglaubliche Geschenk nach und sagte: „Der Sohn Gottes hat mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben“ (Gal 2,20). Jeder Gläubige kann dieselbe Dankbarkeit zum Ausdruck bringen (2Kor 9,15).

In diesen Versen geht Johannes auf zwei Dinge ein, für die Gott seinen Sohn in die Welt gesandt hat: damit wir „durch ihn leben“ (1Joh 4,9) und damit Er „die Sühnung für unsere Sünden“ ist (1Joh 4,10). Der erste Punkt betrifft die Menschwerdung Christi, der zweite seinen Tod. Damit die Menschen das ewige Leben haben können, musste Christus kommen und den Vater offenbaren (Joh 1,18; 14,9), denn Gott als unseren Vater zu kennen, ist das Wesen dieses Lebens (Joh 17,3). Aber die göttliche Liebe hörte nicht bei der Ankunft Christi auf. Sie trug Ihn bis zum Kreuz, wo Er ihre Größe in dem höchsten Akt der Selbstaufopferung bewies (Heb 9,26). Christus wurde bereitwillig zum Sündenträger; seine sühnenden Leiden erfüllten die Ansprüche der göttlichen Gerechtigkeit in Bezug auf die Sünde in vollem Umfang (die Bedeutung von „Sühnung“). Johannes will damit sagen: Die göttliche Liebe schreckte vor nichts zurück, um die Sünder zu retten. Sie fand einen Weg, das große Hindernis der Sünde zu überwinden, das dem Segen des Menschen im Weg stand, auch wenn Gott dafür das Liebste seines Herzens hergeben musste! Diese Liebe ist nicht von uns ausgegangen; ihre Quelle ist Gott selbst, denn Er ist die Liebe. Deshalb sagt Johannes: „nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat“.

Die Liebe Gottes „in uns“

Verse 11-16

Johannes fährt mit einem zweiten Kennzeichen der göttlichen Liebe fort: Sie offenbart Gott, und wenn sie in der Seele genossen wird, führt sie den Gläubigen dazu, anderen die Gnade Gottes zu bezeugen. Dies hat damit zu tun, dass die Liebe Gottes in uns ist, wie der Apostel nun schreibt:

1Joh 4,11-16: 11 Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, sind auch wir schuldig, einander zu lieben. 12 Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir einander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet. 13 Hieran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat. 14 Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt. 15 Wer irgend bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in ihm bleibt Gott und er in Gott. Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. 16 Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm.

Das Wissen, dass wir die Gegenstände der Liebe Gottes sind, sollte in uns die Reaktion hervorrufen, „einander zu lieben“, und indem wir das tun, offenbaren wir den unsichtbaren Gott, denn „Gott ist Liebe“ (1Joh 4,16).

Als Christus hier war, wurde der unsichtbare Gott in Ihm offenbart (Joh 1,18; 14,9). Aber jetzt, da Christus in den Himmel zurückgekehrt ist, sagt uns Johannes, dass wir Gott hier in der Welt offenbaren sollen. Das geschieht, so sagt er, indem wir einander lieben. Wenn wir einander lieben, „wird seine Liebe in uns vollendet“ (1Joh 4,12), und wir bekommen so ein tiefes Gefühl in unseren Seelen, dass wir „in ihm bleiben“ und „er in uns“ (1Joh 4,13a). Kann es etwas Seligeres geben, als durch die Gemeinschaft in Gott zu wohnen und Gott in uns wohnen zu lassen, indem wir sein Leben und sein Wesen besitzen? Johannes sagt, dass dies möglich ist, weil „er uns von seinem Geist gegeben hat“ (1Joh 4,13b). Die Liebe Gottes sprudelt ganz natürlich aus uns heraus und fließt über in Gnade und Wohlwollen gegenüber anderen und führt uns so dazu, allen zu „bezeugen“, dass „der Vater den Sohn gesandt hat, als Heiland der Welt“ (1Joh 4,14).

Dadurch werden die Menschen dazu gebracht, „zu bekennen, dass Jesus der Sohn Gottes ist“; und diejenigen, die dies tun, beweisen, dass „Gott in ihnen bleibt“ und sie „in ihm“ (1Joh 4,15). Und sie wissen aus eigener Erfahrung, dass „Gott Liebe ist“, und bleiben in seiner Liebe (1Joh 4,16).

An diesem zweiten großen Kennzeichen der göttlichen Liebe sehen wir, dass sie sich fortpflanzt in denen, die sie empfangen. Wir sind nicht die Endstationen der Liebe Gottes, wir sind die Kanäle für sie. Welch ein Vorrecht ist es, dieser armen Welt die Liebe Gottes erweisen zu können!

Die Liebe Gottes „mit uns“

Vers 17

Das dritte Kennzeichen der göttlichen Liebe, das Johannes hervorhebt, ist ihre Kraft, dem Gläubigen Frieden und Zuversicht im Hinblick auf das Gericht über seine Sünden zu geben. Das hat mit der Liebe Gottes mit uns zu tun. Johannes schreibt:

1Joh 4,17: Hierin ist die Liebe mit uns vollendet worden, damit wir Freimütigkeit haben an dem Tag des Gerichts, dass, wie er ist, auch wir sind in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe.

Wenn wir dem Richterstuhl Christi („dem Tag des Gerichts“) entgegensehen, haben wir vollkommenen Frieden und Freimütigkeit in Bezug auf unsere Sünden. Wie wir in den Versen 9 und 10 gesehen haben, hat es die göttliche Liebe unternommen, diese Rechnung ein für alle Mal durch den Sühnetod Christi auf gerechter Basis zu begleichen. Der Geist, den wir durch den Glauben an das Evangelium unseres Heils empfangen haben (Eph 1,13), hat uns unsere ewige Sicherheit in Ihm bewusstgemacht (Joh 10,27.28). Wir brauchen also nicht auf diesen Tag zu warten, um diese gesegnete Wahrheit zu erkennen, denn „wie er ist, so sind wir in dieser Welt“. Das heißt: So wie Christus im Himmel angenommen ist und alle Gunst Gottes auf Ihm ruht, so sind auch wir angenommen, obwohl wir noch hier „in dieser Welt“ sind. Das liegt daran, dass seine Annahme das Maß unserer Annahme ist und wir „begnadigt [angenehm gemacht] sind in dem Geliebten“ (Eph 1,6). Johannes spricht nicht von unserer Liebe, sondern davon, dass Gottes Liebe in uns vollkommen gemacht wird. Wenn wir uns seiner Liebe erfreuen, können wir mit größter Zuversicht in die Zukunft blicken, denn wir wissen, dass Er über dem Gericht steht und wir auch!

Vers 18

Johannes erklärt, warum das so ist:

1Joh 4,18: Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.

Der Gläubige, der im Genuss der Liebe Gottes lebt, kann unmöglich Furcht haben, denn die Liebe, die sein Herz erfüllt, verdrängt alle Furcht und jeden Zweifel; beides kann dort nicht gleichzeitig existieren.

Vers 19

Nachdem Johannes uns einige der großartigen Eigenschaften und Kennzeichen der göttlichen Liebe genannt hat, bringt er uns zurück zu ihrem Anfang:

1Joh 4,19: Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.

Gott ist die Quelle der Liebe; sie ist der Ausdruck seines Wesens. Seine Liebe hat die Liebe in uns erzeugt, denn wie wir gesehen haben, hat die göttliche Liebe Freude daran, sich in ihrem Gegenüber fortzupflanzen. Infolgedessen lieben wir andere mit der gleichen Liebe. […] So wird die göttliche Liebe sich in echter Liebe zu anderen ausdrücken. Ich liebe meinen Bruder nicht wegen dem, was er ist, sondern wegen dem, was ich bin. Er mag einige lästige fleischliche Eigenschaften haben, die natürlich nicht liebenswert sind, aber weil ich die göttliche Natur habe, die mit der Agape-Liebe liebt, liebe ich ihn unverdient und bedingungslos.

Die göttliche Liebe wird durch unsere Liebe zueinander bewiesen

Vers 20

Da sich die göttliche Liebe in den Kindern Gottes durch ihre Liebe zu Gott und ihre Liebe zu seinen Kindern (ihren Geschwistern) ausdrückt, kann dies als Prüfstein für alle dienen, die behaupten, solche zu sein. So schreibt Johannes:

1Joh 4,20: Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, so ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, wie kann der Gott lieben, den er nicht gesehen hat?

Der Test ist einfach: Wenn ein Mensch seinen Bruder nicht auf diese göttliche Weise lieben kann, gibt es guten Grund, daran zu zweifeln, ob er wirklich ein Kind Gottes ist. Aber wenn jemand sogar einen fleischlichen Bruder liebt, ist das ein Beweis dafür, dass er die göttliche Natur hat, denn nur wer diese Natur hat, kann mit der Agape-Liebe lieben. Indem er das tut, beweist er, dass er ein wahres Kind Gottes ist.

Vers 21

In Vers 21 führt Johannes einen weiteren Grund an, warum wir unseren Bruder lieben sollen:

1Joh 4,21: Und dieses Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, auch seinen Bruder liebe.

Wir lieben unseren Bruder nicht nur, weil die Agape-Liebe in uns wohnt, sondern auch, weil wir ein „Gebot“ von Gott haben, dies zu tun. Mit anderen Worten: Wir lieben unseren Bruder erstens, weil wir eine Natur in uns haben, die das will, und zweitens, weil wir ein Gebot von Gott haben, es zu tun.

Vorheriger Teil Nächster Teil


Quelle: The First Epistle of John: The Characteristics of Life Eternal in the Children of God in Times of Apostasy
E-Book Version 1.4.2019

Übersetzung: Stephan Isenberg

Weitere Artikel des Autors Stanley Bruce Anstey (43)


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

Bibeltexte im Artikel anzeigen