Der Jakobusbrief (0)
Einleitung

Stanley Bruce Anstey

© SoundWords, online seit: 05.03.2021, aktualisiert: 12.03.2021

Einleitung

Der Jakobusbrief ist der früheste inspirierte Brief im Neuen Testament und wurde um das Jahr 45 n.Chr. geschrieben. Zu jener Zeit bestand die Kirche überwiegend aus jüdischen Gläubigen. Die ersten Heiden wurden errettet und zur Kirche hinzugefügt. Was die Erkenntnis der vollen Wahrheit des Christentums angeht, befand sich die Kirche in einer Zeit des Übergangs. Die Gläubigen hatten zu dieser Zeit noch kein volles Verständnis des Glaubens, den sie angenommen hatten, vor allem deshalb, weil die Lehren des Apostels Paulus, die „den ganzen Ratschluss Gottes“ betrafen (Apg 20,27; vgl. Kol 1,25), ihnen noch nicht mitgeteilt worden waren. Folglich waren sie in der Praxis nicht vollständig von der jüdischen Ordnung getrennt, eine Ordnung, die der Schreiber des Hebräerbriefs „das Lager“ nennt (Heb 13,13). Der Hebräerbrief besteht auf einer vollständigen Trennung vom Judentum. Allerdings wurde der Brief erst viele Jahre später geschrieben – etwa im Jahr 63 n.Chr. Jüdische Gläubige, die an den Herrn Jesus glaubten, hatten die Bedeutung der Lehre aus Johannes 10,1-9 noch nicht verstanden, die davon sprach, dass sie aus dem jüdischen „Hof der Schafe“ in das volle Licht und die Freiheit des christlichen Vorrechtes und Dienstes seiner „Herde“ geführt würden (Joh 10,16).

Daher hingen diese Judenchristen verständlicherweise immer noch sehr an ihren Synagogen und der jüdischen Ordnung. Sie klammerten sich hartnäckig an das Gesetz des Mose (vgl. Apg 21,20) und kannten nicht die Höhen der himmlischen Stellung, Berufung und Bestimmung der Gemeinde. Sie sahen sich selbst als einen treuen und erleuchteten Überrest des jüdischen Volkes (vgl. Dan 11,35; 12,3), der neue Hoffnungen für die Nation hatte, die sich auf den Herrn Jesus Christus, Israels Messias, ausrichteten. Ihre Hoffnung war, das Reich Christi auf der Erde gemäß der Belehrungen der alttestamentlichen Propheten aufgerichtet zu sehen. Dies, so glaubten sie, würde in Kürze geschehen [vgl. Apg 3,19-21].

Das müssen wir im Auge behalten, wenn wir den Jakobusbrief lesen; die Dinge werden sehr stark auf einer jüdischen Ebene betrachtet, obwohl sie an den Herrn Jesus Christus glaubten.

Der Zweck des Briefes

Dieser Brief ist einer von den jüdisch-christlichen Briefen in unserer Bibel: Hebräerbrief, Jakobusbrief, erster und zweiter Petrusbrief. Diese Briefe wurden geschrieben, um jüdische Bekehrte in verschiedenen Bereichen des Christentums zu unterweisen, mit denen sie naturgemäß Probleme haben würden, wenn sie aus dem Judentum kamen. In diesem Brief befasst sich Jakobus mit bestimmten jüdischen Fragen, Eigenheiten und Tendenzen, die in ihrem Denken und ihrer Lebensweise tief verwurzelt waren. Solche „Grabtücher“ hafteten an diesen jüdischen Bekehrten und waren ein Hindernis in ihrer christlichen Freiheit und ihrem Dienst. Daher mussten sie abgelegt werden. Doch oft sahen diejenigen, die aus dem Judentum gerettet wurden, diese Hindernisse nicht klar und brauchten Hilfe von anderen, um diese Dinge abzulegen. Das war auch der Fall bei den Grabtüchern, in die Lazarus eingewickelt war: „Macht ihn los und lasst ihn gehen!“ (Joh 11,45), sagte der Herr Jesus. Genau das ist es, was Jakobus und Petrus (die Diener der Beschneidung waren) in ihren Briefen für ihre jüdischen Brüder taten (vgl. Gal 2,7-9).

Auch wenn die Dinge, die Jakobus anspricht, eine spezielle Anwendung für diejenigen mit jüdischem Hintergrund hatten, gelten die praktischen Prinzipien, die er anspricht, für alle Christen aus jeder Zeit – ob Jude oder Nichtjude. Der praktische Charakter des Briefes ist wie „Salz“, das die Heiligen in der Absonderung vor der Welt und den Versuchungen bewahrt, die jeden Christen bedrängen (vgl. Mt 5,13). Der Inhalt des Briefes ist also äußerst praktisch und enthält nur sehr wenig lehrmäßige Wahrheiten. Es ist bezeichnend, dass es keinen einzigen Hinweis auf das Erlösungswerk des Herrn am Kreuz gibt. Stattdessen konzentriert sich Jakobus auf praktische Probleme, mit denen seine Brüder konfrontiert waren.

Die Notwendigkeit eines Lebens aus dem Glauben

Jakobus’ Hauptziel beim Schreiben des Briefes war es, seinen Landsleuten, die den Herrn Jesus Christus als ihren Retter angenommen hatten, die Notwendigkeit zu verdeutlichen, aus Glauben zu leben. Da sie aus dem System des Judentums kamen, das weitgehend vom Sehen und Hören bestimmt wurde, mussten sie lernen, im Glauben und nicht im Schauen zu wandeln, was ein wesentliches Element des Christentums ist (vgl. 2Kor 5,7; Röm 1,17; Gal 3,11; Heb 10,38). Der Brief konzentriert sich daher auf die Notwendigkeit, in den alltäglichen Lebensumständen aus Glauben zu leben.

Jakobus ist sich bewusst, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gab, dass es einige unter den Zuhörern gab, die gar nicht echt waren, und so wendet er sich an sie als eine gemischte Gesellschaft von Gläubigen und nur bekennenden Gläubigen. Er betont, wie wichtig es ist, dass jeder die Echtheit seines Glaubens durch ein Verhalten beweist, das sich für einen wahren Christen gehört. Er ermahnt sie zu einem praktischen Lebenswandel, der ihren Glauben offenbaren und auf diese Weise zeigen würde, dass sie wahre Gläubige sind. Der Schlüsselvers im Jakobusbrief lautet: „Ich werde dir meinen Glauben aus meinen Werken zeigen“ (Jak 2,18). Bruder Nicolas Simon sprach davon, dass Jakobus im Wesentlichen sagte: „Würden die wahren Gläubigen bitte aufstehen!“ Mit anderen Worten: Es war an der Zeit, dass diejenigen, die wirklich an unseren Herrn Jesus glaubten, sich von der Masse der bloß bekennenden Christen abhoben, indem sie ihren Glauben in ihrem Leben zeigten. Da es in der heutigen Zeit viel mehr bloße Bekenner unter den Christen gibt als je zuvor, ist dieser Brief noch nie so nötig gewesen wie in dieser Zeit.

Wahrer Glaube wird sich im Verhalten eines Gläubigen in den alltäglichen Situationen des Lebens offenbaren. Deshalb greift Jakobus Situationen auf, denen wir alle in unserem täglichen Leben begegnen, und zeigt, wie wir sie als Gelegenheiten nutzen sollen, um unseren Glauben an Christus unter Beweis zu stellen. In gewisser Weise baut Jakobus auf den Lehren des Herrn Jesus auf, der sagte: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7,20).

Ein Überblick über den Brief

Wie bereits erwähnt, berührt Jakobus eine Reihe von Bereichen des christlichen Lebens, in denen der Glaube erforderlich ist und sich beweisen sollte. Wenn wir diesen alltäglichen Lebensbereichen im Glauben begegnen, werden wir die Echtheit unseres Glaubens unter Beweis stellen; die moralischen Schönheiten und Tugenden des Christentums werden in unserem Leben als Beweis für unseren Glauben zu sehen sein.

  • Glaube beweist sich darin, wie wir mit Prüfungen umgehen – in froher Unterwerfung und Vertrauen in die Güte Gottes (Jak 1,2-18).
  • Glaube beweist sich darin, wie wir das Wort Gottes empfangen und darauf reagieren – in Gehorsam (Jak 1,19-27).
  • Glaube beweist sich darin, wie wir andere behandeln – in Gnade und Freundlichkeit (Jak 2,1-26).
  • Glaube beweist sich in unserem Reden – in Selbstbeherrschung (Jak 3,1-18).
  • Glaube beweist sich darin, dass wir uns nicht von dem Fleisch, der Welt und dem Teufel beherrschen lassen – in Heiligkeit (Jak 4,1-17).
  • Glaube beweist sich darin, wie wir mit Ungerechtigkeiten umgehen – mit Geduld/Ausharren (Jak 5,1-13).
  • Glaube beweist sich durch unsere Sorge für die Kranken (körperlich und geistlich) – in Liebe (Jak 5,14-20).

Nächster Teil


Übersetzt aus The Epistle of James

Übersetzung: Stephan Isenberg

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