Besonderheiten im Text der Heiligen Schrift – Berühren
häptomai – thiggäno – pselaphäo

Christian Briem

© CSV, online seit: 05.12.2005, aktualisiert: 28.06.2023

Leitverse: Matthäus 8,3 „Und er streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will; werde gereinigt! Und sogleich wurde er von seinem Aussatz gereinigt.“; Hebräer 11,28 „Durch Glauben hat er das Passah gefeiert und die Besprengung des Blutes, damit der Verderber der Erstgeburt sie nicht antaste.“; Lukas 24,39 „Seht meine Hände und meine Füße, dass ich es selbst bin; betastet mich und seht, denn ein Geist hat nicht Fleisch und Gebein, wie ihr seht, dass ich habe.“

Es gibt in der Hauptsache drei Wörter im griechischen Neuen Testament, die im Sinn von „berühren“ gebraucht werden. Es bestehen zwischen ihnen feine Unterschiede, die hier einmal aufgezeigt werden sollen.

Das Wort häptomai ist von dem Tätigkeitswort „verbinden“, „anknüpfen“ abgeleitet und bedeutet „freiwillig anfassen“, „berühren“. Es beschreibt also nicht ein unbewusstes, zufälliges Berühren, sondern ein gewisses Maß an Gemeinschaft. Dieses Wort benutzt der Heilige Geist zur Schilderung folgender Begebenheiten im Leben des Herrn Jesus: als Er zur Heilung den Aussätzigen anrührte, ohne dadurch selbst unrein zu werden (Mt 8,3 „Und er streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will; werde gereinigt! Und sogleich wurde er von seinem Aussatz gereinigt.“; Lk 5,13 „Und er streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will; werde gereinigt! Und sogleich wich der Aussatz von ihm.“); als Er die fieberkranke Schwiegermutter des Petrus anrührte und sie heilte (Mt 8,15 „Und er rührte ihre Hand an, und das Fieber verließ sie; und sie stand auf und diente ihm.“); als Er die Augen der beiden Blinden anrührte und ihnen so das Gesicht wiedergab (Mt 9,29 „Dann rührte er ihre Augen an und sprach: Euch geschehe nach eurem Glauben.“). Mit diesem Wort wird auch der Glaube der blutflüssigen Frau beschrieben, in dem sie von hinten die Quaste seines Kleides anrührte (Mt 9,20.21 (20) Und siehe, eine Frau, die zwölf Jahre an Blutfluss litt, trat von hinten herzu und rührte die Quaste seines Gewandes an; (21) denn sie sprach bei sich selbst: Wenn ich nur sein Gewand anrühre, werde ich geheilt werden.“); und dieses Wort benutzt auch der Herr Jesus, wenn Er fragt: „Wer ist es, der mich angerührt hat?“ (Lk 9,45). Der Gedanke der Gemeinschaft in diesem Wort kommt auch darin zum Ausdruck, dass der Herr Jesus in Auferstehung der Maria Magdalene nicht gestattete, Ihn „anzurühren“ (Joh 20,17). Maria und mit ihr der jüdische Überrest jener Tage mussten lernen, dass ihre Beziehungen zum Herrn als dem Messias für eine Zeit unterbrochen waren und dass nun neue Beziehungen gegründet worden waren, die durch den Heiligen Geist mit einem auferstandenen und in den Himmel gegangenen Herrn genossen werden konnten. Dass man durch das Anrühren von Unreinem selbst verunreinigt wird, macht 2. Korinther 6,17 „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen;“ warnend klar. Der Ausdruck „keine Frau zu berühren“ weist ebenfalls auf Gemeinschaft hin (1Kor 7,1 „Was aber das betrifft, wovon ihr [mir] geschrieben habt, so ist es gut für einen Menschen, keine Frau zu berühren.“).

Das Wort thiggäno dagegen meint nur ein leichtes Berühren. Allein ein leichtes Berühren durch den Zerstörer der Erstgeburt hätte für die Israeliten in jener Nacht verhängnisvolle Folgen gehabt (Heb 11,28 „Durch Glauben hat er das Passah gefeiert und die Besprengung des Blutes, damit der Verderber der Erstgeburt sie nicht antaste.“). In Kolosser 2 kommen beide Wörter, häptomai und thiggäno, nebeneinander vor: „Berühre nicht, koste nicht, betaste nicht“ (Kol 2,21). Das war die Sprache jüdischer Verführer, die die Gläubigen wieder menschlichen Satzungen unterwerfen wollten. Sonst begegnet uns das Wort nur noch einmal im Hebräerbrief (Heb 12,20 „(denn sie konnten nicht ertragen, was angeordnet wurde: „Und wenn ein Tier den Berg berührt, soll es gesteinigt werden.““). So furchtbar erwies sich die Heiligkeit Gottes unter Gesetz, dass ein Tier, wenn es auch nur leicht den heiligen Berg Gottes berührte, gesteinigt werden musste.

Das dritte Wort für „berühren“, pselaphäo, hat eine interessante Bedeutung. Es setzt sich nämlich aus den Wörtern „berühren“ und „fühlen“ zusammen. Somit ergibt sich als Bedeutung dieses Wortes „mit den Fingern fühlen/betasten, berühren“. Es wird in Verbindung mit Dingen benutzt, die fühl- oder greifbar sind. Ist es nicht bezeichnend, dass der Herr Jesus als der Auferstandene seine Jünger einlud, Ihn zu betasten, und dabei dieses seltene Wort benutzte? „Seht meine Hände und meine Füße, dass ich es selbst bin; betastet mich und seht, denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr sehet, dass ich habe“ (Lk 24,39). Auch der letzte Schreiber des Neuen Testaments, der Apostel Johannes, verwendet dieses Wort (1Joh 1,1 „Was von Anfang an war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben, betreffend das Wort des Lebens“), um dem schon damals vorhandenen Irrtum der Gnostiker entgegenzuwirken, Christus sei nur ein Phantom, ein Trugbild, gewesen. Die beiden einzigen anderen Vorkommen dieses Wortes im Neuen Testament finden sich in Apostelgeschichte 17,27 „damit sie Gott suchen, ob sie ihn wohl ertasten und finden möchten, obgleich er nicht fern ist von einem jeden von uns.“ und in Hebräer 12,18 „Denn ihr seid nicht gekommen zu dem [Berg], der betastet werden konnte, und zu dem entzündeten Feuer und dem Dunkel und der Finsternis und dem Sturm“.

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Aus Ermunterung und Ermahnung
Dieser Artikel und viele andere sind auch erschienen in dem Buch Antworten auf Fragen zu biblischen Themen
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