Der Prophet Amos (9)
Kapitel 9

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online seit: 18.07.2020

Kein Körnchen ist verloren

Dieses Kapitel lässt sich ohne weiteres in zwei Teile teilen. In den Versen 1 bis 10 finden wir die letzte der fünf Visionen und Gottes Auflistung über die Drangsale, die Israel in den Ländern der Fremde erwarten, doch Er sichert ihnen zu, dass keines seiner Weizenkörner verlorengehen würde. In den Versen 11 bis 15 betrachtet der Seher – wie es für die Propheten üblich ist – die Wiederherstellung zur Herrlichkeit und zum Segen in den letzten Tagen, wenn ihre Drangsale für immer vorbei sein werden und die Nation in dem wiederhergestellten Überrest gerettet wird.

Verse 1-4

Amos 9,1-4: 1 Ich sah den Herrn am Altar stehen; und er sprach: Schlage auf den Knauf der Säule, dass die Schwellen erbeben, und zerschmettere sie auf ihrer aller Haupt; und ich werde ihren Rest mit dem Schwert umbringen; kein Flüchtling von ihnen soll fliehen und kein Entronnener von ihnen davonkommen. 2 Wenn sie in den Scheol einbrechen, wird meine Hand sie von dort holen; und wenn sie in den Himmel hinaufsteigen, werde ich sie von dort herabbringen; 3 und wenn sie sich auf dem Gipfel des Karmel verbergen, werde ich sie von dort hervorsuchen und holen; und wenn sie sich vor meinen Augen weg im Meeresgrund verstecken, werde ich von dort der Schlange gebieten, und sie wird sie beißen; 4 und wenn sie vor ihren Feinden her in die Gefangenschaft ziehen, werde ich von dort dem Schwert gebieten, und es wird sie umbringen. Und ich werde mein Auge gegen sie richten zum Bösen und nicht zum Guten.

Die Vision hat diesmal mit dem Haus Gottes zu tun. Man sieht den Herrn über oder neben dem Altar stehen. Er befiehlt, den Türsturz oder den Knauf der Tür zu schlagen, damit die Pfosten erzittern. Die fliehenden Priester und Menschen sind der Zerstörung geweiht, vor der niemand entrinnen kann (Amos 9,1). Er verkündet, dass, selbst wenn sie in den Scheol eintauchten, in die Welt der Geister, oder versuchten, in den Himmel hinaufzusteigen, seine Hand sie finden würde. Sie mochten sich auf den Höhen des erhabenen Karmel verstecken oder in den Tiefen des Meeres, aber sie würden dem Gericht, das ihre Sünden verdienten, nicht entrinnen. Selbst in der Gefangenschaft und in der Mitte ihrer Feinde würde Er das Schwert hinter ihnen her senden und seine Augen zum Bösen auf sie richten und nicht zum Guten (Amos 9,2-4).

Verse 5.6

Amos 9,5.6: 5 Und der Herr, der HERR der Heerscharen, der das Land anrührt, und es zerfließt, und es trauern alle, die darin wohnen, und es steigt insgesamt empor wie der Nil und sinkt zurück wie der Strom Ägyptens; 6 der seine Obergemächer im Himmel gebaut und seine Gewölbe über der Erde gegründet hat; der die Wasser des Meeres ruft und sie ausgießt über die Fläche der Erde: HERR ist sein Name.

Das war die Vision. Amos wendet sie als Text in den folgenden Versen an. Er beschreibt die Macht des Gottes, den sie geschmäht hatten, und beruft sich auf die Natur, die Gottes Macht und Weisheit bezeugt. Durch die Berührung seiner Hand schmilzt das Land dahin und seine Bewohner trauern. Er breitet die Wolken am Himmel aus und lässt Regen auf die Erde fallen. HERR ist sein Name.

Verse 7.8

Amos 9,7.8: 7 Seid ihr mir nicht wie die Kinder der Äthiopier, Kinder Israel?, spricht der HERR. Habe ich nicht Israel aus dem Land Ägypten heraufgeführt und die Philister aus Kaphtor und die Syrer aus Kir? 8 Siehe, die Augen des Herrn, HERRN, sind gegen das sündige Königreich gerichtet, und ich will es vom Erdboden weg vertilgen; nur dass ich das Haus Jakob nicht vollständig vertilgen werde, spricht der HERR.

Wer könnte wohl solch einem Gott widerstehen oder wer könnte Ihn verachten und dennoch wachsen und gedeihen? Israel würden seine Sonderprivilegien jetzt nichts nützen. Sie verdienten sie genauso wenig wie andere. Sie waren in nichts besser als die Äthiopier. Derselbe, der Israel aus Ägypten herausführte, brachte auch die Philister aus Kaphtor und die Syrier aus Kir. In seinen Augen war Israel nun nichts weiter als ein sündiges Königreich; es war sogar noch schlimmer als seine Nachbarn. Deshalb würde Er sie von der Erde hinweg vertilgen.

Trotz allem erinnert Er sich an die Verheißung, die Er den Vätern gegeben hatte, und sein Wort bezüglich des kommenden Samens wird Er nicht brechen; deshalb verschont Er einen Überrest. Darum wird Er das Haus Jakobs nicht völlig vernichten.

Verse 9.10

Amos 9,9.10: 9 Denn siehe, ich will gebieten und will das Haus Israel unter allen Nationen schütteln, wie Getreide in einem Sieb geschüttelt wird; und nicht ein Körnchen wird zur Erde fallen. 10 Alle Sünder meines Volkes werden durchs Schwert sterben, die da sprechen: Das Unglück wird uns nicht nahen und nicht an uns herankommen.

Er wird „das Haus Israel unter allen Nationen schütteln, wie Getreide in einem Sieb geschüttelt wird; und nicht ein Körnchen wird zur Erde fallen“. Nur die Sünder in seinem Volk werden durch das Schwert umkommen, die, die behaupten: „Das Unglück wird uns nicht nahen und nicht an uns herankommen.“ Dieses Bild benutzte auch der Herr Jesus, als Er den selbstsicheren Petrus ansprach. Er würde in das Sieb Satans geraten, aber nicht, um endgültig zerstört zu werden, sondern damit die Spreu sich vom Weizen trennt. Das wird auch das Ergebnis der Siebung Israels unter den Nationen sein. Nicht alle, die aus Israel sind, sind auch Israeliten, das heißt, nicht alle, die von Jakob abstammen, sind auch Kinder des Glaubens. Nur die, die sich dem Wort des Herrn beugen und seinem Zeugnis glauben, sind das Israel Gottes. Über solche erbittet ein neutestamentlicher Apostel den Frieden Gottes. Diese werden der Weizen sein, der für das kommende Königreich erhalten werden wird.

Verse 11.12

Amos 9,11.12: 11 An jenem Tag werde ich die verfallene Hütte Davids aufrichten und ihre Risse vermauern und ihre Trümmer aufrichten, und ich werde sie bauen wie in den Tagen vor alters; 12 damit sie den Überrest Edoms und alle Nationen in Besitz nehmen, über denen mein Name genannt werden wird, spricht der HERR, der dieses tut.

An diesem Tag wird die längst verfallene Hütte Davids wieder aufgerichtet, und die Stadt Jerusalem wird wiederaufgebaut und auf den alten Ruinen aufgerichtet werden. Dann wird das wiederhergestellte Israel das Land Edom besitzen und alle geretteten Nationen werden unter seiner Herrschaft sein.

Es ist bemerkenswert, dass Jakobus diese Verse aus Amos 9,11.12 in Apostelgeschichte 15 zitiert, um den Ruf der Heiden zu rechtfertigen, obwohl es wahrscheinlich mehr damit auf sich hat als nur das. Es harmoniert vollkommen mit dem Gedanken, dass die Gnade auch zu den Nationen ausgeht. Es zeigt auch, dass nach dem gegenwärtigen Werk Gottes, das darin besteht, aus den Heiden ein Volk für seinen Namen auszusondern, der Herr seine Hand noch einmal Israel entgegenstrecken und die Hütte Davids aufrichten wird, um alle Verheißungen zu erfüllen, die durch die Propheten gegeben worden waren (Apg 15,16.17).

Verse 13-15

Amos 9,13-15: 13 Siehe, Tage kommen, spricht der HERR, da der Pflüger an den Schnitter und der Traubentreter an den Sämann reichen wird; und die Berge werden träufeln von Most, und alle Hügel werden zerfließen. 14 Und ich werde die Gefangenschaft meines Volkes Israel wenden; und sie werden die verwüsteten Städte aufbauen und bewohnen und Weinberge pflanzen und deren Wein trinken und Gärten anlegen und deren Frucht essen. 15 Und ich werde sie in ihrem Land pflanzen; und sie sollen nicht mehr herausgerissen werden aus ihrem Land, das ich ihnen gegeben habe, spricht der HERR, dein Gott.

In dieser glorreichen Zeit der Wiederherstellung wird Palästina wieder bebaut und zur Freude und Blüte gebracht werden wie eine Rose. Die Gefangenschaft Israels wird in ihrem väterlichen Erbbesitz zum Abschluss gebracht werden. Die verlassenen Städte werden wiederaufgebaut und bewohnt werden. Weinberge und Gärten werden wieder erblühen, und Gott selbst wird sein auserwähltes Volk in dem Land pflanzen, das Er ihren Vätern gegeben und durch seinen Eid zugeschworen hatte: „Sie sollen nicht mehr herausgerissen werden aus ihrem Land“, in das Er sie zurückführen wird, sondern sie werden dort unter der segensreichen Herrschaft des Herrn Jesus Christus wohnen. Die Worte „spricht der HERR, dein Gott“ schließen das Buch abrupt ab. Er hat gesprochen, und Er wird sein Wort um seines eigenen Namens willen ausführen.

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Originaltitel: „Notes on the Prophecy of Amos“
aus Notes on the Minor Prophets, 1909

Übersetzung: Anne Brust


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