Das Buch Esra (10)
Kapitel 10

Henry Allen Ironside

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Demütigung und Erhöhung

Vers 1

Der Geist Gottes wirkte mächtig in den Herzen und im Gewissen des schuldigen Volkes, während Esra betete und dem HERRN von ihrem gefallenen Zustand berichtete. Und zwar so sehr, dass das Werk der Wiederherstellung bereits in vollem Gange war:

Esra 10,1: Und als Esra betete und als er bekannte, weinend und vor dem Haus Gottes hingestreckt, versammelte sich zu ihm aus Israel eine sehr große Versammlung von Männern und Frauen und Kindern; denn das Volk weinte sehr.

Es waren in der Tat gnadenreiche Tränen, die von einer inneren Erschütterung berichteten, die nur zum Segen führen konnte. Wie anders wäre wohl die Nachgeschichte dieses Volkes verlaufen, wenn Esra sich in Abscheu oder Verzweiflung kalt von ihnen abgewandt und sie in ihrem armseligen Zustand gelassen hätte. Ein solches Verhalten hätte nicht helfen können und hätte nur das Fleisch in ihnen geweckt; aber der Anblick dieses neu eingetroffenen Mannes Gottes, der wegen ihrer Gleichgültigkeit und ihres unbiblischen Lebenswandels Seelenqualen litt, brachte sie zur Besinnung und ließ sie vielleicht zum ersten Mal etwas von der Schwere ihrer Sünde erkennen.

Verse 2-5

Esra 10,2-5: 2 Und Schekanja, der Sohn Jechiels, von den Söhnen Elams, hob an und sprach zu Esra: Wir haben treulos gehandelt gegen unseren Gott und haben fremde Frauen aus den Völkern des Landes heimgeführt; nun aber ist noch Hoffnung für Israel bezüglich dieser Sache. 3 So lasst uns jetzt einen Bund schließen mit unserem Gott, dass wir alle Frauen und die, die von ihnen geboren sind, hinaustun, nach dem Rat meines Herrn und derer, die vor dem Gebot unseres Gottes zittern; und es soll nach dem Gesetz gehandelt werden. 4 Steh auf, denn dir obliegt die Sache; und wir werden mit dir sein. Sei stark und handle! 5 Da stand Esra auf, und er ließ die Obersten der Priester, der Leviten und des ganzen Israel schwören, nach diesem Wort zu tun.

Schekanja, einer der Söhne Elams, wurde zum Sprachrohr der nun reumütigen Übeltäter, gestand vorbehaltlos das Versagen ein und versuchte auf eine zu seiner Zeit schöne Weise, das Herz Esras zu trösten. „Wir haben treulos gehandelt gegen unseren Gott“, gab er freimütig zu, „und haben fremde Frauen aus den Völkern des Landes heimgeführt.“ Das war ein direkter Verstoß gegen das Verbot im Gesetz des Mose. Sie hatten in dieser schwerwiegenden Angelegenheit nicht nach dem gefragt, „was … geschrieben steht“ (2Chr 35,26); daher hatten sie einen schweren Fehler begangen, der nun in der Tat traurige Früchte trug; denn es musste noch manches Herz gebrochen werden, bevor die Dinge wieder in Ordnung gebracht wurden; und in der Tat war gegen die armen unwissenden heidnischen Frauen ein Unrecht begangen worden, das auf Erden niemals wiedergutgemacht werden konnte. Aber Schekanja wagt es, auf Gottes Barmherzigkeit zu zählen und fügt hinzu: „Nun aber ist noch Hoffnung für Israel bezüglich dieser Sache.“ Aber diese Hoffnung auf künftigen Segen beruht nur auf einer Bedingung, nämlich auf der vollständigen Verurteilung des Übels, das sich in der Verjagung aller fremden Frauen zeigte. Er fordert alle auf, die gesündigt hatten, einen Bund mit Gott zu schließen und in dieser Sache gehorsam zu sein, und ermahnt Esra, guten Mutes zu sein und in jedem Fall, der sich ergeben wird, als Richter zu richten (Esra 10,3.4). Esra verlangte von den Hohenpriestern, den Leviten und ganz Israel ein sofortiges Versprechen, dass sie tun würden, was Schekanja gesagt hatte; und so schwer es vielen von ihnen auch gefallen sein muss – sie schworen, gehorsam zu sein.

Vers 6

Esra 10,6: Und Esra stand auf vor dem Haus Gottes und ging in die Zelle Jochanans, des Sohnes Eljaschibs; und er ging dorthin, er aß kein Brot und trank kein Wasser, denn er trauerte über die Treulosigkeit der Weggeführten.

Infolge der Mühsal seiner Seele verweigert Esra jede körperliche Erfrischung.

Verse 7.8

Esra 10,7.8: 7 Und sie ließen durch Juda und Jerusalem einen Ruf ergehen an alle Kinder der Wegführung, dass sie sich nach Jerusalem versammeln sollten. 8 Und jeder, der nicht innerhalb von drei Tagen käme, nach dem Rat der Obersten und Ältesten, dessen ganze Habe sollte verbannt und er selbst sollte aus der Versammlung der Weggeführten ausgeschlossen werden.

An alle Kinder der Wegführung erging sofort die Aufforderung, sich innerhalb von drei Tagen in Jerusalem zu versammeln, andernfalls würde jeder, der sich weigerte, abgetrennt bzw. „aus der Versammlung der Weggeführten ausgeschlossen werden“ und sein ganzes Vermögen einbüßen (Esra 10,8). Sich jetzt zu weigern, dem Wort zu gehorchen, würde eine Gewissensverhärtung zeigen, die nicht geduldet werden könnte, und eine Eigensinnigkeit, die den Schuldigen als völlig ungeeignet für die Gemeinschaft mit seinen Brüdern ausweist.

Verse 9-12

Esra 10,9: Da versammelten sich alle Männer von Juda und Benjamin innerhalb von drei Tagen nach Jerusalem – das war der neunte Monat –, am Zwanzigsten des Monats. Und das ganze Volk saß auf dem Platz des Hauses Gottes, zitternd um der Sache willen und infolge der Regengüsse.

Zur festgesetzten Zeit versammelten sich alle Männer von Juda und Benjamin in Jerusalem. Es war der zwanzigste Tag des neunten Monats, in der Regenzeit, „und das ganze Volk saß auf dem Platz des Hauses Gottes, zitternd um der Sache willen und infolge der Regengüsse“. Sicherlich eine trostlose Gesellschaft, aber eine entschlossene, die bereit war, das Wort des Herrn um jeden Preis auszuführen.

Esra 10,10: Da stand Esra, der Priester, auf und sprach zu ihnen: Ihr habt treulos gehandelt und habt fremde Frauen heimgeführt, um die Schuld Israels zu mehren.

Treu legte Esra, der Priester, ihnen ihre Sünde vor Augen, milderte nichts von ihrer Schuld und wies sie an, wie sie sich verhalten sollten, um wirklich Reue zu zeigen. Sie hatten eine Übertretung begangen. Sie hatten gegen Gottes offenbarten Willen verstoßen, indem sie sich fremde Frauen nahmen, um die ohnehin schon schwere Last der Schuld Israels noch zu vergrößern. Deshalb forderte er sie auf:

Esra 10,11: So legt nun ein Bekenntnis ab vor dem HERRN, dem Gott eurer Väter; und tut sein Wohlgefallen und sondert euch ab von den Völkern des Landes und von den fremden Frauen!

Man kann sich das Herzklopfen, das dies auslösen würde, sicher gut vorstellen.

Esra 10,12: Und die ganze Versammlung antwortete und sprach mit lauter Stimme: Nach deinem Wort, so obliegt es uns zu tun!

Es gab kein Nörgeln, kein Ausweichen vor den Folgen ihres ungleichen Jochs, sondern die feste Entschlossenheit, dem Wort Gottes um jeden Preis zu gehorchen. Wäre das Gewissen nur ein paar Jahre zuvor aktiv gewesen, hätte man sich die Qualen ersparen können, die man jetzt erlitt! So ist es immer, wenn Menschen versuchen, mit dem Willen des Herrn leichtfertig umzugehen.

Verse 13.14

Aber alles musste in geordneter und rechtmäßiger Weise geschehen, also baten sie um Zeit, um alles so human wie möglich zu gestalten:

Esra 10,13.14: 13 Aber das Volk ist zahlreich; und es ist die Regenzeit, so dass man nicht draußen stehen kann; auch ist es nicht ein Werk von einem Tag oder von zweien, denn viele unter uns haben in dieser Sache übertreten. 14 Lass doch unsere Obersten für die ganze Versammlung dastehen. Und alle, die in unseren Städten sind, die fremde Frauen heimgeführt haben, mögen zu bestimmten Zeiten kommen, und mit ihnen die Ältesten jeder Stadt und ihre Richter, solange diese Sache dauert, bis die Glut des Zorns unseres Gottes von uns abgewandt werde.

Dies war kein rein fleischliches Mittel, um Zeit zu gewinnen, sondern drückte den ernsten Wunsch des Volkes aus, dass bei den traurigen Abschiebungen, die folgen mussten, alles anständig und geordnet ablaufen sollte. Zweifellos steckte darin auch der Wunsch, einer rechtmäßigen Frau, die wirklich aus den Nachkommen Israels stammte, kein Unrecht zu tun.

Verse 15-17

Esra 10,15-17: 15 Nur Jonathan, der Sohn Asaels, und Jachseja, der Sohn Tikwas, traten dagegen auf; und Meschullam und Schabbetai, der Levit, standen ihnen bei. 16 Und die Kinder der Wegführung taten so. Und es wurden ausgesondert Esra, der Priester, und Männer, Häupter der Väter nach ihren Vaterhäusern, und zwar alle mit Namen; und sie setzten sich nieder am ersten Tag des zehnten Monats, um die Sache zu untersuchen. 17 Und sie kamen bis zum ersten Tag des ersten Monats mit allem zu Ende bezüglich der Männer, die fremde Frauen heimgeführt hatten.

Die Hohenpriester und Leviten halfen Esra dabei, und innerhalb von drei Monaten war die Ungerechtigkeit im ganzen Land beseitigt, und alle heidnischen Frauen und ihre Nachkommen wurden beiseitegestellt. Manche dieser Erfahrungen müssen herzzerreißend gewesen sein, aber sie waren alle die Frucht der Abkehr von Gott und des Handelns aus Eigenwillen.

Verse 18-44

Esra 10,18-44: 18 Und unter den Söhnen der Priester, die fremde Frauen heimgeführt hatten, fanden sich von den Söhnen Jeschuas, des Sohnes Jozadaks, und seinen Brüdern: Maaseja und Elieser und Jarib und Gedalja. 19 Und sie gaben ihre Hand darauf, dass sie ihre Frauen hinaustun und einen Widder vom Kleinvieh für ihre Schuld entrichten wollten. – 20 Und von den Söhnen Immers: Hanani und Sebadja; 21 und von den Söhnen Harims: Maaseja und Elija und Schemaja und Jechiel und Ussija; 22 und von den Söhnen Paschchurs: Eljoenai, Maaseja, Ismael, Nethaneel, Josabad und Elasa. – 23 Und von den Leviten: Josabad und Simei und Kelaja (das ist Kelita), Petachja, Juda und Elieser. – 24 Und von den Sängern: Eljaschib. – Und von den Torhütern: Schallum und Telem und Uri. – 25 Und von Israel: von den Söhnen Parhoschs: Ramja und Jissija und Malkija und Mijamin und Eleasar und Malkija und Benaja; 26 und von den Söhnen Elams: Mattanja, Sekarja und Jechiel und Abdi und Jeremot und Elija; 27 und von den Söhnen Sattus: Eljoenai, Eljaschib, Mattanja und Jeremot und Sabad und Asisa; 28 und von den Söhnen Bebais: Jochanan, Hananja, Sabbai, Atlai; 29 und von den Söhnen Banis: Meschullam, Malluk und Adaja, Jaschub und Scheal, Jeremot; 30 und von den Söhnen Pachat-Moabs: Adna und Kelal, Benaja, Maaseja, Mattanja, Bezaleel und Binnui und Manasse; 31 und die Söhne Harims: Elieser, Jischija, Malkija, Schemaja, Simeon, 32 Benjamin, Malluk, Schemarja; 33 von den Söhnen Haschums: Mattenai, Mattatta, Sabad, Eliphelet, Jeremai, Manasse, Simei; 34 von den Söhnen Banis: Maadai, Amram und Uel, 35 Benaja, Bedja, Keluhi, 36 Wanja, Meremot, Eljaschib, 37 Mattanja, Mattenai und Jaasai, 38 und Bani und Binnui, Simei, 39 und Schelemja und Nathan und Adaja, 40 Maknadbai, Schaschai, Scharai, 41 Asarel und Schelemja, Schemarja, 42 Schallum, Amarja, Joseph; 43 von den Söhnen Nebos: Jeghiel, Mattitja, Sabad, Sebina, Jaddai und Joel, Benaja. 44 Alle diese hatten fremde Frauen genommen, und es gab unter ihnen Frauen, die Kinder geboren hatten.

Das Kapitel schließt mit einer dritten Liste von Namen, die diesmal von besonders ernster Bedeutung ist. Alle in dieser Aufzählung „hatten fremde Frauen genommen, und es gab unter ihnen Frauen, die Kinder geboren hatten“ (Esra 10,44). Gott, der zuvor die Treue vieler dieser Männer beim Heraufziehen aus Babylon bemerkt hatte, nahm nun das Versagen eines jeden Einzelnen ebenso genau zur Kenntnis. Dafür müssen sie am Tag Christi Verlust erleiden.

Bei denen, die Gott so nahe standen wie die Priester, war diese Sünde besonders verwerflich, und deshalb wird uns mit Bestimmtheit mitgeteilt, dass sie ihre Hand darauf gaben, „dass sie ihre Frauen hinaustun und einen Widder vom Kleinvieh für ihre Schuld entrichten wollten“ (Esra 10,19). So wurde der Bruch geheilt und sie erhielten ihre verlorenen Vorrechte zurück.

Mit diesem Bericht endet das Buch Esra. Er war von Gott gebraucht worden, um sein abgesondertes Volk zu der Erkenntnis zu bringen, dass es in Bezug auf die Wahrung des ihm entgegengebrachten Vertrauens versagt hatte. Selbstverurteilung war die Folge, und nun war der Weg frei für glückliche Gemeinschaft und hilfreichen Dienst. Wenn ich das Wort Gemeinschaft (engl. fellowship) in diesem Fall verwende, vergesse ich nicht, dass es ein Wort ist, das ausschließlich zum Neuen Testament gehört. Ich verwende es hier eher als Ideal und Ausdruck für das, wofür es steht, als dafür, dass die Sache selbst damals wirklich bekannt war und genossen wurde.

Die Gemeinschaft ist das Ergebnis des Herabkommens des Heiligen Geistes auf die Erde und seiner Innewohnung in allen Gläubigen. So bringt Er uns in die Gemeinschaft mit Gottes Sohn. Wo die Trennung vom Bösen aufrechterhalten wird und die Gläubigen das Haupt festhalten, gibt es Gemeinschaft untereinander in der Kraft des Geistes. Dies ist charakteristisch für die gegenwärtige Haushaltung des Geheimnisses und ein Fortschritt gegenüber allem, was in alttestamentlichen Zeiten bekannt war.

Mit dieser Bemerkung schließen wir vorerst das lehrreiche und aufschlussreiche Buch Esra. Für weitere, ebenso wichtige Informationen über den zurückgekehrten Überrest und seinen priesterlichen Diener müssen wir uns dem folgenden Buch in unserer Bibel zuwenden, das von einem anderen, ebenso hingebungsvollen Diener geschrieben wurde, wenn auch von einem Mann mit eher soldatischem Charakter, Nehemia. Im Buch Esther finden wir dagegen Gottes Fürsorge für diejenigen aufgezeichnet, die in Babylon blieben, obwohl sie nach Jerusalem hätten gehen können, und mit denen Er seinen Namen nicht offen in Verbindung bringt.

„Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor seiner Herrlichkeit untadelig darzustellen vermag mit Frohlocken, dem alleinigen Gott, unserem Heiland, durch Jesus Christus, unseren Herrn, sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Ewigkeit! Amen“ (Jud 24.25).

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Originaltitel: „Humiliation and Lifting Up“
in Notes on the Books of Ezra, Nehemiah, and Esther.
Quelle: https://plymouthbrethren.org

Übersetzung: Samuel Ackermann


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