Das Buch Esra (5)
Kapitel 5

Henry Allen Ironside

online seit: 30.11.2023, aktualisiert: 01.12.2023

Prophetischer Dienst

Verse 1.2

Es ist oft gesagt worden, und es ist wahr, dass es eine Sache ist, sich am rechten Platz zu befinden, und eine ganz andere, sich im rechten Zustand zu befinden. Der Überrest Judas befand sich am rechten Platz, als er an den Ort des Namens zurückgebracht wurde. Aber wir haben gerade gesehen, dass sie aus dem glücklichen Zustand, in dem sie sich bei ihrer ersten Rückkehr nach Jerusalem befanden, in einen Zustand verfallen waren, der sie leicht entmutigen ließ.

Was war also die Lösung? Alles aufgeben und an den Ort zurückkehren, den sie verlassen hatten? Keineswegs; denn sie waren von Gott beauftragt, dort zu bleiben, wo sie waren, und man konnte sich darauf verlassen, dass Er ihnen einen geeigneten Dienst zukommen lassen würde, um sie zu wecken und zu beleben, damit sie einen gesünderen Zustand erreichen konnten.

Doch wie oft erleben wir das Gegenteil davon. Die Menschen lernen bestimmte Wahrheiten aus dem Wort Gottes und erbitten die Gnade, in diesen Wahrheiten zu wandeln. Dazu gehört eine besondere Haltung als Versammlung: allein zum Namen des Herrn Jesus, in Trennung von allem, was unheilig ist. Doch nach und nach vergeht die Frische der ersten Tage und es folgt eine Zeit der Trägheit und Gleichgültigkeit. Die Liebe vieler erkaltet und ihr jugendlicher Elan ist dahin. Was sollen diejenigen tun, die mit Gott im Reinen sein wollen? Die Stellung aufgeben und zu dem zurückkehren, was sie einst um Christi willen verlassen hatten?

Sicherlich nicht; aber wenn du in dieser Situation bist, schreie zu Gott um das Wirken des Geistes, damit es Erweckung und Segen geben kann. Haltet um jeden Preis die richtige Stellung und blickt auf zum Haupt, um zu erfahren, was jedes Glied benötigt.

Esra 5,1: Und Haggai, der Prophet, und Sacharja, der Sohn Iddos, die Propheten, weissagten den Juden, die in Juda und in Jerusalem waren, im Namen des Gottes Israels, der über ihnen war.

Aber Gott hatte ein Auge auf sein entmutigtes Volk, und in gnädiger Sorge um ihren Zustand erweckte Er unter ihnen Haggai und Sacharja, beide „Boten des Herrn, kraft der Botschaft des HERRN“ (Hag 1,13). Im Namen des Gottes Israels ermahnten diese beiden ergebenen Diener die Übrigen, ihren Weg zu überdenken und stark bzw. mutig zu sein, denn sie standen unmittelbar unter der Obhut des HERRN, als wären sie wie Brandscheite aus dem Feuer gerettet worden [Sach 3,2]. Haggai befasste sich vor allem mit dem Gewissen des Volkes. Es sind aufrüttelnde, scharfe Worte. Sacharja hatte den Auftrag, mehr zu ihren Herzen zu sprechen und sie angesichts der kommenden Herrlichkeit zu heiliger Tapferkeit zu ermutigen. Beide Ausprägungen des Dienstes waren notwendig. Das Gottes Volk hat ein Gewissen und ein Herz, und an beides muss appelliert werden.

Das unmittelbare Ergebnis war, dass der Geist in den Reihen der Führer zu wirken begann:

Esra 5,2: Da machten sich Serubbabel, der Sohn Schealtiels, und Jeschua, der Sohn Jozadaks, auf und fingen an, das Haus Gottes in Jerusalem zu bauen, und mit ihnen die Propheten Gottes, die sie unterstützten.

Verse 3.4

Esra 5,3.4: 3 In jener Zeit kamen Tatnai, der Statthalter diesseits des Stromes, und Schetar-Bosnai und ihre Genossen zu ihnen und sprachen zu ihnen so: Wer hat euch Befehl gegeben, dieses Haus zu bauen und diese Mauer zu vollenden? 4 Darauf sagten wir ihnen, welches die Namen der Männer wären, die diesen Bau ausführten.

Und wie nicht anders zu erwarten, werden ihre unverschämten Widersacher sofort wieder aktiv. Kaum hat man mit Kelle und Hammer begonnen, das Haus wieder aufzubauen oder zu vollenden, da erscheinen Tatnai, der samaritanische Statthalter, und Schetar-Bosnai (für uns neue Namen) und ihre Begleiter und fragen entrüstet: „Wer hat euch befohlen, dieses Haus zu bauen?“ Es wäre sinnlos gewesen, solchen Männern etwas zu erklären, und es wäre nichts anderes gewesen, als Perlen vor die Säue zu werfen. „Das Geheimnis des HERRN ist für die, die ihn fürchten“ (Ps 25,14), und bei niemand sonst. Natürliche Menschen können eine göttliche Berufung und göttliche Vollmacht nicht verstehen. Deshalb nahmen Serubbabel und seine Helfer keinen Bezug auf die prophetischen Botschaften, die ihre eigenen Seelen so aufgewühlt hatten, sondern antworteten diesen Narren einfach entsprechend ihrer Torheit. „Was sind die Namen der Männer, die diesen Bau ausführen?“ (Rev.Elb.), fragten sie in ihrer Antwort. Das war nur eine andere Art, zu sagen, dass die Angelegenheit, mit der sie zu tun hatten, eine war, an der ihre Fragesteller weder Anteil noch Verantwortung hatten.

Vers 5

Und obwohl offensichtlich Überzeugungsarbeit geleistet und gedroht wurde, „war das Auge ihres Gottes über den Ältesten der Juden“:

Esra 5,5: Aber das Auge ihres Gottes war über den Ältesten der Juden, dass man ihnen nicht wehrte, bis die Sache an Darius gelangte und man dann einen Brief darüber zurückschickte.

Und dann lenkte Gott das Herz des Königs so, dass er eine Antwort des Friedens und der Ermutigung gab.

Verse 6-10

Esra 5,6-10: 6 Abschrift des Briefes, den Tatnai, der Statthalter jenseits des Stromes, und Schetar-Bosnai und seine Genossen, die Apharsakiter, die jenseits des Stromes wohnten, an den König Darius sandten. 7 Sie sandten einen Bericht an ihn, und so war darin geschrieben: Darius, dem König, allen Frieden! 8 Dem König sei mitgeteilt, dass wir in die Landschaft Juda zum Haus des großen Gottes gegangen sind; und es wird mit Quadersteinen erbaut, und Balken werden in die Wände gelegt; und diese Arbeit wird eifrig betrieben, und sie gedeiht unter ihrer Hand. 9 Da haben wir jene Ältesten gefragt und so zu ihnen gesprochen: Wer hat euch Befehl gegeben, dieses Haus zu bauen und diese Mauer zu vollenden? 10 Und auch nach ihren Namen haben wir sie gefragt, um sie dir mitzuteilen, damit wir die Namen der Männer aufschrieben, die ihre Häupter sind.

Der hier erwähnte Darius darf nicht mit dem gleichnamigen König in Daniel 6 in Verbindung gebracht werden. Dieser war offensichtlich der Nachfolger von Xerxes dem Großen, während der andere nur ein Vizekönig unter Kores war. Die glanzvolle Herrschaft des Artasasta, wie er in diesem Bericht genannt wird, war zu Ende gegangen, und Darius bestieg den Thron. An ihn richteten sich daher die Feinde der Juden in einem langen Brief, der auf den ersten Blick eine viel direktere Prägung hat als der von Rehum und Schimschai verfasste Brief [in Esra 4]. Es werden keine falschen Beweise für den Wiederaufbau der Stadt angeführt, sondern die einfachen Tatsachen, dass das „Haus des großen Gottes“ im Bau ist, dass die Arbeit eifrig betrieben wird und „sie unter ihrer Hand gedeiht“. Ein Punkt ist wahrscheinlich eine Täuschung, indem sie sagen: „Dass wir in die Provinz Juda … gekommen sind“ (Esra 5,8 SCHL 2000), und sie sahen diese Dinge, als ob sie nur zufällig dorthin gingen, ohne böse Absicht. Wir wissen, dass es bewusste Feindschaft gegen die Juden war, die sie dazu brachte, auf diese Weise in ein Gebiet einzudringen, in dem sie keine Autorität hatten. Sie waren nur böswillige Wichtigtuer. Sie bemühen sich, dies geschickt zu verbergen, und schreiben, als ob sie durch einen bloßen Zufall zu sehen bekamen, was sie um die Ehre des Königs fürchten ließ.

Verse 11-16

Esra 5,11-16: 11 Und so gaben sie uns Antwort und sprachen: Wir sind die Knechte des Gottes des Himmels und der Erde, und wir bauen das Haus wieder auf, das viele Jahre zuvor gebaut wurde; und ein großer König von Israel hatte es gebaut und vollendet. 12 Aber seitdem unsere Väter den Gott des Himmels gereizt haben, hat er sie in die Hand Nebukadnezars, des Königs von Babel, des Chaldäers, gegeben, und er hat dieses Haus zerstört und das Volk nach Babel weggeführt. 13 Doch im ersten Jahr Kores’, des Königs von Babel, hat der König Kores Befehl gegeben, dieses Haus Gottes wieder aufzubauen. 14 Und auch die goldenen und silbernen Geräte des Hauses Gottes, die Nebukadnezar aus dem Tempel, der in Jerusalem war, herausgenommen und in den Tempel in Babel gebracht hatte, die hat der König Kores aus dem Tempel in Babel herausgenommen und sie einem Sesbazar (so sein Name) gegeben, den er zum Statthalter einsetzte. 15 Und er sprach zu ihm: Nimm diese Geräte, zieh hin, lege sie nieder in dem Tempel, der in Jerusalem ist; und das Haus Gottes werde wieder aufgebaut an seiner Stätte. 16 Da kam dieser Sesbazar und legte den Grund des Hauses Gottes, das in Jerusalem ist; und von da an bis jetzt wird daran gebaut, es ist aber noch nicht vollendet.

Es stellt sich die Frage, ob sie im Licht des bereits erwähnten Verses 4 nicht auf ein Vorwissen zurückgreifen, wenn sie den Ältesten die lange Antwort in den Mund legen, die in den Versen 11 bis 16 gegeben wird. All dies wurde tatsächlich getan, aber es scheint kaum wahrscheinlich, dass es Tatnai und seinen Freunden zu diesem besonderen Zeitpunkt bekannt gemacht worden war. Es war vielmehr das, was sie gehört hatten, als die Arbeit begann – genau das, was ihnen so lange zu schaffen gemacht hatte.

Sie erzählen, wie sie diese Ältesten gefragt hatten, wer ihnen befohlen hatte, diese Mauern zu bauen; und dann, aus lauter Scham, erzählen sie anstelle der abrupten und verächtlichen Antwort der Juden das (was Serubbabel offenbar nicht sagte), was eine große Wirkung auf Darius haben würde, indem sie ihn auf die unabänderlichen Dekrete des persischen Königs verwiesen.

Sie erklären, dass eine Antwort in diesem Sinne gegeben wurde: Diese Baumeister seien Diener des Gottes des Himmels und der Erde[1] und bauten das Haus wieder auf, das ein großer König Israels (dessen Name diesen Verschwörern offensichtlich unbekannt war) errichtet hatte. Aber nachdem ihre Väter den Gott des Himmels zum Zorn gereizt hatten, ließ Er die babylonische Gefangenschaft unter Nebukadnezar zu, durch die das Haus zerstört und das Volk weggeführt wurde. Aber es war etwas verkündet worden, was für sie offensichtlich eine höchst unerhörte und absurde Sache war: dass nämlich im ersten Jahr des Kores ein Dekret erlassen worden war, dieses Haus Gottes wieder aufzubauen, und dass die Gefäße des alten und zerstörten Tempels diesen Juden zurückgegeben worden waren, mit einem Befehl an Sesbazar (der persische Name von Serubbabel), der angeblich zum Statthalter ernannt worden war, diese Gefäße zu nehmen und sie zum Tempel in Jerusalem zu bringen, und das Haus Gottes „an seiner Stätte“ wieder aufzubauen. Demnach war besagter Sesbazar nach Jerusalem gekommen und hatte den Grundstein gelegt, und (hier folgte eine klare Ausflucht) „von da an bis jetzt wird daran gebaut“ (als ob es gegen das Dekret des Artasasta verstoßen würde, von dem sie annahmen, dass es den Sachverhalt vollständig erfasst), „es ist aber noch nicht vollendet“.

Vers 17

Diese Wichtigtuer waren sich offensichtlich sicher, dass dieser ganze Bericht keine authentische Grundlage hatte, und so drängten sie darauf, zu prüfen, ob ein solches Dekret jemals von König Kores erlassen worden war, und machten einen Vorschlag:

Esra 5,17: Und nun, wenn es der König für gut hält, so werde im Schatzhaus des Königs nachgesucht, das dort in Babel ist, ob es so sei, dass vom König Kores Befehl gegeben worden ist, dieses Haus Gottes in Jerusalem zu bauen; und der König sende uns seinen Willen hierüber zu.

Und so wurde ihr Brief aufgesetzt und abgeschickt; und zweifellos fühlten sie sich sicher, dass die Antwort des Königs das Werk dieser widerwärtigen Juden wirksam zum Schweigen bringen und die Errichtung eines Gebäudes, das wie eine Predigt gegen ihre bösen und götzendienerischen Wege gerichtet war, für immer verhindern würde.

In der Zwischenzeit ging die Arbeit weiter, denn „das Volk hatte Mut zur Arbeit“ (Neh 3,38), wie wir an anderer Stelle lesen, und die Propheten des HERRN ermutigten sie, seinen offenbarten Willen auszuführen in heiliger Unabhängigkeit von ihren aktiven und listigen Widersachern.

Das Ergebnis kann nicht angezweifelt werden, denn Gott lässt den Glaubenden nie im Stich. Er entblößt immer seinen Arm für diejenigen, die die Autorität seines Wortes anerkennen [vgl. Jes 52,10]. Er hat gesagt: „Die, die mich ehren, werde ich ehren, und die, die mich verachten, werden gering geachtet werden“ (1Sam 2,30).

Alles, was man braucht, ist der Glaube, der das Antlitz des Menschen nicht fürchtet, denn die Furcht des Herrn, die der Anfang der Weisheit ist, ist auf der Seele.


Engl. Originaltitel: „Chapter 5: Prophetic Ministry“
in Notes on the Books of Ezra, Nehemiah, and Esther.
Quelle: https://plymouthbrethren.org

Übersetzung: Samuel Ackermann

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Anmerkungen

[1] Ihre Hinzufügung der Worte „und Erde“ zeigt ihre Unkenntnis der Beziehung Gottes zu Israel zu jener Zeit.


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