Zersetzung durch Vermischung
Es gibt vielleicht keine größere Prüfung, der sich ein Mensch stellen muss, als durch Gnade eine Stellung zu vertreten, die er aus dem Wort Gottes als biblisch erkannt hat, und dann unsanft mit der Erkenntnis konfrontiert zu werden, dass die Menschen, die vor ihm dieselbe Stellung vertraten, nicht das sind, was er in ihnen zu finden gehofft hatte. Ja, dass sie sogar weniger geistlich, weniger hingebungsvoll, weniger eifrig für Gott sind als einige, die er in Systemen zurückgelassen hat, in denen quasi Dunkelheit herrschte. Dann muss man in der Tat von der Wahrheit fest ergriffen sein oder man ist geneigt, ganz überwältigt und völlig entmutigt zu werden. Manch eine labile Seele ist durch eine solche Prüfung völlig aus den Angeln gehoben worden. Solche Menschen kehren in ihrer Verzweiflung oft zu der unbiblischen Stellung zurück, die sie aufgegeben haben, und verbreiten ein schlechtes Zeugnis über das Land, wodurch sie andere davon abhalten, dem Licht zu folgen, das ihnen geschenkt ist. Einige, die zu große Gewissensbisse haben, um das, was sie zerstört haben, wiederaufzubauen, werden zu dem, was man geistliche Freigeister nennen könnte – und manchmal leider auch geistliche Ismaeliten, die ihre Hand gegen jeden Menschen und die Hand eines jeden Menschen gegen sie richten; sie kritisieren, suchen nach Fehlern, sind ruhelos und unglücklich, beschäftigen sich mit dem Bösen, beklagen die Zustände der Zeit, beklagen die Untreue aller und jedes Einzelnen, außer bei sich selbst, und verfallen so in einen Geist des Pharisäertums, der niemand nützt und für alle, mit denen sie in Berührung kommen, ein Hindernis darstellt.
All dies resultiert aus der Beschäftigung mit Personen statt mit Christus. Man nimmt an, dass Menschen, die in einer besonderen Gunst stehen und mit besonderer Erkenntnis gesegnet sind, persönlich verlässlicher sein müssten als die Allgemeinheit der Christen und dass das Fleisch in ihnen weniger wirksam wäre als in anderen. Oft hört man von Menschen, die „zu bestimmten Brüdern kommen“ oder sich dieser oder jener Gemeinschaft von Gläubigen „anschließen“. All das führt unweigerlich zu einer Katastrophe.
Allein zu Christus sind wir berufen, um hinaus „außerhalb des Lagers zu gehen und seine Schmach zu tragen“ (Heb 13,13). Er, gepriesen sei Gott, enttäuscht uns nie. Wenn das Auge auf Ihn gerichtet ist, wenn das Herz mit Ihm beschäftigt ist, wenn Er als das einzige Zentrum erkannt wird – dann kann es, wie auch immer der geistliche Zustand der Gläubigen sein mag, keine dauerhafte Enttäuschung geben, denn Christus bleibt.
Wenn ich sehe, dass es der Schrift entspricht, mich mit anderen Gläubigen zum Namen des Herrn Jesus zu versammeln, weil ich weiß, dass da „ein Leib und ein Geist“ ist, dann kann das Verhalten derer, die bereits so versammelt sind, die Wahrheit nicht einen Augenblick lang ändern. Vielmehr bedarf es einer Seelenübung meinerseits, damit ich ihnen eine Hilfe sein kann, indem ich sie zu neuer Hingabe und erneuertem Eifer im Selbstgericht aufrüttle.
Es ist viel einfacher, beiseitezutreten und auf den niedrigen Zustand der anderen hinzuweisen – sich sogar ganz aus ihrer Gesellschaft zurückzuziehen –, als einem Esra nachzueifern, der durch seine persönliche Treue die ganze Gesellschaft auf eine höhere Ebene hob. Es gibt weniger Ärger, weniger Verlegenheit, weniger Besorgnis, wenn man sich einfach abwendet und die anderen so weitermachen lässt, wie sie wollen; aber weder wird dadurch Gott verherrlicht noch werden fehlgeleitete Gläubige wiederhergestellt.
Die Stellung, sich in Einfachheit als Glieder des einen Leibes zum Namen des Herrn zu versammeln, ist keine, in der es keine Schwierigkeiten gibt, ganz im Gegenteil. Aber es ist ein Ort, an dem alle Schwierigkeiten beseitigt und jede Schwierigkeit allein durch das Wort Gottes gelöst werden kann; und das kann man von keiner Sekte in der Christenheit sagen. Dort verlässt man sich auf menschlichen Einfallsreichtum, auf von Menschen gemachte Vorschriften, auf fleischliche Gesetze und Verordnungen, um die Dinge in Ordnung zu halten und Streitigkeiten zu schlichten. Diejenigen aber, die sich im Glauben von all dem abwenden und sich allein auf Christus als Mittelpunkt und auf das Wort allein als Führer und Richtschnur berufen, finden das Wort völlig ausreichend, wenn man nur seinen Grundsätzen gehorcht. Von all dem liefern uns das vorliegende und das nachfolgende Kapitel eine höchst anschauliche Illustration.
Verse 1-3
Nach dem ersten Ausbruch von Lob und Anbetung kam für Esra das böse Erwachen, von dem ich oben gesprochen habe. Man kann sich die furchtbare Enttäuschung und den schmerzlichen Kummer vorstellen, die er empfand, als ihm die traurige Situation, die sich unter den abgesonderten Juden entwickelt hatte, offenbart wurde. Keine Beschreibung kann uns das lebendiger vor Augen führen als seine eigenen Worte.
Esra 9,1-3: 1 Und als dies ausgerichtet war, traten die Obersten zu mir und sprachen: Das Volk Israel und die Priester und die Leviten haben sich nicht von den Völkern der Länder, nach deren Gräueln, abgesondert, nämlich von den Kanaanitern, den Hethitern, den Perisitern, den Jebusitern, den Ammonitern, den Moabitern, den Ägyptern und den Amoritern; 2 denn sie haben von ihren Töchtern für sich und für ihre Söhne genommen, und so hat sich der heilige Same mit den Völkern der Länder vermischt; und die Hand der Obersten und der Vorsteher ist in dieser Treulosigkeit die erste gewesen. 3 Und als ich diese Sache hörte, zerriss ich mein Gewand und mein Oberkleid und raufte mir Haare meines Hauptes und meines Bartes aus und saß betäubt da.
Ergebener und treuer Verwalter Gottes! Wie sehr wird unser Herz von seinem bitteren Kummer bewegt, wenn er auf diese Weise den niedrigen Zustand des Volkes erkennt, das sich an dem einzig richtigen Ort befand. Könnte man sich wundern, wenn er sich schweren Herzens von ihnen allen abgewandt und in erhabener Abgeschiedenheit des Geistes versucht hätte, allein mit Gott weiterzugehen und jede Hoffnung auf ein gemeinsames Zeugnis aufgegeben hätte?
Doch das tut er nicht. Aus Treue zu Gott kann er nicht auf seine Stellung verzichten, denn er liebt das Volk des HERRN zu sehr, um es aufzugeben.
Eine Sache ist zunächst ermutigend. Zwar „war die Hand der Obersten und der Vorsteher in dieser Treulosigkeit die erste“ (Esra 9,2), aber es gab auch Fürsten, die offensichtlich nicht der Meinung der anderen waren, sondern „die vor den Worten des Gottes Israels zitterten wegen der Treulosigkeit der Weggeführten“ (Esra 9,4). Allein die Tatsache, dass diese Männer Esra aufsuchten, um ihm den tatsächlichen Stand der Dinge zu schildern, war ein Beweis für ihren Wunsch, den anderen zu helfen und sie zu befreien.
Es ist in der Tat bedauerlich, wenn unter den äußerlich Abgesonderten Verbindungen entstehen und aufrechterhalten werden, die die Unversehrtheit dieser Trennung leugnen. Und es ist unsagbar traurig, wenn gerade die Führer darin versagen und so die Einfältigen zur Abkehr von Gott ermutigen. Mehr als einmal haben wir gesehen, wie Menschen, die kein geistliches Joch mit Ungläubigen dulden würden, sich dennoch mit der Welt in Geschäften, sogar in Ehen und auf ähnliche Weise verbanden. Das ist ähnlich wie hier bei Esra.
Körperlich war das Volk aus Babylon ausgezogen, aber der Geist Babylons beherrschte es noch immer. Das führte dazu, dass es sich mit den unbeschnittenen Völkern des Landes vermischte. Der gleiche böse Grundsatz wirkt häufig in umgekehrter Weise. Oft sehen wir, dass diejenigen, die angeblich die Sünde des Sektierertums verurteilt und die menschlichen Systeme verlassen haben, dennoch einen ebenso sektiererischen Geist zeigen, als sie sich versammelten, wie nur jemand es hätte tun können, der für den starrsten Denominationalismus[1] eintritt. Von Luther wird erzählt, dass er anfangs viel Zeit damit verbracht habe, katholische Gläubige anzuprangern, bis er erkannte, dass „jeder Mensch einen größeren Papst in seinem Herzen hat, als jemals auf dem päpstlichen Stuhl saß“. Dies ist die Frucht der Gesetzlichkeit; während das, was wir in unserem Kapitel haben, eher eine unheilige Lizenz ist: nämlich „die Gnade unseres Gottes in Ausschweifung zu verkehren“ (Jud 1,4) – ein völliger Missbrauch dieser Gnade.
Esra zeigte alle Anzeichen tiefster seelischer Verzweiflung und setzte sich in bitterem Entsetzen nieder. Dass solche Dinge in Babylon üblich waren, hätte ihn nicht erstaunt. Dass sie unter denen geduldet wurden, die an dem Ort versammelt waren, an dem der HERR seinen Namen wohnen ließ, machte ihn sprachlos.
Vers 4
Aber sofort verbreitete sich die Nachricht von seinem Kummer unter den Menschen mit einem erfreulichen und seelisch ermutigenden Ergebnis. Dass nicht alle mit der eingetretenen Lässigkeit einverstanden waren, wurde bald deutlich:
Esra 9,4: Und zu mir versammelten sich alle, die vor den Worten des Gottes Israels zitterten wegen der Treulosigkeit der Weggeführten; und ich saß betäubt da bis zum Abend-Speisopfer.
Gott hatte lange zuvor durch Jesaja gesagt: „Auf diesen will ich blicken: auf den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist und der da zittert vor meinem Wort“ (Jes 66,2). Solche Menschen gab es noch unter dem Überrest, und auf sie konnte der Herr segnend schauen. Diese Männer und Esra, die mit Gott handeln, würden eine Mehrheit bilden, auch wenn es nur wenige sind. Solche Männer werden von den ungeistlichen Menschen wahrscheinlich als Störenfriede und „alte Säcke“ angesehen; aber wo es echte Seelennot gibt, kann man sich darauf verlassen, dass Gott zur rechten Zeit zeigt, wen Er anerkennt.
Vers 5
Esra 9,5: Und beim Abend-Speisopfer stand ich auf von meiner Demütigung, nachdem ich mein Gewand und mein Oberkleid zerrissen hatte, und ich beugte mich auf meine Knie nieder und breitete meine Hände aus zu dem HERRN, meinem Gott,
„Beim Abend-Speisopfer“, erhob Esra sich von seiner Schwerfälligkeit und erhob sich im Geiste über die bedrückenden Umstände, die ihn so sehr mit Trauer erfüllt hatten. Das Abendopfer weist auf das Kreuz hin. Es war „ein beständiges Brandopfer“ (2Mo 29,42) – Christus, der Heilige, der den Willen Gottes bis in den Tod tat –, ein Opfer „zum lieblichen Geruch“ (2Mo 29,41). Als dieser besondere Geruch in Esras Nase aufstieg, wurde er von seiner großen Angst befreit und konnte seine Seele in Bekenntnis und Gebet ausschütten.
Und ist es nicht immer so? Wenn Christus und sein Kreuz vor der Seele stehen, wird man erhoben über die Beschäftigung mit dem Bösen und über die Niedergeschlagenheit des Geistes wegen des Versagens der eigenen Brüder.
Er fiel auf die Knie, breitete seine Hände vor Gott aus – „heilige Hände … ohne Zorn und zweifelnde Überlegung“ (1Tim 2,8) – und öffnete seinen Mund zu einer Bitte, die höchst ergreifend ist in ihrer Demut, in ihrer Achtung vor Gottes Heiligkeit und Wahrheit und in der wunderbar gesegneten Art und Weise, in der er, der persönlich rein ist (so wie Daniel in seinem neunten Kapitel und die Gefährten des Nehemia in seinem neunten Kapitel), sich mit dem Volk in all seinem Versagen und seiner Sünde einsmacht.
Verse 6-7
Der Rest des Kapitels ist ganz diesem Gebet gewidmet; es lohnt sich, es eingehend zu studieren und darüber nachzudenken:
Esra 9,6-7: … 6 und ich sprach: Mein Gott, ich schäme mich und scheue mich, mein Angesicht zu dir, mein Gott, zu erheben! Denn unsere Ungerechtigkeiten sind uns über das Haupt gewachsen, und unsere Schuld ist groß geworden bis an den Himmel. 7 Von den Tagen unserer Väter an sind wir in großer Schuld gewesen bis auf diesen Tag; und um unserer Ungerechtigkeiten willen sind wir, unsere Könige, unsere Priester, der Hand der Könige der Länder übergeben worden, dem Schwert, der Gefangenschaft und dem Raub und der Beschämung des Angesichts, wie es an diesem Tag ist.
Bei diesen Worten ist zu beachten, wie weit Esra zurückgeht, um das gegenwärtige Übel bis zu seinem Ursprung zurückzuverfolgen. Es war die Sünde, die zur Gefangenschaft geführt hatte. Sie war nie wirklich verurteilt worden und war die Hauptsünde aller anderen. Der niedrige Zustand des ganzen Volkes betraf auch den zurückgekehrten Überrest. Und so ist es auch in der Christenheit. Wir haben seit den Tagen unserer Väter gesündigt. Wir haben die erste Liebe ganz am Anfang verlassen, und es hat nie eine wirkliche Wiederherstellung gegeben [Off 2,4-5]. Wer hat die Sünde der Gemeinde, dass sie sich von dem verherrlichten Haupt abgewendet und sich mit der Welt verbunden hat, wirklich wahrgenommen? Hier und da erzeugt der Geist Gottes Gewissensbisse und ein gewisses Gespür für das Versagen, aber wer hat es wirklich ergründet? Doch immer wieder wirkt Gott in der Erweckung, indem Er einige im Herzen zu Christus zurückführt. Jedoch folgt fast immer der Niedergang. Es ist gesagt worden, dass „ewige Wachsamkeit der Preis der Freiheit ist“, und das ist in geistlichen Dingen ebenso wahr wie in irdischen.
Verse 8-9
Esra schildert vor Gott das Werk, das seine Gnade bewirkt hat, umso mehr, um den Ungehorsam zu betonen, der diese Gnade so traurig missbraucht hat:
Esra 9,8-9: 8 Und nun ist uns für einen kleinen Augenblick Gnade vonseiten des HERRN, unseres Gottes, zuteilgeworden, indem er uns Entronnene übrig gelassen und uns einen Pflock gegeben hat an seiner heiligen Stätte, damit unser Gott unsere Augen erleuchte und uns ein wenig aufleben lasse in unserer Knechtschaft. 9 Denn Knechte sind wir; aber in unserer Knechtschaft hat unser Gott uns nicht verlassen; und er hat uns Güte zugewandt vor den Königen von Persien, so dass sie uns ein Aufleben verliehen, um das Haus unseres Gottes aufzubauen und seine Trümmer aufzurichten und uns eine Mauer zu geben in Juda und in Jerusalem.
Die Erwähnung des „Pflocks“ ist zweifellos eine Anerkennung der Prophezeiung Jesajas über den „Pflock … an einen festen Ort“, an dem die Herrlichkeit des HERRN hängen sollte, was im eigentlichen Sinne Christus selbst ist (Jes 22,21-25). Eine teilweise Erfüllung war bereits eingetreten; Gott hatte in großer Gnade gehandelt, indem Er eine „kleine Erweckung“ schenkte, obwohl sie immer noch Knechte waren; denn sie hatten Anteil am Versagen des ganzen Volkes. Es war keine Zeit für fleischlichen Jubel, keine Zeit für Überheblichkeit, sondern nur für Demut des Geistes und Demütigung der Seele angesichts des dunklen Berichts über das Böse, an der alle ihren Anteil hatten.
Verse 10-12
Als Nächstes erinnert Esra an die besondere Sünde des Überrestes, und auch hier bekennt er alles als seine Sünde:
Esra 9,10: Und nun, unser Gott, was sollen wir nach diesem sagen? Denn wir haben deine Gebote verlassen, …
Der, der hier so spricht, war vielleicht weniger als eine Woche unter ihnen. Was für ein Beispiel für alle, die heute mit Gott wandeln wollen, und was für eine Zurechtweisung des Pharisäertums, das kalt auf das Versagen anderer hinweist, während es selbst behauptet, keinen Anteil daran zu haben!
Esra 9,11-12: … 11 die du uns durch deine Knechte, die Propheten, geboten hast, indem du sprachst: Das Land, wohin ihr kommt, um es in Besitz zu nehmen, ist ein unreines Land, wegen der Unreinheit der Völker der Länder, wegen ihrer Gräuel, mit denen sie es angefüllt haben von einem Ende bis zum anderen durch ihre Verunreinigung. 12 So sollt ihr nun nicht eure Töchter ihren Söhnen geben und ihre Töchter nicht für eure Söhne nehmen; und ihr sollt ihren Frieden und ihr Wohl nicht suchen in Ewigkeit – damit ihr stark seid und das Gut des Landes esst und es auf eure Söhne vererbt in Ewigkeit.
So hatte Gott gesprochen. Ach, wie war dieses Wort von denen übersehen worden, die in anderer Hinsicht seine Wahrheit geehrt hatten, indem sie zu dem von Gott bestimmten Ort zurückgekehrt waren. Die Trennung wäre ihre Stärke gewesen. Die Vermischung wäre wahrscheinlich ihr Verderben, es sei denn, das Böse würde gerichtet und aus ihrer Mitte vertrieben werden.
Und diese Schlinge der Vermischung mit den Gottlosen ist immer eine lauernde Gefahr für die Kinder Gottes. Ich sage natürlich nicht, dass das Zusammenkommen von Gläubigen, die aufgrund von Meinungsverschiedenheiten und unbiblischen Urteilen auseinandergehalten wurden, eine Vermischung darstellt. Gott bewahre! Wenn das, was von gleicher Natur ist, zusammenfließt, ist das keine Vermischung, sondern Einheit. Wenn dagegen Dinge unterschiedlichen Charakters zu einer Einheit verschmolzen werden, wird daraus niemals eine echte Einheit entstehen. Vor einer solchen Vermischung werden wir in 2. Korinther 6,14-16 gewarnt: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern? Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: ‚Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.‘“ Am Anfang „schied Gott das Licht von der Finsternis“ (1Mo 1,3), und seither versucht der Teufel die beiden miteinander zu verbinden.
Verse 13-14
Esra, der die Schwere einer so gottlosen Verbindung in seiner Seele spürt, fährt fort, sich Gottes Gerechtigkeit zu eigen zu machen, indem er Gottes Missfallen über sie ausspricht:
Esra 9,13-14: 13 Und nach allem, was wegen unserer bösen Taten und wegen unserer großen Schuld über uns gekommen ist – obwohl du, unser Gott, mehr geschont hast, als unsere Ungerechtigkeiten es verdienten, und du uns Entronnene gegeben hast, wie diese hier –, 14 sollten wir wieder deine Gebote brechen und uns mit diesen Gräuel-Völkern verschwägern? Wirst du nicht gegen uns erzürnen bis zur Vertilgung, dass kein Überrest und keine Entronnenen mehr bleiben?
„Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß ist die Finsternis!“ (Matthäus 6,23). Gott muss diejenigen züchtigen, die mit seiner Wahrheit spielen. Je mehr Wahrheit, desto größer die Verantwortung und desto größer der Unmut des Herrn, wenn sie missachtet oder verschmäht wird.
Vers 15
Esra, den all dies zutiefst bewegt, kann nur mit einem noch umfassenderen Bekenntnis schließen und sich und das Volk in all seinem Elend direkt in die Arme des Gottes werfen, gegen den sie gesündigt haben.
Esra 9,15: HERR, Gott Israels, du bist gerecht; denn wir sind als Entronnene übrig geblieben, wie es an diesem Tag ist. Siehe, wir sind vor dir in unserer Schuld; denn deswegen kann man nicht vor dir bestehen.
Und so schließt er sein Gebet und überlässt die Sache Gott, der, obwohl Esra es nicht wusste, schon damals zu wirken begonnen hatte, wie das letzte Kapitel deutlich zeigt.
Wie viel größer wäre der Segen in manch ähnlicher Zeit der Not, wenn man sich mehr mit Gott auseinandersetzen und weniger an die Menschen appellieren würde; wenn man sich mehr demütigen und bekennen und weniger die Sorgen in die Welt hinausposaunen würde; wenn man mehr die Hände nach dem Herrn ausstrecken und weniger Kampagnen starten würde. Oh, bitte um die Gnade, die Lektion zu beherzigen, die wir aus diesem Kapitel lernen sollen!
Originaltitel: „Chapter 9: The Break-Down by Amalgamation“
in Notes on the Books of Ezra, Nehemiah, and Esther
Quelle: https://plymouthbrethren.org
Übersetzung: Samuel Ackermann
Anmerkungen
[1] Anm. d. SW-Red.: Damit ist die Überbetonung der eigenen Denomination (Gemeinderichtung) gemeint. Das kann sich zum Beispiel in dem Gedanken zeigen: „Ich bin Methodist, Baptist, Lutheraner, Brüdergemeindler etc. und stolz darauf“, oder auch in dem Gedanken: „Wenn du kein Methodist, Baptist, Lutheraner, Brüdergemeindler etc. bist, machst du etwas falsch.“ Siehe 1. Korinther 1,11-12.


