Besonderheiten im Text der Heiligen Schrift – Den Jakob und den Esau

Christian Briem

© CSV, Online începând de la: 05.12.2005, Actualizat: 29.06.2023

Leitvers: Hebräer 11,20

Die Sprache der [alten unrevidierten und unbearbeiteten] Elberfelder Übersetzung in Hebräer 11,20 klingt ein wenig hart; aber sie gibt genau das wieder, was im griechischen Text steht:

Heb 11,20: Durch Glauben segnete Isaak in Bezug auf zukünftige Dinge den Jakob und den Esau.

„Den Jakob, den Esau“ – das würden wir im Deutschen nicht sagen. Manche Übersetzungen formulieren denn auch: „den Jakob und Esau“, andere einfach: „Jakob und Esau“. Doch die elegantere Ausdrucksweise zerstört in diesem Fall das, was der Heilige Geist an dieser Stelle ausdrücken wollte.[1]

Der bestimmte Artikel (der, die, das) vor einem Hauptwort gleicht im Griechischen einem Zeigefinger, mit dem auf etwas hingedeutet wird. Nie steht im griechischen Text der Artikel ohne Grund (wenn er auch bei Übertragung in andere Sprachen nicht immer übersetzbar ist), nie wird er gebraucht, ohne dass er eine Bedeutung hätte. Er bezeichnet den besonderen Fall oder Gegenstand.

Nun steht in unserem Vers tatsächlich der Artikel sowohl vor Jakob als auch vor Esau. Würde er vor keinem der beiden Eigennamen stehen, so würde damit einfach ein historischer Vorgang bezeichnet werden: Isaak hat einmal vor langer Zeit Jakob und Esau gesegnet. Ist es das, was der Heilige Geist in Hebräer 11 ausdrücken wollte? Ein Blick nach 1. Mose 27 belehrt uns rasch, dass die Vorgehensweise Isaaks beim Segnen seiner Söhne nicht durch Glauben, sondern durch Schwachheit und Unglauben gekennzeichnet war.

Steht im Griechischen vor mehreren Hauptwörtern nur ein Artikel (in unserem Fall: „den Jakob und Esau“), dann werden die verschiedenen Gegenstände oder Personen zu einer gemeinsamen Gruppe zusammengefasst. So werden zum Beispiel in Matthäus 16 die beiden einander entgegengesetzten Gruppen der Pharisäer und Sadduzäer durch einen gemeinsamen Artikel als eine Klasse aufgefasst: „Die Pharisäer und Sadduzäer kamen herzu“ (Mt 16,1). Tatsächlich waren sich beide in der Verwerfung des Herrn Jesus einig. Wenn es nun um den Segen geht, womit Isaak seine beiden Söhne segnete, so würde ein gemeinsamer Artikel vor Jakob und Esau die beiden Söhne auf einen Boden stellen und damit auch den Segen, den sie erhielten.

Das aber wollte der Heilige Geist offenbar gerade vermeiden. Deshalb wird der Artikel vor beiden Eigennamen wiederholt: „den Jakob und den Esau“. Dadurch wird eine Unterscheidung markiert, die zwischen beiden bestand. Wie genau ist doch Gottes Wort! Wenn es nach den Gedanken Isaaks gegangen wäre, hätte er seinen Segen dem Falschen, hätte er ihn Esau zugesprochen. Aber dann erschrak er „mit großem Schrecken über die Maßen“ – nicht allein darüber, dass er derart betrogen worden war, sondern vor allem wohl deshalb, weil er erkannte, dass er beinahe der Absicht Gottes zuwider gehandelt hätte (vgl. 1Mo 25,23). Und dann war es Glauben, dass er Esau gegenüber versicherte: „Er [Jakob] wird auch gesegnet sein“ (1Mo 27,33). Er stellte sich jetzt im Glauben hinter die Gedanken Gottes. Wenn auch Isaak dann auf das Drängen und Flehen Esaus hin auch diesen „segnete“, so war es doch ein Segen von ganz anderer Art: Er bestärkte nur die Oberherrschaft seines Bruders Jakob über ihn (1Mo 27,39.40).

Es ist beeindruckend, wie die Heilige Schrift hier mit den knappsten Mitteln (durch die Wiederholung des Artikels vor den Eigennamen) dem ganzen verworrenen Sachverhalt Rechnung trägt, der mit der Segnung der beiden Söhne durch Isaak verbunden war. Und wir sehen erneut: Nicht ein Wort kann man aus dem heiligen Text hinwegnehmen, ohne unter Umständen dessen Aussage entscheidend zu verändern. Umgekehrt können wir rückhaltlos Wort für Wort auf die Aussprüche Gottes vertrauen.


Aus Ermunterung und Ermahnung
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Anmerkungen

[1] Anm. der Red.: „Den Jakob und den Esau“: Der Autor bezieht sich hier auf den Wortlaut  der alten Elberfelder Übersetzung. In der überarbeiteten Elberfelder (Edition CSV) wurden die Artikel weggelassen; wohingegen die revidierte Elberfelder (Brockhaus) die Artikel beibehalten hat.
„Den Jakob und den Esau“ übersetzen: rev. Elberfelder, Luther 1984, Luther 2017, Schlachter 2000, Zürcher, Jantzen.
„Den Jakob und Esau“ übersetzen: Luther 1912, Schlachter, Menge, Pattloch.
„Jakob und Esau“ übersetzen: Elberfelder (Edition CSV), Albrecht, Bruns, Einheitsübersetzung, Gute Nachricht, Neues Leben, NEÜ, NGÜ.


Nota redacţiei:

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