Betrachtungen über den ersten Petrusbrief (4)
Kapitel 4

Hendrik Leendert Heijkoop

© EPV, online seit: 24.12.2005, aktualisiert: 29.04.2023

Leitverse: 1. Petrus 4

Verse 1.2

1Pet 4,1.2: Da nun Christus [für uns] in (dem) Fleisch gelitten hat, so waffnet auch ihr euch mit demselben Sinn, denn wer in (dem) Fleische gelitten hat, hat abgeschlossen mit (der) Sünde, um die übrige Zeit in (dem) Fleische nicht mehr (den) Lüsten (der) Menschen sondern dem Willen Gottes zu leben.

Die Worte „für uns“ stehen in einigen Handschriften nicht; andere haben dafür „für euch“. Viele Gelehrte nehmen an, dass sie nicht ursprünglich sind.

In den ersten sieben Versen dieses Kapitels spricht der Apostel weiter über die allgemeinen Grundsätze der Regierung Gottes. Kapitel 3 endete mit der Verherrlichung Jesu Christi. Alles ist Ihm unterworfen, und Er steht bereit, das Gericht über Lebendige und Tote auszuüben. Das ist für uns ein Grund, getrennt von der Welt und ihren Grundsätzen zu leben. Denn obwohl der Herr verherrlicht ist, verwirft die Welt Ihn dennoch, und jeder, der mit Ihm verbunden ist, wird von ihr verworfen werden.

Welches ist der Lebensgrundsatz der Welt? Es ist das Tun des eigenen Willens, das heißt des Willens des alten Menschen. Aufgrund dessen, dass das Herz des Menschen verderbt ist, bedeutet das das Tun der Begierden, der Lüste des verderbten Herzens (Mk 7,21-23).

Es ist die Pflicht des Geschöpfes, den Willen Gottes zu tun. Alle Dinge sind für Ihn geschaffen (Kol 1,16). Es ist daher deutlich, dass das Geschöpf verpflichtet ist, seinem Schöpfer zu dienen. Das ist (für jeden klaren Verstand) der große Grundsatz, der das Verhältnis zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf beherrscht. Es ist daher auch der Maßstab, nach dem beurteilt wird, ob etwas Sünde ist oder nicht: „Jeder, der die Sünde tut, tut auch die Gesetzlosigkeit, und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit“ (1Joh 3,4). Alles, was ein Mensch tut, ohne zu berücksichtigen, dass Gott Autorität über ihn hat, ist daher Sünde. Weil nun der unbekehrte Mensch nur seinen eigenen Willen tut, bedeutet das, dass alles, was er tut, Sünde ist. Deshalb sagt das Wort Gottes, dass „alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse (ist) den ganzen Tag“ (1Mo 6,5). Und ebenso: „Da ist keiner, der Gutes tue, da ist auch nicht einer“ (Röm 3,12).

Der Herr Jesus ist gekommen, um die Sünde zunichtezumachen, sie abzuschaffen durch das Opfer Seiner selbst (Heb 9,26). Auf der neuen Erde und im neuen Himmel wird das vollkommen verwirklicht sein. Dann wird die Sünde von der Welt weggenommen sein (Joh 1,29). Dann wird es nichts mehr geben, was sich Gott widersetzt, so dass Gott bei den Menschen wohnen kann (2Pet 3,13; Off 21,3). Das ist jetzt noch nicht so. Aber der Grund ist am Kreuz gelegt worden. Aufgrund seines kostbaren Blutes werden einst Himmel und Erde, alle Dinge, mit Gott versöhnt werden. Aber nur wir, die Gläubigen, sind jetzt schon versöhnt, das heißt in das richtige Verhältnis zu Gott gebracht (Kol 1,19-21). Daher wird auch zu den Thessalonichern gesagt, dass sie sich von den Götzen zu Gott bekehrt haben, „um dem lebendigen und wahrhaftigen Gott zu dienen“. Wir haben auch gesehen, dass der Heilige Geist uns durch die neue Geburt abgesondert hat zum Gehorsam Jesu Christi, das heißt zu dem Gehorsam, den Er in seinem Leben auf der Erde offenbarte (1Thes 1,2).

Der wiedergeborene Mensch hat also einen ganz anderen Lebensgrundsatz als der Mensch dieser Welt. Er dient Gott inmitten einer Welt, die sich selbst und den Begierden des eigenen, verderbten Herzens dient. Er wird also immer gegen den Strom schwimmen müssen. Darum wird ihn die Welt hassen und verfolgen, weil er nicht nur nicht mitmacht (1Pet 4,4), sondern die Welt auch noch durch seine Werke verurteilt. Jeder Mensch hat ja ein Gewissen, das ihn verurteilt, wenn er gewisse Dinge tut; und jeder, der Böses tut, hasst das Licht (Joh 3,20).

Je mehr das Kind Gottes in Übereinstimmung mit seinem Stand lebt, das heißt seinem Gott und Vater gehorcht, umso heftiger wird der Kampf sein. Darum muss es sich waffnen mit den schwersten Waffen, die es gibt (Ps 144,1; 78,9). Das griechische Wort hoplisasthe, das durch „waffnet euch mit“ übersetzt ist, wurde verwendet für einen griechischen Soldaten, der seine Waffenrüstung anlegte und seine Waffen aufnahm. Und besonders wurde es für einen schwer bewaffneten Fußsoldaten gebraucht im Gegensatz zu einem Leichtbewaffneten.

Das griechische Wort ennoian („Sinn“) kommt nur hier und in Hebräer 4,12 vor, wo es durch „Gesinnungen“ übersetzt ist. Die Septuaginta gebraucht es auch in den Sprüchen, zum Beispiel in Sprüche 2,11, wo im Deutschen „Verständnis“ steht.

Wir sollen uns nun waffnen mit dem „Sinn“ oder mit der „Gesinnung“ des Herrn Jesus. Wie immer (s. die Einleitung) stellt der Apostel uns den Herrn als unser großes Vorbild hin. Er knüpft an 1. Petrus 3,18 an, wo wir sahen, dass Christus für Sünden gelitten hat, für uns, und dabei gestorben ist.

Ja, welch ein Leiden hat der Herr erduldet. Als Er auf die Erde kam, war kein Raum in der Herberge. Kaum geboren, musste Er schon nach Ägypten flüchten, weil Herodes versuchte, Ihn umzubringen. Nach seiner Rückkehr musste Er wegen eines anderen Herodes in Nazareth wohnen und nicht in Jerusalem, der „Stadt des großen Königs“. Während seines öffentlichen Auftretens wollten seine Angehörigen Ihn greifen, „denn sie sprachen: Er ist außer sich“ (Mk 3,21). Seine Mitbürger, in deren Mitte Er aufgewachsen war, wollten Ihn ermorden (Lk 4,29). Er hat den Widerspruch der Sünder ertragen müssen (Heb 12,3). Für seine Liebe feindeten sie Ihn an und vergalten Ihm seine Liebe mit Hass (Ps 109,25). Ein Jünger verriet Ihn, ein anderer verleugnete Ihn mit Schwüren; alle verließen Ihn.

Der Hohepriester, den Er selbst eingesetzt hatte, damit dieser bei Ihm Gnade für Sünder erlangen sollte, ließ Ihn gefangen nehmen und aufgrund seines Bekenntnisses, wer Er war, zum Tode verurteilen. Pilatus, der als Obrigkeit von Ihm selbst seine Autorität empfangen hatte (1Mo 9,6), um dadurch die Gerechtigkeit aufrechtzuerhalten, ließ Ihn am Kreuz hinrichten, obgleich er bekannte, dass Er unschuldig war.

Die Knechte des Hohenpriesters und die Soldaten des Pilatus verspotteten und misshandelten Ihn. Sie spien Ihm ins Angesicht. Die mit Ihm gekreuzigten Verbrecher verspotteten Ihn. Die Umstehenden verhöhnten Ihn und trieben ihren Spott mit seiner Seelenangst. Als Er ausrief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, verdrehten sie absichtlich seine Worte und riefen: „Halt, lasst uns sehen, ob Elias kommt, ihn zu retten!“

Und als Er dort am Kreuz hing und die ganze Welt in allen ihren Schattierungen unter Anführung Satans mit all seiner Macht der Finsternis Ihn umringte, da legte Gott unsere Sünden auf Ihn und machte Ihn zur Sünde (2Kor 5,21). Was muss es für seine heilige Seele gewesen sein, alle die Milliarden Sünden tragen zu müssen (1Pet 2,24), zur Sünde gemacht zu werden, als ob Er eine sündige Natur hätte wie wir, als ob Er die Quelle aller Sünden wäre, die wir getan haben. Wir fühlen etwas davon, wenn Er klagt: „Meine Ungerechtigkeiten haben mich erreicht, dass ich nicht sehen kann; zahlreicher sind sie als die Haare meines Hauptes, und mein Herz hat mich verlassen“ (Ps 40,12). „Ich bin versunken in tiefen Schlamm, und kein Grund ist da; in Wassertiefen bin ich gekommen, und die Flut überströmt mich“ (Ps 69,2).

In diesem Augenblick verließ Gott Ihn. Er musste rufen: „Warum hast du mich verlassen?“ Da traf Ihn das Schwert der Gerechtigkeit Gottes. Er musste sagen: „In den Staub des Todes legst du mich“ (Ps 22,1.15; Sach 13,7). Es schien, als stünde Gott auf der Seite der Welt, die Ihn ermorden wollte, auf der Seite Satans, der mit all seiner Bosheit und Macht auf Ihn losstürmte. Welch ein Leiden!

Das alles tat Er für mich! Er ist „der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Welch ein Beweggrund ist das für mein Herz, um mein Leben ganz Ihm zu weihen, getrennt zu sein von dieser Welt, die Ihm alles dies angetan hat!

Der Apostel Paulus geht wie immer bis zur Wurzel, wenn er den Tod Christi auf uns anwendet und daraus den Schluss zieht, dass wir der Sünde gestorben sind (Röm 6). Petrus geht nicht so weit. Er bleibt bei dem praktischen Resultat stehen, bei der Pflicht, die aus dem Tode Christi hervorkommt, als einer Tatsache auf geistlichem Gebiet, dass wir nicht länger der Sünde dienen, sondern als gerechte Menschen nach dem Vorbild Christi wandeln. Beide schreiben jedoch mit derselben Absicht. Petrus weist uns hier nicht so sehr auf das Leiden Christi hin, um uns daran zu erinnern, dass Er es für uns erduldete, sondern er will uns mehr auf die andere Seite hinweisen, wie Er in Gehorsam seinen Weg ging. Er kam auf die Erde, um den Willen Gottes zu tun (Heb 10,7). Alles, was Er tat, war der Wille Gottes. Er konnte sagen, dass Er immer tat, was dem Vater wohlgefällig war. Es war seine Speise, den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte. Nie gab der Herr der Welt nach, nie gab Er der Sünde nach. Satan bot all seine List und all seine Macht auf, um Ihn vom Weg des Gehorsams abzubringen. Aber es gelang ihm nicht. Der Herr litt lieber Hunger, als zu essen, wenn der Vater es Ihm nicht gab (Mt 4,24). Ja, Er erduldete lieber all die Leiden, die sein Teil am Kreuz wurden, Er starb lieber beladen mit unseren Sünden unter dem Gericht eines heiligen und gerechten Gottes, als den Willen Gottes nicht zu vollbringen. Als Satan Ihm in Gethsemane die ganzen Leiden vor Augen hielt, die auf Golgatha sein Teil sein würden Leiden, die so schrecklich waren, dass ihr Anblick Ihn „mit starkem Geschrei und Tränen“ beten ließ und sein Schweiß wie große Blutstropfen wurde, da sagte Er: „Nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!“

Aber jetzt ruht der Herr von der Sünde oder Er hat mit der Sünde abgeschlossen, wie es auch übersetzt werden kann. Weder Satan noch die Sünde noch die Welt kann noch zu Ihm kommen, denn durch sein Sterben hat der Herr den Schauplatz dieses Kampfes verlassen.

Obwohl wir wohl noch in der Welt sind, gilt nun auch für uns der Grundsatz: „Wer in (dem) Fleische gelitten hat, ruht von (der) Sünde“ Als der Herr Jesus auf der Erde war, fand die Sünde in Ihm nie eine Angriffsfläche. In Ihm war keine Sünde (1Joh 3,5). Er wurde in allem versucht in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde[1] (Heb 4,15). Da wir aber noch innewohnende Sünde haben, ist dieser Grundsatz für uns abstrakt, das heißt, dass Nebeneinflüssen keine Rechnung getragen wird.

Die praktische Verwirklichung wird bei uns immer nur teilweise sein, sogar hinsichtlich der Zeit, denn wir sind nicht immer gleich!

Dennoch haben auch wir mit der Sünde abgeschlossen, wenn wir den Tod Christi im Glauben für uns annehmen. Wir leben noch in der Welt, und doch ist unser Leben im eigentlichen Sinn des Wortes außerhalb der Welt. Wir gehören einer ganz anderen Welt an, und unser Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott. Die Annahme des Werkes Christi hat eine totale Änderung unserer Stellung zur Folge. Wir können nicht mehr im Fleisch, nach den Begierden der Menschen leben, sondern nur nach dem Willen Gottes. Aber das kann und wird Leiden im Fleische, den Widerspruch von Sündern in allem, was uns umgibt, für uns bedeuten, wie einst für Christus.

Es ist klar, dass es sich hier um Leiden um der Gerechtigkeit willen handelt, wie fast immer in diesem Brief (1Pet 2,19; 3,17). Wenn ich der Sünde Raum gebe, leide ich nicht. Das ist der Wille des Fleisches, des alten Menschen. Der verlangt danach, die Begierden der Menschen zu tun, und schreckt vor Leiden zurück. Aber wenn wir durch Gnade den Willen Gottes tun, koste es was es wolle, dann sündigen wir nicht. Es ist Leiden im Fleisch, und das trennt von der Sünde. Wer der Sünde widersteht, leidet; er richtet, hasst und durchkreuzt den Willen des Fleisches und leidet, aber tut keine Sünde. Wenn ich damit zufrieden bin, zu leiden, ist mein Wille nicht wirksam; praktisch ist dann keine Sünde vorhanden. Es ist nicht der Wille des Menschen, zu leiden. Es ist Gnade, die in Übereinstimmung mit dem Bild und den Gefühlen Christi im neuen Menschen handelt, und wir sind befreit von der Wirksamkeit des alten Menschen. Er wirkt dann nicht. Wir ruhen von ihm, haben mit ihm abgeschlossen.

Das ist der normale Zustand des Christen, wenn das Herz in Ihm ruht, der für ihn die tiefsten Leiden auf sich nahm. Wenn das Herz nicht mehr auf Ihn sieht, schreckt es vor Leiden zurück. Der Wille lässt fleischliche Wirksamkeit aufkommen, und die tatsächliche Sünde folgt.

Ich wiederhole es, dass die Wahrheit hier abstrakt dargestellt wird. Dasselbe finden wir im ersten Johannesbrief, der nie die Nebeneinflüsse, die aus dem entgegenwirkenden Einfluss des Fleisches oder anderer Hindernisse hervorkommen, in Betracht zieht. Es ist von größter Wichtigkeit, dass die schriftgemäßen Wahrheiten die vollkommene sittliche Wahrheit uns auf diese Weise gegeben worden sind, also ihrer eigenen Wahrheit und Natur nach, unverändert durch die Dinge, die sie in unserer praktischen Verwirklichung beeinflussen. Jetzt können wir sie in ihrer wahren Art kennenlernen, und unser Geist wird dadurch erfrischt. Außerdem können wir so unsere Abweichungen und Abschwächungen in der praktischen Verwirklichung sehen und richten.

Es wird die Frage erhoben, ob „Fleisch“ hier den natürlichen Zustand des Menschen als Geschöpf darstellt oder die sündige Natur des alten Menschen. Ich glaube, dass der Apostel und allgemein die Schrift nicht diesen scharfen Gegensatz machen, obwohl diese Begriffe doch auseinandergehalten werden. Vom Herrn wird gesagt, dass Er Blut und Fleisch angenommen hat, aber dass Er in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde kam (Heb 2,14; Röm 8,3). Der natürliche Zustand des Menschen ist „im Fleische“. Für den gefallenen Menschen bedeutet das zugleich, dass sein Leben durch die Sünde gekennzeichnet ist und dass Gott ihn als einen solchen sieht. Beim Herrn war das natürlich nicht so, denn in Ihm war keine Sünde. So ist es auch bei dem wiedergeborenen befreiten Menschen. Er war im Fleisch. Aber jetzt sieht Gott ihn nicht mehr als durch die sündige Natur des gefallenen Menschen gekennzeichnet (Röm 7,5). Seine Stellung ist durch die Innewohnung des Heiligen Geistes gekennzeichnet (Röm 8,9).

Verse 3-5

1Pet 4,3-5: Denn die vergangene Zeit (ist) genug, den Willen der Nationen vollbracht zu haben in einem Wandel {eigentlich: wandelnd} in Ausschweifungen, Lüsten, Weinsäufereien, Schmausereien, Trinkgelagen und frevelhaften Götzendienereien; wobei es sie befremdet, dass ihr nicht mitlaufet zu demselben Treiben der Ausschweifung, und lästern (euch); welche dem Rechenschaft geben werden, der bereit ist, Lebendige und Tote zu richten.

Anmerkungen:

  1. „vergangene“: griech. pareleluthos = Partizip Perfekt eines Tätigkeitsworts, = „vorbeigehen, zurückgehen“. Hier bedeutet es auch, dass die Zeit vorbei und abgeschlossen ist.
  2. „Wille“: auch = „Absicht“.
  3. „frevelhaft“: griech. athemitois kommt im N.T. nur hier und in Apostelgeschichte10,28 („unerlaubt“) vor. Es bedeutet wörtlich: „gegen Gesetz und Gerechtigkeit“. Es handelt sich also um Dinge, die wahrscheinlich sogar nach den römischen Gesetzen verboten waren.
  4. „Ausschweifung“: asotia = soteria („Rettung, Befreiung, Bewahrung“) mit dem Alpha Privativum (,a='), wodurch es verneint wird. Das Wort kommt hier und in Lukas 15,13; Epheser 5,18; Titus 1,6 vor. Auf eine Person bezogen bedeutet es: „unverbesserlich, aufgegeben (ohne Hoffnung)“.

Es besteht kein Zweifel, dass diese Dinge für die Nationen kennzeichnend waren (Röm 1,21-31). Aber für Juden, die in Verbindung mit dem HERRN standen, war das doch sehr erschütternd. Wie früher ihre Väter, so waren auch die Juden in der Zerstreuung in jener Zeit geneigt, mit den Nationen auf deren bösen Wegen zu wandeln, denn sie waren ja weit entfernt von den wachsamen Augen in Palästina. Gott und sein Gericht wurden, wenn auch mit einem schlechten Gewissen, ausgeschlossen, und sogar der Götzendienst wurde übernommen. Die Gläubigen wussten jetzt, dass sie nicht besser waren als die Nationen.

Aber diese Zeit war abgeschlossen, als sie durch die Gnade zur Gerechtigkeit erwacht waren. Sie hatten den Willen der Nationen bis zum Äußersten getan. Nun musste der Wille Gottes die Richtschnur ihres Lebens sein.

Bis jetzt hatten sie den harten Herren der Begierden der Nationen gedient. Die Sucht nach Reichtum, Ehre, Luxus, Sittenlosigkeit, Ausschweifungen usw. ist ein harter Dienst. Wer in einem dieser Dinge gefangen ist, wird gewöhnlich auch bald der Sklave der anderen. Das Ende ist oft eine zerstörte Gesundheit und immer ein unbefriedigtes Herz.

Im Griechischen wird für den „Willen“ Gottes nicht dasselbe Wort gebraucht wie für den „Willen“ der Nationen. Welch ein Unterschied besteht doch auch zwischen beiden! Den Willen Gottes zu vollbringen, bedeutet immer Freiheit und Freude (Lk 1,74). In dem Willen der Welt liegt immer das Gefühl des Unbefriedigtseins: „mit Sünden beladen, von mancherlei Lüsten getrieben …, die immerdar lernen und niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen können“ (2Tim 3,6).

Die Ungläubigen verstehen diese Veränderung bei den Gläubigen nicht. Der natürliche Mensch kann die geistlichen Dinge nicht verstehen (1Kor 2,14). Sie fanden es auch hier nicht nur ungewöhnlich, sondern es befremdete sie, das heißt, sie empfanden es als nicht zur menschlichen Natur passend. Was verstehen sie von dem neuen Leben, das wir in der neuen Geburt empfangen? Sie können nicht begreifen, dass ein neugeborener Mensch kein Verlangen nach diesen Dingen hat, solange er in Gemeinschaft mit dem Herrn ist.

Das Erste, was sie tun, ist, uns wieder zur Umkehr zu bringen. Schon Salomo warnte seinen Sohn davor (Spr 1,10-19). Aber wenn das nichts hilft, folgt offene Feindschaft. Der Wandel der Gläubigen verurteilt sie. Sie hassen das Gute (Röm 1,32). Auch beginnen sie zu lästern, weil sie es nicht verstehen. Sie reden Böses, obwohl sie wissen, dass es nicht wahr ist (Röm 2,15). Sie unterstellen geheime hässliche Dinge und beschuldigen sie der Heuchelei.

Aber der Tag kommt, an dem sie von ihren Taten und Worten Rechenschaft ablegen müssen. Der Richter steht bereit, das Gericht auszuüben (Röm 2,16; 14,10; 2Kor 5,10; Off 20,12). Wenn Er heute noch nicht kommt, dann ist das nur, weil Gott gnädig ist und den verlorenen Menschen noch die Gelegenheit gibt, sich zu bekehren, damit sie nicht ewig verlorengehen (2Pet 3,9).

Der Vater hat das ganze Gericht dem Sohn übergeben (Joh 5,22). Er, der von der Welt verworfen worden ist, wird diese Welt und jeden persönlich, der Ihn nicht annehmen will, richten. Davon hat Gott den Beweis gegeben dadurch, dass Er den Herrn Jesus aus den Toten auferweckte (Apg 17,31). Wie Paulus dies den Führern der weltlichen Weisheit in deren Zentrum in Athen enthüllte, so predigte Petrus es dem römischen Hauptmann in Cäsarea, dem Vertreter der Weltmacht (Apg 10,42).

Die Juden kannten das Gericht über die Lebenden, denn sie waren jedenfalls bis zur Babylonischen Gefangenschaft der Mittelpunkt der Regierung Gottes auf der Erde gewesen. Salomo saß auf dem Thron des HERRN in Jerusalem (1Chr 29,23). So waren die Juden oft die Ausführenden des Gerichts Gottes über die Lebenden gewesen, zum Beispiel, als sie Kanaan in Besitz nahmen (5Mo 9,5).

Aber als Israel und Juda von dem HERRN abwichen, so dass Er sie in die Hand ihrer Feinde übergeben und aus dem Land vertreiben musste, verließ die Herrlichkeit des HERRN Jerusalem (Hes 1,11). Er, der der Herr der ganzen Erde genannt wird (Jos 3,11), wird von Daniel der Gott des Himmels genannt (Dan 2,37), der die Macht über die Erde dem Haupt des Reiches gegeben hat, das als Erstes gegen Ihn in Aufstand geriet (1Mo 10,10; 11,19).

Jetzt ist die Regierung Gottes nicht mehr sichtbar, sondern im Verborgenen. Obwohl die Grundsätze dieser Regierung unverändert bleiben und es also auch jetzt noch sind (1Pet 3,10), offenbart Gott sich der WeIt jetzt als der Heiland-Gott (1Tim 2,3.4). Er bietet Gnade an und hält sein Gericht zurück.

Das bedeutet, dass das Böse nicht augenblicklich bestraft wird, ja, manchmal in diesem Leben auf der Erde gar nicht. Es bedeutet auch, dass die Gläubigen, die Ihm dienen, vonseiten der WeIt leiden müssen.

Aber einmal muss jedes Böse gerichtet werden (1Kor 4,5; 2Kor 5,10; Heb 9,27). Das war auch im Alten Testament so. Dabei muss jede Tat nicht nur in Gottes Regierung auf der Erde gerichtet werden, sondern zugleich im Hinblick auf das ewige Verhältnis des Schöpfers zu seinem Geschöpf, dem Menschen. Da Gott sich jetzt in Gnade offenbart und nicht jedes Böse sogleich bestraft, und da Er sich jetzt vollkommen im Sohn offenbart hat, muss jetzt notwendigerweise der Nachdruck fallen auf das endlich endgültige Gericht, das Gericht der Toten.

Das Gericht der Lebendigen wird der Herr durchführen, wenn Er in seinem Königreich kommt (Mt 25,31), das Gericht über die Toten (Off 20,11) kurz bevor Er das Reich Gott, dem Vater, übergibt und der ewige Zustand beginnt (1Kor 15,24). Der Ausdruck „Lebendige und Tote“ kommt außer an dieser Stelle auch in Apostelgeschichte 10,42 und 2. Timotheus 4,1 in Verbindung mit dem Gericht vor. In Römer 14,9 steht noch: „auf dass er herrsche sowohl über Tote als über Lebendige“.

Vers 6

1Pet 4,6: Denn dazu ist auch (den) Toten gute Botschaft verkündigt worden, auf dass sie gerichtet werden möchten (dem) Menschen gemäß nach {oder: in} (dem) Fleische, aber leben möchten Gott gemäß nach {oder: in} (dem) Geist.

Im Hinblick auf dieses Gericht ist früher den Menschen frohe Botschaft verkündigt worden. Abraham wurden Verheißungen gegeben (Gal 3,18). Den gläubigen Hebräern wird geschrieben, dass den Vätern gute Botschaft verkündigt worden war (Heb 4,2). Ja, Gott hat in seiner Gnade seit dem Sündenfall eine gute Botschaft gehabt, die vor dem Gericht schützte und Leben gab. Die Schrift nennt dies das ewige Evangelium (Off 14,6.7).

Der Glaube nahm diese frohe Botschaft an, sowohl im Anfang als auch später, als sie erweitert wurde, als die Gnade stufenweise mehr offenbart wurde, bis der Tod, die Auferstehung und die Verherrlichung Christi der frohen Botschaft ihre volle Größe gaben. Wer sie nicht annahm, blieb als verantwortlicher Mensch vor Gott und wird bald gerichtet werden. Wer sie annahm, verurteilte sich selbst jetzt schon, indem er bekannte, dass er das Gericht Gottes verdient hatte, und er wurde von der Welt verurteilt: Er musste im Fleische leiden und verlästert werden. Aber er empfing auch neues Leben von Gott, ein geistliches Leben, so dass er nun im Geist Gott gemäß lebte.

Die Schrift sagt nicht, dass die frohe Botschaft allen verkündigt worden ist. Es steht hier nicht: „den Toten“, sondern nur: „Toten“. Hier handelt es sich nicht darum, ob es alle gehört haben.

Im letzten Teil von Vers 6 steht nicht: „… oder leben möchten Gott gemäß nach dem Geiste“, sondern: „aber“. Daher kann ich die Erklärung, dass der erste Teil (das Gericht) das Teil derer sei, die das Evangelium nicht annehmen, und der zweite Teil (das Leben) das Teil derer, die es annehmen, nicht verstehen. Aus dem ganzen Vers und dem Zusammenhang (1Pet 4,16) müssen wir meines Erachtens folgern, dass sowohl das Gericht dem Menschen gemäß nach dem Fleisch als auch das Leben Gott gemäß nach dem Geist das Teil derer ist, die die frohe Botschaft annehmen. Dazu war sie ihnen verkündigt worden.

Jedem nüchtern denkenden Leser ist es deutlich, dass der Gedanke, dass diese frohe Botschaft diesen Toten verkündigt wurde, als sie schon gestorben waren, nicht richtig ist. Wie kann man ein „Gerichtetwerden dem Menschen gemäß nach dem Fleisch“ und ein „Leben Gott gemäß nach dem Geist“ auf Tote anwenden? Sie sind ja nicht mehr im Fleisch! Die Schrift verwendet diese Ausdrücke nachdrücklich nur für auf der Erde lebende Menschen.

Die frohe Botschaft wurde ihnen verkündigt, als sie auf der Erde waren, wie es zum Beispiel Hebräer 4,2 ausdrücklich sagt. Die Lehre, dass es nach dem Tode noch Gelegenheit gibt, das Evangelium anzunehmen, steht in völligem Widerspruch zum ganzen Gedankengang des Wortes Gottes.

Was wir in diesem Vers lesen, ist nicht dasselbe, was in 1. Petrus 3,19 steht. Noah war der Prediger der Gerechtigkeit (2Pet 2,5). Er predigte das Gericht, aber keine frohe Botschaft. Die Schrift verwendet in 1. Petrus 3,19 und 4,6 ausdrücklich unterschiedliche Worte.

Verse 7-9

1Pet 4,7-9: Es ist aber nahe gekommen das Ende aller (Dinge). Seid nun besonnen und seid nüchtern zu (den) Gebeten. Vor allen (Dingen) aber habt zueinander eine inbrünstige Liebe, denn Liebe bedeckt eine Menge von Sünden. (Seid) gastfrei gegeneinander ohne Murren.

Im Allgemeinen gebraucht Gottes Wort zwei Mittel, um uns von dieser Erde zu lösen. Zuerst weckt es unsere geistlichen Gefühle, indem es unser Auge richtet auf das nahe Kommen des Herrn Jesus, um uns in das Vaterhaus zu bringen. Die Stimme des Herrn „Siehe, ich komme bald“ richtet unsere Augen auf den glänzenden Morgenstern. Dessen Anziehungskraft lässt das Herz verlangen nach der Herrlichkeit, wo Er ist: „Amen, komm Herr Jesus“ (Off 3,11; 22,7.17.20)! Das löst uns von den Dingen auf der Erde.

Das zweite Mittel, das Gottes Wort gebraucht, ist, dass es die Vergänglichkeit aller Dinge auf der Erde sehen lässt. „Es ist aber nahe gekommen das Ende aller (Dinge)“ (Heb 12,27). Nicht nur wird jeder einmal von seinen Werken Rechenschaft ablegen müssen, sondern alles, worauf das Fleisch vertrauen kann, hat ein Ende (Im Griechischen liegt der Nachdruck auf „alle“.). Das Ende ist nun nahe gekommen. Das Bewusstsein dieser Tatsache erschüttert das Vertrauen des Fleisches.

Noch immer spricht der Apostel über die Regierung Gottes in Verbindung mit dem großen Grundsatz der Verantwortlichkeit in Bezug auf das Zeugnis Gottes. Für den Christen ist diese Regierung die Regierung des Vaters. Aber auch als solcher sieht Gott auf die Welt. Seine Kinder sollen Ihn darin verherrlichen. Tun sie das nicht, dann muss Er sich selbst verherrlichen, aber auf ihre Kosten. Das Feuer der Verfolgung ist der Beweis, dass das Gericht begonnen hat bei dem Hause Gottes (1Pet 4,12). In diesem Leiden sind sie Teilhaber des Leidens Christi, aber zugleich Gegenstände der Zucht des Vaters (Heb 12,2-11). Gott weiß diese Dinge immer zu vereinigen.

Hinsichtlich der Verbindung der Regierung Gottes mit der Welt war die Zerstörung Jerusalems, die innerhalb einiger Jahre nach dem Schreiben dieses Briefes stattfinden sollte, von großer Bedeutung. Es war die Stadt des großen Königs, wo der Messias regieren wird (Ps 48,3). Ihre Zerstörung war die Vernichtung des Ortes, von dem aus einst Gottes Regierung unmittelbar ausgeübt worden war, wo der Messias regiert hätte, wenn Er angenommen worden wäre, und wo Er einst auch regieren wird (Jer 3,17). Jetzt hat Er seinen himmlischen Platz in Auferstehung eingenommen. Das ist gerade der große Gegenstand dieses Briefes. Die Regierung Gottes hatte sich also geändert, nicht was die Grundsätze angeht, aber sie war jetzt allgemein geworden. Da der Herr Jesus auf der Erde gelitten hat, lässt Gottes Regierung zu, dass auch die Seinen hier leiden. Bis zu der Zeit des Gerichts werden die Gerechten verfolgt werden und müssen daher Geduld haben.

Die Zerstörung Jerusalems vernichtete das Vertrauen des ungläubigen jüdischen Volkes. Für die Christen war sie der Beweis, dass das Ende aller Dinge nahe gekommen war. In Gottes Wort wird nichts genannt, was vor den Gerichten stattfinden müsste, die in Verbindung stehen mit der Ankunft des Herrn, um die Feinde zu vernichten und das Gericht auszuüben. Aber Petrus geht bis auf den Grund: nicht nur bis zum Friedensreich, sondern bis zum neuen Himmel und der neuen Erde, denn das Ende aller Dänge kommt durch Gericht (2Pet 3,7-13). Aber danach kommt der Segen. Das Gericht ist notwendig, um den Ort des Segens zuzubereiten.

Der Unglaube sagt: „Wo ist die Verheißung seiner Ankunft“ (2Pet 3,4)? Aber der Glaube sagt: „Wenn damals schon das Ende nahe gekommen war, wie nahe muss es dann jetzt sein.“ – „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe“ (Röm 13,11-13).

Im Hinblick auf das Ende alles dessen, was wir sehen, sollen wir „nüchtern“ oder „von gesundem Verstand“ sein (1Pet 5,8), das heißt, alles sehen, wie es wirklich ist, und nichts von den Dingen hier auf der Erde erwarten, die ja in Kürze gerichtet werden. Unser Vertrauen muss auf Gott gerichtet sein, der sich nicht verändert, der ewig ist (Heb 13,8) und der uns bewahren wird in allen Schwierigkeiten und Versuchungen, durch die wir hier in dieser Welt zu gehen haben, bis der Tag der Befreiung anbricht.

Dazu müssen wir nüchtern sein zu Gebeten (siehe die Fußnote in E.Ü.; die besseren Handschriften lassen „den“ aus). Paulus schreibt an die neu bekehrten Thessalonicher: „Betet unablässig“ (1Thes 5,7). An die auf dem höchsten geistlichen Niveau stehenden Epheser schreibt er, dass sie „zu aller Zeit betend mit allem Gebet und Flehen in dem Geiste, und eben hierzu wachend in allem Anhalten und Flehen“ (Eph 6,18) sein sollten.

Das Gebet ist der Ausdruck der eigenen Ohnmacht und der Abhängigkeit von Gott. Aber im Gebet haben wir Gemeinschaft mit Ihm, und seine Macht wird zu unseren Gunsten ausgeübt. Jemand hat gesagt: „Das Gebet ist die Macht, die den Arm des Allmächtigen, der das Weltall durch sein Wort schuf, in Bewegung setzt.“

Gott, unser Vater, lauscht mit inniger Freude unserer Stimme, wenn wir zu Ihm kommen. Wir sind ja seine Kinder. Er sagt zu uns: „In allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden“ (Phil 4,6.7). Auch wenn wir um Dinge bitten, die Er uns nicht geben kann, weil seine Liebe weiß, dass es schlecht für uns wäre, wird „der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, … unsere Herzen und unseren Sinn bewahren in Christo Jesu.“

Im Evangelium nach Lukas wird von dem Herrn Jesus siebenmal gesagt, dass Er im Gebet war, zuweilen ganze Nächte und einmal in seinem Sterben. Der große Apostel Paulus bittet Neubekehrte, für ihn zu beten (1Thes 5,25). Sehen wir daran nicht, welchen Wert das Wort Gottes dem Gebet beimisst? Wie wenig noch haben wir das gelernt!

Wenn wir so durch das Gebet Zugang erhalten haben zu den unendlichen Schätzen, die Gott uns bereitet hat, dann sind wir fähig, das zu tun, von dem der Apostel sagt, dass wir es vor allen Dingen nötig haben: eine inbrünstige Liebe zueinander zu haben. Wo sonst könnten wir die inbrünstige Liebe zueinander bekommen als im Umgang mit dem, der der Gott der Liebe ist und das bewiesen hat, indem Er seinen Sohn für Sünder hingab (1Joh 4,8-10; Röm 5,8)?

Das Neue Testament kennt zwei Wörter für „lieben“ (und „Liebe“): phileo und agapao (mit dem Hauptwort agape). Das erste Wort bezeichnet mehr die Freundschaft. Die anderen beiden werden außer in Titus 3,4 überall gebraucht für die Liebe Gottes zum Menschen und für die Liebe des Menschen zu Gott. Sie werden auch gebraucht für die Liebe des Vaters zum Sohn, mit Ausnahme von Johannes 5,20, und für die Liebe des Vaters zu den Jüngern, mit Ausnahme von Johannes 16,27. Phileo ist eine Gemütsbewegung, die durch etwas in dem Gegenstand der Liebe, das anziehend ist und Freude schenkt, angeregt wird. Agape deutet auf einen vorhandenen Zustand in einer Person hin, der sie notwendig zum Handeln bringt. Der Ausgangspunkt ist hier also mehr die Person, die liebt, obwohl eine Verbindung mit der Kostbarkeit des Gegenstandes der Liebe besteht. „Gott ist Liebe“ ist der eigentliche Ausgangspunkt dieser Liebe, auch da, wo es sich um die Liebe des Menschen zu Gott handelt.

Wo in der Schrift über die Liebe zu den Brüdern gesprochen wird, werden beide Worte abwechselnd gebraucht. In 1. Petrus 1,22 wird zum Beispiel beim ersten Mal phileo und beim zweiten Mal agapao gebraucht; in 1. Petrus 3,8 phileo. Aber hier in 1. Petrus 4,8 wird agape verwendet, das Wort für die göttliche Liebe. Es ist die Liebe, die Gott darin gegen uns bewies, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren (Röm 5,8.5). Diese Liebe ist nun in unsere Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist. Wir sind Teilhaber der göttlichen Natur geworden (2Pet 1,4). Darum lieben wir, weil Er uns zuerst geliebt hat (1Joh 4,19)!

Aber diese Liebe muss sich offenbaren. Sie tut es in der Liebe zu den Brüdern (1Joh 4,20). Wo diese inbrünstige Liebe zueinander gefunden wird, da wird die göttliche Gegenwart und Wirksamkeit offenbart.

Diese Liebe muss „vor allen Dingen“ sein. Das bedeutet, dass sie vorangehen muss. Nichts hat Wert, wenn diese Liebe nicht die Triebfeder ist. „Wenn ich mit den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber nicht Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel. Und wenn ich Prophezeiung habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß, und wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetze, aber nicht Liebe habe, so bin ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeilen werde, und wenn ich meinen Leib hingebe, auf dass ich verbrannt werde, aber nicht Liebe habe, so ist es mir nichts nütze“ (1Kor 13). Es ist dieselbe agape Liebe, von der in unserem Vers gesprochen wird. Diese Liebe bedeckt eine Menge von Sünden (Spr 10,12). Sie ist der Gegensatz zu Hass, der Zänkereien hervorruft (Jak 5,20).

Der Apostel spricht hier nicht über das Verhältnis der Seele zu Gott und dem endgültigen Hinwegtun der Sünden vor Gott oder dem Vater (1Joh 1,9). Er spricht über die Verbindung zwischen Gott und seinem Volk in seiner Regierung. Wenn wenig Liebe zwischen den Brüdern ist, wenn Schwierigkeiten vorhanden und die Herzen einander entfremdet sind, dann ist das bestehende Böse vor Gottes Augen (Gal 5,13-15). Aber wenn Liebe vorhanden ist, die nichts Böses denkt und sich nicht erbittern lässt, sondern im Gegenteil in dem Bösen einen Anlass sieht, sich zu offenbaren (1Kor 13,5), dann ruht Gottes Auge auf der Liebe und nicht auf dem Bösen.

Wir sind von Natur aus geneigt, böse zu werden, wenn man uns Böses antut. Liebe, die göttliche Liebe, wird durch das von einem anderen verübte Böse nur veranlasst, sich zu offenbaren. Sie wird sich mit dem Bösen beschäftigen, nicht im Blick auf sich selbst (sie erduldet alles), sondern aus Liebe zu dem Bruder, der das Böse verübt hat (3Mo 19,17). Sie weiß, dass seine Gemeinschaft mit dem Herrn jetzt unterbrochen ist und er nicht glücklich ist. Sie wird nicht mit anderen darüber sprechen, außer wenn ein guter Grund dafür vorhanden ist, sondern sie wird sich mit ihm selbst beschäftigen, um seine Füße zu waschen und ihn so zu gewinnen (Joh 13,8b). Wir haben ein Recht, die Füße unserer Brüder zu waschen und ihre Sünden zu vergeben. Die Liebe hat das Recht, die Dinge zu begraben, so dass sie nicht mehr gesehen werden (Mt 18,14.15; Jak 5,15; 1Joh 5,16).

Natürlich berührt dies nicht die Pflicht der Versammlung, heilige Zucht auszuüben (1Kor 5,13). Die Liebe kann das Böse, das Gott offenbar gemacht hat, nicht verbergen. Aber sie kann oft die Notwendigkeit einer solchen Offenbarung verhüten, indem sie sich im Anfang in Gnade mit dem Bruder oder der Schwester beschäftigt.

Gastfreundschaft ist eine andere Form der Liebe. Das griechische Wort hierfür bedeutet ursprünglich: „freundlich gegenüber Fremden“. Es ist also die praktische Ausübung der Liebe gegenüber anderen, nicht weil wir sie gut kennen und sie unsere Freunde sind, sondern weil sie Kinder Gottes sind und unsere Hilfe nötig haben (Heb 13,2). Wenn es wirklich aus Liebe geschieht und nicht aus einem gewissen Pflichtgefühl oder weil man sich dem nicht entziehen kann, dann wird es sicher ohne Murren sein. Dann wird auch gerade Gemeinschaft und Stärkung der Bruderliebe daraus hervorkommen, weil wir einander kennenlernen.

Vers 10

1Pet 4,10: Je nachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dienet einander damit als gute Verwalter der mancherlei Gnade Gottes.

Das Wort „Gnadengabe“ (charisma) wird in der Schrift in zwei Bedeutungen gebraucht: in Römer 1,11; 5,15.16; 6,23; 11,29 und 2. Korinther 1,11 für Segnungen, die wir aus Gnade empfangen; in Römer 12,6; 1. Korinther 1,7; 7,7; 12,4.9.28.30.31; 1. Timotheus 4,14; 2. Timotheus 1,6 und in unserem Vers bedeutet es eine durch die Gnade gegebene Fähigkeit oder ein Talent („Gabe“).

Jeder Gläubige hat eine Gnadengabe empfangen. Gott hat den Apostel Paulus benutzt, diesen Grundsatz deutlich zu machen. Jeder hat einen Platz im Leibe des Christus und zugleich als Gnadengabe die Fähigkeit, diesen Platz in der richtigen Weise einzunehmen, so dass der Leib gut funktioniert (1Kor 12,14-27). „… Christus, aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe“ (Eph 4,16). „… aus welchem der ganze Leib, durch die Gelenke und Bande Darreichung empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst“ (Kol 2,19).

Petrus ist hier mehr mit dem Praktischen beschäftigt. Jeder soll seine Gabe gebrauchen, um anderen damit zudienen. Wir sind nicht die Besitzer dessen, was die Gnade uns gegeben hat, sondern „Verwalter“. Gott hat diese verschiedenen Gnadengaben gegeben, um dadurch die vielen verschiedenen Bedürfnisse, die es gibt, zu stillen. „Mancherlei“ oder „vielerlei“ will nicht auf eine große Anzahl hinweisen, sondern auf die Verschiedenheit der Gaben, durch die alle Bedürfnisse der Gläubigen befriedigt werden können. Jeder soll dem anderen mit seiner Gabe dienen.

Alles, was Gott dem Menschen gegeben hat, muss der Mensch als Verwalter verwalten. Der Herr Jesus zeigt, dass der Mensch und vor allem Israel untreu gewesen ist und dass Gott ihm daher die Herrschaft über die irdischen Güter wegnehmen wird (Lk 16,1-13; 1Mo 2,15; 3Mo 25,2-23). Wir leben in der Zeit, in der Gott schon gesagt hat: „Lege die Rechnung von deiner Verwaltung ab.“ Aber der Mensch ist praktisch noch im Besitz der Erde und dessen, was dazu gehört. Der Herr stellt nun den ungerechten Verwalter als unser Vorbild hin: Er verwendete die Güter seines Herrn nicht mehr für sich selbst, sondern zum Nutzen der anderen Schuldner seines Herrn. So haben wir die irdischen Besitztümer zum Nutzen der Gläubigen und für die Menschen im Allgemeinen zu gebrauchen (Gal 6,10).

Auch hinsichtlich der geistlichen Gaben sind wir Verwalter. Die göttliche Fülle hat uns alles gegeben, was wir für den uns aufgetragenen Dienst brauchen (Lk 12,42; 1Chr 29,11-17). Welch eine Fähigkeit besitzen wir also! Aber welche Verantwortung auch! Übrigens sucht man hier an den Verwaltern, dass einer treu erfunden werde (1Kor 4,15)!

Die Schrift sagt wiederholt mit Nachdruck, dass jeder Dienst in direkter Verantwortung gegenüber dem Herrn Christus ausgeübt werden muss. Er hat die Gabe gegeben, und Er wird Rechenschaft darüber fordern, wie wir sie verwendet haben (1Kor 12,5; Mt 24,45ff; 25,14-30; Eph 4,11). Wie traurig, wenn Menschen sich eine Autorität anmaßen, die allein dem Herrn zusteht, wenn Menschen sich zwischen den Herrn und seine Diener stellen. Wie traurig, wenn ein Diener nicht mehr nur auf die Leitung des Herrn achtgibt und sich seiner direkten Verantwortung Ihm gegenüber nicht mehr bewusst ist, einer Verantwortung, der uns keine menschliche Verbindung entheben kann.

Epheser 4,7-16 (in Verbindung mit Ps 68,18) und 1. Korinther 12 geben die Grundsätze des Dienstes deutlich an. Es sind Gaben Gottes, die Gott Christo gegeben hat und die der Herr Menschen zuteilt. Diese müssen sie ausüben in Abhängigkeit vom Herrn und in direkter Verantwortung Ihm gegenüber (1Kor 4,15). Der Heilige Geist gibt die Kraft zur Ausübung des Dienstes. Im Namen des Herrn hat Er die Leitung dabei, so dass der Diener sich in der Ausübung seines Dienstes ganz von Ihm leiten lassen muss (1Kor 12,7.11; Apg 16,6-10). Der Herr wird einmal Rechenschaft fordern (Lk 19,12-26)!

Das Wort oikonomos („Verwalter“) kommt vor in Lukas 12,42; 16,1.8; Römer 16,23; 1. Korinther 4,1.2; Galater 4,2; Titus 1,7 und hier. Im Titusbrief wird der Aufseher ein Verwalter Gottes genannt. Wo es sich um die Ausübung von Gaben handelt, sagt unsere Stelle und 1. Korinther 4 wohl, dass wir Verwalter der Geheimnisse und der mancherlei Gnade Gottes, aber nicht, dass wir Verwalter Gottes sind. Wir sind Dienstknechte Christi.

Wir sind also Verwalter der mancherlei Gnade Gottes. Gottes Gnade ist so groß und so vielseitig, dass sie jedes Bedürfnis jedes Menschen stillen kann. „Mancherlei“ weist daher auch nicht auf die Größe der Gnade Gottes hin, sondern auf die vielen verschiedenen Arten, in denen die Gnade sich offenbart. Gott in seiner Güte will nun Menschen gebrauchen, diese Gnade praktisch zu den Menschen zu bringen. Er will alle Bedürfnisse aller Menschen stillen, sowohl die materiellen als auch die geistlichen. Dazu gibt Er seine Gnade sozusagen als einen Schatz den Gläubigen in die Hände, damit sie diesen als Verwalter verwalten (d.h. dorthin bringen, wo Gnade nötig ist), ein jeder nach der Gnadengabe, die er empfangen hat.

So hatten die Propheten über die Gnade, die jetzt unser Teil geworden war, geweissagt (1Pet 1,10-12). So verlangte Paulus danach, nach Rom zu gehen, um den Gläubigen dort etwas geistliche Gnadengabe mitzuteilen (Röm 1,11; 15,29). So gab der auferstandene Herr seinen Jüngern den Auftrag, auszugehen und verlorenen Menschen Vergebung der Sünden zu bringen (Joh 20,21-23). So kommt „Gottes Gerechtigkeit durch Glauben an Jesum Christum zu allen“ (Röm 3,22), obwohl nur diejenigen, die sie annehmen, daran teilhaben. So bringt jeder Lehrer aus seinem Schatz Neues und Altes hervor (Mt 13,52), das alles zu der „mancherlei Gnade Gottes“ gehört. So sollen wir Gutes wirken gegen alle Menschen, am meisten aber gegen die Hausgenossen des Glaubens (Gal 6,10). So war Dorkas eine treue Verwalterin (Apg 9,36). So werden wir auch ermahnt, „Gutes zu tun, reich zu sein in guten Werken, freigebig zu sein, mitteilsam“ (1Tim 6,18).

Vers 11a

1Pet 4,11a: Wenn jemand redet, als Aussprüche Gottes; …

Die Gnadengaben werden hier in der einfachen Aufteilung genannt, die die Apostel schon im Anfang der Versammlung gebrauchten: der Dienst des Wortes und die Bedienung der Tische (Apg 6,24).).

Das Erste ist also für jeden, der am Worte Gottes dient, sowohl für den Hirten als auch für den Lehrer und den Evangelisten (Eph 4,11). Das griechische Wort für „Aussprüche“ oder „Worte“ oder „Orakel“ (logia) wurde im klassischen Griechisch gebraucht für die Aussprüche der Götzen, wenn man ihren Rat erfragte, wie zum Beispiel bei dem bekannten Orakel von Delphi, wo die Zukunft vorausgesagt wurde. Dies Wort kommt in der Bibel nur in Apostelgeschichte 7,38 („lebendige Aussprüche“), Römer 3,2; Hebräer 5,12 und hier vor. Es bedeutet also nicht nur, dass das, was der Sprecher sagt, in Übereinstimmung mit Gottes Wort sein muss, was selbstverständlich auch wahr ist. Was er sagt, müssen die Worte sein, die Gott in den Umständen und in dem Augenblick durch den Sprechenden sagen will. „Es spricht, der da hört die Worte Gottes, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht“ (4Mo 24,4).

Selbstverständlich wird alles, was „als Aussprüche Gottes“ gesprochen wird, in Übereinstimmung mit der Schrift sein. Gott widerspricht sich selbst nie. Aber jemand, der die Schrift anwendet, kann sie falsch anwenden. Es kann vorkommen, dass jemand ermahnt, während Trost nötig ist, oder dass jemand mit Worten der Schrift bestraft, während Belehrung nötig ist, usw. Welcher Diener Gottes kann beurteilen, was die Seelen, zu denen er spricht, in diesem Augenblick nötig haben? Oft wissen diese es selbst nicht. Aber Gott weiß es. Deshalb muss der Diener so nahe bei Gott sein, dass er aus der Gegenwart Gottes spricht, also die Gedanken Gottes in diesem bestimmten Augenblick ausdrückt, wie es bei Bileam war, obwohl es gegen dessen eigenen Willen war.

Die höchste Ehre und die größte Verpflichtung eines Dieners ist, gehorsam zu sein und zu tun, was ihm aufgetragen wird. Nicht ihm gebührt die Ehre, sondern seinem Herrn. Darum wird gesagt: „aus der Kraft, die Gott darreicht, auf dass in allem Gott verherrlicht werde … Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2Kor 12,9.10)! Darum darf er nicht seine eigenen Worte sagen, sondern „Aussprüche Gottes“.

Wer ist zu diesen Dingen fähig? Wir haben den Heiligen Geist empfangen. Sollte Er, der Paulus und allen anderen Schreibern des Neuen Testaments die Gedanken Gottes offenbarte und ihnen danach geistliche Worte gab, durch die sie diese geistlichen Dinge, „getrieben vom Heiligen Geist“, niederschreiben konnten (1Kor 2,10.13; 2Pet 1,21), nicht imstande sein, uns zu diesen Dingen fähig zu machen? Er selbst nimmt freiwillig diesen Platz von Unterwürfigkeit ein. Er redet nicht aus sich selbst (Joh 16,13.14). Das bedeutet nicht, dass Er nicht über sich selbst redet, obwohl das auch wahr ist. Aber Er redet im Auftrage des Vaters und des Sohnes. „Was irgend er hören wird, wird Er reden.“ – „Von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen.“ Sollte Er uns mit seiner göttlichen Kraft nicht in dieselbe Stellung leiten können und uns dazu die Kraft und die Fähigkeit geben?

Wie wenig Gebrauch wissen wir oft von der göttlichen Kraft zu machen! Oder besser gesagt, wie wenig lassen wir uns ganz von Gott gebrauchen! Wenn wir wirklich dem Geist Jesu unterworfen wären (Apg 16,7) und zum Herrn aufsähen, wie würden wir dann fähig sein, anderen mitzuteilen, was Gott ihnen als Gnade geben will. Es würde dann nicht nur schriftgemäßer Dienst sein, sondern der lebendige Dienst des Heiligen Geistes, durch den jedes Bedürfnis gestillt werden würde. Das ist der prophetische Dienst, der immer erbaut und durch den Fremde und Unkundige überzeugt werden, „dass Gott wirklich unter euch ist“ (1Kor 14,4.24.25). Es ist ein Reden, wie es die alten Propheten taten: „So spricht der HERR“ (Hes 2,38; 3,10.11)! Der Dienst eines Propheten ist nicht so sehr vorhersagen (d.h. die Zukunft voraussagen), als vielmehr der Mund Gottes zu sein, das heißt zu reden, was Gott in einem bestimmten Augenblick unter bestimmten Umständen zu bestimmten Personen sagen will (Jer 2,12). Das kann bedeuten, dass Zukünftiges vorhergesagt wird, aber ebenso gut auch nicht. Im Buch Jona, einem der kleinen Propheten, stehen keine Vorhersagen über die Zukunft, das heißt über Dinge, die noch nicht erfüllt waren, als das Buch geschrieben wurde. Finden wir in der Weissagung Haggais außer in den letzten Versen der Kapitel 2 und 3 Zukünftiges vorausgesagt? Selbst das ist noch sehr allgemein gehalten.

Es ist notwendig, praktische Gemeinschaft mit Gott zu haben, um so dienen zu können. Wenn wir uns nicht in seiner Nähe aufhalten, hören wir die Worte nicht, die wir weitergeben sollen. Aber dennoch wird uns die Verantwortung vorgehalten, so zu dienen. Wenn wir nicht durch die Kraft unserer Gemeinschaft mit Gott „als Aussprüche Gottes“ reden können, müssen wir schweigen, nicht um unseren Dienst dem Herrn Jesus aufzukündigen (welcher Diener würde das wollen, ja, wir haben nicht einmal das Recht dazu), sondern um uns in das Licht Gottes zu stellen, um dort alles zu sehen und zu richten, was unsere Gemeinschaft mit Gott unterbricht.

Vers 11b

1Pet 4,11b: … wenn jemand dient, als aus (der) Kraft, die Gott darreicht, auf dass in allen (Dingen) Gott verherrlicht werde durch Jesum Christum, welchem die Herrlichkeit ist und die Macht in die Zeitalter der Zeitalter. Amen.

„Dienen“ ist hier (im Unterschied zum Reden) das, was die Apostel das „Bedienen der Tische“ nennen (Apg 6,2). Wir können es vergleichen mit „Dienen, Mitteilen, Barmherzigkeit üben“ und mit „Hilfeleistungen“ (1Kor 12,28; Röm 12,78).

Sogar dieser Dienst, der sich also nicht mit dem Wort, sondern mit den zeitlichen Dingen beschäftigt, kann nicht aufgrund menschlicher Fähigkeit, Stellung oder menschlichen Reichtums getan werden. Irdische Fähigkeiten oder Vorrechte könnten sowohl für den, der den Dienst ausübt, als auch für den, an dem der Dienst getan wird, zum Fallstrick werden. Es ist daher auch nicht so, dass wir aus uns selbst irgendein Anrecht hätten. Wir müssen lernen, den Überfluss zu gebrauchen, den Gott für uns hat.

Darin unterweist der Herr Jesus die Jünger, im Blick auf die Bedürfnisse der großen Volksmenge an dem öden Ort (Mt 14,16). Es war klar, dass sie selbst nichts hatten, was diese Bedürfnisse stillen konnte. Dennoch sagt der Herr: „Sie haben nicht nötig wegzugehen; gebet ihr ihnen zu essen.“ Dann teilen sie aus seiner Fülle der Volksmenge so viel aus, dass zwölf Körbe voll Brocken übrigbleiben, also mehr, als sie zu Anfang hatten!

Ganz sicher wäre das auch in unserem Dienst so, wenn wir mehr von dem „Glauben, der durch die Liebe wirkt“ (Gal 5,6), hätten. Dieser Glaube zählt auf den Überfluss Gottes, und er wird nie enttäuscht. Wir können diesen Glauben nicht nachmachen; wenn das Fleisch den Glauben nachahmt, ist das Ergebnis Fleisch und daher zur Unehre Gottes. Wir müssen in unmittelbarer Nähe Gottes, in ungestörter Gemeinschaft sein. Dann wird unser Glaube im Umgang mit Ihm gestärkt, und wir bekommen Einsicht, diesen Glauben in Weisheit auszuüben. Dies ist auch sehr nötig.

Wir haben nicht einen großen Schatz zur Bewahrung erhalten, um ihn nach eigenem Ermessen zu gebrauchen. Wie viel Schaden haben wir schon dadurch angerichtet, dass wir in diesem Dienst nicht richtig gehandelt haben, zum Beispiel indem wir mit Geld etwas unterstützt haben, wo das nicht gut war, oder dass wir keine Unterstützung gegeben haben, wo es wohl nötig war. Wie in allen Dingen haben wir auch hierin göttliche Leitung nötig. Wahrer Glaube wird nur dort und dann handeln, wo und wann es nach Gottes Gedanken ist.

Wenn wir uns dieser Dinge bewusst sind, wird uns das demütig bewahren. Wir fühlen dann, dass es nur Gnade ist, dass der Herr uns für diesen Dienst gebrauchen will; nichts von uns selbst ist dabei. Das werden auch die fühlen, denen gedient wird. So werden sowohl sie als auch wir Gott verherrlichen und Ihm danken. Da, wie wir bei Vers 10 gesehen haben, jeder Dienst für Jesus Christus ist (1Kor 12,5), wird so „in allem Gott verherrlicht … durch Jesum Christum“ (Joh 17,4). Das ist immer die Absicht des Herrn Jesus! Und es ist immer die Absicht Gottes, den Herrn zu verherrlichen. Er hat Ihm die Herrlichkeit und die Macht bis in alle Ewigkeit gegeben. Welch ein mächtiger Anreiz für unser Herz ist dies Verlangen Gottes und des Herrn Jesus, um auch in unserem Dienst Gott und den Herrn zu verherrlichen. Welch eine Ermutigung ist es zugleich, dass seine Macht dieselbe bleibt, wie die Umstände hier auf der Erde auch sein mögen und welche Feinde uns auch gegenüberstehen.

Aus dem Text wird nicht ganz deutlich, ob die Worte „welchem die Herrlichkeit ist und die Macht“ sich auf Gott oder den Herrn Jesus beziehen. Das Wort „ist“ anstatt „sei“ (wie in 1. Petrus 5,11) unterstützt den Gedanken, dass es sich hier auf den Herrn Jesus bezieht. Ihm ist jetzt schon alle Macht gegeben (Mt 28,18)! Vergleiche Römer 9,5.

Verse 12-14

1Pet 4,12-14: Geliebte, lasst euch das Feuer (der Verfolgung) unter euch, das euch zur Versuchung [oder: Prüfung] geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes, sondern insoweit ihr der Leiden des Christus teilhaftig seid, freut euch, auf dass ihr auch in der Offenbarung seiner Herrlichkeit mit Frohlocken euch freut.

Wenn ihr in (dem) Namen Christi geschmäht werdet, glückselig (seid ihr)! denn der (Geist) der Herrlichkeit und der Geist Gottes ruht auf euch. [Bei ihnen freilich wird er verlästert, bei euch aber wird er verherrlicht.]

Der Apostel kommt jetzt wieder auf das Leiden der Gläubigen in dieser Welt zurück, wir könnten fast sagen, auf das Hauptthema dieses Briefes. Schon in den Kapiteln 2 und 3 hat er darüber gesprochen. Ich denke, dass es hier in Zusammenhang steht mit: „Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge“, dem Anfang dieses Abschnitts des Briefes (1Pet 4,7).

Die ganze Zeit des Christentums, die Zeit der Versammlung auf der Erde, trägt praktisch den Charakter der „letzten Stunde“. (Um es ganz richtig zu sagen: von dem Augenblick an, da der Verfall begann und die vielen Antichristen sich in der Mitte der Gläubigen offenbarten. Aber das war schon kurz nach dem Anfang [1Joh 2,18].) Es ist die Zeit der vollständigen Verwerfung Gottes in der Verwerfung des Herrn Jesus. Es kommt kein anderer Zeitabschnitt mehr, in dem der Mensch erprobt wird, es sei denn vielleicht in den letzten Augenblicken des Tausendjährigen Reiches, in denen den dann lebenden Menschen auf der Erde für kurze Zeit Gelegenheit gegeben wird zu zeigen, welches Ergebnis die tausendjährige segensreiche Regierung des Herrn Jesus auf den Zustand ihrer Herzen gehabt hat (Off 20,79). Aber das ist keine Prüfung im eigentlichen Sinne des Wortes. Hier wird ihnen nur Gelegenheit gegeben, den Zustand ihrer Herzen zu offenbaren, nachdem sie tausend Jahre lang gezwungen gewesen sind, sich zu unterwerfen, weil jeder öffentliche Ungehorsam sofort mit dem Tode bestraft wurde (Ps 101,48; Jes 66,24).

Aber obwohl also fast die ganze Zeit des Christentums diesen Charakter des „Endes“ trägt, gibt es doch eine Abstufung. „Geliebte, gedenket an die von den Aposteln unseres Herrn Jesus Christus zuvor gesprochenen Worte, dass sie euch sagten, dass am Ende (der) Zeit Spötter sein werden, die nach ihren eigenen Lüsten der Gottlosigkeit wandeln“ (Jud 17). Die letzte Zeit des Christentums würde die schlimmste sein, nicht nur was den Zustand der Welt betrifft, sondern in der Christenheit selbst würde sich der Abfall von Gott offenbaren (1Tim 4; 2Tim 3). Zwar kann er sich erst völlig offenbaren, wenn das, was ihn zurückhält, weggenommen sein wird (2Thes 2,27), also erst nach der Entrückung der Versammlung. Aber der vollkommene Abfall wird schon leben, um sich völlig zu offenbaren, wenn das, was zurückhält, weggenommen ist.

Das bedeutet auch, dass das Gericht Gottes, das dann endgültig ausgeführt werden wird, jetzt schon dem Grundsatz nach in der Regierung Gottes ausgeführt wird. „Die Zeit ist gekommen, dass das Gericht anfange bei dem Hause Gottes“ (1Pet 4,17). Die große Ankündigung davon, die Zerstörung Jerusalems, sollte damals in wenigen Jahren stattfinden, und die gläubigen Juden, an die Petrus schreibt, sollten gerade weil sie gläubige Juden waren und weil das Christentum in jener Zeit von den Heiden größtenteils noch als eine jüdische Sekte betrachtet wurde, in größerem Maße an den Folgen des Gerichts Gottes über das ungläubige Volk als solches teilhaben.

Das natürliche Herz kann es schwer verstehen, dass diejenigen, die mit dem verbunden sind, dem „gegeben (ist) alle Macht im Himmel und auf Erden“ (Mt 28,18) leiden müssen. Wie schwer war es schon für diese Gläubigen aus den Juden, zu verstehen, dass Jerusalem und der Tempel durch das Gericht Gottes vernichtet werden würden. Viele von ihnen, wenn nicht gar die meisten, waren nicht gelöst vom Judentum, sondern Eiferer fürs Gesetz (Apg 21,20). Dass sie, die den Herrn wohl angenommen hatten als den von Gott gegebenen Messias, mitleiden, ja sogar besonders leiden mussten, weil sie Ihn angenommen hatten, das war für ihre armen Herzen schwer zu verstehen. Wer konnte sie darin besser verstehen als Petrus! Hatte er nicht selbst zum Herrn gesagt: „Gott behüte dich, Herr! dies wird dir nicht widerfahren“, als der Herr den Aposteln sagte, dass Er leiden und getötet werden müsste (Mt 16,22)? Ob er in diesem Augenblick nicht daran zurückgedacht hat? Und auch an die strafenden Worte, die der Herr ihm damals gesagt hatte? Er hatte jetzt seine Lektion gelernt, und er wünschte, sie weiterzugeben.

Zwar hat Christus alle Macht im Himmel und auf Erden empfangen; Er ist König und Priester! Aber noch übt Er nur sein Priestertum aus. Er sitzt noch nicht auf seinem eigenen Thron (Mt 25,31), sondern auf dem Thron seines Vaters (Off 3,21). Obwohl Er Priester ist nach der Ordnung Melchisedeks (Heb 7,21), übt Er das Priestertum Aarons aus, und zwar für Hilfsbedürftige in einer Welt, die mit einer Wüste verglichen wird (Heb 4,16).

Wer daher Christus angenommen hat, hat teil an dem Platz, den Er hier auf der Erde hatte und noch hat – dem Platz der Verwerfung. Er wird daher auch teilhaben an allen Folgen davon an dem Leiden, das der Herr hier auf der Erde erduldete (Phil 3,10).

Natürlich hat er nicht teil an seinem Leiden für unsere Sünden und unsere Sünde. Das war einzig und allein eine Angelegenheit zwischen Gott und Ihm. Im Allgemeinen kommt alles Leiden aus der Hand Gottes. Ohne seine Zustimmung hätte es kein Leiden für den Herrn gegeben und gibt es kein Leiden für uns. Aber das Leiden für unsere Sünden kam unmittelbar von Gott. Daran können wir nicht teilnehmen, es würde für uns die Hölle bedeuten.

Der Herr litt jedoch auch für die Gerechtigkeit, und daran können wir nicht nur teilnehmen, sondern wir tun es auch (1Tim 3,12). Der Apostel hat darüber in den Kapiteln 2 und 3 gesprochen. Der Herr litt auch durch die Feindschaft und seine Verwerfung aufgrund dessen, was Er war. Auch daran können wir teilhaben. Wenn wir uns in einer Welt, die Ihn kreuzigte, öffentlich mit Ihm verbinden, dann werden auch wir Feindschaft erfahren und verworfen werden. Darüber spricht der Apostel hier. Dies Leiden stellt den Glauben viel mehr auf die Probe als das Leiden für die Gerechtigkeit. Ungerechtigkeit widerstreitet den Gefühlen unserer neuen Natur und selbst den natürlichen Gefühlen aufrichtiger Menschen. Aber das Leiden für den Herrn ist die Folge, wenn wir öffentlich den Platz mit Ihm einnehmen und öffentlich von Ihm zeugen. Es steht in Verbindung mit unserer Liebe zu Ihm und praktischer Gemeinschaft mit Ihm.

Zunächst erinnert der Apostel sie daher daran, dass sie geliebt werden. Sie werden geliebt mit einer göttlichen Liebe, die ihren Ursprung in sich selbst findet. Es ist hier nämlich wieder agape; siehe die Bemerkungen zu Vers 8 und Kapitel 2,11.

Nachdem jetzt ihr Blick auf die Liebe Gottes gerichtet ist, kann er ihnen auseinandersetzen, warum Gott die Verfolgungen für sie zuließ. Zwar kommen sie in der Tat vonseiten der Christus hassenden Welt, aber diese wäre nicht imstande, etwas zu tun, wenn Gott es nicht erlaubte. Wir sehen das sehr deutlich bei dem Herrn Jesus. Wie groß die Feindschaft und die Wut seiner Feinde auch sein mochten, sie konnten nichts tun, bevor „die Stunde“ gekommen war (Mk 14,41). Daher sagt der Herr auch zu der Menge, die kommt, um Ihn gefangenzunehmen: „Dies ist eure Stunde und die Gewalt der Finsternis“ (Lk 22,53).

Gott ließ die schrecklichen Verfolgungen zu, „euch zur Versuchung {oder „Prüfung“, s. Anm. E.Ü.}“. Es waren nicht nur Kleinigkeiten, sondern wie das Wort „Feuer“ angibt, schwere Verfolgungen. Das griechische Wort kommt im N. T. nur hier und in Offenbarung 18,9.18 vor. In der Septuaginta wird es zweimal gebraucht, und zwar für den Schmelzofen, in dem Gold und Silber geschmolzen wird, um es zu reinigen (Ps 66,10; Spr 27,21). So verwendet es der Heilige Geistes auch hier durch Petrus. Die Verfolgungen hatten den Zweck, die Gläubigen zu prüfen, um sie zu reinigen. Ein sehr deutliches Beispiel dafür finden wir in der Offenbarung (Off 2,4.10). Als die Versammlung ihre erste Liebe verlassen hat, lässt der Herr eine Drangsal von zehn Tagen durch den Teufel zu, um sie zurückzubringen.

In der Geschichte Hiobs sehen wir, wie Gott Satan gebraucht, um seine Absicht mit Hiob zu erreichen. So lässt der Herr auch zu, dass die Feindschaft Satans und der Welt, die von ihm regiert wird, Verfolgungen über die Gläubigen bringt, damit seine Absicht mit ihnen erreicht wird. In den Schwierigkeiten werden sie von der Welt und den Dingen der Erde gelöst und näher zum Herrn getrieben, weil sie ihre Abhängigkeit mehr fühlen.

Deshalb sagt Gottes Wort: „Achtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen fallet, da ihr wisset, dass die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt. Das Ausharren aber habe ein vollkommenes Werk … Glückselig der Mann, der die Versuchung erduldet! Denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche er denen verheißen hat, die ihn lieben.“ – „Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist“ (Jak 1,2-12; 5,10.11; Röm 5,35). Je schwerer die Versuchung (Prüfung) ist, desto gesegneter für den, der ausharrt!

Petrus wusste aus Erfahrung, dass nicht die Prüfung an sich gefährlich ist, sondern wenn wir in die Versuchung eintreten! Der Herr hatte ihn davor gewarnt, aber leider ohne Erfolg (Lk 22,40). Petrus vertraute auf seine eigene Kraft und auf seine Liebe zum Herrn. Indem er sich darauf stützte, suchte er selbst den Ort der Versuchung auf, um sein Wort wahr zu machen, dass, wenn auch alle den Herrn verlassen würden, er es nicht tun würde. Das Ergebnis war, dass er den Herrn dreimal verleugnete, sogar mit einem Eid.

Wenn der Herr uns in die Versuchung führt, können wir in seiner Kraft standhaft bleiben und Ihn verherrlichen. Aber wir selbst haben keine Kraft. Wie sollte der Herr uns auch bewahren auf einem Weg des Eigenwillens und Selbstvertrauens? Dann muss Er zulassen, dass unsere Torheit offenbar wird und wir so lernen, was unser Fleisch ist. „Glückselig der Mensch, dessen Stärke in dir ist, in deren Herzen gebahnte Wege sind! Durch das Tränental gehend, machen sie es zu einem Quellenort … Sie gehen von Kraft zu Kraft; sie erscheinen vor Gott in Zion“ (Ps 84,68).

Aber wie groß ist die Gnade, die wiederherstellt, wenn wir gefallen sind! Der Herr geht mit Petrus den ganzen Weg der Wiederherstellung, wie tief Er auch schneiden muss (Lk 22,32.34.61). Dann stellt Er ihn öffentlich vor seinen Brüdern wieder her, indem Er ihm seine Schafe und Lämmer anvertraut (Joh 21,15-19). Sein Gewissen war jetzt durch das Erlösungswerk Christi so vollkommen gereinigt (Heb 10,2.3), dass er die Juden freimütig anklagt, dass sie den Heiligen und Gerechten verleugnet hätten (Apg 3,14).

Aber außerdem war dies Leiden durch die Verfolgung eine Teilnahme am Leiden Christi. Das bringt uns in Gemeinschaft (Teilhaberschaft) mit Christus selbst! Als Folge gibt dies dem Herzen eine besondere Freude, nicht nur in der Ewigkeit, sondern jetzt schon auf der Erde.

Gewiss, der Herr selbst hatte gesagt: „Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten“ (Mt 5,10). Petrus hatte das nicht vergessen und hatte ihnen schon geschrieben: „Wenn ihr aber ausharrt, indem ihr Gutes tut und leidet, das ist wohlgefällig bei Gott. Denn hierzu seid ihr berufen worden“ (1Pet 2,19-21). „Wenn ihr auch leiden solltet um der Gerechtigkeit willen, glückselig seid ihr“ (1Pet 3,14)!

Aber der Herr hatte weiter gesagt: „Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und jedes böse Wort lügnerisch wider euch reden werden um meinetwillen. Freut euch und frohlockt, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln; denn also haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren“ (Mt 5,11.12; Lk 6,22.23). Und Petrus erklärt den Gläubigen, an die er schreibt (und uns), dass am Leiden Christi teilnehmen für den Namen Christi zu leiden einen besonderen Segen zur Folge hat; hauptsächlich in der Herrlichkeit, aber auch schon auf der Erde.

Es wird wohl mal gesagt, dass Teilnehmen an den Leiden Christi (1Pet 4,13) und Geschmähtwerden im (oder: für den) Namen Christi (1Pet 4,14) nicht dasselbe sei. Vers 13 würde dann mehr auf das Leiden um der Gerechtigkeit willen, um derentwillen auch Christus litt, und Vers 14 auf das eigentliche Leiden für Ihn hinweisen.

Es ist gewiss wahr, dass wir Gemeinschaft mit Ihm haben können im Leiden für die Gerechtigkeit. Aber meines Erachtens ist es aus dem Zusammenhang vollkommen klar, dass Vers 14 hier eine Erläuterung zu Vers 13 ist. Vers 12 spricht schon über Verfolgung, und die Verse 13 und 14 setzen das fort. Außerdem ist Leiden für die Gerechtigkeit gewöhnlich eine persönliche Angelegenheit, während Verfolgung meistens die Gläubigen gemeinsam trifft. Und hier bedeutet es offensichtlich ein Leiden für alle: „das Feuer unter euch“!

Wie schon gesagt, ist Leiden um der Gerechtigkeit willen die Folge unserer neuen Natur, die recht tun will und die Gesinnung des Herrn Jesus selbst offenbart, weil Er das neue Leben ist (Kol 3,4)! Aber Leiden für den Namen des Herrn bringt uns mit Ihm persönlich in Verbindung. Es ist eine Folge unserer Verbindung mit Ihm und unserer Liebe und Treue zu Ihm, und es ist offenbar, dass es einen besonderen Wert für den Herrn hat und uns in besondere Gemeinschaft mit Ihm bringt, weil es sich hierbei um Ihn persönlich handelt. Das sehen wir schon in den zitierten Worten des Herrn. In Verbindung mit dem Leiden für die Gerechtigkeit spricht Er über „die“, aber bei dem Leiden für Ihn sagt Er „ihr, euch“ (Mt 5,10.12). Das Leiden für Ihn spricht von dem Preis, der für den Wandel mit Ihm bezahlt werden muss.

Das Wort „sondern“ (1Pet 4,13) gibt einen scharfen Gegensatz an. Statt das Leiden für Christus als etwas Fremdes zu sehen, sollten sie sich darin freuen! Das Wort deutet auch an, dass das Leiden jetzt in einem bestimmten Verhältnis zu der Freude steht, die einmal ihr Teil sein wird. Das finden wir wiederholt in der Schrift. „Die Leiden der Jetztzeit sind nicht wert, verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit.“ – „Wenn wir ausharren, so werden wir auch mitherrschen; wenn wir verleugnen, so wird auch er uns verleugnen“ – „Wenn es anders bei Gott gerecht ist, Drangsal zu vergelten denen, die euch bedrängen, und euch, die ihr bedrängt werdet, Ruhe mit uns bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel“, usw. „Ein jeder nun, der mich vor den Menschen bekennen wird, den werde auch ich bekennen vor meinem Vater, der in den Himmeln ist“ (Röm 8,18; 2Tim 2,12; 2Thes 1,6; Mt 20,32).

Der Herr fühlt das Leiden, das die Seinen für Ihn erdulden, als sein eigenes Leiden. Wir sehen das deutlich im Fall der Prediger des Evangeliums des Reiches aus dem Überrest Judas in der Zeit der großen Drangsal (Mt 25,40). Aber bei uns geht es noch viel weiter! Wir sind mit Ihm einsgemacht, wie der Herr ausdrücklich zu Paulus sagte, als Er sich ihm auf dem Weg nach Damaskus entgegenstellte (Eph 5,30; Apg 9,4.5).

Ja, welch ein Grund ist dies, sich nicht durch das Leiden befremden zu lassen und nicht davor zurückzuschrecken, wenn es für den Namen des Herrn ist, sondern im Gegenteil sich darin zu freuen. Wie wir gesehen haben, werden wir ja dadurch geläutert. Aber außerdem vereinigt es uns in praktischer Weise mit Christus: jetzt in seiner Verwerfung (Phil 3,10), aber dadurch auch bald in seiner Verherrlichung. Diese Herrlichkeit wird schon bald offenbart werden. Sie wird ewig sein, im Gegensatz zu dem kurzen Leiden hier. Die Worte „freut euch“ stehen im Imperativ Präsens (Befehlsform der Gegenwart). Es ist also ein Befehl, sich beständig zu freuen. Das wird zur Folge haben, dass wir uns bald bei der Offenbarung Christi mit Frohlocken freuen. Denn dann wird der Herr unsere Treue vollkommen anerkennen. Unsere Freude wird dann auch nicht verringert werden durch die Erinnerung an unsere Untreue und an unsere geringe Neigung, der Leiden des Herrn teilhaftig zu sein.

Vers 14 gibt einen weiteren Segen an, der mit dem Leiden für Christus verbunden ist. Dies Leiden wird hier genannt: „geschmäht werden in (dem) Namen Christi“ (1Pet 4,14). Der Herr selbst sagt, was die Worte „in“ seinem Namen“ bedeuten: „weil ihr Christi seid“ (Mk 9,41). Wie wir bei Saulus sahen, betrachtet der Herr es, wenn wir verfolgt werden, weil wir Ihn anerkennen, so, als ob Er selbst verfolgt würde (Apg 9,4.5). Wir sind seine Vertreter und Zeugen auf der Erde. Wenn wir als solche verfolgt werden, ist die Verfolgung in Wirklichkeit gegen den Herrn gerichtet. Aber diese Verfolgung beweist auch, dass wir uns als seine Vertreter und Zeugen offenbaren! Weltlich gesinnte Gläubige, die Christus in ihrem Leben nicht offenbaren, werden nicht verfolgt! Dann sind wir glückselig. Im Griechischen stehen die Worte „seid ihr“ nicht. Dadurch wird noch mehr der Nachdruck auf „glückselig“ gelegt.

Paulus ermahnt uns: „Deshalb lasst uns zu ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, seine Schmach tragend“ (Heb 13,13). Von Moses sagt die Schrift: „Indem er die Schmach des Christus für größeren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens; denn er schaute auf die Belohnung“ (Heb 11,26). Er hielt nicht den Reichtum Christi für größer als den Ägyptens, sondern er hielt die Schmach Christi für größer als die Schätze Ägyptens. Er war nicht so töricht, wie wir es oft sind, indem wir nur an die Gegenwart denken. Er dachte auch an die Zukunft. Und nicht nur das. Wer kann das Glück beschreiben, wenn man Gemeinschaft mit dem Herrn hat, selbst in den größten Schwierigkeiten? Sind alle Reichtümer der Erde damit zu vergleichen? Der Herr selbst hat es gesagt (Mt 5,11), und der Heilige Geist wiederholt es hier, dass mit dem Leiden für Ihn ein besonderes Glück verbunden ist. Die Apostel waren „voll Freude, dass sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden“ (Apg 5,41). Den Philippern war es aus Gnade geschenkt worden, „in Bezug auf Christum … nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden“ (Phil 1,29)! Ist das nicht auch unsere persönliche Erfahrung? Ist unser Herz nicht oft am glücklichsten, wenn wir für den Namen des Herrn verspottet werden, zum Beispiel wenn wir Traktate verteilen und man sich nicht nur weigert, sie anzunehmen, sondern auch noch eine verächtliche Bemerkung dazu gibt? Wie ist das möglich? Die Antwort wird hier gegeben: „Der (Geist) der Herrlichkeit und der Geist Gottes ruht auf euch!“

Der Name Christi bringt Schmach über seine Zeugen hier in der Welt. Christus ist nicht mehr in der Welt, sondern in der Herrlichkeit. Von dort aus hat Er von seinem Vater (Joh 15,26) und der Vater in seinem Namen (Joh 14,26) den Heiligen Geist gesandt, damit Er in uns und bei uns sei in Ewigkeit. Dieser ist das Siegel auf unserer vollbrachten Erlösung, das Unterpfand unseres Erbes (Eph 1,14) und der Erstling (oder die Erstlingsfrucht (Röm 8,23) der kommenden Herrlichkeit. Er ist gekommen, um den Herrn zu verherrlichen (Joh 16,24). So bewirkt Er in uns, dass wir Christus offenbaren. Wenn wir dann geschmäht werden, macht Er sich eins mit unseren Gefühlen, damit unsere Seufzer einen göttlichen und unselbstsüchtigen Charakter haben (Röm 8,26), und stärkt uns mit aller Kraft seiner Herrlichkeit. Er bewirkt in uns auch eine Fülle der Freude jetzt und bis in Ewigkeit, dadurch dass Er die göttliche Kraft in uns ist, die uns befähigt, die persönliche Herrlichkeit des Herrn Jesus in unserer Gemeinschaft mit Ihm zu genießen (Joh 4,14), und im Voraus schon die Segnungen des Himmels (Joh 7,38).

Die Innewohnung des Heiligen Geistes und alles, was damit verbunden ist, ist jetzt, nachdem die Erlösung vollbracht ist, natürlich das Teil jedes Christen. Aber dies wird hier in besonderer Weise denen vor Augen gestellt, die schwere Verfolgungen zu erdulden haben, damit dadurch ihre Herzen ermutigt würden. Gewiss wirkt der Heilige Geist in besonderer Weise im Herzen, wenn es sich in derartigen Umständen befindet. Christus kann die nicht zu kurz kommen lassen und wird denen überschwänglich geben, die ohne Rücksicht auf die Folgen Ihn nicht zu kurz kommen lassen wollen und sich ganz Ihm weihen.

Bei Stephanus sehen wir, wie dies auch äußerlich sichtbar wird. „Alle, die in dem Synedrium saßen, schauten unverwandt auf ihn und sahen sein Angesicht wie eines Engels Angesicht.“ Als sie später mit den Zähnen gegen ihn knirschten und ihn steinigten, heißt es von ihm: „Als er aber, voll Heiligen Geistes, unverwandt gen Himmel schaute, sah er die Herrlichkeit Gottes, und Jesus zur Rechten Gottes stehen; und er sprach: Siehe, ich sehe die Himmel geöffnet, und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen“ (Apg 6,15; 7,54-60)!

Lasst uns nicht denken, dass dies eine große Ausnahme war. Es ist uns als eine Illustration zu dem, was Petrus hier schreibt, gegeben worden, und das gilt für aIle von uns. Von vielen Märtyrern ist dasselbe Zeugnis ausgegangen, nicht nur bei ihrem Sterben.

Der letzte Satz von Vers 14 steht in Klammern, weil viele und gute Handschriften ihn nicht haben. Es ist also zweifelhaft, ob er ursprünglich dazu gehört hat. Sein Inhalt ist jedoch sicher in Übereinstimmung mit dem Inhalt der Heiligen Schrift (Jak 2,7). Wenn Christen verfolgt werden, wird der Herr Jesus und auch der Geist der Herrlichkeit und der Geist Gottes von den Verfolgern gelästert. Aber durch die Verfolgten wird er verherrlicht. Sie zeigen, welch eine herrliche Person der Herr ist, indem sie das alles für Ihn erdulden wollen (Apg 23,9). Was sie offenbaren, zeigt auch, was der Heilige Geist in schwachen Geschöpfen, wie wir sind, bewirken kann.

Verse 15.16

1Pet 4,15.16: Dass doch niemand von euch leide als Mörder oder Dieb oder Übeltäter, oder als einer, der sich in fremde Sachen mischt {eigentlich: als Aufseher über Angelegenheiten anderer}; wenn aber als Christ, so schäme er sich nicht, sondern verherrliche Gott in diesem Namen.

Die Tätigkeitswörter „leiden, schämen, verherrlichen“ sind Imperative (Befehlsform). Es sind also nicht bloß Wünsche, deren Verwirklichung dem Gutdünken jedes einzelnen überlassen wird, sondern es sind Befehle (1Kor 5,913; Eph 4,28)!

Wie ernst, dass so etwas zu Gläubigen gesagt werden muss. Aber wissen wir nicht von uns selbst, dass wir zu allen Dingen fähig sind, wenn wir nicht in Gemeinschaft mit dem Herrn sind, so dass Er uns bewahrt (Röm 7,18; 2Sam 12,9)?

Es ist wahr, dass der Herr unter die Übeltäter gerechnet worden ist. Er wurde zwischen zwei Räubern und Missetätern gekreuzigt, und die Juden konnten zwischen Ihm und dem Mörder Barabbas wählen (Mk 15,28; Mt 27,38; Lk 23,25.33). Aber Er war der Heilige und Gerechte (Apg 3,14)! Er war kein Mörder, sondern derjenige, der jedem, der an Ihn glaubte, das Leben gab. Er war kein Dieb, sondern der große Geber, der alles, was Er hatte, hingab, um uns zu erlösen, und der uns danach alle Schätze Gottes gibt! Wie unvereinbar ist es doch, wenn jemand, der seinen Namen (Christ) trägt, ein Mörder, ein Dieb oder ein Täter irgendwelches Bösen ist! Gebe es der Herr, dass wir nie stehlen, auch nicht von dem, was dem Herrn zusteht – Geld, aber auch unsere Gefühle, unsere Zeit, unsere Kräfte; und dass wir nie morden, nicht nur körperlich, sondern auch geistlich, dass wir keine Übeltäter sind, das heißt Dinge tun, die nicht gut sind.

Das Wort „als“ steht nur zweimal in diesem Vers: erst vor „Mörder, Dieb, Übeltäter“ zusammen und dann vor „einer, der sich in fremde Sachen mischt“. Das zeigt, dass das Letzte einen anderen Charakter trägt als die ersten drei. Das griechische Wort ist allotriepiskopos und kommt im NT nur hier vor. Das Wort episkopos kommt außer an dieser Stelle noch in Apostelgeschichte 20,28; Philipper 1,1; 1. Timotheus 3,2; Titus 1,7; 1. Petrus 2,25 vor. Es bedeutet „Aufseher“ und ist auch an allen Stellen so übersetzt. Von diesem Wort ist der Titel „Bischof“ abgeleitet. Allotria bedeutet „fremde Dinge“. Zusammen bedeuten diese Worte „jemand, der sich aufwirft als Aufseher über Dinge, die ihn nichts angehen“. Weil man dachte, dass dies nicht so schlimm wäre wie Morden, Stehlen und Übeltun und es also damit nicht zusammen genannt werden würde, hat man nach allen möglichen anderen Bedeutungen gesucht, und einige haben es auch durch „lästiger Eindringling, Aufrührer, jemand der eines anderen Gut begehrt, Revolutionär, jemand, der sich überall einmischt“ übersetzt. Die einfache Bedeutung ist jedoch die, die ich angegeben habe, und ich sehe keinen Grund, warum man davon abgehen sollte.

Kennen wir dieses Übel nicht alle aus Erfahrung? Wie leicht beschäftigen wir uns mit den Angelegenheiten anderer, mit denen wir eigentlich nichts zu tun haben. Bei einigen von uns, und oft auch bei Schwestern, kommt dies sehr stark zum Vorschein (1Thes 4,11; 2Thes 3,11; 1Tim 5,13). Alles, was anders ist, als sie selbst denken, ist falsch. Sie glauben, das Recht zu besitzen, alles beurteilen und kritisieren zu dürfen. Wie viel Elend ist daraus schon hervorgekommen! Wir dürfen nie versuchen, das Leben eines anderen zu bestimmen. Wir haben genug mit uns selbst, unserer eigenen Familie und unseren eigenen Geschäften zu tun. Gewöhnlich ist jemand, der sich am meisten mit den Dingen anderer beschäftigt, in seinen eigenen Angelegenheiten nachlässig.

Das Wort „Christ“ kommt außer in diesem Vers nur noch an zwei Stellen (Apg 11,26; 26,28) in der Apostelgeschichte vor. Es ist ein Name, den die Heiden den Gläubigen gaben. Die Tatsache, dass Agrippa ihn gebraucht, zeigt, dass er schon bald eingebürgert war, und hier übernimmt ihn der Heilige Geist.

Der Ursprung war wahrscheinlich folgender. Wie fast immer in allen Zeiten bei despotischen Regierungsformen (Dan 3,6) war es auch im Römischen Reich das Bestreben des Staates, dem Kaiser göttliche Ehren erweisen zu lassen. Dadurch wurde der Gehorsam gegenüber den Gesetzen nicht nur eine politische, sondern auch eine religiöse Pflicht, und so wurde es viel leichter, die Ordnung aufrechtzuerhalten. „Kaiser“ ist im Griechischen kaisar (Mt 22,17), und diejenigen, die den Kaiser anbeteten, wurden kaisarianos genannt. In Übereinstimmung damit wurden nun diejenigen, die Christus anbeteten, christianos genannt. Welch eine Ehre war es für die Gläubigen in Antiochien, dass ihre Verbindung mit Christus so auffiel, dass sie von den Heiden nach Ihm benannt wurden.

Wie schon gesagt, hat der Heilige Geist diesen Namen übernommen, aber nicht in der entwertenden Bedeutung, die er gegenwärtig hat. Jeder, der kein Jude oder Heide ist, wird heute Christ genannt. Aber die Schrift versteht unter Christ nur jemand, der das volle Evangelium glaubt und daher auf Christus und seinem Werk am Kreuz ruht, sowohl bezüglich seiner Sünden als auch bezüglich seiner alten bösen Natur. Ein solcher ist versiegelt mit dem Heiligen Geist und wird von der Schrift als Christ anerkannt (Röm 8,9).

In den Tagen, als Petrus schrieb, war es gefährlich, ein Christ zu sein. Die Christen waren zu Recht dafür bekannt, dass sie einen anderen König hatten als den Kaiser (Apg 17,7). Sie bekannten Christus als denjenigen, der alle Macht hatte und der wiederkommen würde, um die Herrschaft über die Welt in die Hand zu nehmen! Kein Wunder, dass die Römer sie als Staatsfeinde betrachteten, obwohl es unnötig war und nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Kein Wunder auch, dass die Juden dies freudig zum Anlass nahmen, um den Pöbel und die Regierung gegen die Gläubigen aufzuhetzen.

Die Ungläubigen betrachteten das Bekenntnis zu Christus also als eine Art Landesverrat. Und diejenigen, die von sich meinten, dass sie großzügig dachten, nannten es dumm und rückständig: „Man kann seine Überzeugung doch für sich behalten, wenn man sieht, dass man andere damit ärgert und sie es doch nicht verstehen!“ Ist das nicht auch heute die Reaktion, wenn jemand freimütig von Christus zeugt?

Aber die Schrift sagt, dass wir nicht beschämt werden sollen, wenn wir als Christen leiden, weil wir uns also offenbaren als Eigentum des Herrn Jesus und weil wir seine Autorität über uns und über alles anerkennen. Es ist nicht die geringste Ursache da, uns zu schämen (Phil 1,29). Er ist nicht nur die höchste Person im Weltall, sondern auch die herrlichste (Eph 1,20-22)! Die mächtigen Engel beten Ihn an und empfinden es als die höchste Ehre, Ihm zu dienen (Heb 1,6). Der Tag ist nahe, an dem jedes Knie sich vor Ihm beugen und jede Zunge bekennen wird, dass Er Herr ist (Phil 2,9). Je freimütiger wir Ihn bekennen und für Ihn leiden und dadurch zum Ausdruck bringen, wie hoch wir Ihn schätzen, desto mehr wird Gott darin verherrlicht. Gott hat von Ihm gesagt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn höret.“ Er hat Ihn uns gegeben, damit wir auch unser ganzes Vertrauen auf Ihn setzen möchten, und zwar für dieses Leben und für die Ewigkeit. Wenn wir Ihn freimütig bekennen, dann beweisen wir, dass wir das Wort Gottes geglaubt haben, auch in dem was es über den Herrn sagt. Darin wird Gott verherrlicht. Er wird verherrlicht, wenn offenbar wird, dass wir seinem Wort glauben!

Außerdem sagt uns die Schrift, dass wir Gott danken dürfen, wenn wir würdig geachtet werden, für Christus leiden zu dürfen (Phil 1,29). Das kann das Fleisch nicht nachsprechen. Aber wenn unser Herz von der Herrlichkeit des Herrn erfüllt ist, dann können wir es (Phil 3,7-11). Von den Aposteln wird gesagt, dass sie sich freuten, gewürdigt worden zu sein, für den Namen Schmach zu leiden, als sie gegeißelt worden waren (Apg 5,41)!

Vers 17a

1Pet 4,17a: Denn die Zeit (ist gekommen), dass das Gericht von dem Hause Gottes an anfange; …

Der Apostel kommt jetzt zurück auf den Grundsatz, den er schon genannt hat: Obwohl die Verfolgungen von den Feinden kommen, sind sie doch Prüfungen, Zuchtmittel vonseiten Gottes (1Pet 4,12). Alles im Weltall muss von Gott gerichtet werden, und selbstverständlich beginnt sein Gericht bei dem, was Ihm am nächsten ist: sein Haus, in dem Er wohnt.

Gott ist Licht, und gar keine Finsternis ist in Ihm (1Joh 1,5). Wie langmütig und gnädig Er auch ist, schließlich muss alles in Übereinstimmung sein mit dem, was Er ist. Um das zu erreichen, sendet Er in seiner Regierung seine Prüfungen und seine durch Vorsehung geleiteten Gerichte. Schließlich wird alles, was nicht mit Ihm in Übereinstimmung ist, weggetan werden müssen. Es wird eingeschlossen werden in den Feuersee, die Hölle, wo es ewig unter der Strafe des Gerichts sein wird. Aber das ist kein Vorsehungsgericht mehr, sondern ein direktes und endgültiges.

Es ist ein fortlaufender Grundsatz in der Schrift, den wir gut verstehen können, dass das Gericht bei dem beginnt, was Gott am nächsten gebracht worden ist. Er muss in denen, die Ihm nahen, geheiligt werden! Jeder Mensch verlangt, dass sein Haus in Übereinstimmung ist mit dem, was er selbst ist. Eine reinliche Frau kann nicht damit zufrieden sein, in einem schmutzigen Haus zu wohnen. Gott, der Licht ist, kann es ganz gewiss nicht. Er muss alles gemäß seiner heiligen Natur richten und es damit in Übereinstimmung bringen.

Das sehen wir in der Geschichte Israels. Als der Götzendienst trotz der Gerichte Gottes in seiner Vorsehung und trotz seiner liebevollen Warnungen sogar bis in den Tempel eingedrungen war, wich die Herrlichkeit des HERRN aus ihm, und das Gericht begann bei den alten Männern, die vor dem Hause waren (Hes 9,6). Gott sagte: „Nur euch habe ich von allen Geschlechtern der Erde erkannt; darum werde ich alle eure Missetaten an euch heimsuchen. Wandeln wohl zwei miteinander, es sei denn, dass sie übereingekommen sind“ (Amos 3,2.3; Joh 2,13-16)? Aber zu den anderen Völkern sagte Er: „Denn siehe, bei der Stadt, welche nach meinem Namen genannt ist, beginne ich Übles zu tun, und ihr solltet etwa ungestraft bleiben? Ihr werdet nicht ungestraft bleiben; denn ich rufe das Schwert über alle Bewohner der Erde, spricht der HERR der Heerscharen“ (Jer 25,15-29).

Es ist klar, dass Petrus das „Haus Gottes“ etwas anders sieht als in 1. Petrus 2,5. Dort ist es das Bauwerk des Herrn Jesus, das noch nicht fertig ist und das in die Herrlichkeit aufgenommen werden wird, sobald es fertig ist; es ist „der heilige Tempel im Herrn“, von dem Paulus spricht (Eph 2,21). Aber das Werk des Herrn wird nicht gerichtet, denn das ist vollkommen gut. Sobald über Gericht gesprochen wird, handelt es sich um das Werk von Menschen. Vielleicht ist der Anfang wohl von Gott gemacht! Aber danach ist es der Verantwortung der Menschen übertragen worden. So werden die Versammlungen in Offenbarung 2 und 3 gesehen. Das ist die „Behausung Gottes im Geist“ (Eph 2,22). In seinen vollen Konsequenzen wird dies in 1. Korinther 3,10-17 vorgestellt.

Petrus geht in diesem Brief nicht davon aus, dass Ungläubige in das Haus hineingekommen sind. Aber im zweiten Brief kündigt er es ausdrücklich an (2Pet 2,3). Paulus schreibt in einem der ersten Briefe des Neuen Testaments, dass das Geheimnis der Gottlosigkeit schon wirksam sei (2Thes 2,7).

Johannes und Judas sind nicht weniger deutlich (1Joh 2,18). Hatte nicht schon der Herr angekündigt, dass der Feind Unkraut zwischen den Weizen säen würde, wenn die Menschen schliefen (Mt 13,25)? Der Heilige Geist ist zwar gekommen, um in dem Haus zu wohnen, und zwar für das Evangelium (1Pet 1,12), für die Gläubigen (Joh 14,17) und für die Versammlung (1Kor 12,13), aber nicht, um das Böse durch Gericht zu entfernen. Das bleibt dem Herrn Jesus vorbehalten, der bei seiner Ankunft alle Dinge wiederherstellen wird, wie die Propheten angekündigt haben (Mt 13,30; Apg 3,21).

Aber obwohl Petrus hier das Haus als noch aus wahren Gläubigen bestehend sieht, haben wir es nicht auch oft nötig, geprüft zu werden? Gericht ist für Gott etwas Fremdes. Aber wenn in seinem Haus Zustände eingetreten sind, die ein Gericht notwendig machen, dann lässt Er das Gericht zu. Wie wir gesehen haben, gebraucht Er Satan und die Welt, um seine Zucht auszuüben (Hiob 1,2). Diese Zucht ist immer in Übereinstimmung mit der Ordnung, die Er selbst eingesetzt hat. So war es bei Israel, so ist es in der Welt, und so ist es auch im Hause Gottes. Alles, was nicht mit der von Gott in seinem Hause eingerichteten Ordnung in Übereinstimmung ist, verursacht Zucht. Und Gott kennt uns besser als wir selbst. Wir können blind sein für eigene Sünden, weil wir nicht nahe genug beim Herrn sind und vergessen haben, uns in seinem Licht zu richten. Wenn alle Gläubigen in wahrem Selbstgericht ihren Weg gingen, würde es für Gott wenig Notwendigkeit zum Gericht geben. Aber wenn den Lüsten des Fleisches Raum gegeben wird, muss Gott handeln.

Aber das Gericht Gottes ist für uns die Zucht des Vaters. Daher werden wir nicht immer aufgrund von vorhandenem Bösen gezüchtigt, sondern manchmal auch, um das Böse zu verhüten. Daher kann das Leiden für den einzelnen Herrlichkeit sein, worin Gott verherrlicht wird, wie es zum Beispiel auch bei Hiob der Fall war (Hiob 1,2). So kann sogar die Hinwegnahme eines Gläubigen in einer Verfolgung oder auf andere Weise für den Betroffenen nur eine Bewahrung vor zukünftigem Bösen sein (und es ist in jedem Fall ein Weg in den Himmel), aber es ist immer eine Prüfung für die Zurückbleibenden. Es ist eine Lücke entstanden; die Herzen werden auf die Kürze und Ungewissheit des Lebens hingewiesen; die Welt wird in ihrem wahren Charakter gesehen; unsere Gefühle werden mehr auf den Himmel gelenkt, wo der Entschlafene jetzt ist; sein Dienst und sein Genuss fehlt uns.

Die Versammlung ist ein himmlischer Körper, und ihr Tell ist im Himmel (Kol 3,14; Phil 3,19). Wenn ihre Gesinnung irdisch wird und natürlich noch mehr wenn ihre Gesinnung weltlich wird, lässt der Vater es zu, dass der Feind ihre Ruhe stört. Dann fühlt sie, dass nicht die Erde ihr Teil ist. Aber wie oft erkennen wir die Verbindungen erst, wenn sie zerbrochen werden! Wie viel Dinge gibt es bei uns, die Seiner nicht würdig sind, obwohl wir uns dessen nicht bewusst sind. Manchmal bemerken wir es in der Prüfung, manchmal verschwinden sie dann auch ungemerkt von uns selbst. Wie viel Ursache haben wir, mit David zu bitten: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf ewigem Wege“ (Ps 139,23)! „Von verborgenen Sünden reinige mich! Auch von übermütigen halte deinen Knecht zurück … Lass die Reden meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig vor dir sein, HERR, mein Fels und mein Erlöser“ (Ps 19)!

Keine Gnade, kein Vorrecht ändert die heiligen Forderungen der Natur Gottes. Alles muss mit ihr in Übereinstimmung gebracht oder schließlich aus seiner Gegenwart weggetan werden. Gnade hat uns die göttliche Natur gegeben (2Pet 1,4), so dass grundsätzlich vollkommene Gleichförmigkeit mit Gott besteht. Aber sie muss bei uns auch zu praktischer Gleichförmigkeit in Gedanken und Tat führen. Dazu müssen Gewissen und Gefühle geübt werden, damit alles in uns in Übereinstimmung mit dem Wort und auf Gott gerichtet ist. Wenn es nicht so ist, so dass das Zeugnis Gottes erniedrigt wird, dann muss Gott das richten. Er tut es durch die Prüfungen, die Er in seiner Zucht sendet. Weil es nun das Gericht des Vaters ist, ist das Ergebnis immer ein vermehrter Segen für uns. Aber deshalb ist es nicht weniger ernst. Wir dürfen unter der Zucht nicht ermatten, aber wir dürfen sie ebenso wenig geringschätzen (Heb 12,5). Sie ist das Zeugnis einer Heiligkeit, die bei uns gefunden werden muss, weil wir in die unmittelbare Nähe des heiligen Gottes gebracht worden sind, der jedoch unser Vater ist. Das lernen wir im Heiligtum verstehen. So finden wir auch die Antwort auf die Frage, warum Gläubige hier auf der Erde oft mehr Schwierigkeiten haben als Ungläubige. Jene empfangen ihr Gericht später (Ps 73)!

Wie schon gesagt, nimmt Petrus hier noch an, daß alle im Haus Gottes wahre Gläubige sind. Aber in seinem zweiten Brief prophezeit er schon, dass es anders werden wird. Wie sehr sind seine Worte und die der anderen Apostel und Schreiber des Neuen Testaments (Jud 17-19) in Erfüllung gegangen! Wenn wir uns umschauen, sehen wir, dass praktisch alle großen Kirchen in der Welt von „Modernen“ (Hes 33,34; Off 3,17) [d.h. von solchen, die nicht mehr an der wörtlichen Inspiration und der göttlichen Autorität der Heiligen Schrift festhalten und die Gottheit des Herrn Jesus leugnen]) beherrscht werden, und viele kleinere Gruppen folgen ihnen darin. Man kann kaum noch eine Gruppe Menschen finden, die als Ganzes noch an der völligen Inspiration des Wortes und an der Gottheit und der wahrhaftigen Menschheit des Herrn Jesus festhält. Und wo ist die Ordnung Gottes im Hause Gottes zu finden? Wo wird der himmlische Charakter noch gefunden und wo die Absonderung von der Welt?

In Offenbarung 2 und 3 sehen wir prophetisch die Geschichte der Versammlung auf der Erde in ihrer Verantwortlichkeit. Die durchdringenden Augen des Herrn Jesus als Richter sehen schon im Anfang das Abweichen: das Verlassen der ersten Liebe. Die Abweichung schreitet trotz der Prüfung von zehn Tagen, die der Herr zulässt, fort über das Wohnen an dem Orte, wo der Thron des Satans ist, bis hin nach Thyatira, wo Jesabel herrscht. Dort sehen wir das Gericht über die Versammlung in ihrem Charakter als Versammlung, obwohl es erst in Offenbarung 17 und 18 ausgeführt werden wird. Danach finden wir in Offenbarung 3 die Geschichte des Protestantismus, der mit dem Ausspeien Laodizeas enden wird, wenn der Herr hinausgegangen sein wird, weil drinnen nichts mehr für Ihn ist.

Aber es wird ebenso sein wie bei Israel: Wenn das Gericht vor der Tür steht, denkt man, dass man davon nicht betroffen werden kann: „Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts“! Ich las vor einigen Monaten in Kanada, dass ein holländischer Professor in Vorträgen in Amerika gesagt hatte, dass die Theologie in Holland sich zurzeit in einer Blütezeit befände. Und das bei dem furchtbaren Rückgang, den man überall, sogar mit geschlossenen Augen, sehen muss! Machen der wunderbare Platz, den Gott der Versammlung in seiner Gnade gegeben hat, und ihre wunderbaren Vorrechte sie für das Gericht Gottes unangreifbar, wenn sie die Gnade verschmäht und sie zur Zügellosigkeit gebraucht (Jud 4)? Und wenn unser alleiniger Herr und Meister Jesus Christus verleugnet wird, indem man leugnet, dass Er Gott ist, und man vor allem seine Autorität und die Autorität seines Wortes völlig verwirft? Wie verblendet der Parteigeist sogar wahre Gläubige!

Wie geziemt es sich da für uns, dass wir Selbstgericht üben und vor Gott diesen Zustand vollkommenen Verfalls bekennen! Aber wo findet man das, selbst dort, wo man gegen gewisse Missstände protestiert? Gewiss hat das Wort Gottes einen reinen Weg für den Glauben, auch in diesen letzten Tagen vor dem Gericht (2Tim 2,21). Aber wenn damit nicht ein gebrochener Geist verbunden ist und Buße vor Gott über den Zustand des Ganzen, von dem doch jeder Gläubige einen Teil bildet, welchen Wert hat es dann für Gott? Es offenbart dann nur einen harten, selbstgerechten Geist, das Schlimmste, was es in Gottes Augen gibt. Leidet nicht der ganze Leib, jedes Glied, wenn ein Glied leidet (1Kor 12,26)? Es ist ein Zeichen von Selbstsucht und Herzlosigkeit, wenn man nur das Böse fühlt, das man selbst getan hat, oder nur das Böse derer, mit denen ich praktisch denselben Weg gehe. Können wir nichts von Daniel, Esra, Nehemia und Jeremia lernen (Dan 9; Esra 9; 10; Neh 1; 5; Klgl 9; 13)? Sollten wir im Richten des Bösen und der Demütigung darüber vor Gott nicht viel tiefer gehen als diese Männer, weil wir viel mehr Gnade und viel mehr Licht empfangen haben?

Dann dürfen wir in unserem Kummer und in unserer Niedergeschlagenheit eine wunderbare Tatsache bemerken. Nachdem wir in Offenbarung 2 und 3 gesehen haben, dass der Zustand der Versammlung so geworden ist, dass sie gerichtet werden muss, dass der Leuchter weggenommen werden musste und aufhörte, auch nur das geringste bisschen Licht Gottes zu sein, sehen wir dann, wie sie aus dem Himmel kommt, bekleidet mit der Herrlichkeit Gottes. Und „ihr Lichtglanz war gleich einem sehr kostbaren Edelstein, wie ein kristallheller Jaspisstein“ (Off 21,11)! Aus Offenbarung 4 sehen wir, dass der Jaspisstein von der Herrlichkeit Gottes spricht. Dort sehen wir vor unseren erstaunten Augen das Werk des Herrn. „Auf diesen Felsen will ich meine Versammlung bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16). Gott sei Dank, wir können das Werk des Herrn nicht verderben!

Verse 17b-19

1Pet 4,17b-19: … wenn aber zuerst von uns an, was (wird) das Ende derer (sein), die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen? Und wenn der Gerechte mit Mühe errettet wird, wo wird der Gottlose und Sünder erscheinen? Daher sollen auch die, welche nach dem Willen Gottes leiden, einem treuen Schöpfer ihre Seelen befehlen im Gutestun.

Aber wie ernst ist der Gedanke an das Gericht für Ungläubige, für diejenigen, die die frohe Botschaft von Gott nicht annehmen! Es wird hier das Evangelium Gottes genannt. Ich denke, dass es geschieht, um mit größerem Nachdruck zu zeigen, wie ernst es ist, die Botschaft abzuweisen! Gott ist es, der darin zu seinen schuldigen Geschöpfen redet! Er gebietet ihnen, sich zu bekehren, gerade im Blick auf sein kommendes Gericht (Apg 17,30). Er verheißt ihnen Vergebung von aller Schuld und außerdem den ewigen Aufenthalt in seiner Gegenwart (Apg 3,19; Lk 24,47) als Folge der Bekehrung und des Glaubens an den Herrn Jesus und sein Werk an seinen Sohn, den Er selbst gegeben hat (2Kor 5,20.21), damit Er diese frohe Botschaft Sündern verkündigen konnte. Wie furchtbar ist es, wenn ein Geschöpf neben all seinen anderen Sünden sich weigert, diesem Gebot und diesem flehenden Bitten seines Schöpfers zu gehorchen.

Die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes sind so groß, dass Er sogar bei denen, die dem Evangelium gehorsam gewesen sind und dadurch an allem, was seine Gnade gewirkt hat, teilhaben und seine eigenen Kinder geworden sind, keinen Ungehorsam ertragen kann, sondern alles richten muss, was nicht in Übereinstimmung mit seiner heiligen Natur ist. Was muss dann das Ende derer sein, die nur als ungehorsame, aufsässige Geschöpfe mit Gott in Verbindung stehen? Die sogar seine Gnade und die unermessliche Gabe seines Sohnes verschmähen? Für die Gläubigen endet das Gericht in dem Augenblick, da sie die Erde verlassen (Joh 5,24). Sie sind nur den erzieherischen Gerichten des Vaters unterworfen. Wenn sie diese Erde verlassen, bleibt ihre alte sündige Natur, ebenso wie die Welt, zurück. Auch Satan geht nicht mit zu dem Platz beim Herrn Jesus. Dort ist also keine Berichtigung mehr nötig.

Aber für die Ungläubigen kommt danach erst das endgültige Gericht. Sie kommen schon in die Pein, sobald sie sterben (Lk 16,23)! Wenn die Geschichte des Menschen in seiner Verantwortlichkeit dann abgeschlossen wird, werden sie vor dem großen weißen Thron stehen, und sie werden gerichtet „nach dem, was in den Büchern (Gottes) geschrieben war, nach ihren Werken“. Dann werden sie in den Feuersee geworfen, in den kurz zuvor der Teufel, der Antichrist und der letzte römische Kaiser, das Tier, geworfen worden sind, in den Ort, von dem der Herr Jesus sagt, dass dort das Weinen und das Zähneknirschen sein wird, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt (Mt 13,50; 9,46)! Dort werden sie ewig sein! Wer kann ihren Zustand dort beschreiben?

„Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“ (Heb 10,31)! Paulus schreibt: „… bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer, wenn er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen; welche Strafe leiden werden, ewiges Verderben vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke“ (2Thes 1,7).

Ja, „wenn der Gerechte mit Not errettet wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen?“ Es ist klar, dass mit „der Gerechte“ (Röm 5,19) der Gläubige gemeint ist. Er hat Leben aus Gott empfangen und ist gerechtfertigt. Das griechische Wort molis, das in der Elberfelder Übersetzung durch „mit Not“ übersetzt ist, ist eine Ableitung von molos = „Arbeit, Mühe, Streit“. Es kommt vor in Apostelgeschichte 14,18; 27,7.8.16; Römer 5,7 und hier. „Mit Mühe“ scheint mir daher auch eine bessere Übersetzung zu sein als „kaum“ oder „mit knapper Not“. Diese Worte erwecken den Eindruck, dass die Errettung auf Messers Schneide stünde, dass nicht viel fehlte und der Gläubige ginge noch verloren. Aber das ist sicher nicht der Sinn dieser Stelle. Hier wird gesagt, dass Gott viel Mühe hat, uns als Errettete bis zum Ende durchzubringen. Dabei ist es natürlich ausgeschlossen, dass Gott versagen sollte. Wie wir schon mehrmals gesehen haben, sieht Petrus die Errettung am Ende. Damit ist also nicht nur die Errettung der Seele gemeint, sondern auch die Errettung des Leibes (1Pet 1,9), das heißt, wenn der Herr kommt und wir mit Ihm hier auf der Erde offenbart werden (1Pet 1,5.13).

Um uns retten zu können, hat Gott erst seinen Sohn in das Gericht über unsere Sünden und unsere Sünde geben müssen. Aber ich denke nicht, dass unser Vers sich darauf bezieht. Das stand in Verbindung mit unserem Zustand, bevor wir „Gerechte“ waren. Hier handelt es sich um die Versuchungen, die Prüfungen und die Gefahren in unserem Leben als Gläubige auf der Erde. Es gibt so viele Hindernisse, und wir selbst haben keine Kraft, standhaft zu bleiben.

Satan wird alle seine Mittel anwenden, um uns auf dem Wege umkommen zu lassen. Er hat mächtige Waffen! seine Kraft ist groß, obwohl sie nicht das Gefährlichste ist, seit der Herr Jesus ihn besiegt hat. „Widerstehet dem Teufel, und er wird von euch fliehen!“ Aber wie viel Listen stehen ihm zur Verfügung! Oft verkleiden er und auch seine Knechte sich als Engel des Lichts (2Kor 11,14). Er besitzt feurige Pfeile, die nur mit dem Schild des Glaubens, dem festen Vertrauen auf den Vater und den Herrn, ausgelöscht werden können (Eph 6,16).

Wie mächtige Bundesgenossen hat er auch! Die Welt steht ganz zu seiner Verfügung, denn er ist der Gott dieses Zeitlaufs und der Fürst dieser Welt (2Kor 4,4; Joh 12,31; 1Joh 5,19). Hinzu kommt unsere alte Natur, das Fleisch, das nichts lieber tut als ihm gehorchen.

Wer kann da standhaft bleiben? Und wenn wir fallen, ist Satan schon da, um uns bei Gott zu verklagen. Er ist „der Verkläger unserer Brüder, der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagt“ (Off 12,10)! Wie wir gesehen haben, kann Gott gerade bei seinen Kindern die Sünde durchaus nicht dulden. Er kann sich selbst nicht verleugnen, auch nicht um unsertwillen vor Satan! Er kann nicht zu Satan sagen: „Das finde ich nicht schlimm.“ Er muss sein Gericht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen über Gut und Böse in seiner Regierung über die Erde ausüben. Wenn wir bedenken, wer wir sind und wer Gott ist und dass wir in seine unmittelbare Nähe gebracht worden sind und mit Ihm wandeln müssen, dann möchten wir mit den Jüngern ausrufen: „Wer kann dann errettet werden?“ Aber wir kennen die Antwort des Herrn. Was bei Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Gott. Unser Glaube weiß: „Sie erscheinen vor Gott in Zion“ (Ps 84,7).

Wir haben gesehen, wie Gott es macht. Als Satan den Hohenpriester Josua wegen seiner schmutzigen Kleider verklagte (Sach 3), sagt Gott nicht: „Die Kleider sind aber nicht sehr schmutzig!“ Er lässt diejenigen, die vor seinem Angesicht stehen, Josua die schmutzigen Kleider aus und ihm reine Kleider anziehen und lässt ihm einen reinen Kopfbund aufsetzen. Dann sagt Er: „Ich habe deine Ungerechtigkeit von dir weggenommen!“ Im vierten Buch Mose finden wir die diesbezüglichen Wege Gottes mit Israel. Das Neue Testament sagt uns: „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist“ (1Kor 10,11). Und was ist das Ergebnis der Wege Gottes mit Israel? Trotz aller ihrer Untreue und ihres Versagens und trotz des heiligen Gerichtes Gottes in ihrer Mitte war die Zahl der Israeliten praktisch gleich geblieben. Aber die Leviten hatten sich am Ende um fast tausend vermehrt (4Mo 2,32; 26,51)!

Ja, die Allmacht Gottes gelenkt durch die göttliche Weisheit und väterliche Liebe eines Gottes, der Liebe ist, ist notwendig, um uns sicher durch die Welt, in der Satan regiert, zu führen. Wir wissen auch, dass Gott das nicht durch direkte Machtausübung tut, sondern durch sittliche Mittel: durch die Stärkung unseres Glaubens. Aber aus dem Wort Gottes wissen wir auch, dass wir bewahrt werden zur Errettung (1Pet 1,5). Wenn die Prüfungen auch so viel schwerer sind, weil wir so nahe zu Ihm gebracht worden sind, dann ist das zugleich der Beweis unserer Gewissheit und seiner unendlichen Vaterliebe zu uns. „Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, so dass ihr sie ertragen könnt“ (1Kor 10,13). „Er leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit um seines Namens willen“ (Ps 23,3).

Aber wo wird dann der Gottlose und Sünder erscheinen, der kein Teil an den wunderbaren Folgen des Werkes des Herrn Jesus hat, der sich nicht mit Gott hat versöhnen lassen wollen (2Kor 5,20) und daher nicht Liebe und Hilfe, sondern nur Rache und Gericht von Gott zu erwarten hat (2Thes 1,8) und der sich freiwillig gänzlich der Macht und Bosheit des Teufels übergeben hat?

Der Teufel versucht immer wieder, uns weiszumachen, dass es viel verständiger ist, ein wenig mit der Welt mitzumachen, jedenfalls nicht so öffentlich unser Christsein zu zeigen, weil wir dann den Verfolgungen größtenteils oder sogar ganz entgehen. Aber wir haben gesehen, dass die Verfolgungen in Wirklichkeit Gerichte und Prüfungen von Gott sind. Wie töricht ist es dann, das zu tun, was Satan sagt. Es verbindet uns nur mit denen, die unendlich viel schwerere Gerichte zu erwarten haben (1Mo 14,11.12; 19). Gott muss das Böse richten. Wenn es nicht auf diese Weise geschieht, dann auf die andere, die aber schwerer sein muss, weil die Abweichung beweist, wie weit das Herz vom Herrn abgewichen ist. Wenn wir versuchen, der Zucht Gottes zu entlaufen, werden wir nur in noch viel größere Schwierigkeiten kommen!

„Der Gottlose und Sünder“ bezieht sich, wie ich glaube, auf eine und dieselbe Person. Vor beiden Worten steht nur ein Geschlechtswort, und außerdem steht das Tätigkeitswort in der Einzahl. Das griechische Wort für „Gottloser“ (asebes) ist das Gegenteil zu „ehren, Respekt bezeigen usw.“ (sebesthai). Es zeigt also, dass der unbekehrte Mensch Gott nicht ehrt und Ihm keine Ehrerbietung entgegenbringt. Außerdem ist er ein Sünder, jemand, der den Zweck seines Lebens verfehlt hat, weil er seinen Weg in Ungehorsam gegen Gott geht. Der Lebenszweck eines Geschöpfes ist, seinem Schöpfer zu dienen und Ihn zu lieben (1Joh 3,4; 5Mo 6,5).

1. Petrus 4,19 ist eine Schlussfolgerung, die aus den vorhergehenden Versen gezogen wird: „Daher sollen auch die, welche nach dem Willen Gottes leiden, einem treuen Schöpfer ihre Seele befehlen im Gutestun.“

Dies gilt also nur für diejenigen, die „nach dem Willen Gottes leiden“, und nicht, wenn wir für unsere eigenen Fehler leiden. Jene sollen ihre Seelen Gott als dem treuen Schöpfer anbefehlen. Das Wort „befehlen“ kommt unter anderem auch in 1. Timotheus 1,18 und in 2. Timotheus 2,2; Lukas 12,48 usw. vor.

Gott wird hier als Schöpfer gesehen, also in Verbindung mit der Welt, die Er geschaffen hat. Wir wissen, dass Er das Werk seiner Hände nicht lassen wird. Er ist ein treuer Schöpfer. Gerade alle die Leiden, die Er über die Seinen kommen lässt, zeigen das. Von Anfang an war es seine Absicht, den von Ihm geschaffenen Menschen in seine Gemeinschaft zu bringen. Wie wir gesehen haben, ist das auch der Zweck des Leidens. Wenn wir uns in solchem Leiden befinden, können wir voll Vertrauen unsere Seelen Ihm befehlen. Er wird sie sicher bewahren, wenigstens wenn wir es in Gutestun tun (1Thes 5,23.24). Anderenfalls wird Er sogar noch mehr Zucht ausüben müssen. Er sorgt für seine Geschöpfe, wie viel mehr für seine Kinder! In Christo haben wir Ihn kennengelernt und haben gelernt, auf Ihn zu vertrauen.

Aber dadurch wissen wir jetzt auch, dass Er als Schöpfer treu und voll Liebe für seine Geschöpfe ist. Er ist nicht so, wie es die Ungläubigen von Ihm meinen: hartherzig und fordernd! Er ist der große Geber (Joh 4,10; 2Kor 9,15). Wir sehen hier also nicht nur Gottes Regierung und Gottes Handlungen in seiner Regierung, sondern Gott auch als Schöpfer in Verbindung mit der ersten Schöpfung. Das ist jüdischer Boden und nicht das eigentliche christliche Verhältnis zu Gott. Aber doch ist dies für uns in unserem Charakter als Pilger auf der Erde wertvoll.

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Nicht „ohne zu sündigen“ (wie es auch in mehreren holländischen Übersetzungen steht), sondern „ausgenommen die Sünde“. Es gab bei Ihm keine innewohnende Sünde wie bei uns, worin Satan wirken konnte. Die Versuchung kam bei Ihm nur von außen und konnte nicht nach innen dringen.


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