Eine kritische Untersuchung der Hillsong Church (2)
Die Lehre der Hillsong Church

Stephan Isenberg

© SoundWords, Online începând de la: 21.02.2020, Actualizat: 09.08.2020

Es ist nahezu unmöglich, über das Internet klare Statements der „Church“ über ihre Lehre zu erhalten. Im Glaubensbekenntnis[1] der „Church“ findet man zumindest einige Statements; allerdings sind diese so allgemein abgefasst, dass vieles kaum angreifbar ist, obwohl auch dieses Glaubensbekenntnis sich klar charismatisch einordnen und auch auf ein falsches „Wohlstandsevangelium“ schließen lässt. Man predigt zwar den Verzicht auf Sex vor der Ehe, muss aber keine Konsequenzen fürchten, wenn man es dennoch macht. Auch Menschen, die ihre Homosexualität ausleben, sind in der „Church“ willkommen, auch wenn es nicht empfohlen wird; nur Leitungsfunktionen sind dann nicht möglich.

Charismatische Sonderlehren

Eine lehrmäßige Einordnung ist demnach sehr schwierig. Es ist jedoch deutlich, dass hier sämtliche charismatischen Sonderlehren im Bereich Zungenreden, Heilungen und Wunder vertreten werden – nicht zuletzt ist man ja auch dem „Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden“ angeschlossen und der Starprediger aus New York, Carl Lentz, unterhält Verbindungen zum extrem charismatischen Gospel Forum Stuttgart. Im Glaubensbekenntnis der Hillsong Church bekennt man sich zu den charismatischen „Geistesgaben“, die in der Ausführung von den biblischen „Geistesgaben“ zum Teil stark zu unterscheiden sind.

Hillsong College

Wenn man im Internet Berichte über das Hillsong College liest, dann wird dort übereinstimmend gesagt, dass es sich dabei weniger um eine Bibelschule handelt oder Theologie im eigentlichen Sinne vermittelt wird, sondern dass es mehr eine Art Lebensschule oder Charakterbildung ist; ein Student spricht von einer „Leiterschaftsschule“[2]. Ein anderer Student „beschrieb die Ausbildung als eine Charakterschule, die wenig akademisches Wissen vermittle“[3]. Dennoch kann an diesem College ein Master in Theologie, Kunst oder Leadership abgeschlossen werden; andere Schwerpunkte sind Tanz, Worship-Musik und Medien.

Fehlende Predigtelemente

Obwohl die Hillsong Church eine Massenbewegung ist und damit zu rechnen ist, dass wöchentlich viele Kirchenfremde und Nichtchristen dabei sind, wird erstaunlich wenig über Buße, Sünde, Bekehrung, Gehorsam, Gericht oder gar Hölle gepredigt. Wenigstens wird im Glaubensbekenntnis der „Church“ Sünde noch als das trennende Element zwischen Gott und Menschen beschrieben und ist auch die Rede davon, dass Sünde bekannt werden muss, um Vergebung und neues Leben zu erlangen.

Ich konnte natürlich nicht die ganze Fülle des Materials im Internet sichten, aber mir ist dabei nicht eine einzige Predigt zu diesem Thema aufgefallen, und bei der Fülle der Vorträge, die ich selbst gehört habe, spielte das Aufdecken und Überführen von Sünde und eine deutliche Aufforderung, darüber Buße zu tun, keine Rolle. Es ging in der Regel eher darum, wie man ein besseres und anständigeres Leben führen kann oder sein Leben besser in den Griff bekommt, aber nicht darum, was den Menschen wirklich von Gott trennt und was nötig war, um diese Trennung zu überwinden. Es wird zwar über Vergebung gesprochen und auch von einer „Entscheidung für Jesus“, aber was eine echte Bekehrung beinhaltet, darüber wird nichts gesagt (zumindest nicht öffentlich in den Predigten; ich kann nur wohlwollend hoffen, dass dies Bestandteil der Nacharbeit ist).

Es ist zu fürchten, dass diese „Church“ viele Scheinchristen produziert, die nie gelernt haben, die eigene Sündhaftigkeit tief zu erkennen, mit der Welt zu brechen und das Kreuz Christi aufzunehmen. Nach Galater 6,14 besteht die Aufnahme des Kreuzes Christi darin, die Welt als gekreuzigt zu betrachten und von der Welt nichts mehr zu erwarten, denn sie wird meinen Weg der Nachfolge nicht mit Applaus quittieren: „Von mir aber sei es fern, mich zu rühmen als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch den mir [die] Welt gekreuzigt ist, und ich [der] Welt.“ Bei der Hillsong Church hat man jedoch den Eindruck, dass man sich der Welt, wo immer es geht, anpasst.

Wohlstandsevangelium

Man hört dort zwar viel davon, dass Gott möchte, dass es uns gut geht, dass wir das Leben genießen sollen und dass wir gesund sind, aber im Neuen Testament lesen wir nichts davon; im Gegenteil, dort heißt es, dass „alle …, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, verfolgt werden“ (2Tim 3,12), und: „Wenn sie mich [Christus] verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh 15,20). Paulus schrieb: „Leide Trübsal mit dem Evangelium, nach der Kraft Gottes“ (2Tim 1,8).

Wir sind aufgefordert, unsere Körper als Gott wohlgefälliges Schlachtopfer darzubringen (Röm 12,1), aber dass dies gerade darin besteht, nicht „gleichförmig dieser Welt“ (Röm 12,2) zu sein, wie es nur ein Vers weiter heißt, davon hören oder lesen wir in der „Church“ nichts.[4] Nebenbei gesagt: Dies würde ja auch völlig dem widersprechen, was hier gezeigt wird; man hat sich ja gerade der Welt angepasst. Die Gemeinde sollte zwar mitten in dieser Welt sein, aber weder sollte sie von der Welt sein noch sollte die Welt in der Gemeinde sein (vgl. Joh 15,19; 17,14.16). Die Zuhörer werden in vielen Predigten aufgefordert, das Leben zu genießen, aber nie darauf hingewiesen, dass die irdischen Segnungen nicht der himmlischen Berufung des Christen entsprechen (vgl. Eph 1,3; Heb 3,1) und dass es sogar gefährlich sein kann, wenn wir auf die irdischen Dinge zu viel Wert legen:

  • Phil 3,18.19: Viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, dass sie die Feinde des Kreuzes des Christus sind: deren Ende Verderben, deren Gott der Bauch und deren Ehre in ihrer Schande ist, die auf das Irdische sinnen.

Wenn man das Kreuz nicht mit allen Konsequenzen predigt, stellt man sich dann nicht eigentlich als „Feind des Kreuzes“ dar?

Predigtform

Die Predigten sind sehr gut vorbereitet, stark gefühlsorientiert und rhetorisch nahezu perfekt; nicht selten enthalten sie wirklich wichtige, zutiefst christliche Moral. Die Art des Vortragens kennt man im weltlichen Bereich nur von professionellen Rednern und Motivationscoaches, was sogar von nichtchristlichen Beobachtern bescheinigt wird.[5] Die Welt weiß sehr wohl, wie man Menschen so emotionalisiert und manipuliert, dass man sogar einem Eskimo einen Kühlschrank verkaufen kann. Es bleibt lediglich zu vermuten, dass diese rhetorischen Mittel ganz bewusst eingesetzt werden. Ich persönlich möchte etlichen Rednern, die ich gehört habe, eine gewisse Aufrichtigkeit in diesen Dingen nicht absprechen; sie möchten einfach das Beste für den Herrn „rausholen“, und dabei heiligt der Zweck nicht selten die Mittel.

Allerdings: Jeder, der die Prediger dieser „Church“ kritisiert, sollte kurz innehalten, ob er selber bereit ist, in der Stille vor dem Herrn die Schrift so gewissenhaft zu studieren, dass er auch in der Lage ist, in der eigenen Gemeinde damit zu dienen, oder dass er, wenn er nicht die Gabe für einen Dienst am Wort hat, dann doch wenigstens mit seiner von Gott gegebenen Gabe derart hingebungsvoll dient. Von der Hingabe der Hillsong-Prediger kann man durchaus lernen. Sie sind unfassbar bemüht, dem Menschen wirklich zu helfen und auch etwas anzubieten, womit jeder etwas anfangen kann. Sie sprechen nicht über die Köpfe hinweg und die Botschaft hat etwas mit dem Leben der Menschen zu tun. Man kann hier die Art und auch manchen Inhalt der Hillsong Church sicher kritisieren, aber wenn man selbst in einer Gemeinde ist, wo regelmäßig ein Predigtdienst aus dem Ärmel geschüttelt wird oder man meint, einem werden schon die richtigen Dinge in den Mund gelegt, wenn man auf der Kanzel steht, der sollte jedenfalls sehr vorsichtig mit Kritik sein und noch einmal in den Spiegel schauen.

Dennoch ist der biblische Befund nach meinem Dafürhalten deutlich, dass „Gott uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben hat, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2Tim 1,7). Der Geist Gottes führt also nicht zu irgendeiner Form der Unnüchternheit oder zu einem emotionalisierten und manipulierenden Rauschzustand, sondern zu überlegtem Handeln, das der Vernunft und dem gesunden Sinn[6] entspricht. All das ist aber in der überaus emotionalisierten Atmosphäre eines Hillsong-Gottesdienstes kaum möglich.

Die Predigten sind mitreißend und sprechen auch von einer echten Überzeugung und Begeisterung für die Sache des Herrn. Diese Art der Begeisterung und innere Überzeugung ist ansteckend und sicherlich auch das, was im etablierten Christentum vermisst wird. Die Prediger erwecken einen ehrlichen und authentischen Eindruck, und das zieht besonders junge Leute an. In diesem Bereich kann man sicherlich auch einiges von der Hillsong Church lernen, obwohl sie es mit ihrer Coolness auch übertreiben und es nicht selten einer Anbiederung gleichkommt.

Warum laufen so viele junge Menschen aus vermeintlich bibeltreueren Kreisen weg? Liegt es nicht oft daran, dass junge Leute an der älteren Generation nicht mehr sehen können, dass sie dem Herrn immer noch mit Freude, Hingabe und Begeisterung folgen (jedenfalls bei der großen Masse)? Gibt es nicht wirklich ein tiefes Verlangen nach echtem, wahren Christentum, was in etablierten Kreisen oftmals verlorengegangen ist? Es mag ja sein, dass die Hillsong Church keine biblische Alternative ist, aber wenn junge Leute in Massen zu diesen Veranstaltungen laufen, sollte man das nicht allein auf eine vermeintliche Ungeistlichkeit der jungen Generation schieben, sondern auch bereit sein, selbst einmal in den Spiegel zu schauen. Wo müssen wir vielleicht selbst oder auch als örtliche Gemeinde belebt werden und unsere Hingabe an den Herrn erneuern?

Die Prediger sprechen die Sprache der jungen Leute, machen Witze, sind tätowiert, legen Wert auf ihre Kleidung und wie sie beim Publikum gut ankommen. Kein Detail wird hier dem Zufall überlassen. Die Coolness ist nicht zufällig, sondern bewusst gewollt. Aber sind diese Dinge wirklich in Übereinstimmung mit der Heiligkeit Gottes? Werden die heiligen Dinge Gottes nicht dadurch profan (weltlich, gewöhnlich) gemacht? Wo bleiben an dieser Stelle der würdige Ernst und die Gottesfurcht, die doch allem Tun als Stempel aufgedrückt sein sollte? Leider sind all diese Dinge nicht mit der Bibel in Übereinstimmung zu bringen. Der Apostel Paulus sagt zu den Korinthern:

  • 1Kor 2,1.4: Und ich, als ich zu euch kam, Brüder, kam nicht, um euch das Zeugnis Gottes nach Vortrefflichkeit der Rede oder Weisheit zu verkündigen. … und meine Rede und meine Predigt war nicht in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft .
  • 1Kor 2,12.13: Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, um die Dinge zu kennen, die uns von Gott geschenkt sind; die wir auch verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist, mitteilend geistliche Dinge durch geistliche Mittel.
  • 2Kor 11,6: Wenn ich aber auch ein Unkundiger in der Rede bin, so doch nicht in der Erkenntnis; sondern in jeder Weise sind wir in allem euch gegenüber offenbar geworden.
  • 2Kor 10,10: Die Briefe zwar, sagt man, sind gewichtig und kräftig, aber die Gegenwart des Leibes ist schwach und die Rede verächtlich.

Über die Rolle von Mann und Frau in der Gemeinde wird nicht biblisch gedacht, so wie leider mittlerweile in vielen nicht-charismatischen Kreisen ebenfalls; dieser Punkt ist also nicht typisch Hillsong Church. Es gibt unzählige Predigten auch von Frauen; die Frage der Kopfbedeckung ist dabei natürlich ebenso wenig ein Thema wie das Nichtbedecktsein des Mannes. Einer der Pastoren der Hillsong Church, Phil Dooley, predigte in Konstanz mit einer hippen Mütze mit langen blonden Haaren (vgl. 1Kor 11).[7]

Wer wird erreicht?

Die Hillsong Church spricht im Wesentlichen nur die junge Generation an. Das ist ein deutlicher Beweis dafür, dass es hier nicht um eine biblische „Church“ geht, in der Jung und Alt nebeneinander zur Ehre Gottes leben wollen, wo die junge Generation Vorbilder hat, an denen sie sich orientieren können, und wo man lernt, Rücksicht aufeinander zu nehmen. Dass hier lediglich die junge Generation erreicht wird, liegt sicherlich auch an dem Thema, das wir im folgenden Teil noch ein wenig beleuchten wollen: die Musik.

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Anmerkungen

[6] Das Griechisch-Wörterbuch von Kautz gibt hier folgendes Bedeutungsspektrum an: die Vernunft, der gesunde Sinn, Besonnenheit; Selbstbeherrschung, Disziplin, Zucht; zur Vernunft oder Einsicht bringen; Nüchternmachen.


Nota redacţiei:

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