Ist die Seele unsterblich?
1. Timotheus 6,16

Algernon James Pollock

© SoundWords, online seit: 05.06.2024, aktualisiert: 15.06.2024

Leitvers: 1. Timotheus 6,16

Einleitung

Die Unsterblichkeit der Seele wird von vielen geleugnet, vor allem von Anhängern kurioser Religionen. Ich habe unzählige Briefe erhalten, in denen ich aufgefordert werde, die Unsterblichkeit der Seele zu beweisen. In fast allen Fällen heißt es: „Zeigen Sie mir den Vers in der Heiligen Schrift, der besagt, dass die Seele unsterblich ist. Zeigen Sie mir den Ausdruck ‚unsterbliche Seele‘ in der Bibel.“ In der Regel führen die Verfasser solcher Briefe dann 1. Timotheus 6,16 an: 

1Tim 6,16: Gott …, der allein Unsterblichkeit hat, der ein unzugängliches Licht bewohnt, den keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann, dem Ehre sei und ewige Macht! Amen.

Dann verweisen sie triumphierend auf die Worte „der allein Unsterblichkeit hat“ und werfen jedem, der an der Unsterblichkeit der Seele festhält, vor, dieser Schriftstelle zu widersprechen. Was können wir darauf erwidern?

Gott allein ist unsterblich

Die Antwort: 1. Timotheus 6,16 bedeutet, dass nur Gott in sich selbst Unsterblichkeit besitzt. Das heißt, Unsterblichkeit ist Ihm nicht verliehen worden, sondern sie ist Gott eigen, sie gehört zu Ihm. Gott ist von Ewigkeit zu Ewigkeit der Ungeschaffene ohne Anfang und der „Ich bin, der ich bin“ (2Mo 3,14) – der von Ewigkeit zu Ewigkeit Existierende.

Es liegt auf der Hand, dass Gott Unsterblichkeit als eine Gabe verleihen kann. Den Standpunkt zu vertreten, den die Schreiber dieser Briefe einnehmen, wäre selbst für sie zu viel des Beweises. Sie würde Gott daran hindern, denjenigen, die an den Herrn Jesus Christus glauben, ewiges Leben zu verleihen. All diese Schreiber vertreten die Lehre von der „bedingten Unsterblichkeit“, das heißt, nur diejenigen, die an Christus glauben, würden ewig leben. Ihre eigene Auslegung von 1. Timotheus 6,16 schließt dies jedoch eindeutig aus, und die Betrachtung dieser Schriftstelle ist selbst für sie zu viel des Beweises.

Es ist ganz offensichtlich, dass Gott niemand Unsterblichkeit verleihen kann, so dass er von Natur aus unsterblich wäre. Dies würde nämlich bedeuten, dass Gott seine eigene Göttlichkeit aufheben würde, denn das hieße, einen anderen, von Ihm unabhängigen Gott zu erschaffen, was völlig unmöglich ist. Man kann sagen, dass Gott alles tun kann; aber ebenso wahr ist, dass Gott nichts tun kann, was seinem eigenen Wesen widerspricht. Die Heilige Schrift sagt uns zum Beispiel, dass Gott nicht lügen kann, denn würde Er sich von der Wahrheit abwenden, so würde Er damit seine heilige Natur verleugnen; dasselbe würde geschehen, wenn Er jemand innewohnende Unsterblichkeit mitteilen würde.

Nun zu der Frage, wo die Bibel ausdrücklich sagt, dass die Seele unsterblich ist. Die Antwort: Nirgendwo in der Schrift wird dies ausdrücklich gesagt. Das beweist aber nicht, dass die Seele nicht unsterblich wäre. Die Schrift betrachtet die Unsterblichkeit der Seele als selbstverständlich, und es gibt viele Beweise dafür.

Ein universeller Glaube

Bezeichnenderweise glauben die Heiden in den Ländern, in die die Bibel und das Evangelium nicht vorgedrungen sind, im Allgemeinen, dass die Seele nach dem Tod des Körpers weiterlebt. Es wird erzählt, dass Charles Darwin (1809–1882) auf seiner Forschungsreise mit der Challenger[1] in den trostlosen Gegenden Feuerlands auf äußerst verwahrloste Ureinwohner gestoßen sei, die, wie er behauptete, nicht an ein Jenseits glaubten. Als schließlich Missionare zu ihnen vordrangen und mehr über diese Menschen erfuhren, stellten sie fest, dass sie keine Ausnahme waren und dass auch sie an ein Weiterleben nach dem Tod glaubten.[2]

Warum gibt es diesen universellen Glauben an ein Leben nach dem Tod? Bei den Heiden stammt er nicht aus der Heiligen Schrift. Woher kommt er dann? Sicherlich ist es ein intuitiver Glaube, den der Geist Gottes in den Sinn des Menschen gelegt hat. Warum aber leugnen Menschen die Unsterblichkeit der Seele – Menschen, die die Heilige Schrift in Händen halten und in einem Land leben, das das Licht des Evangeliums empfangen hat? Wir fürchten, dass die Antwort lautet: Sie wollen sich ihrer Verantwortung gegenüber Gott entledigen. Dahinter steht der Wunsch, die Verantwortung für die Sünde loszuwerden sowie die Rechenschaft, die sie deshalb einmal vor Gott ablegen müssen. Sie wollen die Hölle loswerden.

Der Prediger

Doch nun zu den Belegen in der Schrift. Wir lesen:

  • Pred 3,21: Wer weiß vom Odem {heb.: ruach = „Geist“} der Menschenkinder, ob er aufwärtsfährt, und vom Odem {ruach} der Tiere, ob er abwärts zur Erde hinabfährt?

Beim Tod fährt der Leib abwärts zur Erde hinab, und wenn der „Odem der Tiere {spirit of the beast} … abwärts zur Erde hinabfährt“, so bedeutet dies, dass der Geist {spirit} mit dem Körper stirbt und das Tier aufhört zu existieren. Warum aber heißt es vom Geist des Menschen {spirit of man}, dass er „aufwärtsfährt“? Das setzt doch voraus, dass der Geist nach dem Tod des Körpers weiterlebt; dass der Geist des Menschen den Tod des Körpers überlebt.

Diese Schlussfolgerung wird unmittelbar unterstützt, wenn wir im Prediger lesen: 

  • Pred 12,7: Der Staub kehrt zur Erde zurück, so wie er gewesen ist, und der Geist kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hat.

Hier finden wir die Wahrheit: Der Geist hört mit dem Tod des Körpers nicht auf zu existieren, sondern er kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hat. Das lehrt zweierlei:

  • Der Geist lebt nach dem Tod weiter.
  • Der Geist ist für sein Weiterleben nicht vom Körper abhängig, sondern er ist dem gegenüber verantwortlich, der ihn gegeben hat.

König David

Als König David von seinen Dienern getadelt wurde, weil er aß, nachdem sein Kind gestorben war, während er gefastet und geweint hatte, als es noch lebte, da antwortete er:

  • 2Sam 12,23: Da es aber nun tot ist, warum sollte ich denn fasten? Vermag ich es wieder zurückzubringen? Ich gehe zu ihm, aber es wird nicht zu mir zurückkehren.

Hier zeigt sich Davids Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod, also an die Unsterblichkeit der Seele. Nichts deutet darauf hin, dass es anders sein wird.

Mose

Als Mose sich dem brennenden Dornbusch näherte, wurde er vom HERRN gegrüßt mit den Worten:

  • 2Mo 3,6: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.

Unser Herr Jesus zitiert diese Stelle und fügt hinzu: „Gott ist nicht der Gott der Toten, sondern der Lebenden“ (Mt 22,32). Damit betont Er, dass die Patriarchen viele Jahrhunderte nach ihrem Tod gegenwärtig existieren. Ihre Existenz ist nicht begrenzt. Diese Stelle lehrt die Unsterblichkeit der Seele.

Der Prophet Jesaja

Der Prophet Jesaja sagt zum König von Babel:

  • Jes 14,9: Der Scheol {der AT-Begriff für den Hades}} unten ist deinetwegen in Bewegung, deiner Ankunft entgegen.

Hier wird sehr anschaulich beschrieben, wie sich die kürzlich Verstorbenen zu denen gesellen, die schon länger tot sind, und welche „Bewegung“ {Aufregung} die Ankunft des Königs von Babel bei ihnen auslöst. Dies ist kein Bild dafür, dass die Seele aufhört zu existieren, sondern ein Bild für ihre fortdauernde, nicht aufhörende Existenz.

Der Apostel Paulus

Nehmen wir den Apostel Paulus. Er sagt:

  • 2Kor 5,8: Wir sind aber guten Mutes und möchten lieber ausheimisch von dem Leib und einheimisch bei dem Herrn sein.

Er denkt an nichts anderes als daran, wach und bei vollem Bewusstsein in der Gegenwart des Herrn zu sein, sobald er „ausheimisch von dem Leib“ ist. Aber ist dieser Zustand von Dauer?

In einem anderen Brief schreibt Paulus im Blick auf das Kommen des Herrn, wenn die entschlafenen Gläubigen auferweckt und die Lebenden auf der Erde verwandelt werden:

  • 1Thes 4,17: So werden wir allezeit bei dem Herrn sein.

Das klingt ganz nach Unsterblichkeit der Seele.

Der Herr Jesus

Nun sagt jemand: „Die Beispiele, die du anführst, handeln von Gläubigen, und wir sind uns alle einig, dass sie unsterblich sein werden.“ Hören wir die Worte des Herrn selbst:

  • Lk 16,22.23: Es starb aber auch der Reiche und wurde begraben. Und in dem Hades seine Augen aufschlagend, als er in Qualen war …

Hier heißt es von einem Ungläubigen, dass er gestorben war und begraben wurde. Aber was war mit seiner Seele? Lebte sie nach dem Tod weiter? Der Herr Jesus lehrt dies ausdrücklich. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass dieser Zustand der Dinge aufhört. Hören wir noch einmal unseren Herrn:

  • Mt 25,46: Diese werden hingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben.

Das sind sehr ernste Worte im Blick auf die Ungläubigen. Ihr ernster Ton ist nicht zu überhören. Wäre die Strafe nicht ewig, so wäre auch das Leben nicht ewig. Die eine Hälfte des Verses ist das Gegenstück zur anderen Hälfte. Auch diese Schriftstelle bestätigt, dass die Seele, ob gläubig oder ungläubig, weiterlebt. Wir können die Autorität der Worte unseres Herrn nicht in Frage stellen. […]

Abschließender Gedanke

Zum Schluss sollten wir noch bedenken, was Paulus schreibt:

  • 1Kor 15,53: Dieses Sterbliche {d.h. der Leib, der stirbt} muss Unsterblichkeit anziehen.

Das wird vom Leib gesagt, aber nie von der Seele. Warum? Der Leib ist sterblich; bei der Auferstehung wird er „Unsterblichkeit anziehen“. Aber nie wird gesagt, dass die Seele Unsterblichkeit anzieht. Warum? Weil sie nie sterblich war. Wenn die Seele beim Tod aufhörte zu existieren, weil sie sterblich wäre, so wäre unser Leib bei der Auferstehung ohne Seele. Wie könnte der Leib „Unsterblichkeit anziehen“, wenn es nicht das lebendige Element der Seele gäbe, das die Person vervollständigt?

Es gibt noch weitere Hinweise in der Heiligen Schrift, aber das soll genügen.


Originaltitel: „Is the Soul Immortal?“
aus Edification, Jg. 9, 1935, S.  202–209
Quelle: https://bibletruthpublishers.com

Übersetzung: Gabriele Naujoks

Anmerkungen

[1] Anm. d. Übers.: Charles Darwin reiste nicht mit der Challenger, sondern mit der Beagle. Das Vermessungsschiff hatte den Auftrag, das östliche Feuerland zu kartographieren und den Beagle-Kanal zu erforschen – eine natürliche Wasserstraße, die Atlantik und Pazifik miteinander verbindet und 1830 auf der ersten Erkundungsreise der Beagle entdeckt worden war. Die zweite Forschungsreise der Beagle, mit Darwin an Bord, dauerte fünf Jahre (1831–1836) und führte unter anderem nach Südamerika, Patagonien, zu den Galapagosinseln, den Südseeinseln und nach Neuseeland. Im Dezember 1832 begegnete Darwin auf Feuerland den indigenen Yámana-Indianern. Er beschrieb sie in seinem Tagebuch als die „verächtlichsten und elendesten Geschöpfe“, denen er jemals begegnet sei.

[2] 1844 wurde die Patagonian Missionary Society mit Stützpunkt auf Keppel Island (Falklandinseln) gegründet. Charles Turpin (1835–1878), der Bruder von Walter Thomas Turpin (1834–1914), arbeitete dort von 1856 bis 1859 als Missionar.


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