Der Prophet Haggai (1)
Kapitel 1

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online seit: 22.05.2019, aktualisiert: 27.04.2020

Richtet euer Herz auf eure Wege!

Vers 1

Hag 1,1: Im zweiten Jahr des Königs Darius, im sechsten Monat, am ersten Tag des Monats, erging das Wort des HERRN durch den Propheten Haggai an Serubbabel, den Sohn Schealtiels, den Statthalter von Juda, und an Josua, den Sohn Jozadaks, den Hohenpriester, indem er sprach: …

Das in Vers 1 angegebene Datum stimmt mit der Aussage aus Esra 4,24 überein. Dort erfahren wir, dass die Arbeit, das Haus des HERRN wiederaufzubauen, wegen des Widerstandes der Gegner Judas und Benjamins „bis zum zweiten Jahr des Darius, des Königs von Persien“, unterbrochen war. Da der Brief, der in dem Verbot mündete, weiterzubauen, in der Regierungszeit Artaxerxes geschrieben wurde, waren einige Jahre verstrichen, in denen nicht gebaut wurde. Eine Zeit der Trägheit hatte sich breitgemacht, die nur dadurch beendet wurde, dass ein von Gott gesandter Diener die Gewissen der Leute aufrüttelte.

Vers 2

Hag 1,2: So spricht der HERR der Heerscharen und sagt: Dieses Volk spricht: Die Zeit ist nicht gekommen, die Zeit, dass das Haus des HERRN gebaut werde.

In diesem Jahr, am ersten Tag des sechsten Monats, sprach Haggai die Führer an: Serubbabel, den Statthalter aus der Linie Davids, und Josua, den Hohenpriester. In diesem Vers wird die Tatsache ersichtlich, dass das Volk nur zu gern bereit war, die Arbeit zu unterlassen, und dass – wenn die Kraft des Glaubens vorhanden gewesen wäre – die Verordnung Artaxerxes, die offensichtlich der von Kyrus widersprach, kein Hindernis gewesen wäre. Der unveränderliche Charakter persischer Dekrete machte das zweite Dekret ungültig, wenn er das erste wirklich aufgehoben hätte. Aber die selbstsüchtige und konsequente Lustlosigkeit gegenüber den Dingen Gottes war schon eingetreten. Daher konnten sie ihre eigenen Häuser bauen, während sie das Haus des HERRN vernachlässigten. Aber Artaxerxes Dekret enthielt, wenn man es richtig liest, kein direktes Verbot, den Tempel zu bauen, sondern war gegen die Wiederherstellung und Befestigung der Stadt gerichtet.

Wenn das Gewissen nicht aktiv ist, interpretieren die Menschen bereitwillig die Umstände so, wie es ihnen passt. Zu solchen Zeiten ist es oft erstaunlich, wie viel Energie in die Dinge investiert wird, die der eigenen Bequemlichkeit dienen, und wie sehr Gleichgültigkeit das kennzeichnet, was mit der Ehre des Herrn verbunden ist.

Daher haben die Heiligen Zeit und Mittel für vieles, das keinen Gewinn hat, aber sie finden es schwierig, ein paar Stunden für eine Gemeindezusammenkunft zu nutzen oder ihre Mittel zur Förderung des Evangeliums zu sparen. Wenn jedoch das Gewissen arbeitet, wird alles an seinem Platz stehen.

Verse 3.4

Hag 1,3.4: 3 Und das Wort des HERRN erging durch den Propheten Haggai, indem er sprach: 4 Ist es für euch selbst Zeit, in euren getäfelten Häusern zu wohnen, während dieses Haus wüst liegt?

Der Aufruf des HERRN durch seinen Propheten ist eine herausfordernde Frage. Kein persisches Dekret verhinderte die Fertigstellung ihrer eigenen warmen und sogar teuren Häuser, aber es wurde bereitwillig zur Entschuldigung für ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem, was den ersten Platz in ihren Gedanken einnehmen sollte.

Verse 5.6

Hag 1,5.6: 5 Und nun, so spricht der HERR der Heerscharen: Richtet euer Herz auf eure Wege! 6 Ihr habt viel gesät und wenig eingebracht; ihr esst, aber nicht zur Sättigung; ihr trinkt, aber nicht zur Genüge; ihr kleidet euch, aber es wird keinem warm; und der Lohnarbeiter erwirbt Lohn für einen durchlöcherten Beutel.

All das ist zutiefst ernst. Mögen Leser und Schreiber es gut abwägen. Unzweifelhaft enthüllt es das Geheimnis vieler Fehler und Enttäuschungen nicht nur unter den damaligen Juden, sondern auch unter den Christen heute. Gott kann Selbstsucht nicht segnen. Er ruft jeden auf: „Richte dein Herz auf deine Wege.“ Es ist eine Aufforderung zum Selbstgericht; die Wege verdeutlichen den Zustand der Seele.

Wir können es als Eintritt in jede Verzweigung des Lebens betrachten. Bedenke deine Wege, du, der du mit der kommerziellen Welt in ihrer gegenwärtigen Form zu tun hast. Wie oft dulden wir das, was die Augen dessen, der nicht sieht, wie Menschen sehen, nicht ertragen können! Der habgierige Zeitgeist verzehrt gerade das Leben aus vielen Gemeinschaften des Volkes des Herrn. Die packende Habgier, die überall in der Welt vorherrscht, ist auf einem schrecklichen Vormarsch unter den Christen. Wie viel wird bedauerlicherweise für Geld geopfert! Christliche Gemeinschaft, die Freude des Zusammenkommens am Tisch des Herrn, Evangeliumsarbeit und das Vorrecht der gegenseitigen Erbauung und Belehrung in göttlichen Dingen – all das geben wir oft auf, nur weil sich die Gelegenheit ergibt, ein paar armselige Euros zu unserem monatlichen Einkommen und unseren Ersparnissen hinzuzufügen. Brüder mit Familie verlassen sogar eine Stadt, in der es geistliche Unterstützung und Gemeinschaft mit ihren Geschwistern gibt und wo ihre Kinder das Vorrecht der Sonntagschule haben, nur weil sie woanders die Möglichkeit sehen oder zu sehen meinen, ihre irdischen Umstände zu verbessern. Leider ist es in vielen Fällen so, dass sie alles verfehlen, was sie sich erhofft haben, und geistlich verlieren, was sie nie zurückerlangen können!

Bedenke deine Wege in deinem Leben häuslichen Umfeld. Welchen Platz gibst du den Dingen Gottes? Wird die Bibel gewohnheitsmäßig vernachlässigt und die Knie selten im Gebet gebeugt vor den Kindern? Dann ist es kein Wunder, wenn sie aufwachsen und diese Dinge ihnen nicht viel bedeuten, wenn du ihnen keinen Wert dafür vermittelt hast. Redest du vor deinen Kindern in einer kalten, harten und kritischen Weise über Diener Gottes und Mitgeschwister? Dann sei nicht überrascht, wenn sie alle Diener des Wortes verachten und den Respekt verlieren vor denen, die den Namen Christi tragen.

Bedenke deine Wege in Bezug auf den Dienst des Herrn und das Zusammenkommen mit den Geschwistern. Halten Kleinigkeiten dich davon ab, das Zusammenkommen der Gläubigen zum Gedenken an die Leiden des Herrn für uns zu besuchen? Oder versäumst du die Wortverkündigung unter dem Vorwand, dass „es nur das Evangelium ist“? Fehlst du grundsätzlich in den Gebetsstunden und besuchst du nur selten die Bibelstunden? Ist es Monate oder Jahre her, seit du das letzte Mal ein Traktat weitergegeben oder mit jemand über Christus gesprochen hast? Wie kannst du dann den Segen Gottes für dich und deine Pläne erwarten, wenn du so gleichgültig Ihm und seinen Absichten gegenüber bist?

Verse 7.8

Hag 1,7.8: 7 So spricht der HERR der Heerscharen: Richtet euer Herz auf eure Wege! 8 Steigt auf das Gebirge und bringt Holz herbei und baut das Haus, so werde ich Wohlgefallen daran haben und verherrlicht werden, spricht der HERR.

Erwache von den abstumpfenden Folgen der Selbstsucht und richte deine lockeren Wege in der Vergangenheit und dich selbst in der Gegenwart Gottes. Dann stelle „das Wichtigste an die erste Stelle“, wie einmal jemand sagte, und gib dem Herrn den ersten Platz in deinem Herzen und in deinem Leben.

Verse 9-11

Hag 1,9-11: 9 Ihr habt nach vielem ausgeschaut, und siehe, es wurde wenig; und brachtet ihr es heim, so blies ich hinein. Weshalb das?, spricht der HERR der Heerscharen. Wegen meines Hauses, das wüst liegt, während ihr lauft, jeder für sein eigenes Haus. 10 Darum hat der Himmel den Tau über euch zurückgehalten und die Erde ihren Ertrag zurückgehalten. 11 Und ich habe eine Dürre gerufen über das Land und über die Berge und über das Korn und über den Most und über das Öl und über das, was der Erdboden hervorbringt, und über die Menschen und über das Vieh und über alle Arbeit der Hände.

Da diese Bestimmung des Herzens, an Ihm festzuhalten, fehlte, konnte Er nicht so segnen, wie Er es sonst getan hätte. Daher „habt ihr nach vielem ausgeschaut, und siehe, es wurde wenig; und brachtet ihr es heim“ . So blies Gott hinein und es flog weg. Fragst du dich, warum Misserfolg auf Misserfolg folgt und ein Plan nach dem anderen nicht funktionierte, wie du es gehofft hattest? Es geschah, weil du Gott nicht seinen Platz gegeben hast. Du hast sein Haus vernachlässigt: „Darum hat der Himmel den Tau über euch zurückgehalten und die Erde ihren Ertrag zurückgehalten“ und Dürre und Unfruchtbarkeit herrschen anstatt Segen und Erfrischung.

Die Auswirkungen von Haggais Worten waren sofort sichtbar. Möge dieses Vorbild auch die unter uns erwecken, die wie die Toten schlafen!

Vers 12

Hag 1,12: Und Serubbabel, der Sohn Schealtiels, und Josua, der Sohn Jozadaks, der Hohepriester, und der ganze Überrest des Volkes hörten auf die Stimme des HERRN, ihres Gottes, und auf die Worte des Propheten Haggai, so wie der HERR, ihr Gott, ihn gesandt hatte; und das Volk fürchtete sich vor dem HERRN.

Sowohl die Führer als auch das Volk „hörten auf die Stimme des HERRN, ihres Gottes“, und die unterlassene Arbeit wurde mit einem Mal wiederaufgenommen.

Vers 13

Hag 1,13: Da sprach Haggai, der Bote des HERRN, kraft der Botschaft des HERRN zum Volk und sagte: Ich bin mit euch, spricht der HERR.

Es war ein Wort der Aufmunterung und Ermutigung, und es wird in einer sehr schönen Art und Weise eingeleitet: „Der Bote des HERRN, kraft der Botschaft des HERRN“. Es ist durchaus möglich, wirklich der Bote des HERRN zu sein, und doch die Gedanken des HERRN zu verfehlen. Um auch wirklich seine Botschaft zu bringen, muss man in Beziehung zu Ihm stehen. Haggai befand sich in dieser glücklichen Stellung.

Verse 14.15

Hag 1,14.15: 14 Und der HERR erweckte den Geist Serubbabels, des Sohnes Schealtiels, des Statthalters von Juda, und den Geist Josuas, des Sohnes Jozadaks, des Hohenpriesters, und den Geist des ganzen Überrestes des Volkes. Und sie kamen und arbeiteten am Haus des HERRN der Heerscharen, ihres Gottes, 15 am vierundzwanzigsten Tag des sechsten Monats, im zweiten Jahr des Königs Darius.

Aufgeweckt durch den aufrüttelnden Ruf, ihre Wege zu überdenken, und getröstet durch das Wissen der Gegenwart des HERRN bei ihnen, ging der Überrest bereitwillig an die Arbeit, so dass die Arbeit am Haus des HERRN am 24 Tag wieder aufgenommen wurde. Das nächste Kapitel zeigt den weiteren Dienst, als die Arbeit voranschreitet.

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Originaltitel: „Notes on the Prophecy of Haggai“
aus Notes on the Minor Prophets, 1909

Übersetzung: Katharina Bühne

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