Das Markusevangelium (0)
Einleitung

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online seit: 30.05.2025, aktualisiert: 01.06.2025

Einleitung

Es ist interessant, zu beobachten, wie der Heilige Geist in jedem der vier Evangelien unterschiedliche Akzente in der Darstellung unseres Herrn Jesus Christus setzt. In ihnen finden wir vier Porträts unseres Erlösers:

  • Das Matthäusevangelium stellt Ihn als den König, den Messias Israels dar – daher auch der Stammbaum, der Ihn als Sohn Davids und Sohn Abrahams ausweist. Dies erklärt auch die zahlreichen Verweise auf und Zitate aus den alttestamentlichen Schriften, die man bei Matthäus findet.

  • Das Lukasevangelium stellt Ihn als den vollkommenen Menschen dar, den einzigartigen Menschensohn, der kam, um die Verlorenen zu suchen und zu retten. Ein besonderes Merkmal des Berichts des Lukas ist die Tischrede Jesu. Gibt es eine bessere Gelegenheit als ein Abendessen, um zur Ruhe zu kommen und sein Herz zu öffnen? Und bei Lukas sehen wir unseren Herrn bei vielen solchen Gelegenheiten. Das Lukasevangelium führt seinen Stammbaum über Eli, den Vater Marias und damit den Schwiegervater Josefs, bis zu Adam zurück (Lk 3,23).

  • Das Johannesevangelium macht deutlich, dass es sein Ziel war, zu zeigen, „dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr glaubend Leben habt in seinem Namen“ (Joh 20,31). Der Bericht des Johannes zeigt, dass Er das ewige Wort ist, das Fleisch geworden ist, um uns zu erlösen.

  • Markus wurde von Gott dazu bestimmt, uns den Sohn Gottes zu zeigen, wie Er in demütiger Gnade und hingebungsvoller Unterwerfung unter den Vater als der vollkommene Diener und Prophet des Heiligen handelt. Er kommt sofort zu seinem Thema. In nur sechzehn Kapiteln schildert Markus den eifrigen Diener, der ein Werk der Barmherzigkeit nach dem anderen verrichtet und von Ort zu Ort eilt, um den Auftrag seines Vaters zu erfüllen. Da es uns nicht um die Vorfahren des Dieners geht, sondern um seine Fähigkeiten, gibt es in diesem Evangelium keinen Stammbaum. Stattdessen erzählt Markus die wunderbare Geschichte Jesu, wie Er Gutes tat und die Gedanken Gottes kundtat. Es ist oft darauf hingewiesen worden, dass Markus ein Wort, das in den meisten Fällen mit „sogleich“ übersetzt wird, mehr als vierzigmal verwendet, was ungefähr der Hälfe aller Vorkommen im Neuen Testament entspricht. „Weil die Sache des Königs dringend war“ (1Sam 9,10), war Jesus permanent mit dem großen Werk beschäftigt, für das Er in die Welt gekommen war.

Auch das Kreuzesopfer wird in jedem Evangelium anders dargestellt. Jeder Schreiber hatte einen Vergleich mit einem anderen levitischen Opfer im Sinn (3Mo 1–7):

  • Johannes beschreibt den Tod des Herrn als Brandopfer – der Sohn gab sein Leben, um den Vater in der Welt zu verherrlichen, in der Er durch sündige Menschen so entehrt worden war.

  • Lukas beschreibt dieses große Opfer als das Friedensopfer – Christus hat durch das Blut seines Kreuzes Frieden gestiftet, damit Gott und die Menschen versöhnt werden und geheiligte Gemeinschaft miteinander haben können.

  • Matthäus, dessen Thema die Herrschaft Gottes ist, vergleicht das Werk des Kreuzes deutlich mit dem Schuldopfer, aufgrund dessen der Herr sagen konnte: „Was ich nicht geraubt habe, muss ich dann erstatten“ (Ps 69,5).

  • In der Erzählung des Markus aber staunen wir über den Heiligen, der für uns zur Sünde gemacht wurde, damit wir in Ihm zur Gerechtigkeit Gottes würden [2Kor 5,21]. Das große Sündopfer wird uns vor Augen geführt: Christus stirbt nicht nur für begangene Schuld, sondern auch für unsere sündige Natur, die sich in unserem Verhalten offenbart.

Ich spreche diese Punkte an, weil viele törichte Dinge gelehrt haben. Manche spekulieren zum Beispiel, dass das Markusevangelium der erste Versuch gewesen wäre, die Geschichte Jesu wiederzugeben, und dass es von den Verfassern der anderen Evangelien, von denen man angeblich nicht genau weiß, ob es wirklich die genannten Autoren waren, ergänzt und verändert worden wäre. Aber wir können sicher sein, dass alle diese Spekulationen müßig und sinnlos sind. Der Abdruck des göttlichen Geistes ist auf jeder Seite dieser Aufzeichnungen zu finden, und ihre Unterschiede (aber niemals Widersprüche) sowie ihre Übereinstimmungen sind nur Beweise für die Inspiration Gottes.

Das Ziel des Markusevangeliums

Markus ging es vor allem darum, der heidnischen Welt die lebendige Liebe Gottes in Jesus Christus zu zeigen, der den Bedürftigen diente, sich der Sünder annahm und alle rettete, die an Ihn glaubten. Hätte man keinen anderen Teil der Schrift als nur dieses kurze Evangelium, so hätte man doch genug, um jedem unruhigen Herzen und Gewissen den Weg des Lebens und des Friedens zu zeigen.

Wir können uns die Frage ersparen, ob Markus, vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, viele der übermittelten Informationen Petrus verdankt. Alles, was geschrieben ist, wurde vom Geist Gottes mit einem bestimmten Zweck zusammengefügt.

Jesaja wurde beauftragt, den Messias als den leidenden Knecht des HERRN zu prophezeien (Jes 52–53). Mose prophezeite die Erweckung eines Propheten, dessen Wort in allen Fragen bindend sein würde (5Mo 18,15-19). Markus war der Evangelist, den der Heilige Geist auserwählte, damit er unseren Herrn in der Erfüllung der Ämter des Knechtes und des Propheten darstellte. Aber wir sollten nicht annehmen, dass dies bedeutet, dass andere Aspekte seines Wesens und Charakters vernachlässigt wurden. Er war nie königlicher, als wenn Er diente, und nie göttlicher, als wenn Er sich bereitwillig zurücknahm.

Nachdem Peter der Große das Russische Reich mit großem Aufwand aufgebaut hatte, beschloss er, dass er eine Flotte brauchte. Doch niemand in Russland beherrschte die Kunst des Schiffbaus. Also verzichtete Peter eine Zeitlang auf den Thron, ernannte seine Gemahlin Katharina zur Regentin, legte seine königlichen Kleider ab, kleidete sich wie ein einfacher Arbeiter und reiste nach Holland und England, wo er die Kunst selbst erlernte. Auf den Werften arbeitete er Seite an Seite mit Männern, die nur wenig von der Würde des scheinbar ungehobelten Handwerkers ahnten, der Tag für Tag mit ihnen schuftete. Peter war bei der Arbeit mit Hammer und Meißel nicht weniger Herrscher als auf dem Thron.[1]

Die Herkunft von Markus

Johannes Markus war der Sohn einer wohlhabenden Frau namens Maria. Sie war wahrscheinlich eine Witwe, deren Haus groß genug war, dass es nach der Ausgießung des Heiligen Geistes als Versammlungsort für viele der ersten Jünger diente (Apg 12,12).

Markus begleitete Barnabas (mit dem er verwandt war) und Paulus nach Zypern, kehrte aber später nach Jerusalem zurück, sehr zum Missfallen von Paulus (Apg 12,25; 13,13; 15,37-39). Später jedoch wurde Markus wieder ein vertrauenswürdiger Diener Christi und Begleiter von Paulus und Petrus (2Tim 4,11; 1Pet 5,13). Es passt zu Gott, dass Er den einst untreuen Diener Markus erwählt, um die Geschichte des ewig treuen Dieners, Gottes eigenem geliebten Sohn, zu berichten!

Nach einer bekannten Überlieferung der frühen Kirche bezog sich Markus auf sich selbst, als er die Geschichte von „einem gewissen Jüngling“ erzählte, der Christus bis zu seinem Eintritt in das Haus des Hohenpriesters folgte. Als die Wachen Markus ergreifen wollten, ließ er das Leinentuch, das seinen Körper umhüllte, in ihren Händen und floh nackt vor ihnen (Mk 14,51-52). Die Tatsache, dass kein anderer Evangelist diese Begebenheit berichtet, ist vielleicht kein ausreichender Grund, sie mit Markus selbst in Verbindung zu bringen. Andererseits könnte sie aufgrund ihrer weiten Verbreitung in der Frühzeit der Kirchengeschichte durchaus der Wahrheit entsprechen. In diesem Fall würde es bedeuten, dass der junge Johannes Markus den Unterweisungen des Herrn zuhörte, als dieser in Jerusalem war. Das Herz von Markus war Jesus so sehr zugewandt, dass er sogar bereit war, mit Ihm zu sterben. Aber in der Stunde der Prüfung floh Markus ebenso wie die anderen Jünger. Wie viele lieben den Herrn wirklich, denen jedoch der Mut fehlt, der sie befähigt, mit Ihm um jeden Preis durchzuhalten!

Wenn wir an diesen großartigen jungen Mann und seine Anfangsschwierigkeiten im Dienst für den Herrn denken, sollten wir daran denken, dass er sich später als wirksamer Diener Christi erwies. Mögen wir ermutigt werden, uns über unsere eigenen Ängste und Unzulänglichkeiten zu erheben und darauf zu vertrauen, dass Gott uns zu wahren Botschaftern des Evangeliums seines Sohnes macht.

Wenn wir das Zeugnis dessen studieren, der gesagt hat: „Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende“ (Lk 22,27), möge sich unser Herz in Demut vor Ihm beugen. Geben wir uns dem Auferstandenen hin, damit wir Ihm in demselben demütigen Geist dienen können, der Ihn in dieser Welt kennzeichnete. Mögen wir mit der Anerkennung des Vaters zufrieden sein, während wir vergleichsweise unbekannt und unbeachtet durch dieses Leben gehen.


Originaltitel: „Author’s Introduction
in Expository Notes on the Gospel of Mark, 1948.
Quelle: https://plymouthbrethren.org

Übersetzung: Samuel Ackermann

Anmerkungen

[1] Anm. der Red.: Diese Geschichte enthält einige wahre Elemente, aber sie ist nicht ganz korrekt. Peter der Große war tatsächlich sehr daran interessiert, Russland zu modernisieren, insbesondere die Marine, da er Zugang zu Seewegen sichern wollte. Im Jahr 1697 unternahm er die sogenannte „Große Gesandtschaft“ nach Europa, um Bündnisse zu schließen und moderne Technologien zu studieren. Während dieser Reise besuchte er die Niederlande und England, wo er sich intensiv mit Schiffbau beschäftigte. Zwar arbeitete er tatsächlich inkognito in Werften, insbesondere in der niederländischen Stadt Zaandam und später bei der britischen East India Company in Deptford, allerdings legte er seine königlichen Titel nicht offiziell ab und übertrug die Regierungsgeschäfte nicht dauerhaft seiner Frau Katharina. Außerdem wussten die europäischen Gastgeber durchaus, dass es sich um den russischen Zaren handelte, auch wenn er sich einfach kleidete und aktiv mitarbeitete.


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