Gottes Freude am Segnen
Lukas 15,11-32

Sydney Long Jacob

© SoundWords, online seit: 10.05.2013, aktualisiert: 23.10.2022

Leitverse: Lukas 15,11-32

Was uns hier [im Gleichnis vom verlorenen Sohn] überreicht wird, ist nicht ein Bild von etwas für die Ewigkeit, sondern für die Zeit. Ein Bild von etwas, was wir jetzt wissen und genießen sollen. Gott möchte uns so sehr zu seinem eigenen Sohn bringen, und wo Er ist, da ist das Haus des Vaters.

Dieses Gleichnis hat das Handeln und die Freude des Vaters im Blick, und dennoch setzt der Vater seine Diener in Gemeinschaft mit sich selbst bei dem segensreichen Werk ein, dem Zurückgekehrten das beste Gewand anzuziehen.

Wer sind die Diener? Sind sie nicht Petrus und Johannes und Paulus, deren Dienst der Vater noch heute einsetzt, um uns seinen Willen zu erkennen zu geben? Woher sollten wir die Wahrheit, wie sie in Jesus ist, kennen (Eph 4,20-24), wenn es den Apostel Paulus nicht gegeben hätte (obwohl natürlich alles von Gott kommt)? Was ist diese Wahrheit? Es ist die Wahrheit der neuen Schöpfung. Das Alte ist durch Christus vergangenen (das alte Selbst zusammen mit all dem Alten), und Neues ist geworden, denn Gott hat uns nach seinem Wohlgefallen mit sich selbst versöhnt [2Kor 5,17.18].

Wenn wir uns dem Dienst des Apostels Johannes zuwenden, finden wir die Wahrheit nicht in derselben lehrmäßigen Art und Weise verpackt wie in den Schriften des Apostels Paulus. Johannes beschreibt uns die Wahrheit, indem er ihre Eigenschaften nennt. Der Herr sagt zum Beispiel: „Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein“ [Joh 8,36]. Wenn die Seele die Wahrheit über die Person des Sohnes erfasst, macht diese uns frei, indem sie uns für den Vater geeignet und angemessen macht. Auf diese Weise gibt uns der Sohn die Freiheit des Hauses [vgl. Joh 8,35].

Im Johannes 17 sehen wir den Sohn, wie Er dabei ist, diese irdischen Gefilde zu verlassen; doch bevor Er das tut, legt Er die Seinen in die Hände des Vaters, damit sie dieselbe Stellung bei dem Vater haben sollen, die der Herr selbst hat. Sie sind Ihm so lieb, dass nichts Geringeres als das Ihn zufriedenstellen kann. Er betet, dass „die Liebe, womit du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen“. Diese unaussprechliche Liebe kann nicht anders, als die geliebten Wesen geeignet zu machen für ihre eigene Gegenwart und ihr eigenes Wohlgefallen. Die Liebe ist unaufhaltsam in ihrem Verlangen, und wenn sie auch die Ansprüche der Gerechtigkeit erfüllen muss, so wird sie doch keine Kosten und Mühen scheuen, ihre Sehnsucht zu stillen.

Viele fragen immer wieder: „Sagen Sie mir doch, was das ewige Leben ist!“ Ich kann dazu nur sagen: „Ergreift die Wahrheit von der Liebe des Vaters und die Wahrheit vom Haus des Vaters, wie man es in dem Sohn kennt, und ihr werdet wissen, was das ewige Leben ist. Man muss in seinen Genuss gekommen sein, um es zu kennen.“

Das beste Gewand ist nicht das, was einige von uns dachten, nämlich die Rechtfertigung. Es ist wahr, Gott rechtfertigt die Gottlosen, aber wenn das alles wäre, wäre es nur ein sauberes Gewand, über einen dreckigen Körper gezogen. Man wäre äußerlich sauber, aber nicht innerlich sauber. Doch Gott könnte die Gottlosen nicht rechtfertigen, wenn Er nicht vorhätte, das Werk zu vollenden, wenn Er sie nicht zu dem machen würde, als was Er sie von Anfang an ansieht: als Gerechte. Gott sei Dank, dass nichts Geringeres, als dass wir nach seinem eigenen Verlangen bei dem Vater sind, Ihn je zufriedenstellen wird.

Wir beginnen damit, dass wir die Rechtfertigung erfahren: dass Gott uns als etwas ansieht, was wir nicht sind. Dies ist unsere Seite, und es ist ein großer Segen, wenn wir das erfahren. Wir erfahren, dass wir Sünder sind und dass das Gericht Gottes auf uns liegt. Wir fragen: „Wie kann ein Mensch vor Gott gerecht sein?“ Und es ist eine große Freude, wenn wir erfahren, dass Gott uns gerecht gemacht hat. Unsere Sünden sind fort und werden sich nicht mehr zum Gericht gegen uns erheben.

Danach jedoch kommt die Frage nach unserem Zustand auf. Wir finden in uns einen schlechten Zustand vor, und dies beunruhigt uns schrecklich. Wir lernen das nicht alles auf einmal, sondern Schritt für Schritt. Dann erkennen wir, dass nicht die Selbstverbesserung des Ziel ist, sondern dass das Selbst gehen muss, damit das Neue, das Werk Gottes, an seine Stelle treten kann. Das, was das Selbst war, ist dann nicht mehr das Selbst, sobald wir wirklich in Christus sind, das heißt subjektiv. Selbstverständlich gibt es keine andere Art, die Wahrheit praktisch zu erkennen, als diese; nur manchmal erkennen wir die Doktrin an, ohne jedoch ihre Macht zu kennen. Solche Anerkennung ist nur dem Namen nach vorhanden. Wenn wir aber in Christus sind, das heißt von seiner Ordnung, dann sind wir nicht länger in Adam, und wir halten uns der Sünde für tot [Röm 6,11], und der Geist ist das, was unserem neuen Zustand vor Gott kennzeichnet, und nicht das Fleisch.

Hier jedoch [also im Gleichnis vom verlorenen Sohn] wird es nicht dogmatisch ausgedrückt, sondern einfacher und viel leichter zu verstehen. Der Punkt ist der: Ich muss zu dem Vater gehen; aller Segen ist dort, also muss ich dort hingehen.

Es kam dem verlorenen Sohn nie in den Sinn, dass es möglich war, dass er mehr für den Vater werden konnte, als wenn er niemals gesündigt und niemals sein Vaterhaus verlassen hätte. Ich denke auch, dass es lang braucht, bevor es uns je in den Sinn kommt, dass wir weit mehr für Gott sind, als wenn wir niemals gesündigt hätten.

Wie langsam nur begreifen wir doch, dass der Vater viel mehr durch uns bekommt als wir von Ihm! Und doch ist es so einfach. Es ist seliger zu geben, als zu nehmen, und Er, der Segnende, muss mehr bekommen als wir, die gesegnet werden.

Was ist das Thema dieses Kapitels? Ist es nicht die Freude Gottes, seine unaussprechliche Wonne beim Segnen? Oh, wie glücklich macht es Gott, dies zu tun! Wenn wir dies nur deutlicher sähen, könnten wir die Natur des Segens besser begreifen, denn dann würden wir sehen, dass Gott uns zu seiner eigenen Befriedigung und Freude segnet und wie sehr dies dazu beiträgt, uns mit Ihm vertraut zu machen. Seine unaussprechliche Liebe wird es zu so großer Freude machen, ganz bewusst in seiner Gegenwart zu sein. Fällt es dir schwer, dies zu begreifen? Bekommt nicht die Mutter mehr von dem Baby, als das Baby von der Mutter bekommt? Ist dieser Vergleich nicht hilfreich?

Überdies muss das, was Er für uns tut, dem Wert entsprechen, den Er seinem Sohn beimisst. Wir kennen Gott so wenig, so wenig. Was wir üblicherweise Liebe nennen, ist überhaupt keine Liebe. Es ist Mitleid, Freundlichkeit, Barmherzigkeit usw., was wir sehen; aber Gott möchte, dass wir erkennen, dass Er nicht ohne uns auskommt. Hast du je gesagt: „Der Vater liebt mich so sehr, dass Er nicht ohne mich auskommt“? Ich denke, dass die meisten von uns so weit sehen: dass Gott sehr gut und sehr freundlich ist; was wir aber nicht sehen, ist dies: Weil Gott Liebe ist und ich jemand bin, den Er mit seinem Sohn verbunden hat, kann Er nicht ohne mich auskommen, und der Himmel wäre kein Himmel für Ihn, wenn Er mich nicht dort haben könnte.

Wenn du diese Wahrheit erfasst, wirst du keine Schwierigkeiten mehr damit haben, das ewige Leben zu verstehen. Kennst du die Geschichte von der Mutter, deren Tochter auf Irrwege geriet? Die Tür war viele Jahre lang niemals geschlossen, und eines Nachts kam das Mädchen zurück und stellte fest, dass die Tür angelehnt war. Sie fragte ihre Mutter: „Wie kam es, dass die Tür gerade heute Nacht nicht verschlossen war?“ Die Mutter antwortete: „Diese Tür ist seit der Zeit, als du uns verlassen hast, niemals geschlossen gewesen; sie ist immer für dich offen gewesen. All diese Jahre lang habe ich auf diesen Augenblick gewartet.“

Genauso kommt Gott nicht ohne seine Kinder aus, Er muss sie immer bei sich haben. Er ist so glücklich, wenn Er sie segnet. Wir sind fehlerhaft und unvollkommen in allem, aber der besondere Punkt, wo wir am fehlerhaftesten und am unvollkommensten sind, ist bei dem Gespür für seine Liebe. Was verdient Gottes Sohn? Alles. Dann ist dies der Wert dessen, was Gott dir gibt. Er muss dich mit allem überschütten.

Was ist nun das beste Gewand? Es ist nicht etwas, was uns übergezogen wird, um unsere Nacktheit zu verbergen, wie es unsere Kleider tun, sondern Gottes Kleider sind inwendig; dadurch wird Christus in uns gebildet. Es ist die göttliche Natur, die von der göttlichen Liebe gebildet wird und die vollkommen neu ist; Gottes eigene Wertarbeit zu seinem eigenen Wohlgefallen. Es macht Ihm Freude, uns dazu zu befähigen, uns an dem zu erfreuen, was Ihn erfreut. Du siehst: Das ist etwas, was weit über die Rechtfertigung hinausgeht.

Wenn du das Herz des Vaters erfreuen willst, dann musst du diese Liebe erfassen und sie schätzen und genießen; und je mehr du sie genießt, desto mehr wird Er sich freuen. Ich habe einmal eine Geschichte gehört von zwei Kindern, denen zwei Kätzchen geschenkt wurden. Ein Kind bekam das eine Kätzchen, und das andere das andere, und sie liebten sie sehr, aber eines Tages sah man das eine Kind wegen seines Kätzchens weinen. „Weshalb weinst du?“, wurde es gefragt, und das Mädchen antwortete: „Oh! Dem Kätzchen von Bobby gefällt es so sehr, wenn er es streichelt, und es schnurrt jedes Mal; aber mein Kätzchen schnurrt einfach nicht, egal, wie ich es streichele, es scheint ihm nie zu gefallen.“ Wie viele von uns sind wie dieses Kätzchen und zeigen ihre Freude über die unendliche Liebe nicht, die Gott uns erweist? Ist es nicht traurig, dass wir dieser Liebe gegenüber so undankbar sind? Wenn du Gott Freude machen willst, musst du sein wie das Kätzchen, das schnurrt. Wir wissen, welche Schmerzen es uns als Eltern macht, wenn wir feststellen, dass unser Kind denkt, wir würden es nicht lieben und nicht das Allerbeste für es tun. Wie oft müssen Eltern diese Schmerzen erleiden! Manchmal, wenn zwei Kinder gleich behandelt werden, freut sich das eine so sehr, dass es vor Freude überschäumt, während das andere verdrießlich und unzufrieden ist und das Herz seines Vaters und seiner Mutter durchbohrt.

Was ist nun das gemästete Kalb? Das gemästete Kalb ist der Sohn. Es ist Gottes Fest der Freude über seinen eigenen Sohn. Heutzutage macht manch reicher Mann oft Feste für arme Leute, aber er setzt sich nicht dazu und feiert nicht mit. Er macht sie nicht für sich selbst. Er sagt nicht: „Lasst uns essen und fröhlich sein.“

Der Vater ist es, der die größte Freude von allen empfindet, und niemand genießt das Fest so sehr wie Er – und wie wenig können wir seine Freude nachempfinden! Unser Selbst steht so schrecklich im Vordergrund.

Nehmen wir das Abendmahl: Wie sehr genießen wir dieses? Sehr wenig, fürchte ich. Wir schauen im Allgemeinen auf den Tod des Herrn aus der Perspektive unserer Bedürftigkeit, aber so essen wir das Abendmahl nicht, wie wir es sollten. Das Herrenmahl bedeutet, sich von der Liebe Christi zu ernähren, sich an Ihm zu erfreuen: über das, was Er ist; sich nicht an seinen Gaben zu erfreuen, sondern an Ihm selbst. Wenn wir wirklich das Herrenmahl zu uns nehmen, sind wir bei dem Herrn in glücklicher Freiheit und fühlen uns Ihm gegenüber ganz ungezwungen. Wir wollten Ihn um seiner selbst willen, und nun, da wir Ihn haben, ist unser Herz zufrieden.

Der ältere Sohn war weiter weg von dem Vater, als es selbst der jüngere Sohn war, während er in dem fernen Lande weilte. Sein Platz ist der schlechteste von allen: örtlich ganz nah, aber in Wirklichkeit ganz weit weg. Wir täuschen uns oft so und denken, alles ist in bester Ordnung, wenn nichts in Ordnung ist. Es zeigt sich, wenn er spricht. Bei uns allen zeigt es sich so, weil geschrieben steht: „Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden“ [Mt 12,37]. Wir können dem Namen nach am segensreichesten Ort sein und in Wirklichkeit nichts haben, weil wir die göttliche Liebe überhaupt nie berührt haben.

Als der ältere Bruder sagte: „Mir hast du niemals ein Böckchen gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre“, da zeigte sich, was in seinem Herzen vorging. Er wollte fröhlich sein, und zwar weit weg von seinem Vater. Auf diese Weise findet man kein Glück.

Die Leute fragten die Jünger: „Warum isst und trinkt euer Meister mit Zöllnern und Sündern?“ [vgl. Mt 9,11]. Die Jünger hätten antworten können: Weil es unseren Meister so glücklich macht und es Gott so glücklich macht zu segnen.

Wenn wir bereuen und Buße tun, sagen wir: „Ich bin völlig verkehrt. Ich muss Gott hereinlassen und Ihm seinen Willen lassen“, und das ist das, was Gott so glücklich macht, denn dann kann Er hereinkommen und segnen.

Ich bin sicher, wir werden es alle als sehr großen Segen empfinden, wenn wir diese Liebe wirklich zu schmecken bekommen. Hier herrscht ein sehr großer Mangel, und das Gespür dafür, geliebt zu werden, ist etwas Besseres als alle Intelligenz der Welt.

Wenn wir diese Liebe wirklich begreifen: Welche Stärke, welche Kraft werden wir in der Freude darüber finden! Was ist so kraftvoll wie die Liebe? Es gibt eine bekannte Geschichte, dass ein Adler sich einmal ein Baby schnappte und es auf einen hohen Berg trug. Unter denen, die dies beobachteten und versuchten, das Kind zu retten, war ein Seemann. Zusammen mit anderen versuchte er, die Felswand zu erklettern, aber selbst ihm wurde schwindlig, und obwohl er weiter kletterte als alle anderen, musste auch er umkehren. Als dies geschah und alle Hoffnung verloren schien, da ging die Mutter zur Felswand und kletterte diese auf wunderbare und fast übernatürliche Weise empor, indem sie sich an dem Efeu, oder was immer sie fand, festklammerte. Höher und höher stieg sie, während alle anderen sie ehrfürchtig bestaunten, bis sie das Adlernest erreichte und ihr Kind sicher und wohlbehalten wieder zurückbrachte. Wenn die Liebe so etwas in der Natur vollbringen kann, was wird die göttliche Liebe nicht alles tun? Was wird Gott, der selbst die Liebe ist, nicht alles tun? Und vor allen Dingen wird Er dafür sorgen, dass wir das beste Gewand bekommen und selbst in Liebe geformt werden. Es gibt keine echte Kraft außer der, die von dem Gespür für die Liebe verliehen wird.

Der Glaube ist das, womit wir anfangen, aber wir müssen zur Liebe übergehen; und wie arbeitet, wie funktioniert der Glaube? Durch Liebe und nur durch Liebe.


Originaltitel: „God’s Delight in Blessing“
aus „Part 2: Addresses“
in Faithful Sayings, London (The Central Bible Truth Depot) ca. 1912, S. 76–83
Quelle: http://stempublishing.com/authors/Jacob/Jacob_Gods_Delight_Blessing.html

Übersetzung: S. Bauer


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