Die MacArthur-Studienbibel
Eine kritische Analyse der Römerbrief-Auslegung

Martin Arhelger

© M. Arhelger, Online începând de la: 02.05.2006, Actualizat: 19.10.2022

Leitvers: 1. Timotheus 4,16 „Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre; beharre in diesen Dingen, denn wenn du dies tust, so wirst du sowohl dich selbst erretten als auch die, die dich hören.“

1Tim 4,16: Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre.

Vorwort der Redaktion
Es tut uns immer ein wenig leid, wenn wir auf Missstände aufmerksam machen müssen. Umso mehr dann, wenn es sich um die Verurteilung mancher Lehren eines von vielen geschätzten Bibellehrers handelt. Gibt es nicht genug Missstände bei einem selbst und im eigenen „Lager“? Muss man denn immer von sich weg auf andere weisen? Das sind Überlegungen, die uns dann solche Veröffentlichungen schwermachen, und unser Bruder, der diese Ausarbeitung gemacht hat, wird dies sicher ähnlich empfunden haben. Doch wir lieben die Gemeinde Gottes, und wir stehen unter dem Eindruck, dass der Herr uns mit dieser Internetpräsenz auch die Verantwortung nahelegt, auf verschiedene Missstände einmal hinzuweisen, obwohl es unser erklärtes Ziel mit dieser Internetseite ist, positive und nicht verurteilende Literatur zur Verfügung zu stellen. Da die MacArthur-Studienbibel jedoch einen immer breiteren Raum auch in der sog. Brüderbewegung einnimmt, möchten wir hier einige Gefahren aufzeigen und dringend davon abraten, diese Studienbibel für das persönliche Bibelstudium zu verwenden. Exemplarisch legen wir hier einige kritische Passagen aus dem Römerbrief vor. Es wäre allerdings noch vieles mehr anzumerken.

Ist das mosaische Gesetz die Lebensregel des Christen?

Die Lehren MacArthurs

MacArthur schreibt, das Gesetz vom Sinai sei „der Maßstab, wie Gläubige ihm [Gott] gefallen können“, und: „Jeder Gläubige findet darin den Maßstab für sein Verhalten“ (MacArthurs Anmerkung zu Römer 7,12 und 8,4 (7:12) Also ist das Gesetz heilig und das Gebot heilig und gerecht und gut.“ „(8:4) damit die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt würde in uns, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln.“).

Zu Römer 7,7 „Was sollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Das sei ferne! Aber die Sünde hätte ich nicht erkannt als nur durch Gesetz. Denn auch von der Begierde hätte ich nichts gewusst, wenn nicht das Gesetz gesagt hätte: „Du sollst nicht begehren.““ schreibt er:

Das Gesetz offenbart den Maßstab Gottes. Wenn ein Gläubiger sich an diesem Maßstab misst, kann er seine Sünde genau erkennen, denn sie ist all das, was nicht diesem Maßstab entspricht.

Zu Römer 8,4 „damit die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt würde in uns, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln.“ schreibt MacArthur:

Der zeremonielle Teil des mosaischen Gesetzes ist beiseitegesetzt worden (Kol 2,14-17 (14) als er ausgetilgt hat die uns entgegen stehende Handschrift in Satzungen, die gegen uns war, hat er sie auch aus der Mitte weggenommen, indem er sie an das Kreuz nagelte; (15) als er die Fürstentümer und die Gewalten ausgezogen hatte, stellte er sie öffentlich zur Schau, indem er durch dasselbe über sie einen Triumph hielt. (16) So richte euch nun niemand wegen Speise oder wegen Trank oder hinsichtlich eines Festes oder Neumondes oder von Sabbaten, (17) die ein Schatten der zukünftigen Dinge sind, der Körper aber ist des Christus.“). Die grundsätzliche Verantwortung für den zivilen Teil (die Anwendung des Moralgesetzes in einer Gesellschaft) ist auf die menschlichen Regierungen übertragen worden (Röm 13,1-7). Das Moralgesetz ist im Charakter Gottes begründet und in den Zehn Geboten als Grundriss dargestellt. Die komprimierteste Form ist das Gebot Jesu: Du sollst Gott lieben und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Das Moralgesetz wurde niemals außer Kraft gesetzt, sondern wird im Neuen Bund autoritativ bestätigt.

MacArthur teilt das mosaische Gesetz also in zwei Bereiche ein:

  1. das zeremonielle Gesetz
  2. das moralische Gesetz

Das zweite (das moralische Gesetz) sei von den Christen heute noch zu erfüllen und sei ihre Lebensregel.

Die Lehre der Bibel

Das Gesetz vom Sinai war dem Volk Israel als Zuchtmeister gegeben (Gal 3,24 „Also ist das Gesetz unser Erzieher gewesen auf Christus hin, damit wir aus Glauben gerechtfertigt würden.“).[1] Nirgends wird gesagt, dass Gott einem anderen Volk das Gesetz auferlegt habe. Auch die Zeit der Gültigkeit des mosaischen Gesetzes ist in der Heiligen Schrift angegeben: Es kam 430 Jahre nach Abraham (Gal 3,17 „Dieses aber sage ich: Einen vorher von Gott bestätigten Bund macht das 430 Jahre danach entstandene Gesetz nicht ungültig, dass es die Verheißung aufhebt.“) und galt nicht für immer. Es galt nur, „bis der Same käme, dem die Verheißung gemacht war“ (Gal 3,19), also bis auf Christus. Dieses „bis“ klärt die Frage und wird durch Galater 3,24 „Also ist das Gesetz unser Erzieher gewesen auf Christus hin, damit wir aus Glauben gerechtfertigt würden.“ nochmals bestätigt: „Also ist das Gesetz unser Erzieher [Zuchtmeister] gewesen auf Christus hin.“ Epheser 2,15 „das Gesetz der Gebote in Satzungen, weggetan hatte, damit er die zwei, Frieden stiftend, in sich selbst zu einem neuen Menschen schüfe“ sagt, dass Christus in seinem Fleisch „das Gesetz der Gebote in Satzungen hinweggetan hatte“, und Kolosser 2,14 „als er ausgetilgt hat die uns entgegen stehende Handschrift in Satzungen, die gegen uns war, hat er sie auch aus der Mitte weggenommen, indem er sie an das Kreuz nagelte;“ bestätigt, dass Christus die uns entgegenstehende Handschrift in Satzungen ausgetilgt hat. Er hat sie aus der Mitte weggenommen, indem Er sie an das Kreuz nagelte.

Da das Gesetz durch die Kreuzigung weggetan wurde, stehen wir als Christen heute nicht mehr unter dem mosaischen Gesetz und es kann folglich auch nicht unsere Lebensregel sein. Darum sagt der Apostel den Römern unmissverständlich: „Ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade“ (Röm 6,14).

Wer die Stellen aufmerksam nachliest, wird feststellen, dass nirgends in der Bibel eine Trennung zwischen Moral- und Zeremonialgesetz gemacht wird. Viele dieser Stellen beziehen sich im Zusammenhang sogar deutlich auf moralische Dinge.

Nun gibt es im Gesetz vom Sinai tatsächlich Gebote mit zeremoniellem Charakter und Gebote mit moralischem Charakter. Zeremoniellen Charakter haben zum Beispiel die Opfervorschriften in 3. Mose 1ff. oder die Vorschriften über den Gottesdienst; moralische Gebote findet man zum Beispiel in 2. Mose 23,1-5 (1) Du sollst kein falsches Gerücht aufnehmen; du sollst deine Hand nicht dem Gottlosen reichen, um ein ungerechter Zeuge zu sein. (2) Du sollst der Menge nicht folgen, um Böses zu tun; und du sollst bei einem Rechtsstreit nicht antworten, indem du dich nach der Menge richtest, das Recht zu beugen. (3) Und den Geringen sollst du in seinem Rechtsstreit nicht begünstigen. (4) Wenn du den Ochsen deines Feindes oder seinen Esel umherirrend antriffst, sollst du ihn diesem jedenfalls zurückbringen. (5) Wenn du den Esel deines Hassers unter seiner Last liegen siehst, so hüte dich, ihn diesem zu überlassen; du sollst ihn jedenfalls mit ihm losmachen.“. Aber obwohl man solche inhaltlichen Unterscheidungen im Gesetz machen kann, fordert uns das Neue Testament an keiner einzigen Stelle auf, zwischen zeremoniellen und moralischen Geboten zu unterscheiden, um die einen zu ignorieren und die anderen noch zu halten. Das Neue Testament lehrt vielmehr ganz entschieden, dass das Gesetz als gesamtes System vergangen ist.

Manchmal wird eingewendet, das Gesetz könne doch von der Sünde überführen und habe deshalb seinen Wert. Dieser Einwand ist richtig und hat Wert, wenn man ihn auf Ungläubige anwendet. Das Gesetz ist bestimmt „für Gesetzlose und Zügellose, für Gottlose und Sünder, für Unheilige und Ungöttliche, für Vaterschläger und Mutterschläger, für Menschenmörder“ usw. (1Tim 1,9 „indem er dies weiß, dass für einen Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist, sondern für Gesetzlose und Zügellose, für Gottlose und Sünder, für Unheilige und Ungöttliche, für Vaterschläger und Mutterschläger, für Menschenmörder,“).

Es gibt auch einen ganz einfachen Grund, warum das Gesetz für den Gläubigen keine zu befolgende Lebensregel mehr sein kann: Das Gesetz richtet sich nur an lebende Menschen. Der Gläubige ist aber (geistlich gesehen) tot. Das ist die Belehrung von Römer 7,1-4 (1) Oder wisst ihr nicht, Brüder (denn ich rede zu denen, die das Gesetz kennen), dass das Gesetz über den Menschen herrscht, solange er lebt? (2) Denn die verheiratete Frau ist durch Gesetz an den Mann gebunden, solange er lebt; wenn aber der Mann gestorben ist, ist sie losgemacht von dem Gesetz des Mannes. (3) Also wird sie denn, während der Mann lebt, eine Ehebrecherin genannt, wenn sie eines anderen Mannes wird; wenn aber der Mann gestorben ist, ist sie frei von dem Gesetz, so dass sie keine Ehebrecherin ist, wenn sie eines anderen Mannes wird. (4) Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, des aus den Toten Auferweckten, damit wir Gott Frucht brächten.“ und Galater 2,19 „Denn ich bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich Gott lebe; ich bin mit Christus gekreuzigt,“.

Was ist nun die Lebensregel des Christen? Nicht das Gesetz des Mose, sondern die Person des Herrn Jesus selbst; nicht Gesetz, sondern Gnade regelt heute unser Leben und unterweist uns:

„Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf“ (Tit 2,11.12).

Rechtfertigung aus dem Gesetz?

Die Lehren MacArthurs

Zu Römer 3,21 „Jetzt aber ist, ohne Gesetz, Gottes Gerechtigkeit offenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten:“ schreibt MacArthur:

Christi Tod zahlt stellvertretend die Strafe, die den Übertretern des Gesetzes Gottes rechtmäßig auferlegt ist. Und sein vollkommener Gehorsam gegenüber allen Anforderungen des Gesetzes erfüllt Gottes Forderung unumschränkter Gerechtigkeit (2Kor 5,21 „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“; 1Pet 2,24 „der selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben, durch dessen Striemen ihr heil geworden seid.“; vgl. Heb 9,28 „so wird auch der Christus, nachdem er einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Mal denen, die ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Errettung.“).

Zu Römer 3,24 „und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist;“ erklärt MacArthur, was Gottes rechtfertigender Urteilsspruch seines Erachtens beinhaltet:

Vergebung der Sündenschuld und -strafe und das Zurechnen bzw. Verleihen der Gerechtigkeit Christi zugunsten des Gläubigen. Dadurch erhält der Mensch die positive Gerechtigkeit, die er braucht, um von Gott angenommen zu werden. Gott erklärt einen Sünder allein auf der Grundlage der Verdienste von Christi Gerechtigkeit als gerecht. Die Sünden des Gläubigen rechnete Gott Christus an, als Er den Opfertod am Kreuz starb (Jes 53,4.5 (4) Doch er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen. Und wir, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt; (5) doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Ungerechtigkeiten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“; 1Pet 2,24 „der selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben, durch dessen Striemen ihr heil geworden seid.“), und Er rechnet Jesu vollkommenen Gehorsam gegenüber dem Gesetz dem gläubigen Christen an (vgl. 5,19; 1Kor 1,30 „Aus ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung;“; s. Anm. zu 2Kor 5,21 „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“; Phil 3,9 „und in ihm gefunden werde, indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die, die durch den Glauben an Christus ist – die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben;“).

Für MacArthur hat die Rechtfertigung des Sünders also zwei Aspekte:

  1. Der Mensch muss von seiner Sünde und Schuld befreit werden. Das geschieht durch den Opfertod am Kreuz.
  2. Der Mensch braucht Gerechtigkeit. Christus war dem Gesetz gegenüber vollkommen gerecht und dieser vollkommene Gehorsam Christi gegenüber dem Gesetz wird dem gläubigen Christen angerechnet.[2]

Auf die Frage „Wodurch erweist Gott seine Gerechtigkeit?“ antwortet MacArthur (in seiner Anmerkung zu Römer 3,26 „unter der Nachsicht Gottes; zur Erweisung seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, dass er gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesus ist.“) also zusammenfassend:

Durch die Fleischwerdung, das sündlose Leben und den stellvertretenden Tod Christi.

Die Lehre der Bibel

MacArthur hat recht, wenn er betont, dass Gott die Sünden des Gläubigen seinem Sohn am Kreuz zugerechnet hat. Das Blut vom Kreuz ist in der Bibel immer die Grundlage der Rechtfertigung (Röm 5,9 „Viel mehr nun, da wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir durch ihn gerettet werden vom Zorn.“), der Vergebung (Heb 9,22 „und fast alle Dinge werden mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung.“), der Erlösung (1Pet 2,18.19 (18) Ihr Hausknechte, ordnet euch den Herren in aller Furcht unter, nicht allein den guten und milden, sondern auch den verkehrten. (19) Denn dies ist wohlgefällig, wenn jemand um des Gewissens vor Gott willen Beschwerden erträgt, indem er zu Unrecht leidet.“; Eph 1,7 „in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade,“), des Loskaufs (Off 5,9 „Und sie singen ein neues Lied: Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch dein Blut, aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation,“), der Reinigung (1Joh 1,7 „Wenn wir [aber] in dem Licht wandeln, wie er in dem Licht ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu [Christi], seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.“), des Friedens (Kol 1,20 „und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen – indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes –, durch ihn, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln.“) und der Versöhnung (Kol 1,22 „hat er aber nun versöhnt in dem Leib seines Fleisches durch den Tod, um euch heilig und untadelig und unsträflich vor sich hinzustellen,“; Röm 5,10 „Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, so werden wir viel mehr, da wir versöhnt sind, durch sein Leben gerettet werden.“).[3]

Aber für MacArthur ist der Kreuzestod Christi zu unserer Rechtfertigung offenbar nicht ausreichend, denn er glaubt, dass Gott dem ehemaligen Sünder nun zusätzlich die vollkommene Gesetzeserfüllung Christi zurechnen müsse. Erst dann habe der Gläubige „Gerechtigkeit“.

Aber in der Bibel ist Rechtfertigung eine Sache, die völlig getrennt vom Gesetz zustande kommt: „Aus Gesetzeswerken wird kein Fleisch vor ihm [Gott] gerechtfertigt werden“ (Röm 3,20); „Wir urteilen, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke“ (Röm 3,28); „[Wir] wissen, dass der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben an Jesus Christus, auch wir haben an Christus Jesus geglaubt, damit wir aus Glauben an Christus gerechtfertigt würden und nicht aus Gesetzeswerken, weil aus Gesetzeswerken kein Fleisch gerechtfertigt werden wird“ (Gal 2,16); „Dass aber durch Gesetz niemand vor Gott gerechtfertigt wird, ist offenbar, denn ,der Gerechte wird aus Glauben leben‘“ (Gal 3,11). In Philipper 3 schreibt Paulus von seinem ehemaligen Wandel (als Jude) und sagt, er sei, „was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, untadelig befunden“ worden (Phil 3,6 „was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Versammlung; was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, für untadelig befunden.“). Aber drei Verse später sagt er, wie es später wurde, als er zum Glauben kam: „… indem ich nicht mehr meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die, die durch den Glauben an Christus ist – die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben [und eben nicht mehr, wie vorher, durch das Gesetz]“ (Phil 3,9].

Man könnte einwenden, dass alle diese Stellen nur besagen wollten, dass man nicht durch eigene gesetzliche Werke gerechtfertigt werde, aber sehr wohl durch die Gesetzestreue Christi. Aber wer die Stellen erneut liest, wird zugeben müssen, dass sie viel allgemeiner formuliert sind; sie sagen, dass man überhaupt nicht durch Gesetzeswerke irgendwelcher Art gerechtfertigt wird, also weder durch eigene noch durch die eines anderen. Ganz deutlich sagt das Römer 3,21: „Jetzt aber ist, ohne Gesetz, Gottes Gerechtigkeit offenbart worden.“ Also „ohne Gesetz“, das heißt außerhalb oder getrennt von irgendwelchem Gesetz.

Christus hat zwar tatsächlich das Gesetz vom Sinai erfüllt, aber nie sagt die Bibel, dass uns diese Gesetzeserfüllung irgendwie zugerechnet werde. Überhaupt spricht Paulus (ganz anders als MacArthur) niemals von der Gerechtigkeit Christi, sondern immer nur von der Gerechtigkeit Gottes. Diesen Ausdruck hat MacArthur nicht verstanden, denn in seiner Anmerkung zu Römer 1,17 „Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.““ sagt er, eine bessere Übersetzung dafür wäre „Gerechtigkeit von Gott her“. Aber wenn Paulus wirklich „Gerechtigkeit von Gott her“ gemeint hätte, dann hätte er das doch auch so schreiben müssen,[4] oder versteht MacArthur den Begriff etwa besser als Paulus selbst? Der Ausdruck „Gottes Gerechtigkeit“ ist nicht schwieriger zu verstehen, als wenn man zum Beispiel von der „Gerechtigkeit des Bundespräsidenten“ spricht. Damit meint man, dass der Bundespräsident gerecht ist und gerecht handelt. Auch der Ausdruck der „Gerechtigkeit Gottes“ meint genau das, was jeder theologisch nicht vorbelastete Mensch darunter verstehen würde: das Gerechtsein und gerechte Handeln Gottes.[5]

Von dieser Gerechtigkeit Gottes steht in Römer 3,21 „Jetzt aber ist, ohne Gesetz, Gottes Gerechtigkeit offenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten:“ unmissverständlich, dass sie „ohne Gesetz“ offenbart wurde, aber MacArthur schreibt von einer Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, denn wenn Christus sich dem Gesetz gegenüber als völlig gerecht erweist, dann ist das eben eine Gerechtigkeit aus dem Gesetz und nicht ohne (getrennt von) Gesetz.

Wenn MacArthur in seinen Anmerkungen auch auf 2. Korinther 5,21 „Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“ verweist, dann sagt dieser Vers eben nicht: „Christus hat für uns das Gesetz vollkommen gehalten, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden“, sondern: „Den, der Sünde nicht kannte [= Christus], hat er für uns zur Sünde gemacht [d.h. am Kreuz von Golgatha], damit wir Gottes Gerechtigkeit würden.“ Dieses Zur-Sünde-Machen war also das Mittel, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden. Ebenso sagt Römer 5,9 „Viel mehr nun, da wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir durch ihn gerettet werden vom Zorn.“, dass wir durch Christi Blut gerechtfertigt worden sind (nicht durch seinen Gehorsam gegenüber dem Gesetz).

Für MacArthur ist der Kreuzestod also nicht ausreichend; es muss auch noch die Gesetzeserfüllung Christi dazukommen. Diese Hinzufügung ist das Gefährliche in MacArthurs Lehre: Ähnlich wie in der katholischen Kirche wird die Bedeutung des Kreuzes Christi zwar nicht geleugnet, aber es wird ein anderer, unbiblischer Punkt hinzugefügt. In der katholischen Kirche sind das die angeblich ebenfalls notwendigen guten Werke (seitens der Menschen), bei MacArthur ist dies die angebliche Gesetzeserfüllung Christi. Beide Lehren fügen zur Heiligen Schrift etwas hinzu.

Der Mensch aus Römer 7

Die Lehren MacArthurs

Zu Römer 7,7 „Was sollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Das sei ferne! Aber die Sünde hätte ich nicht erkannt als nur durch Gesetz. Denn auch von der Begierde hätte ich nichts gewusst, wenn nicht das Gesetz gesagt hätte: „Du sollst nicht begehren.““ bemerkt MacArthur:

Paulus verwendet im restlichen Teil des Kapitels das Personalpronomen „ich“. So spricht er von seiner eigenen Erfahrung als Beispiel für das, was sowohl für Unerlöste gilt (Röm 7,7-12) als auch für Christen (Röm 7,13-25).

In einer Vorbemerkung zu Römer 7,14-25 schreibt er:

Dass Paulus in Vers 14-25 das Präsens verwendet, ist ein starkes Indiz dafür, dass er sein gegenwärtiges Leben als Christ beschreibt.

und etwas später:

Aber das Personalpronomen „ich“ bezieht sich auf Paulus selbst, der ein Vorbild an geistlicher Gesundheit und Reife war. So muss Vers 14-25 also eine Beschreibung aller Christen sein – einschließlich der geistlichsten und reifsten.

Die Lehre der Bibel

Der Mensch aus Römer 7 ist jemand, der gerne das Gute tun will, es aber nicht schafft. Er weiß, dass das „Gesetz heilig und das Gebot heilig und gerecht und gut“ ist (Röm 7,12 „Also ist das Gesetz heilig und das Gebot heilig und gerecht und gut.“) und dass „das Gesetz geistlich ist“ (Röm 7,14); das Wollen ist bei ihm vorhanden (Röm 7,18 „Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen dessen, was recht ist, [finde ich] nicht.“), und er hat „Wohlgefallen an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen“ (Röm 7,22).

Andererseits muss er anerkennen:

  • „Ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft“ (Röm 7,14).
  • „Nicht das, was ich will, tue ich, sondern was ich hasse, das übe ich aus“ (Röm 7,15).
  • „Ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm 7,18).
  • „Das Vollbringen dessen, was recht ist, finde ich nicht“ (Röm 7,18).
  • „Das Böse, das ich nicht will, das tue ich“ (Röm 7,19).

Man sieht: Römer 7 spricht von den Erfahrungen eines bekehrten, aber noch nicht befreiten Menschen. Paulus spricht hier nicht von seinen eigenen Erfahrungen, denn der von Kindesbeinen als strenger Pharisäer erzogene Saulus von Tarsus hätte zu keiner Zeit von sich persönlich sagen können: „Ich lebte einst ohne Gesetz“ (Röm 7,9).[6] Wenn Paulus „ich“ sagt, dann möchte er nur eine allgemeine Sache aussagen. Wenn er das mit dem Pronomen „ich“ tut, dann ist das in der griechischen Sprache überhaupt nicht ungewöhnlich. Etwas ganz Ähnliches tut Paulus zum Beispiel in Galater 2,18 „Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wieder aufbaue, so erweise ich mich selbst als Übertreter.“, wo er schreibt: „Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wiederum aufbaue, so stelle ich mich selbst als Übertreter dar.“ Dort meint er nicht sich selbst, sondern er gibt ein Beispiel. Ähnlich spricht Paulus in 1. Korinther 10,30 „Wenn ich mit Danksagung teilhabe, warum werde ich gelästert für das, wofür ich danksage?“.[7]

Nun wäre es nicht so tragisch, wenn MacArthur nur lehren würde, Paulus habe die Erfahrungen aus Römer 7 einmal in der Vergangenheit durchgemacht, sei aber jetzt davon befreit. Schlimmer ist, dass MacArthur seine Lesern glauben machen will, Paulus beschreibe hier seinen eigenen gegenwärtigen Zustand, ja den Zustand aller Christen, einschließlich der geistlichsten und reifsten. Damit macht er Römer 7 zum Normalfall.

Aber kann man zur gleichen Zeit sagen „ich elender Mensch“ und „ich danke Gott“? Sehen wir in irgendeinem der Briefe von Paulus, dass er sich wie der Mensch aus Römer 7 fühlte? Ein Vergleich von Römer 7 mit Römer 8 beweist, dass Paulus in einer ganz anderen Verfassung lebte als Römer 7. Römer 7 beschreibt nicht Erfahrungen, die für einen Christen normal sind oder sein sollten. Römer 6 betont, dass die Sünde nicht über uns herrschen wird (Röm 6,14 „Denn die Sünde wird nicht über euch herrschen, denn ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade.“) und dass wir von der Sünde frei gemacht worden sind (Röm 6,18 „Frei gemacht aber von der Sünde, seid ihr Sklaven der Gerechtigkeit geworden.“). Das ist genau das Gegenteil von dem, was der Mensch aus Römer 7 erlebt. Er versucht, sich unter das Gesetz zu stellen, kennt aber die Befreiung noch nicht.[8]

Wenn man MacArthurs Ausführungen über Römer 7 liest, dann hat man Zweifel, ob er die Befreiung, wie sie in Römer 8 vorgestellt, überhaupt selbst kennt. Statt seinen Lesern zu helfen und ihnen zu zeigen, wie sie den elenden Zustand von Kapitel 7 verlassen können, stellt er ihn als Normalfall dar!

Im Grunde scheint mir MacArthurs irrige Ansicht über die Bedeutung von Römer 7 ein Produkt seiner falschen Meinung über das Gesetz zu sein. Hätte MacArthur verstanden, dass wir Christen nicht mehr unter dem Gesetz stehen, dann hätte er sehen müssen, dass der Mensch aus Römer 7, der dieses Gesetz zu halten versucht, sich in einem Zustand befindet, der Gott nicht gefallen kann.

Einzelne Stellen

Die folgende kurze Auflistung soll deutlich machen, dass MacArthur nicht nur in einigen wichtigen Lehrfragen irrt, sondern auch in Details oft ungenau ist. Es geht mir nicht darum, eine komplette Kritik von MacArthurs Römerbriefauslegung zu schreiben, denn dann müsste man noch ausführlicher werden. Auch die Parallelstellen und die Übersetzung wurden nicht berücksichtigt. Aus Platzgründen habe ich oft auch auf ausführliche Nachweise verzichtet.

In Römer 1,5 „(durch den wir Gnade und Apostelamt empfangen haben zum Glaubensgehorsam unter allen Nationen für seinen Namen,“ sagt Paulus: „… durch den wir Gnade und Apostelamt empfangen haben.“ Statt „Apostelamt“ übersetzt MacArthur „Aposteldienst“ und bemerkt dazu: „In einem weiteren und weniger offiziellen Sinn können alle als Apostel bezeichnet werden, die von Gott mit der Heilsbotschaft ausgesandt sind.“ Offenbar bezieht MacArthur das Wort „wir“ in Römer 1,5 „(durch den wir Gnade und Apostelamt empfangen haben zum Glaubensgehorsam unter allen Nationen für seinen Namen,“ nicht nur auf Paulus, sondern auch auf die Briefempfänger – und kommt dann in die merkwürdige Lage, dass er begründen muss, inwiefern alle Gläubigen „Apostelschaft“ empfangen haben. Einmal schwächt er das Wort „Apostelschaft“ zu „Aposteldienst“ ab und erklärt dann, „Apostel“ könne auch in weiterem Sinn verwendet werden.[9] Für das Wort „Apostel“ stimmt das zwar, aber das Wort „Apostelschaft“ (griech. apostolä) wird nur für Apostel im engeren Sinn verwendet, und zwar immer an Stellen, wo die offizielle Apostelschaft besonders betont werden soll, siehe Apostelgeschichte 1,25 „das Los dieses Dienstes und Apostelamtes zu empfangen, von dem Judas abgewichen ist, um an seinen eigenen Ort zu gehen.“; 1. Korinther 9,2 „Wenn ich für andere nicht ein Apostel bin, so bin ich es doch wenigstens für euch; denn das Siegel meines Apostelamtes seid ihr im Herrn.“; Galater 2,8 „(denn der, der in Petrus für das Apostelamt der Beschneidung gewirkt hat, hat auch in mir in Bezug auf die Nationen gewirkt),“. In Römer 1,5 „(durch den wir Gnade und Apostelamt empfangen haben zum Glaubensgehorsam unter allen Nationen für seinen Namen,“ nennt Paulus diese Apostelschaft als Legitimation dafür, dass er den Römern einen belehrenden Brief schreiben kann, obwohl sie doch nicht das direkte Ergebnis seines Wirkens waren. Mit „wir“ meint er nicht sich und die Leser in Rom, sondern sich und die anderen Apostel.

MacArthurs Deutung von „Glaubensgehorsam“ in Römer 1,5 „(durch den wir Gnade und Apostelamt empfangen haben zum Glaubensgehorsam unter allen Nationen für seinen Namen,“ ist ein Missverständnis. Er versteht „Glaubensgehorsam“ als Gehorsam, der auf den rettenden Glauben folgt. Aber mit „Glaubensgehorsam“ ist, wie W. Kelly treffend sagt, „nicht der durch den Glauben bewirkte praktische Gehorsam im Wandel gemeint, sondern der erste Akt der Seele, Gottes Wort im Glauben zu ergreifen. Das ist der eigentliche Herzensgehorsam, der Gehorsam gegenüber der Wahrheit, die Annahme des Zeugnisses Gottes über seinen Sohn.“[10] In ähnlichem Sinn sagt Apostelgeschichte 6,7 „Und das Wort Gottes wuchs, und die Zahl der Jünger in Jerusalem mehrte sich sehr; und eine große Menge der Priester wurde dem Glauben gehorsam.“, viele Priester seien dem Glauben gehorsam geworden (vgl. auch Röm 10,16 „Aber nicht alle haben dem Evangelium gehorcht. Denn Jesaja sagt: „Herr, wer hat unserer Verkündigung geglaubt?““).

Zu dem bei Römer 4,6-8 (6) wie denn auch David die Glückseligkeit des Menschen ausspricht, dem Gott Gerechtigkeit ohne Werke zurechnet: (7) „Glückselig die, deren Gesetzlosigkeiten vergeben und deren Sünden bedeckt sind! (8) Glückselig der Mann, dem der Herr Sünde nicht zurechnet!““ zitierten Psalm 32 vermerkt MacArthur, es handle sich um einen „Bußpsalm Davids, den der König nach seinem Ehebruch mit Bathseba und der Ermordung ihres Gatten schrieb“. Aber woher weiß MacArthur, dass Psalm 32 sich auf Davids Ehebruch und die Ermordung von Uriah bezieht? Psalm 32 sagt nichts davon (anders als Psalm 51). Es gab noch andere Gelegenheiten in Davids Leben, auf die sich Psalm 32 beziehen könnte.

Zum Ausdruck „die gerechte Tat des Einen“ in Römer 5,18 „also nun, wie es durch eine Übertretung gegen alle Menschen zur Verdammnis gereichte, so auch durch eine Gerechtigkeit gegen alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens.“ schreibt MacArthur: „Damit ist kein einzelnes Ereignis gemeint, sondern allgemein der Gehorsam Jesu (vgl. Röm 5,19 „Denn so wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.“; Lk 2,49 „Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“; Joh 4,34; 5,30; 6,38 (4:34) Jesus spricht zu ihnen: Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe.“ „(5:30) Ich kann nichts von mir selbst aus tun; so, wie ich höre, richte ich, und mein Gericht ist gerecht, denn ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.“ „(6:38) denn ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.“), der im Tod am Kreuz als höchster Erweis dieses Gehorsams gipfelte (Phil 2,8 „sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz.“).“ Hätte MacArthur den Wortlaut von Vers 18 beachtet, dann wäre ihm aufgefallen, dass das Wort „eine“ hier im Grundtext betont ist. Paulus möchte gerade sagen, dass es eine Sache war, die zur Rechtfertigung führte. Ein anderer Ausleger schreibt zu diesen Versen: „Die Dinge, die hier verglichen oder, genauer gesagt, gegenübergestellt werden, sind die eine Tat der Übertretung durch den ersten Adam und die eine Tat der Gerechtigkeit des zweiten Adam. Da dieses so ist, ist die Bedeutung der Ausdrücke ,Ungehorsam‘ und ,Gehorsam‘ im folgenden Vers offensichtlich (denn der 19. Vers erklärt nur den 18. Vers). Es war die Tat des Ungehorsams vonseiten Adams, die Sünde einführte; und es war die Tat des Gehorsams (nämlich Gehorsam zum Tod) vonseiten Christi, die Gerechtigkeit einführte. Das heißt, es werden einzelne Taten miteinander verglichen.“[11]

Zur Taufe, die in Römer 6,3 „Oder wisst ihr nicht, dass wir, so viele auf Christus Jesus getauft worden sind, auf seinen Tod getauft worden sind?“ erwähnt wird, schreibt MacArthur: „Das bezieht sich nicht auf die Wassertaufe.“(!) Es folgt dann eine abenteuerliche Umdeutung, bei der der Taufe nur noch ein bildhafter Sinn zugesprochen wird.

MacArthurs Ansichten über die Naturen des Gläubigen sind, gelinde gesagt, undurchsichtig. Zu Römer 6,6 „da wir dieses wissen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr dienen.“ schreibt er: „Der Gläubige hat keine zwei miteinander wettstreitenden Naturen – die alte und die neue –, sondern eine neue Natur, die immer noch im unerlösten Fleisch eingeschlossen ist.“

Bei Römer 15,4 „Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben.“ behauptet MacArthur, Christen lebten heute „unter dem Neuen Bund“. Der Gläubige steht tatsächlich nicht unter dem Alten Bund, er steht aber auch nicht unter dem Neuen Bund (wie oft das auch in der Theologie behauptet sein mag), denn dieser Bund wird „mit dem Haus Israel“ geschlossen und liegt noch in der Zukunft. Beides wird in Hebräer 8 und Jeremia 31 klar dargelegt. [Anm. d. Red.: Siehe auch unter dem Stichwort „Der Neue Bund“.]

Von den Aufgaben einer „Dienerin“ weiß MacArthur bei Römer 16,1 „Ich empfehle euch aber Phöbe, unsere Schwester, die auch eine Dienerin der Versammlung in Kenchreä ist,“ zu berichten: „Sie unterrichteten Frauen und Kinder (vgl. Tit 2,3-5 (3) die alten Frauen ebenso in ihrem Betragen, wie es dem heiligen Standgeziemt, nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten; (4) damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, (5) besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, sich den eigenen Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.“).“ Aber weder in Römer 16 noch in Titus 2 steht das. Titus 2,3-5 (3) die alten Frauen ebenso in ihrem Betragen, wie es dem heiligen Standgeziemt, nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten; (4) damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, (5) besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, sich den eigenen Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.“ handelt überhaupt nicht von Dienerinnen, sondern sagt lediglich, dass ältere christliche Frauen die jüngeren Frauen im Führen einer guten Ehe unterweisen sollten.

MacArthur ist offensichtlich der Meinung, die in Römer 16,26 „jetzt aber offenbart und durch prophetische Schriften, nach Befehl des ewigen Gottes, zum Glaubensgehorsam an alle Nationen kundgetan worden ist,“ genannten „prophetischen Schriften“ seien Schriften alttestamentlicher Propheten. Er missachtet, dass hier von einem „Geheimnis“ die Rede ist, das früher verschwiegen war, jetzt aber offenbart worden ist. Diese Geheimnis ist also – wie jedes „Geheimnis“ im Neuen Testament – etwas, das zur Zeit des Alten Testamentes noch verborgen war, im Neuen Testament aber enthüllt wurde. Mit den prophetischen Schriften können also nur neutestamentliche Schriften gemeint sein. Im Alten Testament sind diese Gedanken noch nicht zu finden.

Am Schluss dieser kurzen (und keineswegs vollständigen) Liste möchte ich in Erinnerung rufen, dass ich mich des Platzes wegen nur auf einige Kritikpunkte beziehen konnte und auch diese ja nur im Römerbrief. Die Komplettherausgabe von MacArthurs Studienbibel würde eine noch größere Fülle an Kritikpunkten offenbar machen.


Mit freundlicher Genehmigung
www.martin-arhelger.de

Anmerkungen

[1] Die Bibelstellen dieser Schrift sind nach der überarbeiteten Elberfelder Bibelübersetzung zitiert (Edition CSV, Hückeswagen (CSV) 1999, ISBN 3-89287-012-8). Die Zitate aus MacArthurs Studienbibel, die nicht im Römerbrief stehen, sind nach der englischen Ausgabe (The MacArthur Study Bible, Nashville [Word Bibles] 1997) zitiert (Übersetzung hier wie auch bei anderen englischen Texten von M. Arhelger). Die Abschnitte aus dem Römerbrief stammen aus der deutschen Ausgabe, wobei die Betonungen und der Fettdruck aus der deutschen Ausgabe beibehalten wurden.

[2] Sehr knapp und unmissverständlich hat MacArthur diesen Gedanken in einer Anmerkung der Studienbibel zu Hebräer 5,8 „obwohl er Sohn war, an dem, was er litt, den Gehorsam lernte;“ dargelegt: „Er war der vollkommen Gerechte, dessen Gerechtigkeit den Sündern zugerechnet werden sollte.“ (Vgl. Röm 3,24-26 (24) und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist; (25) den Gott dargestellt hat als ein Sühnmittel durch den Glauben an sein Blut, zur Erweisung seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden (26) unter der Nachsicht Gottes; zur Erweisung seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, dass er gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesus ist.“.)

[3] Leider muss ich an dieser Stelle vermerken, dass MacArthur über die Bedeutung des Blutes Christi durchaus nicht klar ist. In den Anmerkungen seiner Studienbibel zu Hebräer 9,7 „in die zweite aber einmal im Jahr allein der Hohepriester, nicht ohne Blut, das er für sich selbst und für die Verirrungen des Volkes darbringt;“ muss man lesen: „Beachte jedoch, dass das Blutvergießen in und aus sich selbst ein unvollständiges Opfer ist. Christus musste nicht nur sein Blut vergießen, sondern auch sterben. Hebräer 10,10 „Durch diesen Willen sind wir geheiligt durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi.“ zeigt an, dass Er seinen Leib als Opfer gab. Ohne seinen Tod hätte sein Blut keinen errettenden Wert.“ MacArthur sieht nicht, dass sein vergossenes „Blut“ gerade seinen Tod ausdrückt. Er hat Frieden gemacht „durch das Blut seines Kreuzes“ (Kol 1,20). Ihm sei Dank dafür!

[4] Im Griechischen wäre das dikaiosunä apo tou theou. Bei vergleichbaren Ausdrücken hatten die damaligen Schreiber sich entsprechend ausgedrückt, zum Beispiel „Segen von Gott (her)“ (eulogia apo tou theou) in Hebräer 6,7 „Denn das Land, das den häufig darauf kommenden Regen trinkt und nützliches Kraut hervorbringt für diejenigen, um derentwillen es auch bebaut wird, empfängt Segen von Gott;“ oder „Lob von Gott (her)“ (epainos … apo tou theou) in 1. Korinther 4,5 „So urteilt nicht irgendetwas vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Überlegungen der Herzen offenbaren wird; und dann wird einem jeden sein Lob werden von Gott.“.

[5] Die Gegenüberstellung in Römer 10,3 „Denn da sie die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannten und ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten suchten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen.“ zwischen „Gottes Gerechtigkeit“ und „ihrer [der Juden] eigenen Gerechtigkeit“ macht das klar. Zur weiteren Lektüre über die Rechtfertigung und den biblischen Begriff „Gottes Gerechtigkeit“ empfehle ich J.N. Darby, Collected Writings, Bd. 7, S. 266–292, und Bd. 31, S. 323ff. Ferner: Edward Dennett, Recovered Truths, Jackson (PTP) 1995, S. 1–9. In deutscher Sprache ist hilfreich: W.J. Ouweneel, Rechtfertigung (Heft 6 aus der Reihe „Was lehrt die Bibel?“), Neustadt/Weinstr. (EPV) 31985.

[6] Um diesen Gedanken dennoch zu fördern, interpretiert MacArthur diesen Satz um. Paulus habe mit dem Ausdruck „ohne Gesetz“ nur „eine rein äußerliche, unvollkommene Vorstellung vom Gesetz“ gemeint. Warum sollte Paulus das nicht geschrieben haben, wenn er es so gemeint hätte? In Wirklichkeit legt MacArthur einen völlig fremden Gedanken in die Worte von Paulus.

[7] Eine renommierte griechische Grammatik drückt das so aus: „Um etwas Allgemeingültiges in lebhafter Weise am Beispiel eines Einzelnen, gleichsam als gegenwärtig Gedachten, vorzuführen, wählt die Umgangssprache die 1. und 2. Pers. Sing. [= Person Singular].“ (F. Blass; A. Debrunner; F. Rehkopf, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 151979, S. 231 zu § 281.)

[8] Römer 7 beschreibt nicht den Konflikt der beiden Naturen in einem von neuem geborenen Menschen, denn den gibt es auch noch bei einem befreiten Christen (vgl. Gal 5).

[9] Als Belegstelle gibt er unter anderem Römer 16,7 „Grüßt Andronikus und Junias, meine Verwandten und meine Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind, die auch vor mir in Christus waren.“ an. Doch in MacArthurs eigener Auslegung dieses Verses bezieht er das Wort „Apostel“ dort nur auf Apostel im engeren Sinn, also zum Beispiel Petrus. MacArthurs Auslegung ist hier in sich selbst widersprüchlich.

[10] W. Kelly, Was von Anfang war. Eine Auslegung der Johannesbriefe, Schwelm (Heijkoop) 1982, S. 85.

[11] Edward Dennett, Recovered Truths, Jackson (PTP) 1995, S. 3.


Nota redacţiei:

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