Der Brief an die Hebräer (13)
Kapitel 13

David Willoughby Gooding

© CV Dillenburg, online seit: 22.11.2019

Der Wandel des Glaubens (2)

Ermahnungen

Mit diesen ernsten Gedanken in Erinnerung wollen wir abschließen, indem wir das letzte Kapitel lesen. Es ist bemerkenswert, dass ein Brief dieser Art, der uns durch die herrlichen Wahrheiten, die er uns über den Retter sagt, in die Höhen des Himmels emporgehoben hat, mit einem Kapitel voll Ermahnungen und praktischen Anweisungen schließt. Die bisher genannten Dinge sind real; natürlich müssen sie die alltäglichen Umstände beeinflussen. Wir werden gerade dadurch beweisen, wie viel Freude uns der Brief bereitet hat, dass er die Einzelheiten unseres Lebens prägt. Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass unsere Freude am Brief nutzlos ist, wenn er uns nicht anspornt, durch Gottes Gnade auch diese praktischen Dinge zu tun. Darum wollen wir auf keinen Fall meinen, sie seien beiläufig und weniger wichtig. Sie sprechen hier zu uns mit dem ganzen Gewicht der früheren Kapitel hinter sich.

Sie bedürfen kaum der Erklärungen; wenn es um praktische Ermahnungen geht, mangelt es uns gewöhnlich nicht am Verständnis, sondern an der Willigkeit zur Ausführung.

Vers 1

Heb 13,1: Die Bruderliebe bleibe.

Wir erinnern uns an die Verfolgungen, die sie durchzustehen hatten. Wenn wir in diesem Land plötzlich Verfolgungen erleben würden, wäre uns die Ermahnung dieses Verses auch verständlicher, und viele nichtige Differenzen würden nicht mehr ins Gewicht fallen. Die Bruderliebe bleibe.

Verse 2.3

Heb 13,2.3: 2 Die Gastfreundschaft vergesst nicht, denn durch diese haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt.3  Gedenkt der Gefangenen, als Mitgefangene; derer, die Ungemach leiden, als solche, die auch selbst im Leib sind.

Bis zu diesem Tag sind viele unserer Geschwister in anderen Teilen der Welt gebunden. Wie würden wir beten, wenn wir selbst gefangen wären! Gedenket der Gefangenen als Mitgefangene.

Verse 4-6

Heb 13,4-6: 4 Die Ehe sei geehrt in allem und das Ehebett unbefleckt; denn Hurer und Ehebrecher wird Gott richten. 5 Der Wandel sei ohne Geldliebe; begnügt euch mit dem, was vorhanden ist, denn er hat gesagt: „Ich will dich nicht versäumen und dich nicht verlassen“; 6 so dass wir kühn sagen können: „ Der Herr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun?“

Diese Verse beinhalten die vielleicht beste Psychologie, die je geschrieben worden ist. Zum dritten Mal lesen wir (in der englischen Übersetzung) „freimütig“ (boldly): Wir können freimütig vor den Thron der Gnade treten; wir können freimütig ins Allerheiligste eintreten; und schließlich: Wir können freimütig sagen: Der HERR ist mein Helfer. Er selbst hat es gesagt. Gott hat sich selbst durch eine Verheißung gebunden, die Er erstmals Jakob gab, als dieser von zu Hause wegging, um sich eine Frau, eine Anstellung und genügend Geld zum Heiraten zu erwerben. Die erste Nacht in der Fremde kam Gott zu ihm und gab ihm eine Verheißung: „Ich werde dich nie versäumen.“ Er wiederholte die gleiche Verheißung Josua gegenüber und dann noch einmal in den Psalmen. Im vollständigen Wortlaut heißt die Verheißung: „Ich will dich nicht versäumen noch dich verlassen.“

Man kann einen Freund haben, der einem immer beisteht, aber irgendwo auf dem Wege uns sitzenlässt, weil er nicht stark oder nicht weise genug ist. Gott aber hat verheißen, dass Er uns nie verlassen werde: Er wird uns bis an unser Ende zur Seite stehen. Und während dieser ganzen Zeit wird Er uns nie im Stich lassen: Er wird uns nicht versäumen.

Darum wollen wir uns getrost von Geldliebe freihalten. Natürlich brauchen wir Geld. Wir müssen ein gewöhnliches Leben führen, wir brauchen ein Heim, und die meisten von uns werden heiraten wollen. Aber uns allen gibt Gott die Verheißung, die Er auch Josua gab: „Ich werde dich nicht versäumen noch dich verlassen.“ Weil Er sich dazu verpflichtet hat, können wir freimütig bekennen: „Der HERR ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten.“

Ja, das ist gute Psychologie. Zuerst können wir bezeugen, und zwar mit gutem Mut, weil wir es meinen: „Der HERR ist mein Helfer.“ Das ist eine Tatsache. „Ich fürchte mich nicht.“ Das ist eine Aussage im Indikativ. Und dann können wir uns umsehen und hinzufügen: „Was wird der Mensch mir tun? Was kann mir der Mensch schon tun?“

Der Herr Jesus lehrte uns, in dieser Weise ganz logisch zu argumentieren. Er sagte: „Wenn ihr vor ein Gericht geschleppt werdet, dann schaut es so an: Was können die mir schon antun? Sie können schlimmstenfalls meinen Leib töten; die Seele können sie nicht antasten. Darum werde ich mich nicht fürchten. Was kann mir der Mensch schon antun?“ Und wenn wir sehen, wie dieser Laban Jakob um seinen Lohn betrügen wollte, wie er die Abmachungen änderte, zehnmal oder noch mehr den Bund brach und so beständig seinen Schwiegersohn zu übervorteilen suchte. Und doch hätte Jakob sich nicht sorgen brauchen, obwohl er es natürlich tat. Letztlich war die Sache in der Hand des HERRN. Das gilt auch für unseren Zahltag und für unseren Einkaufskorb. Ich brauche mich nicht zu fürchten. Was kann ein Mensch mir tun?

Führer

Verse 7.8

Heb 13,7.8: 7 Gedenkt eurer Führer, die das Wort Gottes zu euch geredet haben, und, den Ausgang ihres Wandels anschauend, ahmt ihren Glauben nach. 8 Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.

Gedenket eurer Führer … Einige dieser Führer waren bereits beim HERRN. Sie waren zweifelsohne geistliche Hünen gewesen. Waren sie nicht Begleiter der Apostel gewesen? Und hatten nicht Einzelne von ihnen noch persönliche Worte aus dem Munde des Herrn Jesus gehört? Jetzt waren sie beim HERRN. Wir denken gern an vorangegangene Generationen und überhöhen sie meistens: Was waren doch das für hervorragende Männer, diese geistlichen Riesen; heute gibt es keine mehr von ihrem Schlag! Wir müssen vorsichtig sein. Gewiss sollen wir ihrer gedenken und sie beachten und den Ausgang ihres Wandels anschauen. Wir wollen ihnen aber nicht nachtrauern, sondern ihren Glauben nachahmen. Sie waren sicher geistliche Riesen, aber sie hätten frank und frei bekannt, dass sie alles vom Herrn Jesus empfingen. Sie sind jetzt beim HERRN, aber Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit.

Wie es im Alten Testament war, wo Gott der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs war, der sich selbst jeder Generation entsprechend ihren Bedürfnissen offenbarte, so verbleibt auch uns derselbe HERR. Und was Er einem Paulus, einem Luther und einen Spurgeon war, das kann Er auch uns sein. Wir brauchen Gott nicht zu bitten, geehrte Diener der Vergangenheit zu uns zu senden. Wir schauen ihr Leben an, sehen ihr siegreiches Ende und danken Gott, dass wir wie sie die gleiche Kraftquelle unverändert zur Verfügung haben: Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit.

Außerhalb des Lagers

Verse 9-14

Heb 13,9-14: 9 Lasst euch nicht fortreißen durch mancherlei und fremde Lehren; denn es ist gut, dass das Herz durch Gnade befestigt wird, nicht durch Speisen, von denen die keinen Nutzen hatten, die darin wandelten. 10 Wir haben einen Altar, von dem zu essen die kein Recht haben, die der Hütte dienen. 11 Denn von den Tieren, deren Blut für die Sünde in das Heiligtum hineingetragen wird durch den Hohenpriester, werden die Leiber außerhalb des Lagers verbrannt. 12 Darum hat auch Jesus, damit er durch sein eigenes Blut das Volk heiligte, außerhalb des Tores gelitten. 13 Deshalb lasst uns zu ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, seine Schmach tragend. 14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Wenn wir das Judentum hinter uns lassen, wie sollen wir uns dann verhalten? Hüte dich zunächst vor fremden Lehren! Hüte dich vor allem vor Lehren über Speisen und Getränke und Rituale, von welchen keinen Nutzen hatten, die darin wandelten. Solche Dinge sind nutzlos. Schau dir doch das Judentum selbst an, sagt der Schreiber, eine gottgegebene Religion, aber eine Religion voll von Vorschriften über Speisen und Getränke und Waschungen und Rituale und Feiertage. Aber im Herzen seiner Religion hatte es ein Ritual, das die Nichtigkeit dieser ganzen Einrichtungen offenbarte. Die Leiber der Tiere, deren Blut ins Heiligtum hineingetragen wurde, wurden außerhalb des Lagers verbrannt, so dass die Priester, die am Altar dienten, von jenen Opfern kein Teil zu essen bekamen. Sie schlachteten das Opfer, brachten das Blut dar, aber anstatt das Opfertier wie die anderen Opfer zu essen, mussten sie das Tier vor das Lager schleppen und dort verbrennen.

Und ich möchte euch die Erfüllung dieser Weisung nennen, fährt der Schreiber fort. Auf dass Er das Volk durch sein eigenes Blut heiligte, hat auch Jesus außerhalb des Tores, außerhalb des Lagers gelitten. Er brachte sein Opfer nicht als ein Ritual innerhalb des jüdischen Systems dar, sondern Er verließ das ganze System. Wohl war das Judentum mit seinen Opfern ein Bild; aber als schließlich jenes Opfer gebracht werden sollte, das allein unsere Sünden wegnehmen konnte, ging Christus hinaus außerhalb des Tores, außerhalb des Lagers und ließ damit das ganze System hinter sich. Und solche, die noch am Judentum hängen, haben keinen Nutzen von Seinem Opfer, genauso wenig wie die Priester, die am Altar dienten, vom Opfertier, das vor dem Lager verbrannt wurde, essen durften.

Versteht ihr, Gott hat genug davon, von diesen Feiertagen, von diesen sichtbaren Dingen wie Gewändern, Räucherwerk, Speisen, Waschungen und Ritualen. Sein Sohn ist außerhalb des Tores gestorben. Darum lasst uns aus dem Lager hinausgehen und Seine Schmach tragen. Den Menschen mag das nicht zusagen, denn bis zum heutigen Tag liebt der Mensch in religiösen Dingen ein wenig Prunk und Gepränge. Er mag Gewänder und Räucherwerk, ein prächtiges Gebäude, das einem fromme Schauer einflößt, und Feiertage, die er halten darf. Diese Dinge sprechen uns sicher von Natur aus an. Gott aber gefallen sie nicht im Geringsten. Wenn ihr aber all diese Dinge nicht aufweisen könnt, wo ihr euch als Christen versammelt, dann kann es gut sein, dass die religiöse Welt auf euch herabschaut; das ist nichts als ein Teil Seiner Schmach.

Aber das wird euch nicht verunsichern. Ihr wisst ja, wie die religiöse Welt mit Abscheu auf unseren HERRN und auf Seine Tat blickte, als Er für unsere Sünden starb. Sie fand es scheußlich, gottlos gar. Sollten wir uns wundern, wenn sie Seine Jünger gleich ansieht und wahren, geistlichen Gottesdienst auch heute nicht begreifen kann? Aber bitte, wir haben ja hier keine bleibende Stadt. Darum wollen wir nicht danach begehren, in die offizielle, organisierte Religion integriert zu werden.

Vers 15

Heb 13,15: Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.

Auf der anderen Seite möge uns der HERR helfen, das Echte zu verwirklichen. Wir wollen nicht lediglich negativ sein. Das Echte, also Positive, ist „die Frucht der Lippen“, die in beständigem Lobpreis und Dank Seinen Namen ehren. Wenn ein Außenstehender in eure Gemeinde kommt und die Gewänder und den Weihrauch und die mächtige Musik und das herrliche Gebäude vermisst und euch alle ein wenig sonderbar findet, dann zeigt ihm aber bitte, was ihr habt: die Frucht der Lippen, die lebendig und freudig und von ganzem Herzen Seinem Namen Lobpreis bringen – oder er wird denken, ihr habt überhaupt nichts. Und doch haben wir das beste Teil, oder nicht? Warum sollten wir Ihn dann nicht mit unseren Lippen preisen?

Schlussworte

Verse 20.21

Heb 13,20.21: 20 Der Gott des Friedens aber, der aus den Toten wiederbrachte unseren Herrn Jesus, den großen Hirten der Schafe, in dem Blut des ewigen Bundes, 21 vollende euch in jedem guten Werk, damit ihr seinen Willen tut, in euch das bewirkend, was vor ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Zum Schluss erinnert er sie daran, dass Gott um ihretwillen den großen Hirten der Schafe aus den Toten wiederbrachte … Wenn wir heilig gemacht werden sollen, dann brauchen wir einen Hirten, der uns führt. Und weil dem so ist, hat Gott Ihn aus den Toten auferweckt, denn Er hat uns in Seinem Bund verheißen, uns heilig zu machen. Wir dürfen dessen gewiss sein, dass Er jede Verheißung des Bundes, an den Er sich durch das Blut Christi gebunden hat, erfüllen wird.

Und von diesen erhabenen Wahrheiten kommen wir jetzt auf ganz schlichte Dinge. Der Herr helfe uns, stets jenes Gleichgewicht zu bewahren, indem wir nicht eines höher bewerten als das andere, sondern bereit sind, Lehre und Praxis miteinander zu verbinden.

Verse 22-25

Heb 13,22-25: 22 Ich bitte euch aber, Brüder, ertragt das Wort der Ermahnung; denn ich habe euch auch mit kurzen Worten geschrieben. 23 Wisst, dass unser Bruder Timotheus freigelassen ist, mit dem, wenn er bald kommt, ich euch sehen werde. 24 Grüßt alle eure Führer und alle Heiligen. Es grüßen euch die von Italien. 25 Die Gnade sei mit euch allen! Amen.

Die ursprünglichen Empfänger des Briefes sind jetzt alle daheim in der Herrlichkeit. Für sie ist schon das weit Bessere eingetreten: Sie dürfen bei Christus sein. Und wenn wir jetzt dieses Buch abschließen, wer weiß, wie bald der HERR kommen wird, um uns für immer zu sich in die Herrlichkeit zu holen?

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Aus dem Buch Ein unerschütterliches Reich,
Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg, 1987


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