Die Wüste
2. Mose 15,13-27

James Butler Stoney

© SoundWords, online seit: 28.06.2007, aktualisiert: 14.09.2022

Leitverse: 2. Mose 15,13-27

2Mo 15,22-27: Mose ließ Israel vom Schilfmeer aufbrechen, und sie zogen aus in die Wüste Sur; und sie wanderten drei Tage in der Wüste und fanden kein Wasser. Und sie kamen nach Mara; aber sie konnten das Wasser von Mara nicht trinken, denn es war bitter: Darum gab man ihm den Namen Mara. Und das Volk murrte gegen Mose und sprach: Was sollen wir trinken? Und er schrie zu dem HERRN, und der HERR wies ihm ein Holz; und er warf es in das Wasser, und das Wasser wurde süß. Dort gab er ihm Satzung und Recht, und dort prüfte er es.

J.B.S.: Unser Thema ist die Wüste. Israel war aus Ägypten erlöst worden, und wir erkennen aus 2. Mose 15,13-17, dass Gott vorhatte, sie nach Kanaan zu bringen. Doch die Wüste lag dazwischen. Es gab nur den Weg durch die Wüste, um nach Kanaan zu gelangen. Für uns ist dies Vorbild genauso wahr. Es gibt keinen anderen Weg, den Himmel zu berühren, als nur durch die Annahme des Todes hier auf Erden und dies ist die Annahme der Wüste. Das Stück zwischen Ägypten und Kanaan prüft einen jeden von uns. Glücklich ist nur der, der an diesem Ort Gott entspricht. Ich kenne nichts, was so wenig bekannt ist wie der wahre Charakter der Wüste und die darin enthaltene Erfahrung. Wer die Wüste wirklich als Gottes Bestimmung für sich selbst begreift, ist ein glücklicher Mensch. Man erwartet hier nichts anderes als den Tod, und das bedeutet, dass man die Wüste annimmt. Durch den Tod Christi kommt man aus Ägypten heraus und man lernt, dass es auf diesem Schauplatz nichts für einen selbst gibt als nur den Tod Christi. Die Prüfung für uns besteht darin, ob wir die Wüste als einen Schauplatz des Todes annehmen, auf dem wir keinerlei Hilfsquellen finden als nur in Gott.

Israel brauchte neununddreißig Jahre, um es zu lernen, und wir brauchen vielleicht ebenso lange, um dann unter Umständen nur für eine einzige Stunde darin zu sein. Der Räuber am Kreuz und Stephanus waren nur für ganz kurze Zeit darin. Ich danke Gott für alles, was Er mir von den wirklichen Wesenszügen der Wüste gezeigt hat. Ich habe oft davor zurückgeschreckt, zu singen:

Diese Welt ist eine Wüste,
wo ich nichts zu wählen wüsste,
w
o ich nichts zu suchen hab.
Habe nichts hier zu betrauern,
zu verlieren, zu bedauern,
brauche nichts als einen Wanderstab.
[1]

Aber je mehr ich erkenne, was Gott von mir auf diesem Weg zwischen Ägypten und Kanaan erwartet, umso ernster wird es, obwohl der Weg voller Segen ist. Jeder Kummer meines Lebens, jegliche Erschütterung, jeglicher Aufruhr haben in diesem „Zwischenraum“ stattgefunden. Warum? Damit ich völlige Abhängigkeit von Gott lerne.

Anmerkung: Wir sehen Israel an drei verschiedenen Orten, in Ägypten, in der Wüste und in Kanaan.

J.B.S.: Ja, J.N.D. hat gesagt, dass die Wüste nicht ein Teil des Vorsatzes Gottes ist, sondern seiner Wege. Die Wüste ist sozusagen die Brücke zwischen zwei Häfen. Wenn das Volk Gottes sie beschreiten würde, fort von Ägypten und im Blick auf Kanaan, so wäre sie ein gesegneter Ort – oder besser noch eine Erfahrung. Sie ist für uns tatsächlich eher eine Erfahrung als ein Aufenthaltsort. Man hat das Leben in Christus ganz außerhalb dieser Welt, und nichts von allem, was hier ist, ist diesem Leben nützlich. 2. Mose 15,16.17 ist die eigentliche Wüste, wie Gott sie ansieht:

2Mo 15,16.17: Schrecken und Furcht überfiel sie; wegen der Größe deines Armes verstummten sei gleich einem Stein, bis hindurchzog dein Volk, HERR, bis hindurchzog das Volk, das du erworben hast. Du wirst sie bringen und pflanzen auf den Berg deines Erbteils, die Stätte, die du, HERR, zu deiner Wohnung gemacht hast, das Heiligtum, Herr, das deine Hände bereitet haben.

Das Manna, der geschlagene Felsen, die vermittelnde Fürbitte und der Sieg über Amalek zeigen Gottes Gnade in ihrer ganzen Fülle gegen jeden, der in der Wüste ist. Doch das Erste, was man beim Eintritt in die Wüste kennenlernt, ist Mara; das bedeutet Tod: Man muss den Tod trinken. Die Wasser von Mara stammten von den Wassern des Roten Meeres. Die Bedeutung des Todes Christi, der mich von Ägypten befreit hat, muss praktisch aufrechterhalten werden, wenn ich wirklich in der Wüste sein will. Wenn man nicht gelernt hat, was es heißt, von Ägypten frei zu sein, kann man unmöglich Wüstenerfahrungen sammeln. Man muss einen klaren Anfang machen. Römer 6 und 7 geben uns einen kurzen Überblick über das, was die Wüste für uns bedeutet. Wenn ich den Tod für mich annehme, erspare ich mir viel Trübsal und werde von Gott aufrechterhalten. Es gibt hier nichts für mich als nur das, was von Gott kommt.

Anmerkung: Wir empfangen hier Barmherzigkeiten.

J.B.S.: Aber natürliche Barmherzigkeiten gehören nicht zur Wüste, obwohl wir sie dort empfangen. In der Wüste empfange ich nur das, dessen Quelle Gott ist. Wir müssen uns selbst erkennen. Israel brauchte vierzig Jahre, um sich zu erkennen, und wurde nicht eher frei, als bis es zu 4. Mose 21 gelangte, als es die Wüste bejahte.

Frage: Was meinen Sie damit?

J.B.S.: Sie neigten ihre Herzen entweder nach Ägypten oder sie murrten. Die Wüste bietet dem Fleisch gar nichts. Wer sein Herz zurückwendet, wendet es nach Ägypten. Sie mussten sich selbst erkennen lernen. Deshalb musste die Wüste sie demütigen und prüfen, damit sie erfuhren, was in ihren Herzen war, und damit sie erkennen konnten, dass „der Mensch nicht von Brot allein lebt, sondern von jedem Wort, das durch dem Mund Gottes ausgeht“. Als der Herr in die Wüste geführt wurde, antwortete Er zuerst dem Teufel mit dieser Schriftstelle. Er war der abhängige Mensch. Er hatte Macht und Möglichkeiten, sich Erleichterung zu verschaffen, aber Er suchte nur Gott und war in der Wüste absolut von Ihm abhängig. Wenn man sein Leben studiert, so wird man finden, dass Er niemals etwas für sich selbst tat. Niemals änderte Er eine Situation zu seinen Gunsten. „Die Füchse haben Höhlen …, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege“ (Mt 8,20). Aber Er kannte Freuden, die durch nichts beeinträchtigt wurden, und Er konnte sagen: „… damit sie meine Freude völlig in sich haben“ (Joh 17,13). Alle seine Quellen waren in Gott. Auf diese Weise lebte der Herr als Mensch hier auf der Erde, und das ist Manna.

Wie betrübt waren die Kinder Israel, als sie nach Mara kamen. Und so ist es auch mit uns. Wir sind gar nicht darauf vorbereitet, hier kein grünes Fleckchen zu finden. Wir freuen uns, dem Platz des Gerichts durch den Tod Christi und seine Auferstehung entronnen zu sein. Das ist das Rote Meer. Aber wir sind gar nicht darauf vorbereitet, nun den ganzen Weg entlang mit seinem Tod in Berührung zu bleiben. Und doch können wir nur in seinem Tod in praktischer Weise von dem Menschen, der dem Gericht verfallen ist, frei sein. Dieses anzunehmen heißt, die Wüste zu bejahen. Der Jüngling in 1. Johannes 2,15 hat den Bösen überwunden: Pharao. Und dennoch wird ihm gesagt: „Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm.“ Man weiß, dass man vom Gericht des Todes frei ist, weil man sich den Tod Christi zur eigenen Errettung angeeignet hat. Eignest du ihn dir auch weiter an? Oder erweist du dir selbst Wohltaten an dem Ort, wo Er starb? In 1. Petrus 4,1 lesen wir: „So wappnet auch ihr euch mit demselben Sinn; denn wer im Fleisch gelitten hat, ruht von der Sünde.“ Das geht nicht so weit wie Römer 6: „der Sünde gestorben“. In 2. Korinther 4,10 finden wir: „… allezeit das Sterben Jesu am Leib umhertragend, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar werde.“ Wenn man wirklich in der Wüste ist, lässt man kein Wort und keine Sache zu, für die Christus gelitten hat. Das war die Erfahrung des Paulus.

Sagt mir, welches der erste Eindruck ist, den man empfängt, falls man das Leben des Menschen lebt, der nicht hier ist?

Anmerkung: Dass Christus nicht hier ist.

J.B.S.: Genau das. Es beeindruckt die Seele, dass Er nicht hier ist, und das bedeutet die Wüste. Denn wenn Er nicht hier ist, dann ist auch für einen selbst nichts hier. Dann ist hier nichts, was diesem Leben dient, das man genießt. Wenn man in seinem Zimmer ist und sich des Herrn außerhalb von allem hier erfreut und sich dann dem allerschönsten Familienkreis zugesellt, wird dieser einem nicht helfen.

Anmerkung: Darin liegt die Enttäuschung.

J.B.S.: Man muss Gnade in seine Umstände einbringen. Die Umstände bringen keine Gnade. Verstehen Sie mich?

Anmerkung: Ich glaube, ich verstehe Sie, wenn Sie meinen, dass wir hier keine Quelle für irgendetwas finden.

J.B.S.: Die denkbar günstigsten natürlichen Verhältnisse können nicht helfen. Es ist ein trockenes und unfruchtbares Land. Ich glaube, die genaueste Schilderung der Wüstenerfahrungen finden wir in Psalm 23. Wo kommt man her? Von einem Ort, wo es nichts gibt, was einem hilft. Aber man ist mit Ihm dort, und wohin führt Er? Er führt auf Pfaden der Gerechtigkeit um seines Namens willen. Man hat das Bewusstsein seiner Quellen, und nicht nur das, sondern man erfährt auch seine Gunst angesichts seiner Feinde.

Frage: Meinen Sie, Mr. Stoney, dass es hier nichts gibt, was dem neuen Menschen dienen könnte?

J.B.S.: Wenn Ihnen etwas einfällt, so sagen Sie es mir. Zeigen Sie mir irgendetwas, was dem neuen Menschen nützt.

Anmerkung: Ich dachte daran, dass alles, was dem neuen Menschen dienen kann, von dem neuen Platz kommen muss.

J.B.S.: Gewiss, aber dieser Platz ist nicht hier.

Anmerkung: Der Heilige Geist muss alles bringen.

J.B.S.: Ja, aber von woher? Er bringt es zu uns herab.

Anmerkung: Der Herr in der Herrlichkeit ist die wahre Quelle.

J.B.S.: So ist es. Nachdem wir Freiheit erlangt haben, wird uns als Erstes bewusst, dass der Herr nicht hier ist und dass hier nichts für den neuen Menschen zu finden ist. Man hat ein Leben, das außerhalb dieses Platzes, in einem Bereich wolkenloser Freude, ist. Hier gibt es nichts. Das ist die Wüste. Es ist eine große Gefahr für Christen, hier Gutes zu erwarten, seitdem Christus nicht mehr hier ist. Nichts hindert uns mehr, als Erwartungen auf diesem Schauplatz zu haben. Wenn ich wirklich in Christi Leben lebe und mich das erfreut, was Ihm gefällt und Ihn interessiert, so liegt meine Freude außerhalb dieses Schauplatzes. Ich entdecke dann, dass es hier nichts gibt, was mich darin fördert, und wünsche deshalb auch nichts hier. Ich möchte dann nur hier gestärkt und aufrechterhalten werden, wie Er es wurde – und das ist die Bedeutung des Manna.

Man kann kein Manna bekommen, wenn man nicht in seinem Leben lebt. „Ich bin mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“ Dies ist dein wahres Leben, in dem du Gott lebst. Dann: „Was ich aber jetzt lebe im Fleisch, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,19.20). Das ist der neue Pfad für die Wüste. Ich tue alles in Abhängigkeit von Ihm, nicht in meiner eigenen Fähigkeit, sondern alles in vollkommener Abhängigkeit von Gott. Je größer die Widerstände sind, denen ich zu begegnen habe, umso größer ist die Gelegenheit für mich, die Kraft des Geistes Gottes zu erfahren, der mich befähigt zu überwinden.

Frage: „Wie der lebendige Vater mich gesandt hat und ich lebe des Vaters wegen, so auch, wer mich isst, der wird auch leben meinetwegen“ (Joh 6,57). Ist das Manna?

J.B.S.: Nein, das ist ein Gegensatz dazu. Es wird für das Leben gegeben, nicht für die Wüste. Es gibt kaum etwas, was so wenig bekannt ist wie Manna.

Frage: Was ist denn Manna?

J.B.S.: Manna ist die Art und Weise, wie Christus auf der Erde lebte, ein Leben vollkommener Abhängigkeit, das Gott aufrechterhielt. Die Welt bedeutete Ihm eine Wüste, durch die Er in vollkommener göttlicher Schönheit hindurchging. Die Gnade, in der Christus hier wandelte, ist Manna für uns. In dem Maß, wie man wirklich in der Wüste ist, bekommt man es.

Frage: Würden Sie sagen, es ist das Leben Jesu auf Erden?

J.B.S.: Es ist die Art und Weise seines Lebens hier. Aber wir können das nur dann als Manna einsammeln, wenn wir in seinem Leben, außerhalb von allem hier, leben. Man muss bei Ihm sein, wo Er ist, um Ihm gleich zu sein, wo Er war. Israel wollte das Manna gar nicht haben. Sie verabscheuten es. (Wenn man sich selbst wirklich erkannt hat, kann man jeden anderen erkennen und ihm helfen.) Im neununddreißigsten Jahr ihrer Wüstenwanderung murrten sie gegen Gott und gegen Mose, und ihre Seelen verabscheuten die lose Speise. Feurige Schlangen wurden ihnen gesandt. Die wahre Ursache dieser Auflehnung kommt ans Licht. Es ist der Teufel, der das Fleisch zum Verderben führt, falls wir es nicht richten. Eine eherne Schlange, die niemals jemand gebissen hatte, wurde aufgerichtet. Dies entspricht Johannes 3,14:

  • Joh 3,14: Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden.

Der Sohn des Menschen musste erhöht werden. Er, der keine Sünde kannte, wurde zur Sünde gemacht. Die Sünde ist im Fleisch verurteilt und von Gottes Augen hinweggetan worden. Die Erleichterung stellt sich fern von allem Bösen ein. Ich lebe in Ihm. In seinem Tod werde ich von dem Menschen getrennt, der unter Gericht steht. Ich habe in einem anderen den Tod geschmeckt. Die eherne Schlange bewies, dass es keinerlei Mittel zur Heilung des Fleisches gab als nur den Tod. Wenn ich sehe, dass Christus zur Sünde gemacht wurde und ich mit Christus gekreuzigt bin, dann hat der Tag des ewigen Segens für mich begonnen. Ich erkenne dann, dass ich durch Christus, unseren Herrn, allem hier entkommen bin – aus dem Tod in das Leben.

In 4. Mose 21,17 heißt es: „Herauf, Brunnen!“ Wir finden den Heiligen Geist als den Geist des Lebens dargestellt. Man ist erfahrungsgemäß in der Kraft des Geistes in sein Leben eingeführt worden, wie in Römer 8,2: „Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“ Das Ende von Römer 5 und Römer 8 gehören zusammen. Römer 6 und 7 sind eingeschoben. Nun ist man für die Wüste wirklich gerüstet. Die eherne Schlange und der heraufquellende Brunnen bedeuten uns das, was wir in Johannes 3 und 4 finden. Israel macht dort einen neuen Anfang. Sie waren noch nicht in Kanaan, noch nicht über den Jordan. Sie haben zu kämpfen, bis sie hinübergelangen, und auf dem anderen Ufer ist auch Kampf, wenn er auch von anderer Art ist. Für uns bedeutet dies, in dem Wettlauf von Hebräer 12 zu stehen. Es ist ein immerwährender Kampf. Man riskiert sein Leben, und die einzige Nahrung ist Manna.

Danach steht eine neue Macht gegen uns auf: Es ist Bileam. Bileam stellt uns die Taktik des Feindes dar, mit der er versucht, dem Volk gesellschaftlichen Umgang zu verschaffen. Er hat ihm damit mehr geschadet als mit jeder anderen Form satanischen Widerstandes. So ist es heute noch. Die Verstrickung Bileams ist ein Meisterstück satanischer Bösartigkeit gegen das Volk Gottes. Jeder von uns ist mehr oder weniger von Bileams Verstrickung betroffen. Nichts hat uns so verdorben wie unser Umgang. Die gesellschaftlichen Fesseln, in die Christen sich begeben, bewirken viel Unheil. Beachtet meine Worte: Jeder wird durch den niedrigsten Umgang gekennzeichnet.

Frage: Meinen Sie damit das Geschäftsleben?

J.B.S.: Wenn jemand in seinem Geschäft ist, denkt er nicht an Freundschaften, sondern wenn er entspannt und nicht gewappnet ist; und wenn er Freundschaften pflegt, die nicht von Christus sind, wird er verdorben. Unser Umgang ist die christliche Schar. Seht, wie Bileam die Korinther verdarb, indem er sie einlud. Je anziehender die Gesellschaft ist, mit der sich ein Mensch umgibt, umso größer ist die Gefahr. Die Verstrickung mag im Lesen liegen. Tinte kann einen ebenso beschmutzen wie Schlamm: Im Allgemeinen wird man finden, dass das, was jemand liest, mit dem Umgang, den er pflegt, übereinstimmt. Die Thessalonicher mussten Amalek widerstehen. Da handelte es sich um offenen Kampf. Die Verstrickungen Bileams sind hinterlistiger. Er lädt ein und ist äußerst gütig.

Frage: Wie verhalten Sie sich, wenn Sie eingeladen werden?

J.B.S.: Ich lehne ab, falls ich nicht in der Gnade Christi als ein Knecht hingehen kann, sondern in Gefahr bin, mich zu amüsieren. Das Pferd in der Mühle wird uns zum Beispiel. Es arbeitet den ganzen Tag in der Mühle, freut sich aber auf den Stall. Man muss arbeiten, aber die Heimat des Herzens liegt völlig außerhalb dessen. Man wird diese Welt nie als Wüste verstehen, wenn man nicht eine Heimat außerhalb der Wüste hat.

Frage: Was ist der Unterschied zwischen Mara und der ehernen Schlange?

J.B.S.: Mara bedeutet Leiden im Fleisch, die entstehen, wenn ich das Fleisch nicht befriedige. Warum befriedige ich es nicht? Weil Christus deswegen gestorben ist. Das versüßt das Leid. „So wappnet auch ihr euch mit demselben Sinn“ (1Pet 4,1). Erlaubt dem Fleisch nicht, wirksam zu werden, wenn es sich meldet. In der ehernen Schlange sehe ich, dass Christus für mich zur Sünde gemacht wurde, dass der alte Mensch verschwunden ist, ganz verschwunden am Kreuz. Das erreichen wir nicht an einem einzigen Tag.

Frage: Wie kommt man aus der Wüste heraus?

J.B.S.: Durch den Jordan. Das ist ein Vorrecht. Es ist unser Vorrecht, außerhalb dieses Schauplatzes mit Christus gestorben zu sein. Der Jordan bedeutet, dass ich in mir das verwirkliche, was der Gang durch das Rote Meer für mich vor Gott bewirkte. Durch den Tod Christi habe ich einen Weg gefunden, der mich nicht nur aus Ägypten heraus-, sondern auch nach Kanaan hineinbringt. Der Römerbrief lehrt uns, dem Menschen – der Sünde – gestorben zu sein, und der Kolosserbrief lehrt uns, der Welt gestorben zu sein. Oftmals liegt eine lange Verzögerung dazwischen. Ich bin nicht in mir selbst tot, sondern ich bin mit Christus gestorben. Ich bin von meiner Verbindung mit Adam und mit der Welt durch seinen Tod getrennt. Aber wenn ich mit Christus gestorben bin, so lebe ich in Ihm.

Anmerkung: Das Volk Israel sah man in das Rote Meer hineingehen, aber nicht herauskommen. Man sah sie nicht in den Jordan hineingehen, aber daraus hervorkommen.

J.B.S.: Alte Berichte sagen, dass das Volk in einer Linie, einer hinter dem anderen, durch das Rote Meer hindurchging, dass sie aber nebeneinander her durch den Jordan gingen. Als sie zum Jordan kamen, war kein Wasser darin. Die Wasser des Roten Meeres bildeten einen Wall zu ihrer Rechten und zu ihrer Linken. Stephanus erlebte, dass kein Wasser im Jordan war. Hier auf Erden ist ein armseliger Platz für jemand, der die Freuden des Himmels im Herzen trägt und mit Christus den Elementen der Welt gestorben ist. Man wird Christus als Haupt erst dann verstehen, wenn man über den Jordan gegangen ist.

Frage: Sagten Sie, die Wüste sei ein Ort der Prüfungen?

J.B.S.: Ja, sie ist eine Prüfung für jeden von uns. Es ist der Ort, wo wir praktisch den Tod erfahren. Durch göttliche Gnade bin ich vom Gericht befreit, aber es gibt noch mehr: Ich habe einen neuen Platz, fern von allem, was hier ist. Ich muss von diesem Schauplatz hier zu einem anderen hinübergehen. Wie zeige ich mich auf dem Weg zwischen Ägypten und Kanaan? Welch ein klägliches Verhalten zeigte uns das Volk Israel, und doch brachte ihr Verhalten wunderbare Beweise der Gnade Gottes hervor. „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht.“ Das war der Grundsatz, der das Leben des Herrn als Mensch hier auf der Erde beherrschte. „Er lernte Gehorsam“ – nicht, zu gehorchen, sondern Gehorsam – „an dem, was er litt.“ Der Philipperbrief zeigt die Erfahrung eines himmlischen Menschen. Man muss zum höchsten Punkt gehen, um das zu erleben. Man kann keinerlei Wüstenerfahrungen machen, wenn man den Platz und das Heim im Himmel nicht kennt. Im Epheserbrief wird der Gläubige als jemand betrachtet, der schon in den himmlischen Örtern mit Christus vereinigt ist. Er kommt in einer ganz neuen Art von dort auf den Schauplatz hier unten zurück.

Frage: Was ist das verborgene Manna?

J.B.S.: Was Gott in Christus hier auf Erden sah. In Offenbarung 2 finden wir, dass der Überwinder das verborgene Manna bekommt, nachdem die Versammlung durch Bileams Versuchung – das heißt den bösen Verbindungen – gelitten hat. Er bekommt Eindrücke von der Art und Weise, wie der Gepriesene hier zu Gottes vollkommenem Wohlgefallen wandelte. Die Versammlung ist die Vervollständigung von dem, was Christus hier war. Es wurden neunzehnhundert Jahre benötigt, um dieses für Ihn zum Vorschein zu bringen – ein klein wenig davon in dir und ein klein wenig in mir, millionenmal ein weniges. Die Menschen verstehen nicht, dass die Versammlung die Vervollständigung des Menschen ist, in dem Gott dargestellt wurde, und dass alles von Ihm kommt.

Ich hoffe, euer aller Herzen sehnen sich danach, die Wüste zu verstehen und wahrhaftig für Gott darin zu sein. Falls sie es sind, werdet ihr diesen Abend nie vergessen. Wir sollten verstehen, was der Herr uns lehrt. Er befriedigt das Verlangen eines jeden Lebewesens. Welch eine glückliche Zeit würden wir verbringen, wenn wir gleich von vornherein die Wüste bejahen würden, indem wir hier nichts erwarten als nur den Tod, in vollkommener Abhängigkeit von Gott. Aber das müssen wir lernen. Wir alle schrecken davor zurück, die Wüste zu bejahen. Wir werden uns an Christus im Himmel niemals erfreuen, wenn wir hier auf Erden den Tod nicht annehmen. Paulus und Johannes erlebten, dass die Umstände immer schwieriger wurden. Am Ende ihrer Tage war der eine im Gefängnis und der andere in der Verbannung – statt an einem ruhigen, schattigen Zufluchtsort zu sein. Aber sie waren sehr glücklich.

Frage: Aßen sie Manna im Land?

J.B.S.: Sie aßen Manna, bis sie das alte Korn nach dem Passah aßen. (Siehe Josua 5,11: „Und sie aßen am nächsten Tag nach dem Passah vom Erzeugnis des Landes, ungesäuertes Brot und geröstete Körner, an ebendiesem Tag.“) Die Zeitspanne zwischen Ägypten und Kanaan prüft uns alle.


Originaltitel: „The Wilderness. 2. Mose 15:22-27“
aus Ministry by James Butler Stoney, Bd. 6, S. 325–334.
Der Artikel ist die Niederschrift eines sog. Bible Readings (Edinburgh, 1895). Bei dieser von Stoney geführten Wortbetrachtung konnten die Zuhörer Fragen stellen.

Anmerkungen

[1] Aus Lied 67 in Geistliche Lieder, Hückeswagen (CSV). Englisches Original von J.N. Darby: „This World is a Wilderness“, 1849.


Hinweis der Redaktion:

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