Clarence Esme Stuart (1828–1903)
aus „Gedenket eurer Führer“

Arend Remmers

© CSV, online seit: 23.06.2001, aktualisiert: 19.09.2018

Clarence Esme Stuart entstammte einer sehr angesehenen Familie und war der jüngste Sohn von William Stuart. Sein Großvater, der ebenfalls William Stuart hieß, war Erzbischof von Armagh und genoss das besondere Vertrauen des englischen Königs Georg III. Die Familie entstammte einer Seitenlinie des alten schottischen Königshauses der Stuart. Manche Betrachter sahen in Clarence Esme Stuart eine Ähnlichkeit zu Charles I. Seine Mutter war eine Hofdame der Königin Adelaide als Herzogin von Clarence, die seine Patentante war, weshalb er auch den Namen Clarence trug.

Clarence Esme Stuart wurde im Jahre 1828 in Sandy geboren. Der Familientradition entsprechend wurde er in Eton erzogen. Danach besuchte er das St. John’s College in Cambridge, wo er sein Studium der Literaturwissenschaft und der Theologie mit dem Grad eines M.A. abschloss.

Von seiner gläubigen Mutter war Clarence Esme Stuart immer liebevoll auf die Notwendigkeit der Bekehrung hingewiesen worden. Dadurch hatte er schon in seiner Jugend den geistlichen Schritt vom Tode zum Leben getan. Seitdem hatte er immer ein besonderes Interesse an geistlichen Dingen und wohl auch die Absicht, in der anglikanischen Kirche, zu der seine Familie gehörte, ein Amt zu bekleiden. Aber ein schwerer Sprachfehler, der jedoch nie zu bemerken war, wenn er betete, scheint dies verhindert zu haben.

Nach seiner Heirat mit einer Tochter des Colonel Cunninghame aus Ayrshire ließ er sich in Reading nieder. Dort beschäftigte er sich zunächst mit evangelistischer Tätigkeit innerhalb der Kirche. Unter anderem förderte er in dieser Zeit die Tätigkeit der British and Foreign Bible Society (Britische und Ausländische Bibelgesellschaft).

Ungefähr im Jahre 1860 wurde Clarence Esme Stuart auf die Stellung der Christen aufmerksam, die allgemein die „Plymouth-Brüder“ genannt wurden, obwohl sie selbst eine solche Bezeichnung immer abgelehnt haben. In der Stadt Reading gab es eine große Versammlung, in deren Mitte sich auch William Henry Dorman, ein ehemaliger Prediger befand, der bereits im Jahre 1840 zu diesen Brüdern gekommen war. Durch seinen Einfluss wurde C.E. Stuart bald davon überzeugt, dass seine Mitgliedschaft in der Kirche unhaltbar war. Ohne viel Aufhebens davon zu machen, nahm er bald seinen Platz in der Versammlung in Reading ein. Viele Jahre blieb er hier.

Mit seinen hervorragenden Kenntnissen der alten Sprachen stand C.E. Stuart in schwierigen Lehrfragen J.N. Darby zur Seite. Bis zu dessen Heimgang blieb er eng mit ihm verbunden; er war einer der Brüder, die anlässlich seines Begräbnisses sprachen.

Ohne Zweifel gehörte Clarence Esme Stuart zu den großen Lehrern unter den Brüdern. Er veröffentlichte verschiedene Abhandlungen und Bücher zu textkritischen Fragen des Alten und Neuen Testamentes. Auf dem Gebiet der kritischen Auseinandersetzung mit dem griechischen Text des Neuen Testaments trat er wie W. Kelly, J.N. Darby und die Mitarbeiter an der „Elberfelder Übersetzung“ dafür ein, die neu entdeckten und ausgewerteten alten Handschriften gegenüber dem sogenannten „Textus Receptus“ (dem Text der Masse der griechischen Handschriften) gebührend zu berücksichtigen.

C.E. Stuart war auch ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift Words in Season („Worte zur rechten Zeit“). Er schrieb auch eine Reihe von Betrachtungen über die Evangelien nach Markus, Lukas und Johannes, über die Apostelgeschichte, die Briefe an die Römer und Hebräer und das Buch der Psalmen. Zu erwähnen sind außerdem noch seine Betrachtungen über die Opfer, die Versammlung Gottes und die Beziehungen der Gläubigen zu Gott. Eine seiner letzten Abhandlungen trug den Titel: Sollen wir den Kritikern folgen? Darin setzte C.E. Stuart sich gegen die neuen Lehren der sogenannten „Höheren Kritik“ über das Alte Testament zur Wehr. Er zeigte damit, dass er bis zuletzt die Auseinandersetzung mit der irregeführten Gelehrsamkeit seiner Zeit nicht zu scheuen brauchte. Seine Bibliothek enthielt alle Standardwerke der modernen Bibelwissenschaft, aber auch einige sehr seltene ältere Werke. Dazu gehörte eine wertvolle Ausgabe der Complutensischen Polyglotte (eine 1514 in Spanien gedruckte mehrsprachige Bibelausgabe mit dem lateinischen, griechischen und hebräischen Text), die er im Alter der Bibliothek seines Colleges vermachte.

Als Ausleger hielt C.E. Stuart sich immer eng an den Wortlaut der Heiligen Schrift, da er von ihrer wörtlichen Inspiration völlig überzeugt war. Externen Quellen, wie den Auslegungen der Kirchenväter oder gar der modernen Theologie, schenkte er kaum Beachtung. Mit seinem klaren und neutralen Urteilsvermögen vertrat und verteidigte er mit großem Eifer die wiederentdeckten Wahrheiten über die Versammlung Gottes und die prophetischen Ereignisse. Ähnlich wie zur gleichen Zeit bei Frederick William Grant verursachten 1885 überspitzte Lehräußerungen C.E. Stuarts über Stellung und Zustand des Christen eine vorschnell herbeigeführte Trennung unter Brüdern, die jedoch nach mehreren Jahrzehnten wieder geheilt werden konnte. In späteren Jahren begab sich C.E. Stuart mit seinen Äußerungen über das Sühnungswerk Christi auf einen gefährlichen Boden, da er das Werk des Herrn verstandesmäßig zu zerlegen und hauptsächlich durch die Vorbilder des Alten Testamentes zu erklären versuchte.

C.E. Stuart war in seinem ganzen Auftreten von größter Einfachheit. In seiner liebevollen Art gewann er besonders die Herzen der „Elenden der Herde“, für die er voll Gütigkeit war. Es war seine Freude, das Licht, das er genoss, mit ihnen zu teilen. Er gehört zu denen, die, obwohl sie gestorben sind, noch reden. Er ging 1903 im Alter von fünfundsiebzig Jahren heim.

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