Julius Anton von Poseck (1816–1896)
aus „Gedenket eurer Führer“

Arend Remmers

© CSV, online seit: 23.06.2001, aktualisiert: 03.03.2022

Julius Anton Eugen von Poseck entstammte einer sächsischen Adelsfamilie, die zum Teil im 18. Jahrhundert katholisch geworden war. Sein Vater war allerdings mit einer protestantischen Frau aus Pommern verheiratet. Alle sechs Kinder aus dieser Ehe wurden daher evangelisch getauft, so auch Julius Anton von Poseck, der am 2. September 1816 in Zirkwitz (Pommern) geboren wurde. Im folgenden Jahre übersiedelten seine Eltern nach Westfalen. Im Gegensatz zu seinen Geschwistern wurde Julius Anton von Poseck jedoch katholisch erzogen, vielleicht weil der Vater wünschte, dass sein Sohn in Fortsetzung einer Familientradition Priester werden sollte.

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Duisburg studierte Julius Anton von Poseck ab 1836 zunächst in Münster katholische Theologie, brach aber dieses Studium ab und begann in Berlin 1838 das Studium der Rechtswissenschaft, das er in Bonn fortsetzte. Als Bonner Student stand Julius Anton von Poseck anlässlich der 600-Jahr-Feier des Kölner Doms unter den Zuschauern, die gespannt auf die große Prozession warteten. Aus irgendeinem Grunde verließ er seinen guten Aussichtsplatz, der sofort von einem jungen Mädchen (nach einem anderen Bericht war es ein junger Mann) eingenommen wurde. Unmittelbar danach fiel ein großer Stein von der Fassade des Doms herab und tötete das junge Mädchen bzw. den jungen Mann auf der Stelle. Dadurch wurde Julius Anton von Poseck derart erschüttert, dass er sofort nach Hause ging, auf seine Knie fiel und ausrief: „O Gott, warum bin ich verschont geblieben, und warum musste ein anderer Mensch sterben?“ Dieses Erlebnis führte zu seiner Bekehrung. Seine evangelische Schwester bewog ihn, die Predigten des Pastors Krafft in Düsseldorf, wo die Familie inzwischen wohnte, zu hören, und dadurch gelangte er nach kurzer Zeit zur völligen Heilsgewissheit.

Er erhielt im Jahre 1843 eine Anstellung als Referendar bei der Regierung in Düsseldorf. Hier kam er mit den Schriften John Nelson Darbys und einigen Christen in Berührung, die sich zum Bibelstudium zusammenfanden: im Jahre 1846 mit dem Schweizer Heinrich Thorens und im Jahre 1848 mit J.N. Darbys älterem Bruder William H. Darby, mit dem er zusammen in einem Hause wohnte. Diese Brüder entwickelten einen großen Eifer in der Verbreitung des Wortes Gottes und der Schriften J.N. Darbys. J.A. von Poseck erfasste die darin erklärten Wahrheiten mit großer Freude, gab seine Stellung auf (er war inzwischen bei einer Zeitung tätig geworden) und widmete sich ganz dem Dienst für den Herrn. Gemeinsam mit William Darby hielt er nun in Benrath, Hilden, Haan, Ohligs, Rheydt und Kettwig Versammlungen ab, bei denen die Schriften von J.N. Darby den Besuchern kostenlos zum Verteilen zur Verfügung gestellt wurden – „so viel die Rocktaschen fassen konnten“. J.A. von Poseck hatte diese Schriften teilweise wohl schon selbst übersetzt und damit den Grund zu seiner späteren eigenen Schriftstellertätigkeit gelegt. Bereits im Jahre 1849 erschienen im Verlag E. Schulte in Düsseldorf unter anderem die folgenden Schriften: Vorlesungen über den Propheten Daniel aus dem Französischen übersetzt, Das Amt des Neuen Testaments, nach seinem Wesen, seiner Quelle, Macht und Verantwortlichkeit aus dem Englischen übersetzt, Eine kurze und einfache Analysis der Offenbarung St. Johannis und im Jahre 1850 Die Welt und die Kirche von J.N. Darby, Gedanken über das Apostelamt des Paulus, Die Persönlichkeit des Trösters und Über die Leiden Christi von J.N. Darby. Diese Schriften wurden ab 1853 zum großen Teil im Botschafter abgedruckt. Seit dem Frühjahr 1852 übersetzte J.A. von Poseck auch die Bände der Synopsis von J.N. Darby über das Neue Testament und veröffentlichte sie unter dem Titel Betrachtungen über das Wort Gottes im Selbstverlag. Ab 1855 wurden sie vom Verlag Carl Brockhaus, Elberfeld, herausgegeben. Im Jahre 1853, als J.A. von Poseck schon die Bekanntschaft mit Carl Brockhaus gemacht hatte, schuf er auch ein kleines Liederbuch, das besonders dem Wunsch nach geeigneten Anbetungsliedern begegnen sollte. Es enthielt zunächst nur 16 Lieder. Schon die zweite Auflage, die 1856 im Selbstverlag in Hilden herauskam, enthielt das bekannte, von ihm selbst gedichtete Lied:

Auf dem Lamm ruht meine Seele,
betet voll Bewundrung an,
alle, alle meine Sünden
hat Sein Blut hinweggetan.

Die Veranlassung zu diesem Lied soll Julius Anton von Poseck auf eigenartige Weise bei einem Besuch der Abteikirche in Essen-Werden zu Anfang der fünfziger Jahre gefunden haben, als er oben am Turm ein Lamm in Stein gehauen sah. Dazu wurde ihm erklärt, dass vor vielen Jahren, als ein Dachdecker das Turmdach ausgebessert habe, der Haken, an dem seine Leiter hing, abriss. Bei dem furchtbaren Sturz in die Tiefe fiel er jedoch wie durch ein Wunder auf ein kleines Schaf, das unten auf dem Rasen weidete. Dies wurde von dem herabstürzenden Mann zerschmettert, aber er kam dadurch mit dem Leben davon. Aus Dankbarkeit für seine Bewahrung ließ er das Lamm in Stein hauen und im Mauerwerk des Turmes anbringen. – Von J.A. von Poseck stammen auch die folgenden Nummern in dem Buch Kleine Sammlung geistlicher Lieder: 36, 56, 92, 101, 105, 110, 117, während eine weitere Anzahl Lieder von ihm in etwas abgeänderter Form übernommen wurden. Die von J.N. Darby stammenden Lieder 67 und 98 wurden von ihm ins Deutsche übersetzt.

Im Jahre 1854 übersiedelte er nach Barmen, von wo aus er gemeinsam mit Carl Brockhaus und J.N. Darby die Übersetzung des Neuen Testaments in Angriff nahm. Aus dieser Arbeit erwuchs dann die sogenannte Elberfelder Bibel. Die Hauptlast der Arbeit lag zunächst gewiss bei J.A. von Poseck. Er hatte, ähnlich wie J.N. Darby, die alten Sprachen gelernt und konnte dessen Übersetzungsvorschläge dann in geläufiges Deutsch übertragen helfen.

Im Jahre 1856 verzog J.A. von Poseck nach Hilden, und von dort 1857 nach England, wo er im gleichen Jahr eine Engländerin heiratete. Die einzige Tochter Helen war viele Jahre im Missionsdienst in China tätig.

In England arbeitete J.A. von Poseck als Sprachlehrer, widmete seine Kraft und Zeit jedoch hauptsächlich dem Werke des Herrn und war ein enger Vertrauter von J.N. Darby. Verschiedene Werke zeugen von seiner Tätigkeit, zum Beispiel Green Pastures and Still Waters (Grüne Weiden und stille Wasser) und Light in our Dwellings (Licht in unseren Wohnungen, eine Betrachtung über Epheser 5,21–6,9). In der nachfolgenden Zeit hielt J.A. von Poseck die Verbindung zu seinen Brüdern in Deutschland fortwährend aufrecht. In den Schwierigkeiten der Jahre 1881/82 versuchte er durch seine Schrift Christus oder Park-Street den Brüdern mit geistlicher Einsicht zu helfen und zu dienen. Von London aus veröffentlichte er später die Monatsschrift Worte der Wahrheit in Liebe und besuchte die ihm verbliebenen Freunde in Deutschland noch mehrere Male.

Am 6. Juli 1896 ging er in Lewisham bei London, wenige Monate nach seiner Gattin, heim zu seinem Herrn. Eine seiner letzten Äußerungen vor seinem Heimgang war: „Herr, du bist für mich bereit, und ich bin für dich bereit. Gelobt sei der Herr!“

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