Ihr Gotteskinder, seht nicht an
die armen Dinge dieser Erde,
wo Aug und Ohr nichts finden kann,
dass euer Herz hier glücklich werde.
O sinnt auf das, was droben blüht;
auf Erden wird es nicht gefunden.
Wer noch so eifrig sich bemüht,
er bleibt mit Schmerz und Weh verbunden.
Der Wandersmann im Wüstenland
sehnt sich nach einer frischen Quelle;
doch was er an dem Wege fand,
ließ unbefriedigt seine Seele.
Das Herz ersehnt so manches Glück
und findet hier doch keinen Frieden;
nur einen kleinen Augenblick
ist ihm vielleicht ein Glück beschieden.
Schaut glaubend auf zu Himmelshöhn,
zum Ort der unbefleckten Wonne,
wo keine Sünde ist zu sehn
im Licht der wahren Lebenssonne.
Doch nicht die hehre Engelwelt
soll eure Seele dort beglücken;
weit Bessres ist vor euch gestellt,
um euch im Glauben zu entzücken.
Der Sternenglanz in dunkler Nacht
muss vor dem neuen Morgen weichen,
und auch der Mond in seiner Pracht
muss in dem Sonnenlicht erbleichen.
Und hören wir die Nachtigall
in wunderbarer Weise singen,
es muss doch jeder Liederschall
vor Himmelstönen still verklingen.
„Wer ist wie Gott!“ heißt Michael,
wir sehen ihn in Würde stehen;
er ist der Fürst von Israel,
wie wir in dem Propheten sehen.
Doch wer ermisst die Majestät
des Herrn, den Gott so hoch erhoben,
der über allen Himmeln steht,
und den die Engelscharen loben?
Als Gabriel mit Engelmund
der Jungfrau Wunderbares kündet,
hat er ihr Herz zu jener Stund
im Lobgesang zu Gott entzündet.
Doch als der Herr an off’ner Gruft
Maria sieht in heißen Tränen
und sie bei ihrem Namen ruft,
da ist gestillt ihr ganzes Sehnen.
Ist auch die Schöpfung wunderbar
zu sehen „unter dieser Sonne“,
so zeigt sich doch die Sünde klar,
und sie verdirbt die schönste Wonne.
Die Kreatur seufzt immerzu
in Kämpfen, Leiden, Not und Schmerzen;
vergeblich suchen hier die Ruh
so viele tiefgebeugte Herzen.
Wie ist es doch ganz anders dort
in lichten, reinen Himmelshöhen!
Kein Missklang stört an jenem Ort,
dort ist nur Herrlichkeit zu sehen.
Die Trauer weicht der vollen Freud,
statt Furcht regiert vollkommner Friede,
und vor dem Herrn der Herrlichkeit
rühmt jeder Ihn im neuen Liede.
Lasst willig alles hier zurück,
und lasst euch gläubig aufwärtsführen!
Am Thron der Herrlichkeit ist Glück,
wo Licht und Liebe nur regieren.
Ja, schaut den Herrn bewundernd an,
der von der Jungfrau einst geboren,
wie Er zum Vaterhaus hinan
nun führt, die ehemals verloren.
Seht Ihn, geschmückt mit Herrlichkeit
von Seinem Haupt bis zu den Füßen,
der einst in tiefer Niedrigkeit
den Erdenpfad hat gehen müssen.
Wie könnten Ihm vollkommnes Lob
die Engelscharen droben bringen?
Nein, die Sein Lieben hoch erhob,
die dürfen Ihm anbetend singen.
Die Engel, die Gott einst erschuf
als reine, hehre Geisteswesen,
sie folgen willig Seinem Ruf –
doch Menschen sind sie nie gewesen.
Und würde nur ein Mensch entrückt
und einmal dort im Himmel stehen –
wenn er zum Throne Gottes blickt,
wird er dort einen Menschen sehen!
O schaue an, erlöste Schar,
den Menschensohn an Gottes Seite,
der hier auf dieser Erde war,
dass Er ein ew’ges Heil bereite.
Sein großes Lieben trieb Ihn nur,
einst uns zugut im Fleisch zu kommen,
und Seine reine Menschnatur
hat Er für ewig angenommen.
Er trat hinein in unsre Nacht
kam in Gestalt der Menschenkinder;
o Gnade, die den Himmel macht
zur Heimat für erlöste Sünder!
Seht Ihn, den Herrn der Herrlichkeit,
dem alle Ehre wird zum Lohne –
Er war in Seiner Erdenzeit
gekrönt mit einer Dornenkrone!
In Ehrfurcht sollt ihr euch Ihm nahn,
den Sünderhände einst durchbohrten.
Schaut euch nur Seine Augen an,
wie Tränen Seinen Blick umflorten!
Und diese Tränen unsers Herrn,
die können Engel nie verstehen,
doch die Erlösten dürfen gern
die Herrlichkeiten darin sehen.
Seht auch in Liebe auf Sein Haupt,
das einst vom Tau der Nacht befeuchtet.
Empfindet ihr, die ihr geglaubt,
welch eine Herrlichkeit hier leuchtet?
Wie hat Er eine Segensspur
durch dieses arme Land gezogen –
ein Schlummerkissen fand Er nur
als sturmgepeitscht die Wasserwogen.
Und Seine Hand – mit welcher Macht
ist sie dem Petrus beigekommen,
und aus der dunklen Todesnacht
hat Er der Witwe Sohn entnommen.
Er hat vom Aussatz oft befreit
und gab das Augenlicht den Blinden;
doch überragt das alles weit,
was Seine Nägelmale künden.
Seht liebend Seine Füße an,
ihr unentwegtes Gehn und Stehen;
Er kam von Gott, Sich uns zu nahn,
und wieder zu Ihm hinzugehen.
Er wandte Seine Gnad und Huld
dem Herzen zu, das danach bangte,
und, überführt von Sünd und Schuld,
nach Lebenswasser heiß verlangte.
Die Sünderin in Simons Haus,
sie weinte still in Reueschmerzen;
Maria goss die Narde aus
und huldigte dem Herrn von Herzen.
Als Er an Sichars Brunnen saß
und jene arme Frau erblickte,
war sie die Speise, die Er aß,
der Trank, der Ihn zutiefst erquickte.
Die Segensfüße anzusehn –
was ist es den geliebten Seinen!
Doch niemals wird es je geschehn,
dass Engel Ihm zu Füßen weinen.
Sie beten voller Ehrfurcht an,
sehn sie die Male Seiner Schmerzen;
erlöste Sünder aber nahn
mit Lobgesang aus vollem Herzen!
Schaut Ihn im Glauben dort im Licht
und seht das Mal in Seiner Seite!
Ging Er nicht willig ins Gericht,
dass Er uns ew’ges Heil bereite?
Die tiefe Wunde zeigt so klar –
o dass es stets im Herzen bliebe –,
wie groß der Hass des Menschen war,
doch göttlich groß war Seine Liebe!
Komm dort zur Ruhe, heil’ge Schar;
da schweigt ein jegliches Verlangen.
An Seiner Seite wird es klar:
Hier endet alles Erdenbangen.
Hier ist der frische Quellenort,
hier kühlt euch Elims Palmenschatten;
viel besser ist’s, als was sie dort
am Teiche von Bethesda hatten.
Seid liebend eng um Ihn geschart,
damit der Herr in euch erreiche,
dass eure Liebe, tief und zart,
der Höhe Seiner Liebe gleiche.
Wenn ihr als Reben in Ihm bleibt,
kann reiche Frucht in euch entstehen;
was Er in eure Herzen schreibt,
lässt Himmelsglanz auf Erden sehen.
Noch enger bleibt geschart um Ihn,
dass jener Himmelsglanz euch sage:
Die alte Schöpfung wird entfliehn
und all ihr Glanz an einem Tage.
Blickt glaubend, liebend hin auf Ihn,
bald wird zum Schauen euer Glaube;
ihr findet ewigen Gewinn
hoch über allem Erdenstaube!
Originaltitel: „Above the Sun“
Engl. Quelle: https://bibletruthpublishers.com
Ins Deutsche übertragen von E.L.