Erlebnisse mit dem Propheten Elisa (4)
Ein Tal voller Gruben

John Thomas Mawson

© SoundWords, online: 24.07.2006, updated: 05.08.2022

Leitverse: 2. Könige 3,16-20

2Kön 3,16-20: Und Elisa sprach: So spricht der HERR: Macht in diesem Tal Grube an Grube. Denn so spricht der HERR: Ihr werdet keinen Wind sehen und keinen Regen sehen, und doch wird dieses Tal sich mit Wasser füllen, so dass ihr trinken werdet, ihr und eure Herden und euer Vieh. Und das ist noch gering in den Augen des HERRN; er wird auch Moab in eure Hand geben. Und ihr werdet alle festen Städte und alle auserlesenen Städte schlagen und werdet alle guten Bäume fällen und alle Wasserquellen verstopfen und alle guten Feldstücke mit Steinen verderben.

„Macht in diesem Tal Grube an Grube“: Wie die, welche sich nach den Segnungen Gottes sehnen, solche erlangen

Jenes große Heer in der Wüste Edom befand sich in einer schrecklichen Gefahr. „Es war kein Wasser da“, und die Feinde, die Moabiter, sammelten sich zum Angriff. „Kein Wasser“ war gleichbedeutend mit Unglück, Niederlage, Vernichtung. Ohne Wasser konnten sie keinen Sieg erringen. Sicherlich hatten sie danach gesucht, aber vergebens. Gott allein konnte diesen Mangel beseitigen. Es gab keine Hoffnung für sie, außer auf Ihn zu vertrauen. Aber sie waren ein abtrünniges Volk. Würde Gott sich ihrer annehmen? – Gewiss, Er erbarmte sich ihrer, und wie Er schon oft für ihre Befreiung eingetreten war, so tat Er es auch jetzt durch seinen Propheten, der an seiner statt sprach. Er gab ihnen, was sie so sehr nötig brauchten, und so kehrten sie siegreich und mit Beute beladen aus dem Kampf heim.

Dieses Heer ohne Wasser ist ein lebendiges Bild von der ungeheuer großen Zahl derer, die heute bekennen, das Volk Gottes zu sein – ein Bild der Christenheit, die in Wirklichkeit kein Wasser hat. Aber ohne Wasser, ohne lebendiges Wasser in diesem Fall, sind sie ein am Boden liegendes Volk, denn ein Christ ohne Wasser kann den Moabiter nicht überwinden, der ein hervorstechendes Bild des Alten Testamentes von dem bösen Fleisch mit seiner Selbstgefälligkeit und seinen gottlosen Begierden ist.

Es ist so klar wie nur möglich, dass dieser wasser- und kraftlose Zustand heute allgemein zutage tritt, und dieses Unglück ist zehnmal schlimmer, weil so wenige es zu empfinden scheinen. Der Ritualismus, das kirchliche Formenwesen, ist ohne Wasser, und doch wenden sich große Scharen dahin in der Hoffnung, Befriedigung für ihre Seelen zu finden; doch vergebens. Gefühle der Freude mögen dort erzeugt werden, aber die Gewissen bleiben unberührt, denn man füllt das Herz mit Formen und Gebräuchen anstatt mit Gott. Und der Modernismus, die neue Theologie, ist der Weg in die Wüste, wo keine Quellen sind. Er ist, wenn es möglich wäre, noch schlimmer als der Ritualismus. Er bläht den Geist des Menschen mit unfruchtbarem Stolz auf und raubt ihm den Sinn für das, was er so nötig hat, verführt ihn dazu, das Evangelium der Gnade Gottes zu verachten. Er ist der breite Weg, der zum Verderben führt, und viele sind derer, die auf ihm wandeln. Doch es gibt noch andere, die sich von den allgemeinen Phrasen der Religion unserer Tage wegwenden, die Orthodoxen, die wohl wahren Glauben haben, denen aber die Frische oder geistliche Kraft in ihrem Leben fehlt. Gleich dem gottesfürchtigen Josaphat sind sie in die Wüste Edom gelockt worden. Sie sind abtrünnig, und sie wissen und fühlen dies.

Doch es gibt noch andere, die nicht gerade abtrünnig, aber doch nicht glücklich sind. Ihr Glaube an Christus hat sie nicht zur Freiheit, zum Sieg, zur Freude gebracht, von denen die Bibel redet. Tatsache ist: Sie sind nicht zur Fülle des Segens gekommen, die in Christus Jesus für sie ist. An diese freudlosen Christen wende ich mich, und was ich ihnen zu sagen habe, wird ihnen helfen, wenn sie hören. Es macht nichts aus, was die Ursache ihrer Niedergeschlagenheit oder ihres unzufriedenen Lebens ist.

Elisa verhieß jenem Heer, das dem Verdursten nahe war, Wasser in Überfluss, und Jesus, unser Herr, bietet euch eine überfließende Fülle lebendigen Wassers an. Es sind Dinge von solchen berichtet, die Ihn kannten, die höchst wunderbar sind. Erinnere dich an die Worte des geliebten Jüngers in dem ersten Kapitel seines Evangeliums: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns … voller Gnade und Wahrheit … Und aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade“ (Joh 1,14.16). Denke an das gewaltige Meer, das Woge um Woge an das Ufer rollt, um jede kleine Bucht, jede Spalte und jede Vertiefung zu füllen. Gleicht die Gnade Jesu nicht diesem? Es ist so, denn dieser vom Heiligen Geist inspirierte Mann beschreibt es so, was er selbst erfahren hat. Doch höre des Herrn eigene Worte: „Wer irgend aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt“ (Joh 4,14). Und an einer anderen Stelle sagt der Herr Jesus: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Joh 7,37.38). Sind diese Aussprüche nicht unter den fesselndsten und herrlichsten, die jemals aus seinem Mund hervorgingen? Es handelt sich hier weder um Vergebung der Sünden, wie wichtig diese Frage auch ist, noch um unsere Anwesenheit im Himmel, wenn wir hier unten unseren Lauf vollendet haben, wofür wir Ihn dankbar preisen, sondern um überfließendes Leben, das seinen Ausdruck findet in dem Aufquellen glücklicher Anbetung und dem Hervorquellen beständigen Guten. Ist dies möglich? Es muss so sein, denn dies sind die Worte Jesu, die Er von Gott empfing, der nicht lügen kann.

Es ist die Fülle, die Woge um Woge in das Leben einströmt und die in Strömen wieder hervorfließt. Sie strömt ein zu fortdauerndem Segen und sie strömt aus in siegreichem Leben und Dienst. Sie strömt in ein bisher unfruchtbares Leben ein und fließt in eine müde, befleckte, sündenbeladene und vom Teufel bedrückte Welt aus, um zu heilen, zu trösten und zu befruchten, wohin immer sie gelangt. Ich weiß, dein Herz sehnt sich danach; du magst empfinden, dass du dies haben musst. Möchte dies sich noch mehr vertiefen, denn je inniger dein Verlangen, desto größer wird deine Befriedigung sein. Doch wie kann dies geschehen?

Kehren wir zu unserer Geschichte zurück. Der Mann Gottes sagt: „Macht in diesem Tale Grube an Grube.“ Es ist klar, dass dies zu dem Zweck geschehen sollte, um Raum für das Wasser zu schaffen. Es ist wohl nicht schwer, sich die Rührigkeit vorzustellen, die dieser Befehl des Propheten unter den Gerüsteten hervorrief. Kein Mann wollte untätig sein. Jede Hacke und jeder Spaten wurde benutzt, und alles, was das Fließen des sehnsüchtig erwarteten Wassers hindern mochte, wurde beseitigt. Hierin liegt das Geheimnis. Zunächst erwäge die Worte deines Herrn und Meister. Lass nicht die Tatsache, dass du bisher die Wahrheit davon nicht empfunden hast, auf dich einwirken. Dein Versagen in der Vergangenheit und das Versagen anderer ändert nichts an der Wahrheit. Sie steht in ihrer erstaunlichen Einfachheit da und beschreibt, was für uns in Ihm ist und was unsere Berührung mit Ihm für uns hervorbringt. „Dies aber sagte er von dem Geist, den die an ihn Glaubenden empfangen sollten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war“ (Joh 7,39). Jetzt ist Er verherrlicht, der höchste Platz im Himmel ist Ihm gegeben worden, der für uns starb und wieder auferweckt wurde. Daher besteht kein Hindernis mehr zum Ausfließen dieser Wasser von seiner Seite aus. Das Hindernis liegt bei uns. Im Namen unseres Herrn und durch die Gnade, die Er gibt, steh auf und grabe! Mach in dem Tal Grube an Grube. Schaffe Raum für die Segnung; nein, vielmehr Raum für die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Wenn du dem Evangelium deines Heils glaubst, der guten Botschaft von Ihm, der für deine Sünden starb, der begraben wurde und wieder auferweckt worden ist, dann hast du nicht nötig, um den Geist zu bitten, denn dieser hat dich bereits versiegelt, wie die Schriften bezeugen (Eph 1,13.14). Aber du musst in deinem Leben Raum für sein Wirken machen sowie für die Segnungen, die Er bringt.

Es war in einem Tal, wo die Gruben zu machen waren. Erst wenn ein Mensch von dem Berg seines Dünkels herabsteigt, sich vor Gott demütigt und seine Mangelhaftigkeit erkennt, ist er passend und zum Graben bereit. Du hast dich nach der Segnung gesehnt. Ist dieses Sehen tief genug, die Gruben zu graben und alles beiseitezuschaffen, was das Fließen der Wasser hindert? Du weißt, was Hindernisse sind, und wenn nicht, Gott will sie dir zeigen. Geh mit dem Gebet Davids auf den Lippen zu Ihm: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf ewigem Weg!“ (Ps 139,23.24).

Doch es ist nicht dein Graben, das das Wasser hervorbringt. Alles, was du tun kannst, ist, Raum für das zu machen, was Gott für dich in Christus bereitet hat und was nicht von Ihm getrennt werden kann. Gott hat die Segnungen für alle Menschen, die mit der Seligkeit zusammengehören, fest mit seinem geliebten Sohn verbunden, und kein Mensch, sei er ein Heiliger oder Sünder, kann gesegnet werden außer durch Ihn. Denn beachten wir wohl: „Es geschah am Morgen, zur Zeit, da man das Speisopfer opfert, siehe, da kam Wasser des Weges von Edom her, und das Land füllte sich mit Wasser“ (2Kön 3,20). Dieses Morgenopfer war ein Schatten von der Kostbarkeit Christi für Gott. Wenn es im Glauben dargebracht wurde, dann gab es Zeugnis davon, dass der Opfernde das wertschätzte, was kommen würde. Lassen wir das Vorbild fallen und verbinden wir seine Anwendung mit der Gegenwart, so wird die Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, unseres Herrn, eine Wirklichkeit für uns. Dann haben wir unser Ergötzen an Ihm, an dem auch Gott sein Ergötzen hat.

Nur in einem solchen Herzenszustand sind wir bereit, Dinge auszuliefern, Gruben zu graben. Philipper 2 bringt in sehr gesegneter Weise unseren Herrn als das Gegenstück des Morgenspeisopfers vor uns, und in Kapitel 3 sagt Paulus: „Was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet; ja wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, damit ich Christus gewinne“ (Phil 3,7-). Wie trefflich hat er doch Gruben gemacht und wie groß war sein Lohn.

Der Mensch, der in irgendeinem Maß den Platz des Paulus einnimmt, in dessen Seele die Wasser eingeströmt sind, wird gewiss den Moabiter überwinden, denn das Fleisch hat keine Macht über den von Christus in Anspruch genommenen und den vom Heiligen Geist erfüllten Heiligen. Ein solcher wandelt im Geist und erfüllt nicht die Lüste des Fleisches. „Nicht ich, sondern Christus“ ist sein Wahlspruch. Er ist mehr als Überwinder durch Ihn, der ihn geliebt, und er wird zu einem geöffneten Kanal der Segnung für viele.

Nicht länger wird das Leben eines solchen Heiligen dem Weg der Wüste Edom gleichen, sondern wo immer er ist, werden die Wasser fließen; in seinem Haus, in seiner Schreibstube, in seiner Werkstatt, in seinem Dienst für den Herrn, sei es daheim oder draußen, im Leben und Zeugnis, Tag für Tag, Stunde für Stunde – „Ströme lebendigen Wassers“!

Nur auf diese Weise können wir belebt werden, sowohl was unser persönliches Christentum betrifft, als auch das in der Versammlung. Gott hält die Segnung nicht zurück, die Hindernisse sind auf unserer Seite. Wir sind zu träge, Raum für sie zu machen, wir hängen zu sehr an unseren Ansichten und Wegen und unserer Wichtigkeit, an unserem Ich und unseren Interessen. Dies sind die Hindernisse. Lasst uns im Tal Grube an Grube machen. Im Namen des Herrn steh auf und grabe!

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Originaltitel: „‚Machet in diesem Tale Grube an Grube.‘ Wie die, welche sich nach den Segnungen Gottes sehnen, solche erlangen“
aus der Serie: „Befreiende Gnade wie sie in den Worten und Wegen des Propheten Elisa vor uns gebracht wird“
in der Monatszeitschrift Der Dienst des Wortes,  Jg. 11, 1933, S. 121–127


Note from the editors:

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