Abendmahl können wir vernachlässigen ...!?
4. Mose 9

Charles Henry Mackintosh

© Heijkoop-Verlag, online: 09.04.2004, updated: 03.05.2020

Leitverse: 4. Mose 9,13.14

4Mo 9,13.14: Der Mann aber, der rein und nicht auf dem Wege ist und es unterlässt, das Passah zu feiern, selbige Seele soll ausgerottet werden aus ihren Völkern; denn er hat die Opfergabe des HERRN nicht zur bestimmten Zeit dargebracht; selbiger Mann soll seine Sünde tragen. Und wenn ein Fremdling bei euch weilt und dem HERRN Passah feiern will, so soll er es feiern nach der Satzung des Passah und nach seiner Vorschrift. Eine Satzung soll für euch sein, sowohl für den Fremdling als auch für den Eingeborenen des Landes.

Wenn jemand willentlich das Passah vernachlässigt hätte, dann hätte diese Tatsache bewiesen, dass dem betreffenden Israeliten die Wohltaten und Segnungen, die aus seiner Erlösung und Befreiung aus Ägypten folgten, überhaupt nichts wert waren. Je tiefer jemand in die göttliche Wirklichkeit dessen eindrang, was in jener denkwürdigen Nacht geschehen war, als die Versammlung Israels unter dem Schutz des Blutes Zuflucht und Ruhe fand, umso mehr musste er sich nach der Wiederkehr „des vierzehnten Tages des ersten Monats“ sehnen, wo er Gelegenheit erhielt, das Gedächtnis jenes großen Ereignisses zu feiern; und wenn ihn irgendetwas hinderte, der Verordnung „im ersten Monat“ mit Freuden zu entsprechen, so hätte er umso froher und dankbarer die Gelegenheit im „zweiten Monat“ wahrnehmen müssen. Ein Mensch aber, der von Jahr zu Jahr zufrieden dahinleben konnte, ohne das Passah zu feiern, bewies nur, dass sein Herz von dem Gott Israels weit entfernt war. Es wäre mehr als eitles Geschwätz gewesen, wenn jemand davon gesprochen hätte, er liebe den Gott seiner Väter und genieße die Segnungen der Erlösung, während er ausgerechnet diejenige Verordnung Jahr für Jahr vernachlässigte, die Gott gegeben hatte, um die Erlösung darzustellen.

Können wir nicht diese Erwägungen bis zu einem gewissen Grade im Hinblick auf das Abendmahl des Herrn auf uns selbst anwenden? Ohne Zweifel, und zwar mit großem Nutzen für unsere Seelen! Zwischen dem Passah und dem Abendmahl des Herrn besteht folgender Zusammenhang: Das Erste war ein Bild, das Letztere ist das Gedächtnismahl des Todes des Herrn. So lesen wir in 1. Korinther 5: „Unser Passah, Christus, ist geschlachtet.“ Dieser Ausspruch zeigt die Verbindung. Das Passah war das Gedächtnismahl an die Erlösung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens; das Abendmahl des Herrn ist das Gedächtnismahl an die Erlösung der Kirche aus der weit schwereren und finsteren Knechtschaft der Sünde und Satans. Wie daher jeder wahre und gläubige Israelit das Passah zur bestimmten Zeit entsprechend all den Satzungen und Vorschriften feierte, so wird auch jeder wahre und gläubige Christ das Abendmahl des Herrn an seinem bestimmten Tage und nach den Grundsätzen des Neuen Testaments feiern. Wenn ein Israelit nur bei einer einzigen Gelegenheit das Passah vernachlässigt hätte, so wäre er aus der Versammlung ausgestoßen worden.

Sollten wir angesichts dieser ernsten Tatsache nicht fragen: Ist es heute eine bedeutungslose Sache für einen Christen, von Woche zu Woche, von Monat zu Monat das Abendmahl seines Herrn zu vernachlässigen? Dürfen wir annehmen, dass der Gott, der in 4. Mose 9 Sein ernstes Urteil über jeden Israeliten aussprach, der das Passah vernachlässigt, es nicht beachtet, wenn jemand den Tisch des Herrn vernachlässigt? Ganz gewiss nicht! Dürfen wir in dieser Hinsicht nachlässig sein – wenn es sich auch nicht darum handelt, von der Kirche Gottes, dem Leibe Christi abgeschnitten zu werden? Fern sei uns ein solcher Gedanke! Vielmehr sollte es uns zu größerer Sorgfalt in der Feier dieses Festes ermuntern, in welchem wir „den Tod des Herrn verkündigen, bis er kommt“.

Für einen frommen Israeliten gab es nichts, was dem Passah gleichgekommen wäre; denn es erinnerte ihn an seine Erlösung. Und für einen frommen Christen kommt nichts dem Abendmahl des Herrn gleich, weil es das Gedächtnismahl seiner Erlösung und des Todes seines Herrn ist. Für einen Christen gibt es nichts Kostbareres, nichts Ausdrucksvolleres, nichts, das Christus mehr vor sein Herz stellt als das Abendmahl des Herrn. Er kann den Tod des Herrn besingen, er kann im Blick auf Ihn wegen Seines Todes Ihm danken und über diesen Tod lesen oder hören; aber nur im Abendmahl „verkündigt“ er diesen Tod.

„Und er nahm Brot, dankte, brach und gab es ihnen und sprach: Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird; dieses tut zu meinem Gedächtnis! Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahle und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blute, das für euch vergossen wird“ (Lk 22,19-20). Hier finden wir die Einsetzung des Festes. Weiter lesen wir dann in der Apostelgeschichte, dass am ersten Tage der Woche die Jünger „versammelt waren, um Brot zu brechen“ (Apg 20,7). Das ist die Feier des Festes. Und wenn wir uns endlich zu den Briefen wenden, so lesen wir: „Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus? Denn ein Brot, ein Leib, sind wir, die Vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brote“ (1Kor 10,16.17). Und ferner: „Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich auch euch überliefert habe, dass der Herr Jesus in der Nacht, in welcher er überliefert wurde, Brot nahm, und als er gedankt hatte, es brach und sprach: Dies ist mein Leib, der für euch ist; dies tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahle und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blute; dies tut, sooft ihr trinket, zu meinem Gedächtnis. Denn sooft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündiget ihr den Tod des Herrn, bis er kommt“ (1Kor 11,23-26).

Hier haben wir die Erklärung des Festes. Können wir nicht sagen, dass wir in der Einsetzung, in der Feier und in der Erklärung gleichsam ein dreifaches Band haben, das unsere Seelen an dieses wunderbare Fest bindet?

Wie kommt es nun, dass trotz dieser heiligen Gebote so mancher Christ den Tisch des Herrn vernachlässigt? Wie kommt es, dass so manche Glieder Christi Wochen und Monate – manche sogar ihr ganzes Leben – verstreichen lassen können, ohne dass sie sich je ihres Herrn in der Weise erinnern, wie es doch Sein bestimmtes und ausdrückliches Gebot ist? Wir wissen, dass es sogar solche gibt, die sich Christen nennen und die die Feier des Abendmahls als ein Zurückkehren zu jüdischen Verordnungen und als ein Herabsteigen von der hohen Stellung der Kirche betrachten. Sie halten das Abendmahl und die Taufe für geistliche Geheimnisse und meinen, dass man von wahrer Geistlichkeit abweicht, wenn man auf der buchstäblichen Befolgung dieser Verordnungen besteht.

Auf all das kann man nur erwidern, dass Gott weiser ist als wir. Wenn der Herr Jesus das Abendmahl einsetzte; wenn der Heilige Geist die Kirche in der ersten Zeit anleitete, es zu feiern; und wenn Er auch uns es erklärt hat – wer sind dann wir, dass wir unsere Gedanken Gott entgegensetzen? Ohne Zweifel soll das Abendmahl des Herrn für alle, die daran teilnehmen, ein inneres geistliches Geheimnis sein, aber es ist auch eine äußerliche, buchstäbliche, greifbare Sache. Es ist wirkliches Brot, wirklicher Wein – ein wirkliches Essen und Trinken.

Hierbei handelt es sich jedoch nicht nur um eine Frage der Unterwerfung unter die Autorität der Schrift – wenn es das auch ganz gewiss ist. Aber es handelt sich um mehr als das. Es gibt in dem Herzen des Christen so etwas wie eine Antwort der Liebe, die der Liebe des Herzens Christi entspricht. Sollten wir nicht – wenn es auch nur in Schwachheit geschehen kann – der Liebe eines solchen Herzens zu entsprechen suchen? Wenn unser Herr im Abendmahl tatsächlich Brot und Wein als die Erinnerungszeichen Seines für uns gegebenen Leibes und Seines vergossenen Blutes einsetzte, wenn Er befohlen hat, dass wir zu Seinem Gedächtnis von diesem Brot essen und von diesem Kelch trinken sollen – sollten wir dann nicht in der Kraft einer Zuneigung, die Seiner Liebe antwortet, dem Wunsch Seines Herzens entsprechen? Gewiss wird kein ernster Christ das in Frage stellen! Es sollte immer die Freude unserer Herzen sein, uns um den Tisch unseres liebenden Herrn zu versammeln und nach Seiner Anordnung uns Seiner zu erinnern, Seinen Tod zu verkündigen, bis Er kommt. Ist es nicht ein wunderbarer Gedanke, dass Er im Gedächtnis unserer Herzen einen Platz gesucht hat? Und wäre es nicht traurig, wenn wir aus irgendeinem Grund dieses Fest vernachlässigen, mit dem Er Seinen kostbaren Namen verbunden hat?


Aus Gedanken zum 4. Buch Mose, Heijkoop-Verlag, Winschoten, 1974

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