Wenn schlimme Dinge passieren
Johannes 9,1-4

David Roderick Reid

© SoundWords, online: 10.08.2016, updated: 28.02.2025

Leitverse: Johannes 9,1-4

Joh 9,1-4: Als Jesus vorbeiging, sah er einen Menschen, blind von Geburt. Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde? Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern, sondern damit die Werke Gottes an ihm offenbar würden! Ich muss die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.

Zum Hintergrund

„Seine Jünger fragten ihn und sprachen: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde?“ (Joh 9,2). Auf den ersten Blick klingt diese Frage seltsam. Wenn der Mann blind geboren wurde, wie konnte seine Blindheit dann die Folge seiner eigenen Sünde sein? Menschen sündigen nicht vor ihrer Geburt. Nun, ob wir es glauben oder nicht, die Vorstellung, dass ein ungeborenes Kind sündigen könne, taucht in einigen rabbinischen Schriften auf. Deshalb war die Frage aus der Sicht der Jünger nicht so seltsam.

Die Vorstellung, dass die Blindheit des Mannes die Folge der Sünde seiner Eltern gewesen sein könnte, hat ihren Ursprung in einer falschen Auslegung des alttestamentlichen Gesetzes, dass die Schuld der Väter an den Kindern heimgesucht wird „bis in das dritte und vierte Glied“ (2Mo 20,5; 34,7). Diese Aussage bedeutet jedoch nicht, dass das körperliche Problem eines Kindes die Folge einer bestimmten Sünde seiner Eltern oder Großeltern ist. Nein, Gott will uns lehren, dass die Auswirkungen der Sünde ganze Familien betreffen. Zum Beispiel hat eine gescheiterte Ehe oft weitreichende Folgen, manchmal über viele Generationen hinweg.

Im Fall des blinden Mannes erklärte Jesus seinen Jüngern ausdrücklich, dass niemand gesündigt und keine schlechte oder falsche Entscheidung getroffen hatte. Gott hatte zugelassen, dass der Mann blind geboren wurde, damit durch das Wunder der Heilung seine Herrlichkeit gezeigt würde. Und genau das tat Jesus!

Lehrpunkte

Wenn „guten“ Menschen Schlimmes widerfährt, behält Gottwimmer noch die Kontrolle

Vor vielen  Jahren schrieb Rabbi Harold Kushner einen Bestseller mit dem Titel When Bad Things Happen to Good People (im Deutschen erschienen unter dem Titel „Wenn guten Menschen Böses widerfährt“). Rabbi Kushner wollte die falsche Ansicht ausräumen, dass Gott einen Menschen für eine Sünde strafen wolle, wenn ihm etwas Schlimmes widerfahre. In Johannes 9,1-4 erklärt Jesus nachdrücklich, dass der Mann nicht blind war, weil irgendjemand etwas Unrechtes getan hatte. Ebenso wissen wir, dass die tragischen Ereignisse in Hiobs Leben nicht das Ergebnis seiner Sünden oder falschen Entscheidungen waren (Hiob 1,1).

Leider kommt Rabbi Kushners Buch zu dem falschen Schluss, Gott könne nicht die volle Kontrolle über das Geschehen in der Welt haben – Gott könne nicht verhindern, dass böse Dinge oder tragische Ereignisse passieren. In einer schlimmen Situation könne Gott nur die „Scherben aufsammeln“ und dem leidenden Menschen Trost und Frieden spenden.

Drei Jahre später schrieb der christliche Autor Warren Wiersbe eine Gegendarstellung zu Kushners Buch mit dem Titel Why us? When Bad Things Happen to God’s People („Warum wir? Wenn Gottes Volk Böses widerfährt“). Dr. Wiersbe vertritt den biblischen Standpunkt, dass Gott nicht die Kontrolle verloren hat, wenn Schlimmes geschieht. Sogar wenn seinen Leuten Schlimmes widerfährt, sitzt Gott immer noch auf dem Thron! Er ist immer noch souverän! Epheser 1,11 sagt, dass Er „alles nach dem Rat seines Willens wirkt“. „Alles“ schließt natürlich alle Umstände und Ereignisse im Leben eines wachsenden Christen ein!

Wenn es je eine Zeit gab, in der es so aussah, als seien tragische Umstände außerhalb von Gottes Kontrolle, dann war es die letzte Woche des irdischen Lebens unseres Herrn. Denken wir an das ungerechte Gerichtsverfahren gegen den Menschen, der völlig unschuldig war. Denken wir an die leibliche Misshandlung des Einen, der niemand etwas zuleide getan hatte. Halten wir uns den grausamen und „vorzeitigen“ Tod dessen vor Augen, der immer nur das Helfen und Heilen im Sinn gehabt hatte. War diese Situation außerhalb der Kontrolle Gottes? Nein! Die Ereignisse dieser Woche waren völlig von Gott gelenkt. Sie waren im Ratschluss Gottes schon vor aller Ewigkeit geplant und vorgesehen.

Von unserer menschlichen Betrachtung her mögen uns manche Ereignisse in unserem Leben „zufällig“ oder gar „nebensächlich“ vorkommen. Von Gottes Standpunkt aus sind die Ereignisse in unserem Leben aber niemals außerhalb seiner Wahrnehmung und sie sind auch niemals außerhalb seines Plans für unser Leben.

In allem wirkt Gott zu unserem Guten

Römer 8,28 sagt: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind.“  Beachte, dass Römer 8,28 nicht sagt, dass alle Dinge „gut“ seien. „Schlimmes“ passiert nun einmal im Leben von Gläubigen. Blind geboren zu sein, war nicht „gut“. Schmerzvolle Ereignisse in unserem Leben sind nicht „gut“. Wir leben in einer gefallenen Welt und leiden unter den Folgen von Adams und Evas Ungehorsam und Rebellion gegen Gott im Garten Eden. Die Strafe für diese Sünde traf die gesamte Menschheit: harte Arbeit, Enttäuschung, Schmerz und schließlich Tod (1Mo 3,17-19). Doch Römer 8,28 zeigt uns, dass sogar in diesen Dingen Gott seine guten Pläne für unser Leben zur Vollendung bringen wird.

In den „tragischen“ Ereignissen der letzte Woche des irdischen Lebens unseres Herrn wurden die Größe und Heiligkeit Gottes wunderbar enthüllt. Der Herr zeigte seine bewunderungswürdige Liebe zu uns und vollendete sein großes Erlösungswerk. Wenn Gott nun diese scheinbar verworrenen und ungerechten Ereignisse in dem Leben unseren Herrn plante und lenkte, dann können wir sicher sein, dass die Ereignisse in unserem Leben niemals aus seiner Kontrolle geraten. Er wird alle Ereignisse – sowohl „gute“ als auch „schlimme“ – zusammenwirken lassen, um seine guten Pläne für unser Leben zu vollenden.

Praktische Anwendung

Den Sinn darauf richten, von der Größe Gottes zu zeugen

Wir werden im Leben vielen Situationen begegnen, die wir als „schlimm“ betrachten: den Verlust des Arbeitsplatzes, eine schwere Krankheit, die Geburt eines behinderten Kindes, der Tod eines geliebten Menschen. In solch schwierigen Zeiten ist es normal, sich darüber Gedanken zu machen, warum dieses Schreckliche passiert ist. Es ist normal, zu fragen, ob jemand schuldig ist. Wie die Jünger machen wir uns vielleicht Gedanken, ob jemand gesündigt haben könnte.

Im Gegensatz hierzu richtete Jesus den Blick darauf, wie die schwierige Lage des blinden Mannes die Gelegenheit dazu bot, wie Gott zu handeln – und eine Gelegenheit, anderen seine Herrlichkeit zu zeigen!

Unsere Sicht sollte die gleiche sein wie die des Herrn. Anstatt Gott zu fragen, warum ein schmerzliches Ereignis eingetreten ist, sollten wir unser Augenmerk darauf richten, wie wir Gottes Größe sichtbar machen können. Lasst uns darüber nachdenken, wie wir Ihn in unserem Leben durch unsere schwierigen Umstände verherrlichen können. Wir haben hierzu kein besseres Beispiel als das unseres Herrn, als Er dem Verrat und seiner Kreuzigung entgegensah. Er kannte das Leid und die Schmerzen, die Ihm in Gethsemane bevorstanden. Aber Er war gleichwohl fest entschlossen, das Werk seines Vaters zu tun und das große Werk zu unserer Erlösung zu vollenden.

Denk daran, dass die Zeit kurz ist!

Unmittelbar nachdem Jesus seinen Jüngern erklärt hatte, dass der Mann blind geboren war, damit das Werk Gottes in seinem Leben gezeigt werden konnte, drängte Er sie, „die Werke Gottes zu wirken“, solange sie noch Gelegenheit dazu hätten (Joh 9,4). Im Wesentlichen sagte Jesus: „Vergeudet nicht die Zeit mit dem Fragen danach, warum etwas Schlimmes passiert ist. Überlegt vielmehr, wie ihr Gottes Werk tun und seine Größe zeigen könnt!“

Wir Gläubigen haben eine begrenzte Zeit auf der Erde, bevor wir in den Himmel gehen. Jesus sagt in Matthäus 5,14, dass wir das Licht der Welt sind, ebenso wie Er in Johannes 8,12 sagt: „Ich bin das Licht der Welt.“ Wir werden nicht immer unser Licht hier auf Erden scheinen lassen können. Einige von uns – vielleicht wir alle – werden zu spät erkennen, dass wir nicht die Zeit genutzt und die Gelegenheiten wahrgenommen haben, die der Herr uns gegeben hat.

So lasst uns daran denken, dass Jesus uns gesagt hat: „Es kommt die Nacht, da niemand wirken kann“ (Joh 9,4).  Lasst uns daran denken, dass die Zeit kurz ist! 


Originaltitel: „When Bad Things happen
Quelle: www.growingchristians.org

Übersetzung: Siegrid Prelle


Note from the editors:

The SoundWords editorial team is responsible for the publication of the above article. It does not necessarily agree with all expressed thoughts of the author (except of course articles of the editorial staff) nor would it like to refer to all thoughts and practices, which the author represents elsewhere. “But examine all things, hold fast the good” (1Thes 5:21).—See also „On our own account ...

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