Vorträge über den Brief an die Römer (9)
Kapitel 11

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online: 06.09.2025

Gottes zukünftiges Handeln mit Israel in Erfüllung der prophetischen Schriften

Verse 1-6

Röm 11,1-6: 1 Ich sage nun: Hat Gott etwa sein Volk verstoßen? Das sei ferne! Denn auch ich bin ein Israelit aus dem Geschlecht Abrahams, vom Stamm Benjamin. 2 Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvorerkannt hat. Oder wisst ihr nicht, was die Schrift in der Geschichte Elias sagt? Wie er vor Gott auftritt gegen Israel: 3 „Herr, sie haben deine Propheten getötet, deine Altäre niedergerissen, und ich allein bin übrig geblieben, und sie trachten mir nach dem Leben.“ 4 Aber was sagt ihm die göttliche Antwort? „Ich habe mir übrig bleiben lassen siebentausend Mann, die ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt haben.“ 5 So besteht nun auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach Auswahl der Gnade. 6 Wenn aber durch Gnade, so nicht mehr aus Werken; sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade.

Römer 11 ist sehr aufschlussreich in Bezug auf Gottes heilsgeschichtlichen Plan. Wir haben bereits gesehen, wie Gottes früheres Handeln mit Israel seine Gerechtigkeit bewiesen hat, wenn Er mit den Heiden so handelt, wie Er es jetzt tut – trotz des Bundes mit seinem irdischen Volk. In Römer 10 haben wir gesehen, dass, obwohl die Nation Israel als solche beiseitegestellt ist, dies den einzelnen Israeliten in keiner Weise daran hindert, sich Gott zuzuwenden und dasselbe Heil zu finden, das Er in seiner Souveränität durch seine Knechte auch den Nationen verkündet.

Im ersten Teil unseres heutigen Kapitels, in Römer 11,1-6, wird das Thema von Römer 10 fortgesetzt und zu einem Abschluss gebracht. Es wird die Frage gestellt: „Hat Gott etwa sein Volk verstoßen?“ Keineswegs. Paulus’ eigene Erfahrungen bewiesen, dass dies nicht der Fall war; denn er war ein Israelit aus dem natürlichen Samen Abrahams und aus dem Stamm Benjamin; dennoch war er vom Geist Gottes ergriffen und zur rettenden Erkenntnis des Herrn Jesus Christus gebracht worden. Und was auf ihn zutraf, konnte auch für jeden anderen gelten. Was wirklich geschehen war, war schlichtweg die Erfüllung der Worte des Propheten Elia in einem weiteren Sinne, als er sie zu Ahabs Zeiten ausgesprochen hatte [1Kön 19,9-18]. Das Volk hatte jedes Zeugnis, das ihnen gesandt worden war, zurückgewiesen. Das Volk hatte die Propheten getötet und den Altar des HERRN geschändet. Aber so wie Gott zu Elias Zeiten siebentausend Mann für sich zurückbehalten hatte, die ihre Knie nicht vor dem Bild des Baal gebeugt hatten, „so besteht nun auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach Auswahl der Gnade“. Gott verwirft das Volk, aber die Gnade geht an den Einzelnen.

Das Wichtigste, was Israel jedoch verstehen muss, ist, dass sie, wenn sie überhaupt errettet werden, genauso errettet werden wie die Nationen – aus Gnade. Gnade ist, wie wir gesehen haben, unverdiente Gunst. Ja, wir können es sogar noch stärker ausdrücken: Gnade ist Gunst statt Verdienst. Dies schließt jeden Gedanken an Werke aus. Würde irgendeine Art von Verdienst in Betracht gezogen, so wäre Gnade keine Gnade mehr. Würde die Errettung aus Werken bestehen, so bliebe kein Platz mehr für die Gnade, denn Gnade würde den Werken ihren Verdienstcharakter nehmen. Die beiden Grundsätze – Errettung aus Gnade und Errettung aus Werken – sind einander völlig entgegengesetzt. Man kann Gesetz und Gnade nicht miteinander vermischen; diese beiden Grundsätze widersprechen einander.

Verse 7-10

Röm 11,7-10: 7 Was nun? Was Israel sucht, das hat es nicht erlangt; aber die Auserwählten haben es erlangt, die Übrigen aber sind verhärtet worden, 8 wie geschrieben steht: „Gott hat ihnen einen Geist der Betäubung gegeben, Augen, dass sie nicht sehen, und Ohren, dass sie nicht hören, bis auf den heutigen Tag.“ 9 Und David sagt: „Ihr Tisch werde ihnen zur Schlinge und zum Fangnetz und zum Anstoß und zur Vergeltung! 10 Verfinstert seien ihre Augen, dass sie nicht sehen, und ihren Rücken beuge allezeit!“

Ab Vers 7 unternimmt es der Apostel nun, den geheimen Plan Gottes in Bezug auf Israel am kommenden Tag aufzuzeigen. Was das Volk suchte, hat es nicht erlangt; aber die Auserwählten (d.h. diejenigen, die sich damit begnügen, aus Gnaden gerettet zu werden) haben es erlangt; die übrigen sind aufgrund von Gericht verblendet worden. Wieder zitiert Paulus aus dem Alten Testament, um zu zeigen, dass dies ganz und gar mit dem prophetischen Wort übereinstimmt. Jesaja schreibt: „Der HERR hat einen Geist tiefen Schlafes über euch ausgegossen und hat eure Augen geschlossen“ (Jes 29,10), und Paulus zeigt, dass dies bis zum heutigen Tag gilt. Auch David hatte geschrieben: „Ihr Tisch werde vor ihnen zur Schlinge, und ihnen, den Sorglosen, zum Fallstrick! Lass ihre Augen dunkel werden, damit sie nicht sehen; und lass ihre Lenden beständig wanken!“ (Ps 69,23-24). Dieser schreckliche Fluch erfüllte sich, als die Repräsentanten des Volkes Christus bewusst verwarfen und das Gericht über ihre Nachkommen herabriefen, indem sie im Gerichtssaal des Pilatus riefen: „Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder“ (Mt 27,25). Weil sie den Messias verwarfen, wurden sie von Gott verworfen. Und viele Christen setzen es als selbstverständlich voraus, dass Gott mit dieser Nation für immer abgeschlossen hat. Der Apostel zeigt nun, wie weit dies von der Wahrheit entfernt ist:

Verse 11-12

Röm 11,11: Ich sage nun: Sind sie etwa gestrauchelt, damit sie fallen sollten? Das sei ferne! Sondern durch ihren Fall ist den Nationen das Heil geworden, um sie zur Eifersucht zu reizen.

Er fragt: „Sind sie etwa gestrauchelt, damit sie fallen sollten?“ Oder in anderen Worten: Sind sie ganz und gar gefallen ohne jede Hoffnung auf Wiederherstellung oder ohne dass es möglich wäre, dass sie wiederhergestellt werden? Die Antwort lautet wieder: „Das sei ferne!“ Gott hat sich über ihren gegenwärtigen Fall hinweggesetzt, um seinen Reichtum an Gnade gegenüber den Nationen bekanntzumachen, und dies wiederum wird schließlich dazu dienen, Israel zur Eifersucht zu reizen und sie zurückzuführen zu dem Gott ihrer Väter und zu dem Christus, den sie verworfen haben. Diese Wiederherstellung wird für den Teil der Welt, der noch nicht zur rettenden Erkenntnis des Evangeliums gekommen ist, ein Mittel von unermesslichem Segen sein. Mit heiligem Überschwang ruft Paulus aus: 

Röm 11,12: Wenn aber ihr Fall der Reichtum der Welt ist und ihr Verlust der Reichtum der Nationen, wie viel mehr ihre Vollzahl!

Es ist gut, den Gebrauch dieses Wortes „Vollzahl“ zu beachten, denn wir werden weiter unten in diesem Kapitel noch darauf zu sprechen kommen. Die Vollzahl Israels wird die Bekehrung Israels sein – die Erfüllung des Ratschlusses Gottes mit ihnen.

Verse 13-15

Röm 11,13-14: 13 Euch aber, den Nationen, sage ich: Insofern ich nun der Apostel der Nationen bin, ehre ich meinen Dienst, 14 ob ich auf irgendeine Weise sie, die mein Fleisch sind, zur Eifersucht reizen und einige von ihnen erretten möge.

Paulus war der Apostel der Nationen und als solcher ehrte er seinen Dienst. Aber er wollte nicht, dass die Nationen auch nur einen Augenblick dächten, er habe sein Interesse an Israel verloren. Vielmehr wollte er, dass die Juden zur Nachahmung angeregt würden, damit viele aus ihrer Mitte gerettet würden, wenn sie sahen, wie die Gnade Gottes zu den Nationen ausging. Andererseits wollte er nicht, dass die Nationen sich über die Juden rühmten, weil diese beiseitegestellt worden waren und die Nationen die Segnungen genossen, die der Jude gehabt hätte, wenn er bereit gewesen wäre, sie zu empfangen. Paulus setzt seine Argumentation fort, indem er ein Gleichnis anführt, das den göttlichen Plan sehr anschaulich darstellt:

Röm 11,15: Denn wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was wird die Annahme anderes sein als Leben aus den Toten?

Das heißt: Wenn die Botschaft der Gnade zu den Nationen ausgeht, während die Juden unter allen Völkern umherirren – ein enttäuschtes und müdes Volk unter dem Fluch des Gottes ihrer Väter – und eine Auswahl von ihnen die Botschaft empfängt, was wird es dann für die ganze Welt bedeuten, wenn Israel sich als Nation zum Herrn zurückwendet und in Wahrheit ein heiliges Volk wird und zu Zeugen für alle Nationen?

Verse 16-18

Röm 11,16: Wenn aber der Erstling heilig ist, so auch die Masse; und wenn die Wurzel heilig ist, so auch die Zweige.

Wenn der wiedergeborene Überrest in Israel tatsächlich ein für Gott ausgesondertes Volk ist, dann wird schließlich auch die Nation, zu der er gehört, heilig sein. Und wenn die Wurzel des Ölbaums des Bundes heilig ist (d.h. Abraham, der Gott geglaubt hatte, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet; Röm 4,3), dann sind auch alle heilig, die durch Glauben mit Abraham verbunden sind.

Röm 11,17: Wenn aber einige der Zweige ausgebrochen worden sind, du aber, der du ein wilder Ölbaum warst, unter sie eingepfropft und der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaums teilhaftig geworden bist, …

Sie waren natürliche Zweige des Ölbaums – Israeliten von Geburt an, aber nicht aus Gnade –, die ausgebrochen worden waren. Und damit die Verheißungen Gottes an Abraham nicht hinfällig werden („und in deinem Nachkommen werden sich segnen alle Nationen der Erde“, 1Mo 22,18), wurden die Zweige des wilden Ölbaums, die Nationen, in den Überrest Israels eingepfropft. Auf diese Weise haben Jude und Heide, die gemeinsam glauben, Anteil an der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaums. Nun besteht aber die große Gefahr, dass die Nationen, während sie mit den Kindern der Verheißung verbunden sind, sich auf rein äußerliche Vorrechte verlassen und  das Evangelium Gottes nicht zu schätzen wissen und sich so als unecht erweisen. In diesem Fall wird Gott mit den Nationen so handeln müssen, wie Er mit den Juden gehandelt hatte. Und so werden wir mit ernsten Worten gewarnt:

Röm 11,18: … so rühme dich nicht gegen die Zweige. Wenn du dich aber gegen sie rühmst – du trägst nicht die Wurzel, sondern die Wurzel dich.

Verse 19-21

Röm 11,19-21: 19 Du wirst nun sagen: Die Zweige sind ausgebrochen worden, damit ich eingepfropft würde. 20 Recht; sie sind ausgebrochen worden durch den Unglauben; du aber stehst durch den Glauben. Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich; 21 denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht verschont hat – dass er auch dich etwa nicht verschonen werde.

Manche sagen vielleicht: „Nun, aber die natürlichen Zweige sind ausgebrochen worden, damit ich, ein Heide, eingepfropft werden kann.“ Die Antwort ist klar und deutlich: „Sie sind ausgebrochen worden durch den Unglauben; du aber stehst durch den Glauben.“ Deshalb die Ermahnung: „Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich; denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht verschont hat – dass er auch dich etwa nicht verschonen werde.“

Verse 22-24

Röm 11,22-23: 22 Sieh nun die Güte und die Strenge Gottes: gegen die, die gefallen sind, Strenge; gegen dich aber Güte Gottes, wenn du an der Güte bleibst; sonst wirst auch du ausgeschnitten werden. 23 Auch jene aber, wenn sie nicht im Unglauben bleiben, werden eingepfropft werden; denn Gott vermag sie wieder einzupfropfen.

Müssen wir innehalten, um uns zu fragen, ob die Heiden ihre Vorrechte zu schätzen wissen? Ist es nicht für jeden geistlich gesinnten Beobachter offensichtlich, dass die Verhältnisse in der Christenheit heute so schlimm sind wie damals in Israel? Sehen wir nicht überall den Abfall von der Wahrheit vorherrschen? Sind die charakteristischen Merkmale der Endzeit, wie sie in 2. Timotheus 3 beschrieben werden, nicht überall offensichtlich? Wenn ja, sollten wir dann nicht gewarnt sein, dass die Zeit nahe ist, wenn die unfruchtbaren Zweige aus dem Ölbaum ausgebrochen und die natürlichen Zweige, die endlich zu Gott zurückkehren, wieder in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden?

In diesen heilsgeschichtlichen Wegen zeigt sich die Güte und Strenge Gottes, die schon in Römer 9 so deutlich herausgestellt worden ist:

  • Strenge gegenüber den Abgefallenen, die sich weigerten, dem Zeugnis zu glauben
  • Güte gegenüber unwissenden und unwürdigen Heiden, die jedoch nur dann fortwährt, wenn sie die Güte weiterhin zu schätzen wissen; andernfalls werden auch sie abgeschnitten werden

Wer kann daran zweifeln, dass der Tag des Abschneidens nahe ist, wenn die wahre Gemeinde entrückt wird, um bei dem Herrn zu sein, und Gericht über die ungläubige Christenheit verhängt wird? Dann wird Gott sich in Gnade Israel zuwenden, falls sie nicht im Unglauben verharren, und sie werden wieder in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden nach der Kraft des Gottes der Auferstehung.

Ich erinnere mich, dass ich vor einigen Jahren einen Artikel eines bekannten „Bibelkritikers“ las. Darin machte er die Idee der Inspiration des Apostels Paulus lächerlich, weil dieser einen der grundlegendsten Grundsätze des Gartenbaus offensichtlich nicht kannte: „Paulus war in der Kunst des Pfropfens tatsächlich so unwissend, dass er davon spricht, wilde Zweige auf einen guten Baum zu pfropfen; offensichtlich wusste er nicht, dass es üblich ist, gute Zweige auf einen wilden Baum zu pfropfen.“ Es ist klar, dass der ehrwürdige Kritiker die Worte des Apostels im nächsten Vers nicht sorgfältig gelesen hatte, sonst wäre er nicht in eine solche Falle getappt. Paulus weist eindeutig darauf hin, dass er sehr wohl wusste, dass seine Illustration im Gegensatz zu dem steht, was man üblicherweise tut:

Röm 11,24: Denn wenn du aus dem von Natur wilden Ölbaum ausgeschnitten und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, wie viel mehr werden diese, die natürlichen Zweige, in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden!

Nein, Paulus war nicht unwissend in Sachen Gartenbau, ebenso wenig wie der Heilige Geist, der ihn beim Schreiben leitete und inspirierte. Was für den Menschen ungewöhnlich ist, ist oft ganz in Übereinstimmung mit dem göttlichen Plan; so auch hier.

Verse 25-27

Und so sehen wir in Römer 11,25-32, was vor dieser Neupfropfung geschehen muss und was danach folgen wird:

Röm 11,25-26: 25 Denn ich will nicht, Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt sei, damit ihr nicht euch selbst für klug haltet: dass Israel zum Teil Verhärtung widerfahren ist, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen ist; 26 und so wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht: „Aus Zion wird der Erretter kommen, er wird die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden; …

Dies ist also eines der Geheimnisse, das in den Gedanken Gottes verborgen war, bis die Zeit für seine Offenbarung gekommen war: Israel ist zum Teil verhärtet, aber Gott sei Dank nur zum Teil, bis das gegenwärtige Wirken Gottes unter den Nationen vollendet ist. Hier haben wir die zweite Verwendung dieses Wortes „Vollzahl“. Die „Vollzahl der Nationen“ ist die Vollendung des Werkes unter den Nationen, das seit der Verwerfung Israels andauert. Wie wir aus anderen Schriftstellen wissen wird diese „Vollzahl“ eintreffen, wenn unser Herr seine Gemeinde zu sich ruft, wie es in 1. Thessalonicher 4 und 1. Korinther 15 heißt. Dann wird „ganz Israel errettet werden“. Unter dem Begriff „ganz Israel“ dürfen wir nicht alle verstehen, die israelitischer Abstammung sind, denn wir haben bereits gelernt, dass „nicht alle, die aus Israel sind, Israel sind, … sondern die Kinder der Verheißung werden als Nachkommen gerechnet“ (Röm 9,6.8). Der Überrest wird also das wahre Israel sein an jenem herrlichen Tag, wenn „aus Zion der Erretter kommen und die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden wird“. Denn Gott hat gesagt:

Röm 11,27: … und dies ist für sie der Bund von mir, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde.“

Verse 28-32

Röm 11,28-31: 28 Hinsichtlich des Evangeliums sind sie zwar Feinde, um euretwillen, hinsichtlich der Auswahl aber Geliebte, um der Väter willen. 29 Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar. 30 Denn wie ihr einst Gott nicht geglaubt habt, jetzt aber unter die Begnadigung gekommen seid durch deren Unglauben, 31 so haben auch jetzt diese an eure Begnadigung nicht geglaubt, damit auch sie unter die Begnadigung kommen.

Der Apostel schlussfolgert: Sie sind also derzeit Feinde hinsichtlich des Evangeliums; doch wegen ihrer Feindschaft geht die Gnade zu den Nationen aus. Dennoch sind sie nach dem göttlichen Plan immer noch Geliebte um der Väter willen, denn Gott zieht seine Gnadengaben und seine Berufung niemals zurück. Die Verheißungen, die den Vätern und David gegeben worden waren, werden und müssen erfüllt werden. Studiere in diesem Zusammenhang einmal sorgfältig Psalm 89. Und so wie die Heiden, die früher nicht an Gott geglaubt hatten, jetzt aber durch den Unglauben der Juden Barmherzigkeit erlangt haben, so wird auch Israel – wenn die Heiden sich als ungläubig erweisen und beiseitegeschoben werden – Barmherzigkeit erlangen, wenn sie im Glauben zu Gott zurückkehren.

Ob Jude oder Heide, alle werden nach demselben Grundsatz errettet:

Röm 11,32: Denn Gott hat alle zusammen in den Unglauben eingeschlossen, um alle zu begnadigen.

Verse 33-36

Die letzten vier Verse haben den Charakter einer Doxologie[1]. Das Herz des Apostels ist erfüllt von Anbetung, Lobpreis und Bewunderung, während der volle Glanz des göttlichen Plans seine Seele erfüllt. Er ruft aus:

Röm 11,33-36: 33 O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unergründlich seine Wege! 34 Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? 35 Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? 36 Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.

Ohne Offenbarung hätte niemand Gottes Gedanken wissen können, so wie auch kein geschaffenes Wesen jemals Gottes Mitberater [vgl. Jes 40,13-14] hätte sein können. Niemand hat sich jemals Gnade verdient, indem er Gott zuerst etwas gegeben hätte, damit ihm dafür Segen zuteilwürde; sondern alle Dinge sind von Ihm und durch Ihn und für Ihn, dem die Herrlichkeit sei in Ewigkeit. Amen.


Originaltitel: „Lecture 9: God’s Future Dealings with Israel in Fulfilment of the Prophetic Scriptures“ 
in Lectures on the Epistle to the Romans, Loizeaux Brothers, 61944. 
Quelle: https://plymouthbrethren.org

Übersetzung: Samuel Ackermann

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Ein feierliches Rühmen der Herrlichkeit Gottes. Siehe dazu den Wikipedia-Artikel über Doxologie.


Note from the editors:

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