Rezension: Das letzte Wort hat die Liebe
Ein Buch von Rob Bell

Dirk Schürmann

© SoundWords, online: 08.12.2023, updated: 15.12.2023

Der US-amerikanische Pastor und Autor Robert Holmes „Rob“ Bell (*1970) ist ein Vertreter des modernen Evangelikalismus. 1999 gründete er in Grandville die Mars Hill Bible Church. Bereits sechs Jahre später nahmen an den beiden sonntäglichen Versammlungen etwa rund 11.000 Besucher teil. Ein Buch aus seiner Feder trägt in der deutschen Übersetzung den Titel Das letzte Wort hat die Liebe und den Untertitel Himmel und Hölle und das Schicksal jedes Menschen, der je gelebt hat. Es ist 2013 im Brunnen-Verlag erschienen und wird dort vorgestellt mit den Worten:

Wie lassen sich die biblischen Begriffe Rettung, Verdammnis, Umkehr, Himmel und Hölle verstehen? Dieses Buch zeigt ungewöhnliche Perspektiven auf diese Fragen auf, die zu der Entdeckung führen: Die „gute Nachricht“ ist noch viel besser, als wir bisher gedacht haben.[1]

Die gute Nachricht ist „noch viel besser“? Noch besser als das, was die Bibel uns ganz ausdrücklich über die Errettung mitteilt? Nach Meinung des Verlags, ja, und er zitiert den Kommentar des Theologen Dr. Peter Aschoff (*1965) zum Buch:

Rob Bell entfaltet einen Glauben, der voller Hoffnung ist für unsere Welt. Ein Bild von Gott, das rundherum gewaltfrei ist. In einer Zeit, in der viele Menschen fürchten, dass Religion unweigerlich gewalttätige Tendenzen mit sich bringt, und deshalb auf Sicherheitsabstand gehen zu jeder Art von Glauben, lässt das aufhorchen.[2]

Mit seinem lockeren Erzählstil und einem rhetorisch geschickten Textaufbau spricht Bell besonders junge Menschen an. Bell „erspart“ es ihnen, sich mit der Lehre der Schrift und Bibelstellen auseinandersetzen zu „müssen“; stattdessen folgen sie Bells eigener Geschichte über Gott.[3] In seiner Geschichte erweckt Bell bei seinen Lesern den Eindruck, dass es eine Allversöhnung gebe, ja quasi geben müsse, ohne dies jedoch ausdrücklich zu behaupten. In dieser Geschichte klammert er „das Kapitel, dass […] der Rest der Menschheit für ewig Qual und Bestrafung in der Hölle erleiden wird“ (S. 2), aus, denn „eine Geschichte über einen Gott, der […] unnachgiebig Strafen über Menschen verhängt“, sei „keine besonders gute Geschichte“ (S. 117).

Folglich schreibt er Gott sozusagen vor, wie Er zu sein habe, wenn Menschen an Ihn glauben sollen. Ein Gott, der heute als Heiland-Gott dem Menschen die Versöhnung anbietet, morgen jedoch als der gerechte Richter das endgültige Verdammungsurteil spricht, wenn der Mensch Sein Angebot abgelehnt hat, sei „teuflisch“. Gott solle nicht behaupten, ein Gott der Liebe zu sein, wenn Er einmal als Retter und ein andermal als Richter auftrete: „Kann Gott so etwas tun oder es zumindest zulassen und weiterhin behaupten, ein Gott der Liebe zu sein?“ (S. 16).

Himmel und Hölle finden bei Bell auf der Erde statt, „hier und jetzt“, nicht erst im Jenseits. Und so endet sein Kapitel über den Himmel mit den Worten:

Und dann gibt es die Einladung, die Jesus ausspricht: die Einladung in den Himmel, hier und jetzt, in diesem Augenblick an diesem Ort. So, und jetzt versuch mal, das zu malen. (S. 72–73)

Zu Beginn seines Kapitels über die Hölle stellt Bell dem Leser Fragen, die ihm geschickt suggerieren sollen, dass es ja doch keine ewige Strafe gebe:

Sündige, verweigere die Buße, verhärte dein Herz, lehne Jesus ab – und wenn du dann stirbst, ist es aus und vorbei. Oder besser gesagt: Folter, Qual und ewige Pein gehen dann erst richtig los.

So sieht’s doch aus – denn so geht Gott vor, stimmt’s? […] Ist das die Botschaft, die Jesus gebracht hat? (S. 75)

Die Antwort gipfelt dann in der Aussage:

Gehenna, die städtische Müllhalde. Also dann. Das war’s. Das sind alle Stellen, an denen in der Bibel die „Hölle“ genannt wird. (S. 79)

In furchtbarer Weise stellt Bell hier die Folgen von Sünde, Unbußfertigkeit und Verhärtung als unbedeutend hin; er will dem Leser einreden, dass die Hölle, die dem Sünder, Unbußfertigen und Verhärteten angekündigt ist, eigentlich gar nicht so schlimm sei; sie sei nichts weiter als eine Müllhalde.

Nachdem Bell im Weiteren über grausame Verstümmelungen an Kindern in Ruanda berichtet hat, stellt er die Frage: „Glaube ich an eine buchstäbliche Hölle?“, die er beantwortet mit der Aussage: „Natürlich. Jene Arme und Beine fehlten nicht im übertragenen Sinn“ (S. 81). Damit legt Rob Bell dem Leser nahe, dass es eine Hölle tatsächlich gebe, diese jedoch nur auf der Erde existiere und nicht in Ewigkeit.

Mit seinen Ansichten stehe er nicht alleine da, wie er schreibt:

Viele haben sich geweigert, zu glauben, dass jemand an Gottes Tür klopfen, um Vergebung bitten, Buße tun und Gott um Einlass bitten könnte, nur um dann zu hören, wie Gott durch das Schlüsselloch sagt: „Die Tür ist zu. Tut mir leid. Du hättest früher kommen sollen, dann hätte ich etwas tun können. Aber nun ist es zu spät.“ (S. 115)

Bell weigert sich also, zu glauben, dass es für die Errettung einmal zu spät ist. Und dennoch verwundert es, dass er den Mut hat, gerade das Bild der verschlossenen Tür zu verwenden, das der Herr Jesus benutzt, um genau das Gegenteil dessen auszudrücken, was Bell behauptet: dass es nämlich einmal zu spät ist. In dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen hören wir den Herrn sagen: „Als sie aber hingingen, um zu kaufen, kam der Bräutigam, und die, die bereit waren, gingen mit ihm ein zur Hochzeit; und die Tür wurde verschlossen. Später aber kommen auch die übrigen Jungfrauen und sagen: Herr, Herr, tu uns auf! Er aber antwortete und sprach: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht. – Wacht also, denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde“ (Mt 25,10-13). Es gibt nach dem Wort Gottes also ein Zuspät!

Sollten auch Sie zu denen gehören, die diesem Irrwahn Bells, es gebe kein Zuspät, erlegen sind, dann möchte ich Sie warnen. Gott sagt viermal in Seinem Wort: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht“ (z.B. Heb 4,7). Das Angebot Gottes gilt heute! Morgen kann es schon zu spät sein. Wie schrecklich, wenn Sie einmal erkennen müssten, dass Sie um den Preis Ihrer Seele geirrt haben (Jer 42,20)!

Wie denkt Bell über die Errettung allein durch den Herrn Jesus? Zur Frage, ob auch Muslime, Hindus und Buddhisten das Heil besitzen, schreibt er:

Jesus erklärt, dass er, und nur er allein, jeden rettet. Und dann lässt er die Tür weit, weit offen. Er eröffnet ein weites Feld von Möglichkeiten. Das reicht von „er allein“ bis „so weit wie das Universum“. (S. 157)

Es ist schon dreist, wie Bell sich seine „Geschichte“ zusammenbastelt: Er gibt zwar zu, dass Errettung nur durch den Herrn Jesus allein geschieht, fügt dann jedoch hinzu, „Jesus“ (das Wort Herr benutzt er bezeichnenderweise nicht) habe über das „er allein“ hinaus „ein weites Feld von Möglichkeiten“ eröffnet. Auch über die Rettung selbst erzählt Bell seine eigene Geschichte:

Viele haben das Evangelium als Rettungsgeschichte gehört: Gott muss die Sünder strafen, weil Gott heilig ist, aber Jesus hat den Preis für unsere Sünden bezahlt und deshalb können wir ewiges Leben haben. Wie richtig oder falsch das „technisch“ oder theologisch betrachtet auch sein mag, es kann uns unterschwellig die Botschaft vermitteln, dass Jesus uns vor Gott gerettet hat.

Wir wollen an dieser Stelle ganz deutlich sein: Wir müssen nicht vor Gott gerettet werden. (S. 181–182)

Nein, das Evangelium vermittelt uns nicht „unterschwellig“ die Botschaft, die in Bells Augen falsch ist, sondern ganz deutlich, dass wir gerettet werden müssen, wenn wir nicht in das Gericht Gottes kommen und verlorengehen wollen. Bell dagegen will uns hier „ganz deutlich“ das genaue Gegenteil vermitteln: dass wir nicht vor dem Gericht Gottes gerettet werden müssten. Das ist jedoch eine völlige Verdrehung der frohen Botschaft. Das Evangelium redet einerseits zwar ganz deutlich von Gottes heiligem Zorn über die Sünde, andererseits aber auch von Seiner Liebe zu der Welt, zu allen Menschen: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,16).

Als Gott in Ägypten die Erstgeborenen der Ägypter tötete, wären auch die Erstgeborenen der Israeliten getötet worden, wenn die Israeliten nicht das Blut eines geschlachteten Lammes an ihre Türen gestrichen hätten. Auch für sie gab es damals eine frohe Botschaft, die sie vor dem Gericht Gottes erretten würde, wenn sie sie nur annehmen. Ihnen war ganz deutlich gesagt worden: „Der HERR wird hindurchgehen, um die Ägypter zu schlagen; und sieht er das Blut am Türsturz und an den beiden Pfosten, so wird der Herr an der Tür vorübergehen und wird dem Verderber nicht erlauben, in eure Häuser zu kommen, um zu schlagen“ (2Mo 12,23).

Wenn Bell meint, dass wir nicht vor dem Gericht Gottes gerettet werden müssten, verwundert es nicht, dass der Begriff Opfer in seine Geschichte nicht mehr hineinpasst:

Es ist nichts Falsches daran, ihn [den Begriff Opfer] zu benutzen […] Aber wir leben nicht mehr in einer Kultur, in der Menschen ihren Göttern Tieropfer darbringen. Menschen haben das jahrtausendelang getan […] Aber für die meisten von uns gilt das nicht. Die ersten Christen […] erzählten die Geschichte Jesu in der Sprache, die ihre Zuhörer verstehen konnten. (S. 133)

In Bells Darstellung der Geschichte über Gott können wir erkennen, welche furchtbaren Auswirkungen die Lehre von der Allversöhnung letztlich hat:

  • Wenn die Allversöhnung Gott nur als liebenden Gott darstellt, der nicht zornig sein und strafen könne, weil Er die Liebe ist, dann ist dieser Gott nicht der Gott der Bibel. Der Gott der Bibel ist nicht nur Liebe, wie Johannes in seinem ersten Brief in Kapitel 4 schreibt (1Joh 4,8), sondern auch Licht, wie er drei Kapitel vorher schreibt (1Joh 1,5), ein Licht, das alles Sündige offenbar macht und verurteilen muss.
  • Rettung ist nicht mehr Rettung von dem Gericht.
  • Von einem Opfer brauchen wir in unserer Zeit nicht mehr zu reden.
  • Der Herr Jesus „allein“ ist zur Rettung nicht mehr nötig; es gibt darüber hinaus „ein weites Feld“.
  • Eine Tür, die verschlossen bleibt (Mt 25,10-12), gibt es nicht mehr.
  • Hölle ist die „Müllhalde“ oder das Leid unschuldiger Menschen auf der Erde.
  • Der Himmel ist „hier und jetzt“.

Es ist überraschend und zugleich erschreckend, dass dieser Mann in der evangelikalen Christenheit so hochbejubelt und gerade dieses Buch so gefeiert wird. Bell wird von verschiedenen christlichen Verlagen hoch angepriesen. Bei Gerth Medien liest man:

Rob Bell hat bereits zahlreiche Bücher geschrieben, von denen einige zu Bestsellern wurden. Außerdem ist er Pastor und gefragter Redner auf Konferenzen rund um den Globus. Das TIME-Magazine zählte ihn 2011 zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt.[4]

Und in der Artikelbeschreibung zu Bells Buch Die Bibel – faszinierend, einzigartig und voller Geheimnisse heißt es:

Rob Bell hat ein faszinierendes Buch darüber geschrieben, warum die Bibel auch im 21. Jahrhundert noch genauso relevant ist wie vor 2000 Jahren. Er liefert erstaunliche Einsichten, wie sie als Quelle des Glaubens und als Antwort auf Lebensfragen dienen kann. Dazu vermittelt er eine ganz neue Art und Weise, ihre Texte zu lesen. Die Bibel trägt lebensverändernde Kraft in sich. Rob Bell zeigt, wie Sie diese Kraft in Ihrem eigenen Leben zur Entfaltung bringen.[5]

Der Brunnen-Verlag, der auch andere Bücher von Rob Bell verlegt hat, empfiehlt Bell besonders für junge Christen und bezeichnet ihn sogar als „eine prophetische Stimme“:

Rob Bell, Jahrgang 1971, lebt mit seiner Familie in Grand Rapids / Michigan (USA), wo er als Pastor die Mars Hill Bible Church gründete, die er heute leitet[6]. Als Autor und Referent ist er über die USA hinaus bekannt. Er gilt als Stimme einer jungen Generation von Christen, die ihre Fragen an den überkommenen Glauben stellt und dabei doch eine Antwort von diesem Glauben erwartet. Die Zeitschrift Christianity Today nennt Bell eine prophetische Stimme.[7]

Ja, er ist eine „prophetische Stimme“, aber es ist die Stimme eines falschen Propheten. Letztendlich muss es uns nicht überraschen, dass Bell so hochgelobt wird. Seine Geschichte in dem Buch Das letzte Wort hat die Liebe ist eine moderne Fabel (griech. mythos), die bei Lesern ankommt, die sich „von der Wahrheit abkehren“. Wir leben heute in einer Zeit, die Paulus beschreibt als eine Zeit, „da sie die gesunde Lehre nicht ertragen werden, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren, sich aber zu den Fabeln {oder Mythen} hinwenden“ (2Tim 4,3.4). Dieser von Bell erzählte Mythos befriedigt die Wunschvorstellungen („nach ihren eigenen Begierden“) von einem Gott, so wie man Ihn haben will, und es „kitzelt uns in den Ohren“, so einer Geschichte zu lauschen (d.h., es gefällt uns, so etwas zu hören und zu lesen). Daher überrascht es auch nicht, dass die englische Ausgabe des Buches, Love wins, im April/Mai 2011 vier Wochen lang auf Platz zwei der Bestsellerliste der New York Times stand. Das lässt ein wenig erahnen, wie hoch das Verführungspotential dieses Buches ist.


Aus dem Buch Versöhnung statt Allversöhnung, Steffisburg (Nehemia) 2020, S. 136–144

Anmerkungen

[1] Buchvorstellung auf https://brunnen-verlag.de [Zugriff: 21.8.2019]. Online nur noch im Webarchiv verfügbar.

[2] Buchvorstellung auf https://brunnen-verlag.de [Zugriff: 21.8.2019]. Online nur noch im Webarchiv verfügbar.

[3] Die wenigen Bibelstellen, die Bell zitiert, sind häufig Übersetzungen entnommen, die mehr freie Übertragungen als Übersetzungen sind. Sie sind verdreht und unterstützen die falschen Gedanken, die Bell vermittelt.

[4] Autorenvorstellung auf www.gerth.de [Zugriff: 21.8.2019].

[5] Buchvorstellung auf www.gerth.de [Zugriff: 21.8.2019].

[6] Anm. der Red.: Rob Bell leitete die Mars Hill Bible Church nur bis 2012 (https://de.wikipedia.org [Zugriff: 21.8.2019]).

[7] Autorenvorstellung auf https://brunnen-verlag.de [Zugriff: 21.8.2019]. Online nur noch im Webarchiv verfügbar.

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