„Meine Zeit, mein Gastzimmer, meine Jünger“
Das letzte Passah und das letzte Gebot für die Jünger

Gerard Kramer

© SoundWords, online: 27.11.2014, updated: 01.05.2023

In den Evangelien stoßen wir regelmäßig auf „die Jünger“ des Herrn. Ich wollte gern wissen, ob Er diese Männer auch einmal „meine Jünger“ nannte. Ja, das tat Er nur bei zwei ganz besonderen Gelegenheiten.

Das letzte Passah

In Matthäus 26,17-19 (17) Am ersten Tag der ungesäuerten Brote aber traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wo willst du, dass wir dir bereiten, das Passah zu essen? (18) Er aber sprach: Geht in die Stadt zu dem und dem und sprecht zu ihm: Der Lehrer sagt: Meine Zeit ist nahe; bei dir halte ich das Passah mit meinen Jüngern. (19) Und die Jünger taten, wie Jesus ihnen befohlen hatte, und bereiteten das Passah.“ fragen die Jünger den Herrn, wo sie die Vorbereitungen treffen sollen, um das Passah essen zu können. Er sagt daraufhin, dass sie zu jemand hingehen und folgende Nachricht übermitteln sollen: „Der Lehrer sagt: Meine Zeit ist nahe; bei dir halte ich das Passah mit meinen Jüngern“ (Mt 26,18). Markus gibt diese Nachricht wie folgt wieder: „Der Lehrer sagt: Wo ist mein Gastzimmer, wo ich mit meinen Jüngern das Passah essen kann?“ (Mk 14,14). Lukas formuliert die Worte des Herrn folgendermaßen: „Der Lehrer sagt dir: Wo ist das Gastzimmer, wo ich mit meinen Jüngern das Passah essen kann?“ (Lk 22,11).

Wenn wir davon ausgehen, dass diese drei inspirierten Botschaften einander ergänzen, kann rekonstruiert werden, dass der Herr ungefähr Folgendes gesagt hat: „Der Meister sagt: Meine Zeit ist nahe; bei dir werde ich das Passah mit meinen Jüngern halten; wo ist mein Gastzimmer, wo ich das Passah mit meinen Jüngern essen kann?“ Wenn diese Rekonstruktion korrekt ist, ist der Gebrauch des Wortes „mein“ sehr auffallend. Der Herr Jesus spricht einen „Herrn des Hauses“ – von dessen Bereitwilligkeit, sein Haus zu vermieten oder zur Verfügung zu stellen Er, menschlich gesprochen, abhängig war – auf eine Weise an, die gar nicht dazu zu passen scheint. Der „Herr des Hauses“ lernte so, dass ihm von jemand eine Frage gestellt wurde, der in Wirklichkeit die Szenerie bestimmte. Er, der wirklich der Herr war, redete von „meiner Zeit“, „meinen Jüngern“ und „meinem Gastzimmer“.

Das Passah war das Fest, an dem man des Auszugs aus Ägypten gedachte. Dann schlachteten die Juden das Passah oder auch das Passahlamm. Das wies auf das Leiden und Sterben von Christus voraus, der von Paulus „unser Passah“ genannt wird (1Kor 5,7 „Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seiet, wie ihr ungesäuert seid. Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet worden.“). An dasselbe Ereignis und an dieselbe Person denken wir, wenn wir das Abendmahl feiern, das im Anschluss an das Passah eingesetzt wurde. Wir sehen auf Ihn zurück, auf den das Passah vorauswies. Christus, unser Passah, nannte seine Jünger „meine Jünger“. Ist es nicht wunderschön, zu sehen, dass Er das gerade in diesem Augenblick tat, als Er im Begriff stand, als das wahre Passahlamm sein Blut für sie zu vergießen? Wenn wir den Tod des Herrn verkündigen, dürfen wir das also in dem Bewusstsein tun, dass wir auf eine ganz innige Weise mit Ihm verbunden sind: Er ist von uns und wir sind von Ihm, der uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat (Gal 2,20 „und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleisch, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“). Das Abendmahl kann daher auch nur von denen gefeiert werden, die wirkliche Jünger, Nachfolger, des Herrn sind.

Darüber hinaus gedenken wir Seiner auf eine Art und Weise, die Er in einem dramatischen Moment aber dennoch völlig selbst bestimmt hat, nämlich ehe Er leiden würde (Lk 22,15 „Und er sprach zu ihnen: Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passah mit euch zu essen, ehe ich leide.“), zu seiner Zeit. Das griechische Wort für „Zeit“ (kairos) zeigt im Neuen Testament oft einen durch Gott gegebenen, bestimmten Zeitpunkt oder Moment an (siehe z.B. Mk 1,15; 13,33 (1:15) und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium.“ „(13:33) Gebt acht, wacht [und betet]; denn ihr wisst nicht, wann die Zeit ist.“; Lk 12,56; 19,44 (12:56) Ihr Heuchler! Das Aussehen der Erde und des Himmels wisst ihr zu beurteilen; wie aber kommt es , dass ihr diese Zeit nicht beurteilt?“ „(19:44) und sie werden dich dem Erdboden gleichmachen und deine Kinder in dir zu Boden strecken und werden in dir nicht einen Stein auf dem anderen lassen, darum, dass du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast.“; Apg 1,7 „Er sprach aber zu ihnen: Es ist nicht eure Sache, Zeiten oder Zeitpunkte zu wissen, die der Vater in seine eigene Gewalt gesetzt hat.“; Röm 13,11 „Und dieses noch, da wir die Zeit erkennen, dass die Stunde schon da ist, dass wir aus dem Schlaf aufwachen sollen; denn jetzt ist unsere Errettung näher, als damals, als wir gläubig wurden:“; Eph 5,16 „die die gelegene Zeit auskaufen, denn die Tage sind böse.“ – „geeignete Gelegenheit“). Darum konnte nur der Herr, der immer tat, was dem Vater wohlgefällig war (Joh 8,29 „Und der mich gesandt hat, ist mit mir; er hat mich nicht allein gelassen, weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue.“), hier in Matthäus 26,18 „Er aber sprach: Geht in die Stadt zu dem und dem und sprecht zu ihm: Der Lehrer sagt: Meine Zeit ist nahe; bei dir halte ich das Passah mit meinen Jüngern.“ und in Johannes 7,6.8 „Da spricht Jesus zu ihnen: Meine Zeit ist noch nicht da, eure Zeit aber ist stets bereit.“ „Geht ihr hinauf zu dem Fest; ich gehe nicht hinauf zu diesem Fest; denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt.“ über „meine Zeit“ sprechen. Er war es demnach auch, der „zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben“ ist (Röm 5,6 „Denn Christus ist, da wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben.“). Gott wird auch in der Zukunft die Erscheinung des Herrn Jesus zu seiner eigenen Zeit zeigen (1Tim 6,15 „die zu seiner Zeit zeigen wird der selige und alleinige Machthaber, der König der Könige und Herr der Herren,“) bzw. Ihn sichtbar erscheinen lassen.

Wir feiern das Abendmahl außerdem an einem Ort, den er sein Eigen nennt, in seinem Gastzimmer. Wir sagen heute: an seinem Tisch (1Kor 10,21 „Ihr könnt nicht des Herrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht des Herrn Tisches teilhaftig sein und des Dämonen-Tisches.“). Alles ist also von dem Herrn: sowohl wir selbst (vgl. 1Kor 3,23 „ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes.“) wie auch unser auf den Himmel hinweisender Gottesdienst, an dem Er gemeinsam mit uns seine Freude hat (vgl. Heb 8,1.2 (1) Die Summe dessen aber, was wir sagen, ist: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln, (2) ein Diener des Heiligtums und der wahrhaftigen Hütte, die der Herr errichtet hat, nicht der Mensch.“; 1Pet 2,5 „werdet auch ihr selbst als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlangenehm durch Jesus Christus.“). Geben wir Ihm während des Gottesdienstes dann auch wirklich jeden Raum, so dass Er den Namen Gottes des Vaters uns, seinen Brüdern, verkündigen kann und inmitten der Gemeinde Ihm lobsingen kann (Ps 22,23 „Verkündigen will ich deinen Namen meinen Brüdern; inmitten der Versammlung will ich dich loben.“)?

Das neue Gebot

Der „Herr des Hauses“ bekam über die Jünger zu hören, dass der Herr Jesus das Passah mit seinen Jüngern essen wollte. Stellen wir uns vor, dass dieser Mann die Jünger gefragt hätte: „Alles schön und gut, aber wie kann ich denn wissen, ob ihr wirklich Jünger des Herrn Jesus seid?“ Das ist eine ganz legitime Frage an unsere Adresse. Wie können wir den Menschen um uns her beweisen, dass wir wirklich Jünger des Herrn Jesus sind? Der Meister sagte seinen Jüngern Folgendes und nannte sie dabei ebenfalls „meine Jünger“: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Joh 13,34.35). Das ist nicht direkt die Antwort, die wir erwartet hätten, sie ist aber eigentlich doch völlig logisch: Im Leben von Menschen, die sich Christen nennen, das heißt Nachfolger von Christus sind, darf man erwarten, etwas von Christus zu sehen!


Originaltitel: „Mijn tijd, Mijn gastverblijf, Mijn discipelen“
aus Rechtstreeks, Jg. 11, November 2014, S. 7

Übersetzung: Stephan Winterhoff


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