Vorwort zur zweiten Auflage:
Weil die erste Auflage dieser Broschüre vergriffen ist, wurde vorgeschlagen, es sei nützlich, sie für die allgemeine Leserschaft in einer anderen Form und mit einigen Änderungen herauszugeben. Der Autor hat diesem Vorschlag zugestimmt und es für gut befunden, die stärker umstrittenen Teile wegzulassen. Mit dieser Auslassung und einigen geringfügigen Korrekturen bleibt diese Erklärung der Wahrheit so, wie sie ursprünglich veröffentlicht wurde. Möge Gott gnädig sein, dass sie zu seiner Ehre sowie zur Hilfe und zum Segen seiner Kinder ist.
- Zwei Seiten des ewigen Lebens
- 1 | Das ewige Leben – gesehen im Sohn Gottes
- Das ewige Leben – eine Beziehung der Sohnschaft
- Das ewige Leben – ein himmlisches Leben
- Das ewige Leben – gezeigt im Herrn Jesus auf der Erde
- Die Offenbarung des ewigen Lebens ist unterschieden von der Offenbarung Gottes
- Was bedeutet „ewiges Leben“?
- Unterschiedliche Phasen des ewigen Lebens
- Der Herr Jesus musste sterben, damit Er uns ewiges Leben mitteilen konnte
- 2 | Das ewige Leben – gesehen in uns
Zwei Seiten des ewigen Lebens
Wir können das ewige Leben auf zweierlei Weise betrachten:
- in seinem Ursprung und seiner Offenbarung in der Person des Sohnes Gottes und
- so, wie es den Gläubigen gegeben ist
1 | Das ewige Leben – gesehen im Sohn Gottes
Das ewige Leben – eine Beziehung der Sohnschaft
Das ewige Leben war von Ewigkeit her in der Person des Sohnes und kennzeichnete Ihn von Ewigkeit her beim Vater. Er ist das ewige Leben [1Joh 5,20] und dieses Leben offenbarte sich in Ihm als Mensch in dieser Welt. Das war etwas Neues: ein Mensch auf der Erde, gesehen in der Fülle und in dem Segen dieser Beziehung [der Sohnschaft] zu Gott. Eine solche Beziehung hatte der Mensch nie zuvor gekannt; weder Adam vor dem Sündenfall noch danach stand irgendein von Gott bevorrechtigter anderer Mensch jemals in einer Beziehung der Sohnschaft vor Gott. „Vater“ war ein neuer Name, den Gott im Hinblick auf den Menschen annahm, und „Sohnschaft“ war ein neuer Zustand für den Menschen in seiner Beziehung zu Gott. Nie zuvor hatte es Gott wohlgefallen, sich auf diese Weise zu offenbaren. Im Fall des Herrn Jesus bestätigte Gott diese Beziehung öffentlich:
- zuerst, als Er nach seiner Taufe seinen Platz im öffentlichen Dienst und Zeugnis einnahm, der Geist auf Ihn herabkam und auf Ihm blieb und die Stimme aus dem Himmel zu hören war, die sagte: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“ [Mk 1,11; Lk 3,22];
- ebenso auf dem Berg der Verklärung durch die Stimme, die aus der Wolke kam [Mt 17,1-5].
In Johannes 1,33-34 sagt Johannes der Täufer: „Ich kannte ihn nicht“, doch als er den Geist auf Jesus herabkommen und auf Ihm bleiben sieht, bezeugt er: „Dieser ist der Sohn Gottes.“ Dass der Geist auf Jesus herabkam und auf Ihm blieb, war das Siegel – nicht nur das Siegel seiner persönlichen Vollkommenheit als Mensch, sondern auch das Siegel der Beziehung [als Sohn], in der Er als Mensch zum Vater stand.
Auch Er selbst sagte immer von sich, dass Er in dieser Beziehung [als Sohn] zum Vater stand. Er wohnte von jeher „im Schoß des Vaters“ [Joh 1,18]. Die Apostel sahen seine Herrlichkeit „als eines Eingeborenen vom Vater“ [Joh 1,14]. Er, an dem der Vater stets Wohlgefallen fand, wurde hier auf der Erde als Mensch offenbart, der in voller und ununterbrochener Gemeinschaft mit dem Vater wandelte, so dass Er in all seinem Tun die Auswirkung dieser Gemeinschaft vollkommen zum Ausdruck brachte.
Das ewige Leben – ein himmlisches Leben
Darüber hinaus sehen wir in Ihm, wie vollkommen himmlisch der Charakter des ewigen Lebens ist. Er ist „der Sohn des Menschen, der im Himmel ist“ [Joh 3,13]. Er war der Gegensatz zu dem [Menschen], der von der Erde war [1Mo 3,19; Joh 3,31; 1Kor 15,47]. Er war der himmlische Mensch auf der Erde. Alle seine Quellen waren im Vater, wie Er sagte: „Ich lebe durch den Vater“ [Joh 6,57]. Wenn wir Ihn betrachten, Ihn, der immer beim Vater war und sich in diesem Charakter offenbarte – sei es als Mensch in dieser Welt, wo Er in der ganzen Vertrautheit, Glückseligkeit und Gemeinschaft dieser Beziehung [zum Vater] wandelte, oder als der Sohn, der jetzt beim Vater verherrlicht ist –, dann können wir sagen: Das ist „unser Leben“ [Kol 3,4]. In dieses Leben sind wir durch die Erlösung eingeführt worden.
Das ewige Leben – gezeigt im Herrn Jesus auf der Erde
„Die Gnadengabe Gottes ist ewiges Leben in Christus Jesus, unserem Herrn“ (Röm 6,23). Dieses Leben erschien in Ihm in dieser Welt, als Er bei der Fleischwerdung als „das Wort des Lebens“ offenbart wurde. Die Apostel konnten sagen: „Es ist uns offenbart worden“, und: „Wir haben gehört, wir haben gesehen“ (1Joh 1,1-2). Diese Offenbarung muss sich also auf das Leben und den Dienst des Herrn unter seinen Jüngern beziehen, die Er während seines irdischen Lebens in die Gemeinschaft mit sich berief. Sie waren aus Gott geboren, um Ihn und das Zeugnis, das Er vom Himmel brachte, zu empfangen, damit sie wiederum uns die Wahrheit mitteilen konnten. Was Er war, offenbarte Er durch seine Worte, seine Werke und seine Wege, und ganz offensichtlich bezieht sich der Apostel [Johannes] darauf, wenn er sagt: „Was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben, das ist[1] das Wort des Lebens“ (1Joh 1,1). Dieses Leben wurde den Aposteln in der Person des Sohnes Gottes offenbart, damit sie Zeugnis ablegen und es uns Christen verkünden konnten.
Die Offenbarung des ewigen Lebens ist unterschieden von der Offenbarung Gottes
Es ist wichtig, die Offenbarung des ewigen Lebens nicht mit der Tatsache zu verwechseln, dass Jesus „Gott im Fleisch offenbart“[2] (1Tim 3,16) war. Darüber hinaus war Er auch der Ausdruck all dessen, was als Mensch vollkommen war. In Ihm wurde Gott den Menschen vollständig und vollkommen dargestellt, und in Ihm wurde auch vollkommenes Menschsein Gott dargestellt. Jesus war ganz Gott und ganz Mensch. Was die Sohnschaft betrifft, so war Er nicht nur der in der Zeit gezeugte Sohn, sondern Er war auch der Sohn in der ewigen Gottheit [und ist auch nach seiner Verherrlichung Sohn]. Das Wort, das Gott war [Joh 1,1], war nie weniger als „Gott über allem, gepriesen in Ewigkeit“ [Röm 9,5]. Aber die Schrift verwechselt diese Wahrheiten nicht mit der Offenbarung des ewigen Lebens an seine Jünger.
Wenn Er dieses ewige Leben offenbart hat, hat Er auch Gott offenbart.[3]
Jesus Christus ist Gott selbst, der wahre Gott. Er ist auch ewiges Leben.[4]
Aber Er ist der wahre, der wahrhaftige Gott. Doch auch das ist noch nicht alles; wir haben auch das Leben in Ihm. Er ist auch das ewige Leben, so dass wir dieses Leben in Ihm besitzen.[5]
Es ist auch nicht richtig, zu sagen, die Offenbarung der göttlichen Natur wäre die Offenbarung des ewigen Lebens. Göttliche Natur und ewiges Leben sind nicht dasselbe, obwohl die göttliche Natur untrennbar mit dem ewigen Leben verbunden ist. Wir können das ewige Leben nicht ohne die göttliche Natur haben, so wie das Größere das Kleinere einschließt.
Jesus war und ist das ewige Leben und dieses Leben kann niemals von seiner Person getrennt werden (Joh 11,25; 14,6; Kol 3,4; 1Joh 5,20). Aber die Schrift kehrt diese Aussagen nicht um. Das ewige Leben ist untrennbar mit seiner Person verbunden, doch es ist wichtig, zwischen dem ewigen Leben und der persönlichen Herrlichkeit des Sohnes Gottes zu unterscheiden, sonst verwechseln wir die Herrlichkeit seiner Person, die nicht mitgeteilt werden kann und an der [deshalb] kein Geschöpf je teilhaben kann, mit der Herrlichkeit, die Er uns gibt und in der wir mit Ihm eins sind.
Gottheit ist absolut und kann nicht mitgeteilt werden, während das ewige Leben Bezug hat auf Menschen (Gläubige) und mitgeteilt werden kann. Gottheit und ewiges Leben sind ihrer Natur nach also ganz verschieden, obwohl wir sie in ein und derselben Person finden.[6]
In der Herrlichkeit seiner Person steht Jesus immer allein; Er ist „gesalbt mit Freudenöl über seine Genossen“ [Heb 1,9]. Aufgrund dieser Herrlichkeit muss Er „in allem den Vorrang haben“ [Kol 1,18]. Als Frucht seines Dienstes, seines Gehorsams und seines Werkes, in dem Er Gott verherrlicht hat, hat Er als Mensch Herrlichkeit [von Gott] empfangen. Diese Herrlichkeit gibt Er uns, damit wir sie mit Ihm teilen (Joh 17,22). Aber daneben hat Er seine eigene, ewige Herrlichkeit, die wir niemals mit Ihm teilen werden, sondern nur schauen können (Joh 17,24).
Jemand hat gesagt, das ewige Leben, das uns gegeben ist, wäre nicht dasselbe Leben wie das ewige Leben in 1. Johannes 1,1-2, wie es sich im Sohn Gottes offenbart hat. Aber im ersten Brief des Johannes und im Kolosserbrief lesen wir:
-
1Joh 5,11-12: Gott hat uns das ewige Leben gegeben, und dieses Leben ist in seinem Sohn; wer den Sohn hat, hat das Leben.
-
Kol 3,4: Christus ist unser Leben.
Wir sind aus Gott geboren, aber das Leben, das wir empfangen haben, ist das ewige Leben, das in Christus offenbart worden ist (1Joh 1,1-3).[7]
Die Schrift zeigt zwar zweifellos, dass das ewige Leben untrennbar mit seiner Person verbunden ist, doch sie unterscheidet gleichzeitig sorgfältig zwischen dem, was Er in sich selbst ist, und dem, was Er uns verleiht. „Er ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1Joh 5,20). Nur von Ihm kann gesagt werden, dass Er das ewige Leben ist. Wir haben das ewige Leben, indem wir Ihn haben; wir sind es nicht.
In Johannes 10,28 spricht Er davon, dass Er ewiges Leben gibt, und der Geber ist wahrlich größer als die Gabe. Niemand Geringeres als der Sohn Gottes kann eine solche Gabe verleihen. Verleiht Er seine eigene göttliche Herrlichkeit? Ganz gewiss nicht. In Johannes 1 wird die volle Herrlichkeit seiner Person verkündet, das heißt das, was immer von Ihm wahr war, bevor Er Mensch wurde. Johannes sagt:
-
Joh 1,4: In ihm war Leben.
-
1Joh 5,11: Dieses Leben ist in seinem Sohn.
Was bedeutet „ewiges Leben“?
Was meinte Gott nun, als Er vor ewigen Zeiten das ewige Leben verheißen hat (Tit 1,2)? Was meinte der Herr, als Er davon sprach, dass Er seinen Schafen ewiges Leben gibt (Joh 10,28)? Was meinen wir, wenn wir sagen, dass wir ewiges Leben haben? Ich habe oft Menschen gefragt: „Ihr sagt, dass ihr ewiges Leben habt; was habt ihr empfangen?“ Die Antwort zeigt im Allgemeinen, wie wenig die Menschen über die Natur und das Wesen ihres Besitzes nachgedacht haben und wie wenig sie den Charakter der Gabe verstehen. Sie wissen oft kaum mehr, als dass der Gläubige ewiges Leben hat – so wie die Schrift es sagt – und dass dieses Leben ewig währt und nie verlorengehen kann. Sie wissen kaum mehr, als dass der Gläubige ewige Sicherheit hat, oder allenfalls, dass der Seele eine neue Natur oder eine neue Quelle des Lebens verliehen worden ist.
Wenn wir diese Fragen betrachten, müssen wir bedenken, dass das Wort Leben in verschiedenen Bedeutungen verwendet wird:
- Es wird verwendet, um das Lebensprinzip auszudrücken, durch das ein Wesen lebt: Leben ist das, wodurch ein Geschöpf die Stellung genießt, in die es versetzt worden ist.[8]
- Es wird auch verwendet, um die Bedingungen zu bezeichnen, unter denen ein Wesen lebt: die Beziehungen, die Gegenstände, die Bestrebungen und die Sphäre, die seine Existenz kennzeichnen. Das ist Leben im aktiven Sinn.[9]
Das bedeutet:
- Subjektiv gesehen ist das Leben das, wodurch ein Wesen lebt.
- Objektiv gesehen ist das Leben das, worin das Wesen lebt.
In der Heiligen Schrift umfasst das Wort diese beiden Aspekte des Lebens.
Unterschiedliche Phasen des ewigen Lebens
Das ewige Leben wird im Wort Gottes in verschiedenen Phasen dargestellt, und was für den einen Aspekt gesagt werden kann, kann für den anderen Aspekt nicht gesagt werden. Wenn jemand über das ewige Leben spricht, ist es deshalb wichtig, zu berücksichtigen, unter welchem Gesichtspunkt er das Thema betrachtet:
- Der Geist Gottes betrachtet das ewige Leben in den Schriften des Apostels Paulus als einen zukünftigen Zustand, auf den wir noch hoffen. So gesehen kann man wirklich sagen, dass wir das ewige Leben noch nicht besitzen; wir werden ermahnt, es zu „ergreifen“ (1Tim 6,12).
- Aber in den Schriften des Apostels Johannes wird das ewige Leben in seinen wesentlichen und charakteristischen Merkmalen als etwas betrachtet, was für den Gläubigen gegenwärtig ist. So gesehen heißt es, dass wir es haben: „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben“ (Joh 3,36).
Der Sohn Gottes ist gekommen, um anderen dieses Leben zu geben. Er gibt seinen Schafen ewiges Leben: „Ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluss haben“ [Joh 10,10].
Der Herr Jesus musste sterben, damit Er uns ewiges Leben mitteilen konnte
Aber dafür musste Er sterben, denn die Herrlichkeit Gottes stellt bestimmte Ansprüche [an den Menschen, der sich Gott naht], und nur der Tod Christi konnte dem Zustand begegnen, in dem wir uns durch die Sünde befanden. Nur sein Tod konnte uns von diesem Zustand befreien, damit wir Leben in Ihm haben. Durch den Glauben machen wir uns seinen Tod zu eigen, um an seinem Leben teilzuhaben (Joh 6,51.53.55).
„Der Sohn des Menschen muss erhöht werden“ [Joh 3,14]. Er gab sein Fleisch für das Leben der Welt. „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht“ [Joh 12,24]. Bis zu seinem Tod war Er allein in der Vollkommenheit jenes Lebens, das nur in Ihm zu finden war. Er starb, damit wir dieses Lebens teilhaftig werden können. Jetzt hat jeder, der an Ihn glaubt, ewiges Leben [Joh 3,16].
2 | Das ewige Leben – gesehen in uns
Das ewige Leben zu besitzen, bedeutet für einen Christen dreierlei:
1. Neues geistliches Leben
Ein neue Quelle des Seins
Dem Gläubigen wird in dem Sohn und durch seine lebenspendende Kraft neues geistliches Leben oder eine neue Quelle des Seins verliehen. Dieses Leben stammt von Christus, dem letzten Adam. Wir besitzen es in Ihm. Es steht im Gegensatz zu dem natürlichen und sündigen Leben, das wir vom ersten Adam haben. Es ist Christus in uns [Gal 2,20], so wie es heißt: „Er ist in allen“ [Eph 4,6], und weiter: „Ich in euch“ [Joh 15,4; vgl. 2Kor 13,5; Kol 1,27]. Das setzt nicht nur voraus, dass wir von neuem geboren sind, sondern auch, dass wir den Heiligen Geist empfangen haben als die Kraft und Energie dieses Lebens in uns. Dadurch lebt Christus in uns und nimmt in uns Gestalt an: „Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes“ (Röm 8,2).
Die Lehre der Heiligen Schrift verbindet das ewige Leben nicht mit der Neugeburt, sondern mit Glauben an die Person und an das Werk des Sohnes Gottes. Der Mensch wird von neuem geboren, um Christus zu empfangen; und indem er Ihn durch Glauben empfängt, empfängt er alles, was Gott in Christus gibt. Es heißt nicht: „Wer von neuem geboren ist, hat ewiges Leben.“ Gleichwohl muss jemand von neuem geboren sein, um ewiges Leben zu haben; doch das ewige Leben zu besitzen, bedeutet viel mehr, als nur von neuem geboren zu sein. Zweifellos wird bei der Neugeburt in der Seele ein neues Lebensprinzip geschaffen: „Was aus dem Geist geboren ist, ist Geist“ [Joh 3,6]. Doch erst dann, wenn jemand die Erlösung kennt und den Heiligen Geist empfangen hat, gibt es eine umgestaltende Macht und Freiheit, und erst dann kann er das [ewige] Leben genießen. So jemand ist zwar lebendig, aber nicht in Freiheit, und das ist nicht das ewige Leben nach den Gedanken Gottes.
Und obwohl wir geboren werden müssen, um Leben zu haben, und Leben haben, wenn wir geboren werden, so ist doch ewiges Leben nur bekannt in der Erlösung und in der Szene und dem Zustand, wohin die Erlösung führt.[10]
Der Herr verkündete, dass Er gekommen war, damit sein Volk nicht nur Leben hat, sondern es in Überfluss hat [Joh 10,10], das heißt, damit sie Leben in der vollen Kraft des Heiligen Geistes haben und indem sie durch den Heiligen Geist dieses Leben genießen. Als der Herr seinen Jüngern erschien (Joh 20) und in sie hauchte, sagte Er nicht: „Empfangt Leben“, sondern: „Empfangt [den] Heiligen Geist!“ [Joh 20,22]. Bereits als sie aus dem Geist geboren wurden, empfingen sie in ihrer Seele Leben als Lebensprinzip, doch das Leben in seinem vollen christlichen Zustand empfingen sie erst, als der Herr ihnen den Geist mitteilte.
Hier [in Johannes 20,22] teilte Er ihnen den Geist nicht als den Geist mit, der ihnen persönlich innewohnt, sondern als den Geist und die Kraft des Lebens in ihnen. „Der Geist ist Leben“[11] (Röm 8,10). Darauf bezieht sich der Herr in Johannes 4,14, wenn Er von dem lebendigen Wasser spricht, das im Gläubigen eine Quelle des Wassers sein soll, das zum ewigen Leben quillt. Das ist viel mehr, als nur lebendig zu sein; es ist die Energie, der Genuss und das Ausströmen des ewigen Lebens und führt dazu, dass der Gläubige den Vater in Geist und Wahrheit anbetet [Joh 4,23-24].
Eine neue Fähigkeit
[Ewiges] Leben unter dem Aspekt, unter dem wir es jetzt betrachten, ist die Fähigkeit,
- Gott zu erkennen;
- das zu empfangen, was von Gott ist; und
- Ihn in ebender Beziehung zu genießen, in der Er sich uns in seinem Sohn offenbart hat.
Dieses Leben ist die Fähigkeit, Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus zu haben [vgl. 1Joh 1,3]. Ohne dieses Leben ist der Mensch von Natur aus unfähig, etwas von Gott zu verstehen oder zu empfangen oder auch nur einen einzigen Gedanken mit Gott gemein zu haben; in diesem Sinn ist er [geistlich] tot. Leben zu haben, steht also im Gegensatz zu dem natürlichen Zustand des Menschen, dass er geistlich tot ist.
Doch was würde uns diese Fähigkeit, dies alles zu genießen, nützen, wenn wir nicht in eine Sphäre und in Beziehungen zu Gegenständen gebracht würden, die passend sind zu diesem Leben, so dass wir diese Beziehungen, in denen und durch die wir leben, wirklich genießen könnten?
2. Eine neue, himmlische Stellung und neue Beziehungen
Das himmlische Leben
Damit kommen wir zum zweiten Punkt, der mit der Gabe des ewigen Lebens verbunden ist: Der Gläubige wird im Sohn in eine neue und himmlische Stellung und in neue Beziehungen gebracht. Dies kündigte der Herr seinen Jüngern an, als Er nach seiner Auferstehung aus den Toten sagte: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott“ [Joh 20,17]. Das ewige Leben macht den Gläubigen mit dem aufgefahrenen Christus eins.[12] Dieses Leben verbindet den Empfänger mit Christus an dem Ort, der seine eigene Sphäre ist. In Johannes 17 verbindet Er die Gabe des ewigen Lebens mit seiner Verherrlichung, indem Er sagt: „Vater, verherrliche deinen Sohn, damit auch dein Sohn dich verherrliche; denn du hast ihm Gewalt gegeben über alles Fleisch, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben gebe“ [Joh 17,1-2]. Er gibt uns dieses Leben aus der Herrlichkeit, so dass der Gläubige, wenn er dieses Leben verwirklicht, mit Ihm in der Herrlichkeit verbunden ist. Es ist ein göttliches und himmlisches Leben.
Wir sind seine „Brüder“ [Heb 2,11] und eins mit Ihm in dem ganzen Segen seiner Beziehung zum Vater und seiner gegenwärtigen Stellung als Mensch vor Gott. Er hat uns den Namen des Vaters kundgetan, damit die Liebe, womit der Vater Ihn geliebt hat, in uns sei und Er in uns (Joh 17,26). Das ist unser gegenwärtiger, himmlischer Anteil; er liegt außerhalb dieser Welt und all dessen, was der natürliche Mensch kennt und wodurch er lebt. Wer dieses [himmlische] Leben besitzt, ist nicht von der Welt, wie auch Er nicht von der Welt ist (Joh 15,19; 17,14.16). Irdische Gesinnung und Weltlichkeit sind unvereinbar damit, das ewige Leben zu genießen. Wir können das ewige Leben nur in seiner eigenen Sphäre erkennen und genießen; gleichwohl werden sich seine Auswirkungen inmitten unserer gegenwärtigen irdischen Umstände und Pflichten zeigen.
Unser Leben als Christ beinhaltet nicht nur, dass wir fähig [gemacht] sind, das [ewige] Leben zu genießen. Dazu gehört auch, dass wir in der Kraft des Geistes ebenjene himmlischen Beziehungen, in die wir eingeführt worden sind, genießen; ebenso alle Segnungen, die diesen Beziehungen entspringen. In diesem Sinn konnte der Herr sagen: „Das ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“ (Joh 17,3). Ebendies macht eigentlich unser Leben als Christen aus. Dieses Leben verwirklichen wir, wenn wir Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus haben. Der Apostel Johannes schreibt, zu welchem Zweck er den Gläubigen das ewige Leben verkündet: damit sie gemeinsam mit den Aposteln Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn haben und damit ihre Freude völlig sei, wenn sie dieses Leben verwirklichen (1Joh 1,3-4). Alles, was weniger ist als das, ist kein geziemendes christliches Leben. Das [ewige] Leben ist himmlisch (Joh 3,12.31-34): Es kommt aus dem Himmel, es gehört zum Himmel, und alles, was dieses Leben nährt und erhält, ist himmlisch. Das [ewige] Leben hat keinen Anteil an irdischen Dingen.
Weil das Leben in dem Sohn ist [1Joh 5,11], muss es den Gläubigen mit Ihm an dem Ort verbinden, wo Er jetzt ist. Wenn wir das ewige Leben genießen, werden Herz und Verstand unweigerlich von der Erde und von allem Sichtbaren und Wahrnehmbaren abgezogen, indem wir uns mit Christus beschäftigen, wo Er ist: in der Sphäre, zu der das Leben gehört. Auf diese Weise werden wir durch die Wahrheit geheiligt (Joh 17,19). Das ewige Leben führt uns hinaus aus allem, was zum natürlichen Leben des Menschen gehört, und hinaus aus der Welt hin zu der Sphäre, zu der dieses Leben gehört.
Getrennt von dem natürlichen Leben
Das natürliche Leben des Menschen und das ewige Leben haben nichts gemeinsam: Das natürliche Leben ist mit dieser Welt verbunden und findet dort seine Freude und seinen Genuss, während das ewige Leben zum Himmel gehört und himmlische Dinge genießt (Joh 12,25). Weil wir noch das alte, sündige Leben Adams in uns tragen, müssen wir uns fortwährend vom Tod Christi nähren (Joh 6,56), um sein Leben genießen zu können. Nur wenn wir getrennt sind von dem, was vom Menschen und was von der Welt ist, können wir in Herz und Geist mit Christus in der Gegenwart des Vaters verbunden sein, um alles zu genießen, was zu Ihm gehört, und um Teil mit Ihm zu haben (Joh 13,8).
Dies ist eine Seite des ewigen Lebens: Der Gläubige ist im Glauben mit diesem Aspekt des Lebens beschäftigt und genießt ihn außerhalb seiner selbst. Diese beiden Aspekte des Lebens werden in Johannes 14,20 miteinander verbunden: „An jenem Tag werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.“ Wir wissen, dass der Sohn im Vater ist; wir sind im Sohn – und das versetzt uns in seine Stellung und Beziehung zum Vater und gibt uns die Sphäre und die Eigenschaften [wie Freude, Frieden, Gemeinschaft, Liebe, Auferstehungskraft, Hingabe und Herrlichkeit] des Lebens, in dem wir leben. In Ihm haben wir durch Gnade und als Frucht der Erlösung Anteil an seinem Segen und an seiner Freude; wir haben Teil an Christus. Dann ist Er in der Kraft des Geistes in uns – das ist das Leben, durch das wir leben und die Sphäre genießen, in die wir gebracht sind.
Der Heilige Geist – die Kraft des ewigen Lebens
Es ist wichtig, zu beachten, wie eng das ewige Leben in der Heiligen Schrift mit der Gegenwart und der Innewohnung des Geistes verbunden ist. Der Heilige Geist ist die Kraft dieses Lebens. Nur durch diese Kraft können wir erkennen, was Gott uns gegeben hat, und nur durch diese Kraft sind wir wirklich in der Lage, mit Gott Gemeinschaft zu haben. Nur durch den Heiligen Geist können wir das [ewige] Leben genießen oder das, was zu diesem Leben gehört. Wenn wir also den Geist betrüben, wird die Gemeinschaft unterbrochen und die Freude hört auf. In Johannes 14 spricht der Herr von der Zeit, wenn der „andere Sachwalter“ kommen würde [Joh 14,16-17], und sagt: „An jenem Tag werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch“ [Joh 14,20]. In 1. Johannes 2,20 spricht der Apostel zu den Kindern in der Familie Gottes und sagt ihnen, dass sie „die Salbung von dem Heiligen haben und alles wissen“.
In Johannes 4,14 ist der Heilige Geist eine Quelle des Wassers im Gläubigen, die zum ewigen Leben quillt. Der Geist ist die Kraft, durch die wir das [ewige] Leben genießen, so dass es zur Anbetung des Vaters fließt, denn der Vater sucht diejenigen, die Ihn als Kinder in Geist und Wahrheit anbeten [Joh 4,23]. In Johannes 7,38-39 wird der Geist erneut als lebendiges Wasser im Gläubigen bezeichnet, das zur Erfrischung und zum Segen anderer hervorströmt. Es ist daher offensichtlich, dass das ewige Leben nicht von der Gegenwart und der Kraft des Geistes getrennt werden kann.
Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn
Diese beiden Aspekte der Wahrheit drücken aus, was das ewige Leben ist, so wie wir es jetzt besitzen. Und es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass das ewige Leben etwas Gegenwärtiges ist – es gehört uns schon jetzt: „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben“ [Joh 3,36]. Das ewige Leben ist nicht nur etwas, was wir erwarten, wenn wir in den Himmel kommen, sondern es ist ein Leben, das wir jetzt im Glauben leben sollen. Während wir hier auf der Erde sind, bringt der Heilige Geist – der von den Dingen Christi nimmt und sie uns verkündet [Joh 16,15] – die Freude des Himmels in unsere Seelen, damit wir in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn etwas von der Freude des Himmels schmecken können, so wie der Apostel sagt: „Dies schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei“ (1Joh 1,4). Das ist das Leben, das wir schon jetzt leben, wenn wir in der Wahrheit wandeln.
Das ewige Leben zu haben, bedeutet, den Sohn zu haben und dadurch in alles einzutreten, was der Vater Ihm gegeben hat und was Er uns in Ihm gegeben hat:
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Joh 3,35-36: Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gegeben. Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben.
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Joh 16,15: Alles, was der Vater hat, ist mein; darum sagte ich: Er [der Geist] wird von dem Meinen nehmen und es euch zeigen.
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1Joh 4,7: Wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt.
Wir kennen den Vater und den Sohn und teilen alle Gedanken und Empfindungen des Vaters und des Sohnes, wir teilen das Wohlgefallen des Vaters am Sohn und die Freude des Sohnes am Vater. Darin ist unsere Freude völlig [1Joh 1,4]. Jemand hat gesagt:
Was könnten wir mehr haben als den Vater und den Sohn? Welch vollkommeneres Glück könnte es geben als Gemeinsamkeit der Gedanken, der Gefühle und Freuden mit dem Vater und dem Sohn und Gemeinschaft mit ihnen, indem wir alle unsere Freude aus ihnen schöpfen?[13]
Solcherart ist das gegenwärtige Leben und das Teil des Gläubigen, und nichts könnte größer oder gesegneter sein. Gott offenbart sich selbst völlig in seinem Vorsatz und in seinen Wegen, und wir sind dazu berufen, an seinen Gedanken teilzuhaben, Gemeinschaft mit Ihm zu haben in seinem Wohlgefallen an Christus und in allem, was Er offenbart hat von seinem Vorsatz, seinen Sohn und sich selbst zu verherrlichen. Darüber hinaus haben wir Gemeinschaft mit seinem Sohn, indem wir schon jetzt an der Freude und dem Segen seines Sohnes teilhaben, während wir auf die Zeit warten, wenn wir Ihm gleichförmig sein und mit Ihm seine Herrlichkeit teilen werden [1Joh 3,1; Röm 8,29]. Es ist unendliche Gnade, dass es Gott gefällt, sich auf diese Weise zu offenbaren und uns in eine so gesegnete und heilige Vertrautheit mit sich selbst und seinem Sohn zu bringen, indem Er uns den Platz und das Teil des Sohnes vor sich selbst gibt. Wer nichts von der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn weiß, der weiß auch nichts davon, dass das ewige Leben schon jetzt das gegenwärtige Teil der Gläubigen ist. Gleichwohl ist dies die gegenwärtige Berufung eines jeden Kindes Gottes, ob es sie nun verwirklicht oder nicht. Dieses Teil gehört jedem Gläubigen; aber nicht jeder Gläubige weiß, was ihm gehört. Dieses Leben besitzen wir, und in seiner Kraft wandeln wir im Licht, wie Gott im Licht ist [1Joh 1,7].
3. Dem Bild des Sohnes Gottes gleichförmig und für immer mit Ihm in der Herrlichkeit
Aber es gibt noch einen anderen Aspekt, wie die Schrift uns das ewige Leben vorstellt; eine andere Tatsache, die mit der Gabe des ewigen Lebens verbunden ist: Wir sind zuvorbestimmt, dem Bild des Sohnes Gottes gleichförmig zu sein [Röm 8,29], und werden für immer mit Ihm in der Herrlichkeit sein:
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1Joh 3,2: Wenn er erscheint, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
Das ist das ewige Leben in seiner vollen Entfaltung, das volle Ergebnis nach dem Vorsatz Gottes, wie Er sich in Christus, dem verherrlichten Menschen, offenbart hat. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet der Apostel Paulus das Thema in seinen Schriften. Er schaute das ewige Leben in Christus nicht auf der Erde, sondern in Christus als verherrlichtem Menschen im Himmel. J.N. Darby drückt es so aus:
Das ewige Leben ist Christus, und zwar offenbart als Mensch in der Herrlichkeit.[14]
In diesem Sinn ist das ewige Leben ein zukünftiger Zustand für uns, der uns verheißen ist und auf den wir hoffen:
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Röm 5,21: Die Gnade regiert durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben.
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Röm 6,22: Ihr habt eure Frucht zur Heiligkeit, als das Ende aber das ewige Leben.
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Tit 1,2: … in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten.
Dem Apostel Paulus zufolge bedeutet ewiges Leben, dass wir im Leben Christi und mit Ihm in verherrlichten Leibern sein und seinem Bild völlig gleichförmig sein werden [Röm 8,29]. Weil dies erst in der Zukunft geschieht, ist das ewige Leben etwas, worauf wir hoffen. So gesehen, werden wir ermahnt, „das ewige Leben zu ergreifen“ [1Tim 6,12]. Auch im Judasbrief und in den ersten drei Evangelien wird das ewige Leben so vorgestellt:
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Jud 21: Ihr erwartet die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben.
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Mk 10,30: Er empfängt … in dem kommenden Zeitalter ewiges Leben.
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Mt 19,29: Er wird … ewiges Leben erben.
In diesem Sinn werden wir das ewige Leben erst dann haben, wenn der Herr kommt, um „unseren Leib der Niedrigkeit umzugestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit“ [Phil 3,21], und wenn „das Sterbliche vom Leben verschlungen wird“ [2Kor 5,4]. Dann werden wir bei Ihm sein und das [ewige] Leben in seiner ihm eigenen Sphäre leben, wo alles dafür passend ist und nichts uns daran hindert oder ablenkt; dann werden wir „aus der Quelle des Wassers des Lebens umsonst trinken“ (Off 21,6).
Das ewige Leben darf nicht mit der neuen Geburt verwechselt werden
All dies zeigt: Das ewige Leben ist viel mehr, als nur von neuem geboren zu sein oder eine neue Natur zu haben. Die Neugeburt und das ewige Leben zu verwechseln und sie zu ein und derselben Sache zu machen, hieße, die Berufung und den Segen der Christen auf das Niveau der jüdischen Gläubigen oder der Gläubigen des Tausendjährigen Reiches herabzusetzen. Wenn wir bedenken, wie völlig der Mensch durch die Sünde verderbt worden ist, so ist offensichtlich, dass seit dem Sündenfall ein Mensch nur dann von Gott gesegnet werden konnte, wenn er von neuem geboren war. Ohne eine neue Natur ist der Mensch nicht fähig, irgendetwas von Gott zu empfangen und in einer lebendigen Beziehung zu Ihm zu stehen.
Die Gläubigen aller Haushaltungen müssen von neuem geboren werden, aber nur Christen – also diejenigen, die in der gegenwärtigen Haushaltung berufen sind – besitzen und genießen das ewige Leben in der Form und unter den Bedingungen, in denen es uns gegeben ist: nämlich in dem auferstandenen und verherrlichten Sohn Gottes. Das stellt den Gläubigen außerhalb all dessen, was zu dem Menschen in seinem natürlichen Leben gehört, und außerhalb dieser Welt, des Ortes, zu dem der Mensch in seinem natürlichen Leben gehört (Joh 17,14).
Das ewige Leben wird also nicht nur im Gegensatz zu dem Zustand des geistlichen Todes dargestellt, in dem sich der Mensch von Natur aus befindet, sondern auch im Gegensatz zum rein menschlichen und irdischen Leben: „Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; wer aber sein Leben in dieser Welt hasst, wird es in das ewige Leben bewahren“ (Joh 12,25). Dieses natürliche und sündige Leben ist für den Gläubigen im Kreuz durch das Gericht Gottes beendet worden. Im Sterben hat Christus Gott verherrlicht in allem, was wir von Natur aus waren. Auf dieser Grundlage gibt Gott uns in unendlicher Gnade das ewige Leben in dem, der aus den Toten auferstanden ist. Dies zu erkennen, gibt dem Gläubigen Freiheit, denn wenn wir dieses Leben in dem auferstandenen Christus haben, sind wir jenseits der Auswirkungen der Sünde, jenseits von Tod und Gericht und jenseits der Macht Satans: Wir befinden uns dann auf dem Schauplatz der neuen Schöpfung, wo alles von Gott ist [2Kor 5,18] und wo Christus alles ist [Kol 3,11].
Das ewige Leben im wahrhaft christlichen Charakter wurde und konnte den Gläubigen erst nach dem Tod und der Auferstehung Christi gegeben werden (Joh 3,14; 6,53-54; 12,24; 20). In Johannes 20,22 sehen wir den Herrn nach der Auferstehung in dem Charakter und in der Kraft des letzten Adams und des lebenspendenden Geistes handeln. Zweifellos war der Herr schon immer die Quelle des Lebens für alle, die nach den Gedanken Gottes lebten; aber erst nach seiner Auferstehung aus den Toten hat Er Menschen nach einer neuen Ordnung erweckt und damit ein neues Geschlecht nach seiner eigenen Ordnung geschaffen. Erst in der Auferstehung offenbart Er sich als der Anfang: als der Erstgeborene aus den Toten, als der Anfang der Schöpfung Gottes [Kol 1,18].
Das dreifache Zeugnis in 1. Johannes 5 – der Geist, das Wasser und das Blut – stimmt in ebendiesem Punkt überein: Gott hat uns in seinem Sohn, der gestorben, auferstanden und verherrlicht ist, das ewige Leben gegeben. Das Blut und das Wasser sprechen davon, dass sein Tod die Forderungen Gottes im Hinblick auf seine Heiligkeit und Gerechtigkeit erfüllt hat. Das Wasser zeigt im Hinblick auf unseren Zustand – nämlich dass wir in Sünde geboren sind [Ps 51,7] –, wie wir durch den Tod von diesem Zustand befreit worden sind, denn durch den Glauben an Christus, der für uns gestorben ist, ist dieser Zustand gerichtet und abgeschlossen; das Leben ist also offenkundig nicht im natürlichen Menschen. Der Heilige Geist, der nach der Verherrlichung Christi herabkam, bezeugt, dass „dieses Leben in seinem Sohn ist“ [1Joh 5,11].
Wenn also dieses Leben außerhalb all dessen ist, was vom Menschen ist, und außerhalb alles Sichtbaren und Wahrnehmbaren, dann können wir dieses Leben folglich nur im Glauben und in der Kraft des Geistes erfassen und genießen. Jetzt leben wir dieses Leben noch im Glauben, bis wir bei dem Herrn sind; dann aber werden wir von Angesicht zu Angesicht sehen und erkennen, wie auch wir erkannt worden sind [1Kor 13,12].
Dieser Abriss der Wahrheit wird hinausgesandt in der Hoffnung, dass der Herr sich gnädig erweisen möge, ihn zu gebrauchen, um den Gläubigen dabei zu helfen, die Wahrheit beim geduldigen und betenden Studium des Wortes zu erkennen und zu verstehen, damit sie nicht durch die Lehren der Menschen hin und her geworfen werden, sondern die Wahrheit in Liebe festhalten und in allem zu Christus heranwachsen [Eph 4,14-15].
Originaltitel: Eternal Life and what it is for Christians,
London: G. Morrish, o.J.
Quelle: www.brethrenarchive.org
Die Zwischenüberschriften und die Bibelstellenangaben sowie der Text in eckigen Klammern stammen vom Übersetzer.
Anmerkungen
[1] Anm. d. Red.: Die CSV-ELB übersetzt: „betreffend“.
[2] Anm d. Red.: Die von Bodman verwendete King-James-Bibel hat in 1. Timotheus 3,16: „God was manifest in the flesh“; die Schlachter 2000 übersetzt entsprechend: „Gott ist geoffenbart worden im Fleisch.“ Beide haben als Textgrundlage den Textus receptus. In der CSV-Elberfelder, die Nestle-Aland als Textgrundlage verwendet, fehlt das Wort „Gott“ und so übersetzt sie: „Der offenbart worden ist im Fleisch …“
[3] J.N. Darby, Kommentar zu 1. Johannes 1,5, „Notes on the First Epistle of John“, S. 209. Online auf stempublishing.com: If He manifested this eternal life, He manifested God too.
[4] J.N. Darby, Kommentar zu 1. Johannes 5,20, „Notes on the First Epistle of John“ in Collected Writings, Bd. 28, S. 328. Online auf stempublishing.com: Jesus Christ is God Himself, the true God. He is also eternal life.
[5] J.N. Darby, Kommentar zu 1. Johannes 5,20 in Betrachtung über 1. Johannes (Synopsis). Online auf bibelkommentare.de.
[6] Godhead is absolute and incommunicable, whilst eternal life is that which is in relation to men (saints) and is communicable, so they are in nature quite distinct, although found for us in the same Person.
[7] J.N. Darby, „The Positiveness of Life in Christ. 1 John 3:1-10“, S. 282. Online auf stempublishing.com: We are born of God, but the life which we have received is that eternal life which was manifested in Christ; 1 John 1:1-3.
[8] Anm. d. Red.: Beispiel: Der Lebensraum, die Welt des Fisches ist das Wasser. Doch nur ein lebendiger Fisch kann sein Element genießen, ein toter Fisch nicht.
[9] Anm. d. Red.: Beispiel: Das Leben eines Patienten im Krankenhaus besteht normalerweise aus Untersuchungen, Operationen, Schmerzen und dergleichen mehr. Jemand anders befindet sich im Urlaub, und sein Leben besteht vermutlich aus Freude an der Umgebung, Nicht-Arbeiten-Müssen, der Wärme der Sonne usw. Anderes Beispiel: Das Leben des Fisches besteht aus Futtersuche, Fortpflanzung und Sonnenbaden.
[10] J.N. Darby, „Life and Eternal Life“ in Notes and Comments, Bd. 2, S. 229. Online auf stempublishing.com: And though we must be born to have life, and have life if born, yet eternal life is only known in redemption and the scene and state into which redemption brings.
[11] Gegenwärtig kann dies nicht von der persönlichen Innewohnung des Geistes getrennt werden, obwohl diese beiden Teile der Wahrheit unterschieden werden können. Der Geist wird in diesen beiden Bedeutungen gleichzeitig empfangen.
[12] Der Geist spricht durch den Apostel Johannes nicht von der Vereinigung mit Christus; diese wird durch den Apostel Paulus offenbart. Johannes spricht von Einssein, davon, dass wir eins sind mit dem Sohn als auferstandenem, aufgefahrenem und verherrlichtem Menschen. Diese beiden Wahrheiten [– Vereinigung und Einssein –] dürfen nicht miteinander verwechselt werden.
[13] J.N. Darby, Kommentar zu 1. Johannes 1,3 in Betrachtung zu 1. Johannes (Synopsis). Online auf bibelkommentare.de.
[14] J.N. Darby, Brief vom 24. Februar 1881, Letters, Bd. 3, Nr. 119, S. 138. Online auf stempublishing.com: As to eternal life: in the full sense of it it is Christ Himself and that revealed as Man in glory.


