Ein lohnenswertes, aber oft vernachlässigtes Praktikum: Lebensunterricht als Lehrerinnen des Guten
Titus 2,3

Gerd Pohl

© G. Pohl, online: 15.11.2021

Leitvers: Titus 2,3

Tit 2,1-7: 1 Du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt: 2 dass die alten Männer …; 3 die alten Frauen ebenso in ihrem Betragen, wie es dem heiligen Stand geziemt, nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten; 4 damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, 5 besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, sich den eigenen Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde. 6 Die jüngeren Männer ermahne ebenso …, 7 indem du in allem dich selbst als ein Vorbild guter Werke darstellst.

Wir leben in einer Zeit des Individualismus, der auch vor uns Christen nicht haltmacht. Aktuelle Kontaktbeschränkungen führen häufig dazu, dass man sich nur noch zu Gemeindestunden, oft sogar nur noch online trifft. Im Titusbrief wird eine sehr wichtige, aber oft vernachlässigte Aufgabe für gläubige Frauen erwähnt. Ältere Frauen werden aufgefordert, Lehrerinnen des Guten zu sein. Was bedeutet und beinhaltet das?

Titus wird hier aufgefordert, zu reden, „was der gesunden Lehre geziemt“ (was ihr entspricht, Tit 2,1). Das bedeutet nicht, über die Themen zu predigen, sondern mit den einzelnen Gruppen (ältere Männer, ältere Frauen, jüngere Männer) zu sprechen, wie die gesunde Lehre gelebt werden soll. Das kann gut im kleinen Kreis oder auch unter vier Augen geschehen. Mit den jüngeren Frauen sollte er als noch relativ junger Mann aber verständlicherweise nicht sprechen. Diesen Unterricht, dieses Lehren sollten die älteren Frauen übernehmen.

Auch wenn in dem Wort „Lehrerinnen des Guten“ (kalodidáskalos) das sonst übliche Wort „Lehrer“ (didáskalos) enthalten ist, haben wir es hier nicht mit einer Ausnahme von 1. Timotheus 2,12 („Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren“) zu tun.[1] Die Wortverbindung mit dem Wort „gut“ (recht, gesund) legt den Akzent auf den Inhalt, das Ziel und Ergebnis des Lehrens: das Gute und Richtige. Es ist also ein Unterricht durch das Leben, ein echtes Praktikum. Auch im ganzen Titusbrief liegt die Betonung auf dem untrennbaren Zusammenhang der gesunden Lehre (Tit 1,9; 2,1.8) und einem gottgefälligen Leben in der Praxis (Tit 1,1; 2,10; 3,8). Nur heilsame Lehre führt auch zu einem gesunden Leben in der Praxis und bewirkt gute Werke. Gesunde Lehre fördert das Gute (Tit 1,8;2,7.14; 3,8.14), hat positive, heilsame und motivierende Auswirkungen für das Glaubensleben und befähigt zum Vorbildsein für die nächste Generation.

Lehrerin des Guten sein heißt also, die Gedanken Gottes gut zu kennen, weiterzugeben und in der Praxis so zu leben, dass Jüngere als realen Anschauungsunterricht davon profitieren; ein gutes Beispiel zu geben, wo biblische Lehre und Lebenspraxis in Harmonie sind. Vorbildsein ist die ideale Erziehung nicht nur für die eigenen Kinder. Es ist für die nachfolgende Generation nicht nur wichtig, die guten Gedanken Gottes insbesondere über Ehe und Familie zu kennen, welche heute vehement bekämpft werden (z.B. durch die Genderideologie oder gleichgeschlechtliche Ehe).

Es ist enorm wichtig, dass es Frauen (und auch Männer) gibt, welche die guten Gedanken Gottes in ihrem Leben transparent vorleben. Vielleicht haben wir große Sorgen, was einmal aus unseren Kindern und der nächsten Generation werden soll. Nutzen wir gerade ein solches Praktikum dafür, um ihnen zu zeigen, dass Gottes Gedanken im Leben tatsächlich funktionieren. Damit haben wir den Zeittrends etwas Wirkungsvolles entgegenzusetzen. Es ist eine großartige Chance und oftmals auch die einzige Möglichkeit. Es kann sehr hilfreich sein, wenn ältere Ehepaare ihre Erfahrungen mit denen der jüngeren Generation teilen. Gemeindestunden sind da absolut nicht ausreichend. Junge Frauen (und auch Männer) haben trotz der Aufklärung und heutigen Informationsflut gerade über Ehe und Familie viele Fragen. Bist du bereit, durch Lebensunterricht gute und hilfreiche Antworten zu geben?

Wenn wir von den gottgegebenen unterschiedlichen Rollen von Mann und Frau überzeugt sind, wer kann dann jüngere Frauen besser in Ehe und Familie unterweisen (Tit 2,4) als ältere Frauen, die entsprechende Erfahrungen haben mit vielen schönen Momenten, aber auch mit allen Konflikten und Schwierigkeiten? Das kann in dem Fall kein Mann, schon gar nicht Google oder sonstige Internetrecherchen. Es ist herausfordernd, das eigene Verhalten mit Gottes Gedanken in Einklang zu bringen („wie es dem heiligen Stand {o. dem Heiligtum} geziemt“, Tit 2,3). Es beinhaltet den liebevollen Umgang mit dem eigenen Ehepartner und den Kindern, ganz praktische Fragen, wie man einen Haushalt führt, und das eigene Auftreten (Tit 2,4.5).

Diese Aufgabe verlangt nicht, erst perfekt zu sein. Du darfst deine eigenen Kinder und die jungen Leute auch gern über deine Fehler und Schwächen unterrichten. Gerade dadurch wirst du durchschaubar, lebensecht und baust notwendiges Vertrauen auf. Ab wann bist du wohl geeignet, solche Unterweisung weiterzugeben? Erst wenn du alt bist? Nein, diese Aufgabe solltest du bereits im Blick haben, wenn du noch jung bist. Sogar für Älteste und Diakone wird als Kriterium genannt, „dem eigenen Haus wohl vorzustehen“ (1Tim 3,4.5.12). Das heißt, dass du bereits bei dem Wunsch, eine Ehe und Familie zu gründen, wissen solltest, dass die eigene Familie die beste Vorbereitung und Lehre dafür ist. So kannst du am besten Erfahrungen sammeln und dann nutzbringend an andere weitergeben. Wenn du schon etwas älter bist, ist dieser Auftrag ein ständiger Aufruf, um zu fragen, wie gut du wirklich Gottes Gedanken in seinem Wort kennst und wie du es tatsächlich im Leben umsetzt. Lehrer sein ist sicher nicht eine Berufung für jeden (Jak 3,1), aber Lebensunterricht zu geben – worum es hier im Titusbrief geht –, das ist ein Dienst für jede Ehefrau und Mutter (Ehemann und Vater). Ähnliches gilt sicher auch für Singles.

Gerade heute, wo viele nur mit sich selbst beschäftigt sind, ist diese vernachlässigte Aufgabe ganz wichtig und wird dringend gebraucht. Der Herr Jesus ruft auch dich dazu auf und freut sich, wenn du solch eine Lehrmeisterin des guten Verhaltens sein möchtest. Die Jüngeren werden dankbar die gute Lebensschule annehmen, für ihr Leben profitieren und werden befähigt, es wieder nutzbringend an die Nächsten weiterzugeben. Nimmst du diesen Auftrag als Herausforderung an? Welch ein Segen wäre das für dich selbst und die nächste Generation.

Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Es handelt sich vielmehr um ein Wort, das in der Bibel sonst nicht vorkommt und auch bis dahin nicht in anderer griechischer Literatur. Wenn es um das Ausüben dieser Aufgabe, Gutes zu lehren, geht, dann wird auch nicht das Wort für „lehren“ benutzt, sondern es heißt „unterweisen“ oder „anleiten“.


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