Der Prophet Sacharja (13)
Kapitel 13

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online: 20.04.2022, updated: 21.04.2022

Die geöffnete Quelle und der geschlagene Hirte

Verse 1.2

Sach 13,1.2: 1 An jenem Tag wird eine Quelle geöffnet sein für das Haus David und für die Bewohner von Jerusalem für Sünde und für Unreinheit. 2 Und es wird geschehen an jenem Tag, spricht der HERR der Heerscharen, da werde ich die Namen der Götzen ausrotten aus dem Land, und man wird sich nicht mehr an sie erinnern; und auch die Propheten und den Geist der Unreinheit werde ich aus dem Land wegschaffen.

Die „Quelle“ in Vers 1 steht in direktem Zusammenhang mit jener Zeit, wenn Israel in geistlicher Hinsicht den Versöhnungstag erreicht hat. Diese Quelle reinigt von aller Verunreinigung. Wenn der Geist Gottes in dem Überrest eine Umkehr bewirkt hat, wird das Wort Gottes unmittelbar zur Reinigung angewendet werden.

Die Quelle wird für das Haus David (nicht „in“ dem Haus David, wie oft falsch zitiert wird) und die Bewohner Jerusalems geöffnet, damit sie moralisch gesehen von all ihrer Sünde und Unreinheit gereinigt werden. Das stimmt mit dem Zeugnis Hesekiels überein: „Ich werde euch aus den Nationen holen und euch sammeln aus allen Ländern und euch in euer Land bringen. Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von allen euren Unreinheiten und von allen euren Götzen werde ich euch reinigen. Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde bewirken, dass ihr in meinen Satzungen wandelt und meine Rechte bewahrt und tut“ (Hes 36,24-27).

Der Versöhnungstag bringt sie zum Kreuz. Der nächste Schritt ist die Waschung, wovon die Quelle spricht. Beachten wir gut: Es geht nicht um eine „mit Blut gefüllte Quelle“, wie christliche Liederdichter gesungen haben,[1] sondern um eine Quelle lebendigen Wassers – nämlich um das Wort Gottes, das in der Kraft des Geistes auf ihre Gewissen angewendet wird. Dieselbe Wahrheit lehren auch die Fußwaschung [Joh 13,5], die der Herr an seinen Jüngern vornahm, die Waschung der Wiedergeburt [Tit 3,5] und die Waschung mit Wasser durch das Wort [Eph 5,26]. Doch all das steht mit der gegenwärtigen Haushaltung in Verbindung. Aus der Seite des gekreuzigten Erlösers flossen sowohl Blut als auch Wasser: Blut, um Sünde vor Gott zu sühnen; Wasser, um die Wege zu reinigen und die Gläubigen von Verunreinigungen frei zu halten.

In dem Maße, wie dem Überrest die Kraft der Wahrheit vor Augen geführt wird, wird sie das dazu bringen, alle Ungerechtigkeit zu richten und alle Unreinheit abzulegen. Götzendienst wird wie ein böser Traum sein, der vorüber ist, und Betrüger (falsche Propheten z.B.) werden aus dem Land weggeschafft werden.

Verse 3.4

Sach 13,3.4: 3 Und es wird geschehen, wenn ein Mann ferner weissagt, so werden sein Vater und seine Mutter, seine Erzeuger, zu ihm sprechen: Du darfst nicht leben, denn du hast Lüge geredet im Namen des HERRN! Und sein Vater und seine Mutter, seine Erzeuger, werden ihn durchbohren, wenn er weissagt. 4 Und es wird geschehen an jenem Tag, da werden die Propheten sich schämen, jeder über sein Gesicht, wenn er weissagt; und sie werden nicht mehr einen härenen Mantel anlegen, um zu lügen.

Jede Prophezeiung wird zu ihrer herrlichen Erfüllung gekommen sein. Deshalb wird das Amt des Propheten aufhören. Jeder, der diese Rolle anstrebt, wird sogar von seinen eigenen Eltern gerichtet werden.

Verse 5.6

Sach 13,5.6: 5 Und er wird sprechen: Ich bin kein Prophet, ich bin ein Mann, der das Land bebaut; denn man hat mich gekauft von meiner Jugend an. 6 Und wenn jemand zu ihm spricht: Was sind das für Wunden in deinen Händen?, so wird er sagen: Es sind die Wunden, womit ich geschlagen worden bin im Haus derer, die mich lieben.

Aber einer steht in jeder Hinsicht im Gegensatz zu den falschen Propheten: der, um den sie wehklagen, wenn sie erkennen, wie sehr sie sich gegen Ihn versündigt haben. Er wird sprechen: „Ich bin kein Prophet, ich bin ein Mann, der das Land bebaut; denn man hat mich gekauft von meiner Jugend an.“ Einige sind der Meinung der Rabbiner, indem sie diese und die folgenden Worte auf die betrügerischen falschen Propheten anwenden. Aber es scheint viel deutlicher und dem Kontext angemessener zu sein, sie auf den Herrn Jesus Christus anzuwenden. Er wurde von seiner Jugend an als Knecht erworben, und so wie die ergebenen Knechte in 2. Mose 21 wollte auch Er aus Liebe zu den Seinen nicht frei ausgehen. Ihm ruft der staunende Überrest zu: „Was sind das für Wunden in deinen Händen?“, worauf Er antwortet: „Es sind die Wunden, womit ich geschlagen worden bin im Haus derer, die mich lieben.“ Welche Gnade, dass Er so von dem Stamm Juda spricht, der Ihn nicht erkannte, als Er in Niedrigkeit zu ihm kam.

Vers 7

Aber Er hätte niemals von ihnen verwundet werden können, wenn es nicht Gottes Vorsatz gewesen wäre, dass Er zum Sündopfer gemacht wird. So lesen wir unmittelbar danach:

Sach 13,7: Schwert, erwache gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Genosse ist!, spricht der HERR der Heerscharen. Schlage den Hirten, und die Herde wird sich zerstreuen. Und ich werde meine Hand den Kleinen zuwenden.

Der geschlagene Hirte in Vers 7 und der Verwundete aus den Versen 5 und 6 sind eindeutig ein und dieselbe Person. Dort wird betont, wie die Menschen Ihn behandelten; hier ist es die ernste Tatsache, dass das Gericht Gottes auf Ihn fiel, als Er für unsere Sünden ans Kreuz geschlagen wurde. Am Kreuz hat Er als der gute Hirte sein Leben für die Schafe gegeben und den göttlichen Zorn ertragen, damit alle, die an Ihn glauben, für immer vor der Vergeltung des HERRN sicher sind, weil sie seinen Thron, seinen Herrschaftsanspruch geschmäht hatten. So finden die Worte aus Matthäus 26,31 eine direkte Erfüllung. Der Hirte wird von dem HERRN selbst geschlagen. Die Schafe werden zunächst zerstreut, aber Gottes Hand wendet sich in Gnade den Kleinen zu, die demütig genug sind, ihre Schuld einzugestehen und auf den zu vertrauen, dessen kostbares Blut sie von jedem Makel reinigt. Wenn ihre Blindheit vergangen ist, wird dem Überrest der Wert seines Werkes bekannt gemacht werden. Sie werden zu den Schwachen und Armen im Geist gezählt werden, die sich auf die erlösende Gnade stützen.

Verse 8.9

Sach 13,8.9: 8 Und es wird geschehen im ganzen Land, spricht der HERR: Zwei Teile davon werden ausgerottet werden und verscheiden, aber der dritte Teil davon wird übrigbleiben. 9 Und ich werde den dritten Teil ins Feuer bringen, und ich werde sie läutern, wie man das Silber läutert, und sie prüfen, wie man das Gold prüft. Es wird meinen Namen anrufen, und ich werde ihm antworten; ich werde sagen: Es ist mein Volk; und es wird sagen: Der HERR ist mein Gott.

Allerdings werden nicht alle Israeliten und auch nicht alle Juden errettet werden. Von denen, die ins Land zurückkehren, nachdem die Gemeinde in den Himmel entrückt worden ist, werden zwei Teile in der Zeit der Drangsal Jakobs durch den Tod ausgerottet werden. Der dritte Teil wird durch die feurigen Prüfungen der großen Drangsal hindurchgebracht und wie Silber geläutert und wie Gold gereinigt werden. Dieser Überrest wird den Namen des HERRN anrufen, und Gott wird ihnen in Gnade und liebevoller Güte antworten: „Es ist mein Volk.“ Damit wird Er das Lo-Ammi[Nicht-mein-Volk]-Urteil aus Hosea 1 ins Gegenteil verkehren. Bei dem Gedanken an solch überfließendes Erbarmen werden sie mit erhobenem Herzen ausrufen: „Der HERR ist mein Gott.“

Ihre Errettung hat also einen doppelten Charakter – so wie die Errettung ihrer Vorfahren in alter Zeit, die, soweit sie im Glauben lebten, zu Gott gebracht und aus der ägyptischen Knechtschaft befreit wurden.

Das letzte Kapitel nennt uns die Einzelheiten ihrer Befreiung von ihren Feinden und endet erst, wenn sie das freudigste Fest des ganzen Jahres, das Laubhüttenfest, feiern, und zwar in dem sicheren Wissen, dass sie in der Gunst des HERRN stehen.


Originaltitel: „Notes on the Prophecy of Zechariah“ 
aus Notes on the Minor Prophets, 1909

Übersetzung: Andreas Albracht

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Ironside bezieht sich hier auf das Lied „There is a fountain filled with blood“ (1772) von William Cowper (1731–1800). Das Lied wurde 1875 von Ernst Heinrich Gebhardt (1832–1899) ins Deutsche übersetzt: „Es ist ein Born, draus heil’ges Blut für arme Sünder quillt.“


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