Der Brief an die Philipper (3)
Kapitel 3

John Nelson Darby

© SoundWords, online: 11.07.2004, updated: 03.06.2021

Leitverse: Philipper 3

Vers 1

Phil 3,1: Im Übrigen, meine Brüder, freut euch in dem Herrn! Euch dasselbe zu schreiben, ist mir nicht lästig, für euch aber ist es sicher.

Es war der Herr selbst, in dem sich die Christen freuen sollten. Jetzt warnt der Apostel die Philipper vor dem, was der nagende Wurm an dem Leben der Versammlung gewesen war und die schmerzlichen Früchte hervorgebracht hatte. Das machte ihm sehr viel Mühe. Und die beklagenswerte Folgen sehen wir heute, wie er vorhergesagt hat – Folgen, die noch für das Gericht Gottes heranreifen.

Aber mag alles sein, wie es will, der Herr verändert sich nicht. „Freut euch“, sagt Paulus, „in dem Herrn.“ Da ist alles sicher.

Der Apostel stellt den Philippern sowohl das vor, was sie an dieser Freude hindern konnte, als auch die wahre Erkenntnis Christi, die uns vor diesen Hindernissen bewahrt.

Doch geschieht dies hier nicht

  • gemäß der Lehre und Praxis, die in Verbindung stehen mit der hohen Stellung der Versammlung in ihrer Vereinigung mit einem verherrlichten Christus als sein Leib;
  • auch nicht gemäß der Einheit, die daraus entspringt. Das finden wir in dem Brief an die Epheser.
  • auch nicht entsprechend der dringenden Notwendigkeit, sich fest an Christus, das Haupt der Gemeinde, zu halten, weil in Ihm alle Fülle ist. Das ist die Belehrung des Kolosserbriefes.

In Übereinstimmung mit dem allgemeinen Charakter des Briefes steht alles in Verbindung mit den persönlichen Erfahrungen des Christen und insbesondere mit denen des Apostels.

Daher befindet er sich auch in diesem dritten Kapitel – wie wir es bei der Darstellung seiner persönlichen Kämpfe und Leiden im ersten Kapitel schon gesehen haben – auf dem Weg zu dem vollen Genuss an Christus, den er kennengelernt hatte. Er sehnte sich von ganzem Herzen danach. Das sollten auch die Erfahrungen jedes Christen sein. Denn wenn ich auch durch den Geist mit dem Haupt der Gemeinde als ein Glied des Leibes Christi vereinigt bin und durch den Glauben diese Vereinigung erfasse, bleibt es trotzdem wahr, dass meine persönliche Erfahrung stark mit dem Weg zu dieser Herrlichkeit zu tun hat. Selbstverständlich ist der Glaube die Grundlage, genauso wie die Verbindung zu dem Haupt meine Berechtigung zu dieser Herrlichkeit ist. Nicht dass die Gefühle, die durch das, was mir auf diesem Weg begegnet, hervorgerufen werden, meine Stellung in Christo verfälschen oder ihr widersprächen oder die Gewissheit meines Ausgangspunktes vernichteten. Nein, während ich diese Gewissheit besitze und weil ich sie besitze, weiß ich, dass ich in Wirklichkeit das Endziel dieser Stellung in der Herrlichkeit noch nicht erreicht habe. In diesem Brief nun sind wir auf dem Weg dahin. Wir werden in unseren Beziehungen zu Gott persönlich betrachtet. Denn die Erfahrung ist immer persönlich, obwohl unsere Einheit untereinander als Glieder Christi einen Teil dieser Erfahrung bildet.

Vers 2

Phil 3,2: Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter, seht auf die Zerschneidung.

Paulus nimmt jetzt seine Ermahnungen wieder auf. Doch das war ihm nicht unangenehm. Weil Gefahr vorhanden und seine zärtliche Liebe wachsam war, diente es zu ihrer Sicherheit, wenn er seine Warnungen und Unterweisungen in Bezug auf die Vermengung jüdischer Grundsätze mit der Lehre eines verherrlichten Christus erneuerte. Diese Vermengung bedeutete in der Tat die Vernichtung dieser wichtigen Lehre und würde das Fleisch (d.h. die Sünde und die Entfremdung von Gott) an ihrer Stelle wieder einführen. Das war der schon verworfene und verurteilte erste Mensch und nicht der zweite Mensch. Doch erscheint das Fleisch hier nicht in Form von Sünde, sondern von Gerechtigkeit von allem was ehrbar und religiös ist. Es erscheint in Form von Satzungen, die mit dem ehrwürdigen Ansehen des Altertums bekleidet waren, und die, was ihren Ursprung betrifft, die Autorität Gottes selbst besaßen. Und wenn sie nicht in Christus weggetan worden wären, dann würden sie diese Autorität auch heute noch besitzen. Der Apostel, der Christus im Himmel kannte, sah in diesem allem nur ein Lockmittel, um den Gläubigen von Christus wegzuziehen und ihn wieder in das Verderben zurückzuschleudern, aus dem Christus ihn herausgeholt hatte. Und das wäre umso schrecklicher gewesen, weil man den verherrlichten Christus einmal kennengelernt und ihn dann verlassen und zu den Dingen zurückkehren würde, die sich durch das Fleisch als wertlos erwiesen hatten. Der Apostel schont daher weder dieses fleischliche System, welches das Gesetz anpries, noch jene, die es lehrten. Die Herrlichkeit, die er gesehen hatte, seine Kämpfe mit diesen falschen Lehrern, der Zustand, in den sie die Gemeinde gebracht hatten, Jerusalem und Rom, seine Freiheit und seine Gefangenschaft – alles das hatte ihm die Erfahrung eingetragen, was das Judentum im Blick auf die Versammlung Gottes wert war. Solche Lehrer waren Hunde, böse Arbeiter, d.h. solche, die Bosheit und Gottlosigkeit taten. Das war nicht die Beschneidung. Er behandelt diese Sache mit tiefer Verachtung und gebraucht Worte, deren Schärfe durch seine Liebe zu der Gemeinde gerechtfertigt wird. Denn die Liebe ist streng gegen die, welche gewissenlos den Gegenstand dieser Liebe verderben. Es war die Zerschneidung. Hier tritt das Böse ohne Scham ans Licht. Und es ist darauf aus, unter einem schändlichen Schleier von Religion Böses hervorzubringen. Wenn sich diese Haltung in seinem wahren Charakter zeigt, dann ist Milde gegenüber solchen Dingen ein Verbrechen gegen die Gegenstände der Liebe Christi. Wenn wir Ihn lieben, so werden wir im Umgang mit der Gemeinde den wahren Charakter des Bösen entlarven, den es zu verbergen sucht. Das ist wahre Liebe und Treue gegen Christus. Der Apostel hatte es gewiss nicht an der Herablassung zu den Schwachen betreffs ihrer jüdischen Vorurteile fehlen lassen. Er hatte diese Herablassung sogar weit getrieben. Seine Gefangenschaft zeugte davon.

Jetzt war die Versammlung seiner Energie beraubt sowie jener geistlichen Unterscheidung, die alles liebt, was gut ist. Dadurch stand sie mehr in Gefahr als je zuvor. Die Erfahrung eines Lebens nie endender Tätigkeit, eines Lebens der größten Geduld, eines vierjährigen Nachdenkens im Gefängnis veranlasste jene scharfen und schneidenden Worte: „Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter, seht auf die Zerschneidung.“

  • Die Lehre des Briefes an die Epheser,
  • die Ermahnungen in dem an die Kolosser,
  • die zärtliche Liebe in dem an die Philipper,
  • verbunden mit der Anklage in Philipper 3,2

fallen in denselben Zeitpunkt und tragen alle den Stempel derselben Liebe.

Doch genügte es, diese falschen Lehrer zu bezeichnen. An anderen Orten, wo sie nicht gut bekannt waren, gab er Einzelheiten an, wie in den Unterweisungen an Timotheus, der über die Versammlung zu wachen hatte. Hier genügte es, ihren wohlbekannten Charakter zu bezeichnen. Alles was ins Judentum führte, alles was das Gesetz und das Evangelium, das Vertrauen auf Satzungen und auf den Geist zu vermischen suchte, war schändlich, boshaft und verächtlich.

Verse 3-11

Phil 3,3-11: Denn wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen; obwohl ich auch auf Fleisch Vertrauen habe. Wenn irgendein anderer meint, auf Fleisch zu vertrauen – ich noch mehr: Beschnitten am achten Tag, vom Geschlecht Israel, vom Stamm Benjamin, Hebräer von Hebräern; was das Gesetz betrifft, ein Pharisäer; was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Versammlung; was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, für untadelig befunden. Aber was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet; ja wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, damit ich Christus gewinne und in ihm erfunden werde, indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die, die durch den Glauben an Christus ist – die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben; um ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden, indem ich seinem Tod gleichgestaltet werde, ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten.

Doch der Apostel will sich lieber mit der Kraft beschäftigen, die davon befreit.

  • „Wir sind die Beschneidung“ – das, was wirklich vom Bösen getrennt, das, was für die Sünde und das Fleisch tot ist.
  • Wir sind die wahre Beschneidung, die wir Gott anbeten – nicht in der falschen Anmaßung von Satzungen, sondern geistlich durch die Kraft des Heiligen Geistes.
  • „Wir sind die Beschneidung“ – die wir uns Christi, des Heilandes, rühmen und nicht des Fleisches, auf das wir im Gegenteil kein Vertrauen haben.

Wir sehen hier Christus und den Geist im Gegensatz zu dem Fleisch und dem eigenen Ich.

Paulus konnte sich wirklich, wenn nötig, solcher Dinge rühmen, die dem Fleisch angehören. Handelte es sich um alle jüdischen Vorrechte – er besaß sie in höchstem Maße. Er hatte alle anderen in heiligem Eifer gegen die Neuerer übertroffen. Aber eine einzige Sache hatte das alles geändert: Er hatte einen verherrlichten Christus gesehen.

Alles, was er nach dem Fleisch besaß, war fortan Verlust für ihn. Alle diese Vorzüge stellten etwas zwischen ihn und den Christus, an den er glaubte und nach dem er sich sehnte – den Christus, den er kannte. Doch beachten wir, dass er hier nicht die Sünden des Fleisches, die Christus gesühnt und hinweggetan hat, verwirft, sondern die Gerechtigkeit des Fleisches. Wir können vielleicht sagen, das Fleisch habe keine Gerechtigkeit. Aber wenn der Apostel auch eine Gerechtigkeit des Fleisches besessen hätte (wie er in der Tat äußerlich eine solche besaß), so wollte er sie doch nicht haben, weil er eine bessere gesehen hatte. In Christus, der ihm auf dem Weg nach Damaskus erschienen war, hatte er göttliche Gerechtigkeit für den Menschen und göttliche Herrlichkeit in dem Menschen gesehen. Er hatte einen verherrlichten Christus gesehen, der die schwachen Glieder der Gemeinde als eins mit sich anerkannte. Er wollte nichts anderes haben. Die Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, seines Herrn, hatte alles in den Schatten gestellt, alles, was nicht dieses war, in Verlust verwandelt. Wenn die Sonne aufgeht, dann verschwindet nicht nur die Finsternis der Nacht, sondern auch die Sterne. Die Gerechtigkeit des Gesetzes, die Gerechtigkeit des Paulus, alles, was ihn unter den Menschen auszeichnete, verschwand vor der Gerechtigkeit Gottes und der Herrlichkeit Christi. Es war eine totale Veränderung in seinem ganzen inneren Wesen vorgegangen. Sein Gewinn war ihm jetzt Verlust. Christus war alles geworden. Es war nicht das Böse, das verschwand, sondern alles das, was Paulus als Gewinn für das Fleisch besaß. Ein anderer war ihm jetzt kostbar. Welch eine tiefe und gänzliche Veränderung in dem ganzen inneren Wesen des Menschen, wenn er aufhört, selbst der Mittelpunkt seiner Wichtigkeit zu sein, und ein anderer, der würdig ist, es zu sein, der Mittelpunkt seines sittlichen Daseins wird. Dieser Mittelpunkt war für Paulus jetzt

  • eine göttliche Person,
  • ein Mensch, der Gott verherrlicht hatte,
  • ein Mensch, in dem für das Auge des Glaubens die Herrlichkeit Gottes hervorstrahlte,
  • ein Mensch, in dem die Gerechtigkeit Gottes verwirklicht und
  • die Liebe, die zärtliche Gnade Gottes gegen Menschen und gekannt von Menschen, vollkommen offenbart war.

Dieser war es, den Paulus zu gewinnen, zu besitzen wünschte (denn hier sind wir noch in den Pfaden der Wüste), in dem er wünschte, erfunden zu werden: „… damit ich Christus gewinne und in ihm erfunden werde.“ Zwei Dinge waren in diesem Wunsch seinem Glauben gegenwärtig: die Gerechtigkeit Gottes selbst als seine eigene Gerechtigkeit zu haben (in Christus sollte er sie besitzen) und dann Ihn und die Kraft seiner Auferstehung (denn er kannte Ihn nur als auferstanden) zu erkennen und dieser Kraft gemäß, die jetzt in ihm wirkte, an den Leiden Christi teilzuhaben und seinem Tod gleichgestaltet zu werden.

In dem Tod Christi war

  • die vollkommene Liebe erwiesen,
  • die vollkommene Grundlage göttlicher und ewiger Gerechtigkeit gelegt,
  • die Selbstentäußerung praktisch, gänzlich, vollkommen offenbart worden.

Das war der Christus, der für den Apostel der vollkommene Gegenstand seines Glaubens war. Sein Glaube erfasste diesen Gegenstand und der „neue“ Paulus ersehnte ihn. Christus war durch den Tod gegangen in der Vollkommenheit jenes Lebens, dessen Kraft in der Auferstehung geoffenbart worden war. Paulus hatte diese Vollkommenheit in Herrlichkeit gesehen. Er war (wie schwach er auch in sich selbst war) mit Christus, der Quelle dieser Kraft, verbunden. Deshalb begehrte er die Kraft seiner Auferstehung zu erkennen und Ihm in seinen Leiden zu folgen. Die Umstände stellten diese Leiden als eine Wirklichkeit vor seine Augen. Sein Herz sah nur oder wünschte nur, Christus zu sehen, wünschte, nur Ihm dorthin zu folgen. War der Tod auf dem Weg, so war er Christus nur umso ähnlicher. Er achtete nicht, was es kostete, wenn er nur auf irgendeine Weise dahin gelangte. Das gab seinem Vorsatz eine ungeteilte Energie. Das heißt in der Tat „Ihn kennen“ als den, der völlig (durch Leiden und Tod) auf die Probe gestellt worden war und somit alles zu kennen, was Er in der völligen Offenbarung seiner Vollkommenheit – in Liebe, Gehorsam, Hingabe – gewesen ist. Aber das Ziel ist – Ihn zu gewinnen, so wie Er jetzt ist. Nachdem der Apostel Jesus in der Herrlichkeit gesehen hatte, verstand er den Weg, der Ihn dorthin geführt hatte, und die Vollkommenheit Christi auf diesem Weg. Da er an dem Leben Jesu teilhatte, wünschte er die Kraft dieses Lebens seiner Herrlichkeit gemäß zu verwirklichen, damit er Ihm folgen könnte, um da zu sein, wo Jesus gewesen war und in der Herrlichkeit bei Ihm zu sein. Das ist es, was der Herr in Johannes 12,23-26 sagt: „Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben lieb hat, wird es verlieren; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren. Wenn mir jemand dient, so folge er mir nach; und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein. Wenn mir jemand dient, so wird der Vater ihn ehren.“ Wer hatte, wie Paulus, die Kraft dieser Worte durch die Gnade Gottes erfasst?

Bemerken wir hier den Unterschied zwischen ihm und Petrus. Petrus nennt sich „Zeuge der Leiden des Christus und auch Teilhaber der Herrlichkeit, die geoffenbart werden soll“ (1Pet 5,1). Bei Paulus ist es genau umgekehrt. Er ist ein Zeuge der Herrlichkeit, wie sie im Himmel ist („wie Er ist“, sagt Johannes), und wünscht Teilhaber seiner Leiden zu sein. Das ist die eigentliche Grundlage, auf welcher die Versammlung steht: Sie wandelt im Geist, gemäß der Offenbarung der Herrlichkeit Christi. Das ist es auch, wie ich nicht bezweifle, was den Apostel Petrus veranlasst hat zu sagen, dass in allen Briefen des Paulus (die er übrigens als einen Teil der Schriften anerkennt) etliche Dinge schwer zu verstehen seien. Es nahm den Menschen völlig aus der ganzen alten Ordnung der Dinge heraus.

Nachdem Paulus dann Christus in der Herrlichkeit gesehen hatte, gab es für ihn zwei Dinge:

  1. die Gerechtigkeit Gottes in Christus und
  2. die Erkenntnis Christi.

Die Gerechtigkeit Gottes in Christus vernichtete alles, dessen das Fleisch sich rühmen konnte: „meine eigene“ Gerechtigkeit, die Gerechtigkeit des Menschen nach dem Gesetz. Die Gerechtigkeit Gottes ist durch den Glauben, d.h., der Mensch ist nichts darin. Es ist Gottes Gerechtigkeit; der Mensch hat teil daran, indem er glaubt (d.h. durch den Glauben an Christus Jesus). Der Gläubige hat seinen Platz vor Gott in Christus, in der Gerechtigkeit Gottes selbst. Diese Gerechtigkeit hat Gott in der Verherrlichung Christi offenbart, indem Er sich selbst in Ihm verherrlichte. Welch eine Stellung! Die Sünde, die menschliche Gerechtigkeit, alles, was dem eigenen Ich angehört, ist ausgeschlossen. Unser Platz entspricht der Vollkommenheit, in der Christus, als Mensch, Gott vollkommen verherrlicht hat. Aber dieser Platz ist notwendigerweise der Platz dessen, der dieses herrliche Werk vollbracht hat. Christus ist in seiner Person und in seiner gegenwärtigen Position – natürlich nicht bezüglich seines Sitzens zur Rechten Gottes; das ist persönlich – der Ausdruck unseres Platzes: „Ihn kennen“ ist, diesen Platz kennen. Er ist da, weil göttliche Gerechtigkeit das erforderte. Deshalb ist es auch unser Teil, dort zu sein, wie Er dort ist, gemäß derselben göttlichen Gerechtigkeit, die bereitwillig, aber notwendigerweise, den Menschen (uns) dort einführt in Christus. Darum, wenn ich die Gerechtigkeit Gottes darin erkannt habe, dass Christus dort ist, wünsche ich selbst zu kennen, was es ist, dort zu sein. Ich wünsche Christus zu kennen. Aber das umfasst in Wahrheit alles, was Er in dem Vollbringen seines Werkes war. Die Herrlichkeit offenbart die Kraft und das Ergebnis dieses Werkes. Das, was Er litt, ist das Werk, in dem Er Gott verherrlicht hat. Daher ist in seiner Erhöhung als Mensch zur göttlichen Herrlichkeit die Gerechtigkeit Gottes erfüllt worden.

Und alles, was wir in Ihm erblicken:

  • göttliche Liebe,
  • vollkommene Hingabe an die die Herrlichkeit seines Vaters,
  • beständiger und vollkommener Gehorsam,
  • das Erdulden von allem, um von der Liebe seines Vaters zu den Menschen Zeugnis zu geben,
  • vollkommene Geduld,
  • unergründliche Leiden, um den Ausfluss der Liebe zu Sündern sowohl möglich als auch vollkommen zu machen, kurz, alles, was Christus war,
  • was mit seiner Person in Verbindung steht

– alles macht Ihn zu einem Gegenstand, der das Herz beherrscht, einnimmt, frei macht und kräftigt. Das geschieht durch die Macht seiner Gnade, die in dem neuen Leben wirkt. Wir sind ja mit Ihm durch das über alles mächtige Band des Geistes verbunden. Auf diesem Wege wird Er der alleinige Gegenstand vor unseren Augen. Deshalb wünscht Paulus das zu haben, was Christus geben kann: seinen Kelch und seine Taufe. Dem Vater will er überlassen, was Christus Ihm überließ: die Anordnung der Plätze im Reich. Er wünscht nicht, wie Johannes und Jakobus, zur Rechten und zur Linken des Herrn zu sitzen, d.h. einen guten Platz für sich selbst. Er begehrt Christus; er will Christus gewinnen. Er folgt nicht zitternd wie die Jünger in Markus 10. Er will leiden nicht um des Leidens willen, sondern um teilzuhaben an den Leiden Christi. Daher, anstatt wegzugehen wie der Jüngling in Markus 10, weil er vieles hatte, was für das Fleisch Gewinn war, anstatt wie dieser sich an das Gesetz zu klammern betreffs seiner Gerechtigkeit, verzichtete Paulus auf diese Gerechtigkeit, die er mit dem Jüngling teilte, und achtete alles, was er besaß, für Dreck.

So haben wir hier denn in praktischer, persönlicher Erfahrung die Wirkung jenes großen Grundsatzes, den der Apostel in anderen Briefen entwickelt hat, dass wir nämlich an einem verherrlichten Christus teilhaben. Auch wenn er von dem Ergebnis in Bezug auf sich selbst redet, spricht er von seiner eigenen Auferstehung gemäß dem Charakter der Auferstehung Christi. Es ist nicht das, wovon Petrus spricht, wie wir gesehen haben: das einfache Teilhaben an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll; es ist das, was diesem Teilhaben vorausgeht – die Auferstehung. Nachdem Paulus Christus in der Herrlichkeit gesehen hatte gemäß der Kraft seiner Auferstehung, wünschte er, daran teilzuhaben. Das ist denn auch die Bedeutung seines Wortes: „ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge“. Er wünschte teilzuhaben an der Auferstehung aus den Toten. Wenn es, um diese zu erlangen, nötig war, durch den Tod zu gehen (wie Christus es getan hatte), so wollte er hindurchgehen, koste es, was es wolle, sei es auf eine noch so schmerzliche Weise – und um jene Zeit stand der Tod mit seinen menschlichen Schrecken vor seinen Augen –, er wünschte völlig mit Christus teilzuhaben. Der Charakter dieser Auferstehung nun, von welcher der Apostel spricht, ist der, dass es eine Auferstehung aus den Toten ist; es ist nicht einfach die Auferstehung der Toten. Es ist das Herausgehen aus dem Zustand der Verderbtheit, in den die Sünde den Menschen gestürzt hat. Das geschieht durch die Gunst und Kraft Gottes – soweit es Christus betrifft und nun auch uns durch Ihn mittels der Gerechtigkeit Gottes. Es ist ein Herausgehen, nachdem wir tot in Sünden waren und jetzt der Sünde gestorben sind, durch die Gunst und Kraft und Gerechtigkeit Gottes. Welch eine Gnade! Und welch eine Veränderung! Indem wir Christus dem Willen Gottes gemäß an dem Platz, wohin Er uns gesetzt hat, nachfolgen, haben wir teil an seiner Auferstehung. Dann sind wir mit dem niedrigsten Platz, wenn Gott ihn uns gibt, zufrieden. Es ist dieselbe Selbstverleugnung wie in dem höchsten Platz zu arbeiten. Denn das Geheimnis im Blick auf beide ist, dass Christus alles und wir nichts sind. Es ist ein Gedanke, der voll von Friede und Freude ist und das Herz mit Liebe zu Christus erfüllt. Freudevolle und herrliche Hoffnung, die vor unseren Augen leuchtet in Christus, in diesem wunderbaren, verherrlichten Heiland! Als die Gegenstände göttlicher Gunst in Ihm kommen wir hervor aus dem Hause des Todes, weil das Auge Gottes auf uns ruht, da wir sein sind. Dieses Haus kann die, welche sein sind, nicht festhalten, weil die Herrlichkeit und die Liebe Gottes an ihnen interessiert und beteiligt ist. Christus ist das Beispiel und das Muster unserer Auferstehung. Der Grund (Röm 8) und die Gewissheit unserer Auferstehung ist in Ihm. Der Weg dahin wird uns hier von dem Apostel gezeigt.

Verse 12-14

Phil 3,12-14: Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, indem ich auch von Christus Jesus ergriffen bin. Brüder, ich denke von mir selbst nicht, es ergriffen zu haben; eines aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus.

Wenn nun aber die Auferstehung und das Gleichsein mit Christus in der Herrlichkeit der Gegenstand der Hoffnung des Apostels ausmachten, so ist sehr deutlich, dass er sie noch nicht erreicht hatte. Wenn das seine Vollendung bedeutete, so konnte er noch nicht vollendet sein. Er war, wie gesagt, auf dem Weg dahin. Aber Christus hatte ihn dazu ergriffen und er streckte sich stets aus, um den Kampfpreis zu ergreifen, den zu genießen Christus ihn ergriffen hatte. Nein, wiederholt er seinen Brüdern, ich halte mich selbst nicht dafür, es ergriffen zu haben. Aber eines konnte er wenigstens sagen: Er vergaß alles, was dahinten war, und jagte, das vorgesteckte Ziel immer anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes, der sich im Himmel befindet. Glücklicher Christ! Es ist etwas Großes, das nie aus den Augen zu verlieren, nie ein geteiltes Herz zu haben, nur an eines zu denken. Der Heilige Geist hilft uns dabei. Er schenkt uns die Kraft dazu. Er bewirkt das in dem neuen Menschen. Er leitet ihn zu diesem einzigen und himmlischen Gegenstand. Der Apostel denkt nicht eigentlich an seine Sünden, wenn er sagt: „Vergessen, was dahinten ist“ – es waren vielmehr seine Fortschritte, die er vergaß, seine Vorzüge, alles, was schon hinter ihm lag. Und diese Energie hatte sich nicht nur bei den ersten tiefen Regungen kundgetan, als er den Herrn kennenlernte; er achtete jetzt immer noch alles für Dreck, weil er Christus stets vor Augen hatte. Das ist wahres christliches Leben. Welch eine traurige Sache wäre es für Rebekka gewesen, wenn sie auf ihrer Wüstenreise unter Eliesers Führung Isaak vergessen und wieder angefangen hätte, an Bethuel und an das Haus ihres Vaters zu denken! Was hätte sie dann in der Wüste bei Elieser gehabt? So ist das wahre Leben, die wahre Stellung des Christen: wie bei den Israeliten, die sich – obwohl sie durch das Blut an den Türpfosten vor dem Würgeengel geschützt waren – nicht eher an ihrem wahren Platz befanden, bis sie als ein befreites Volk jenseits des Roten Meeres standen. Dann betraten sie als Gott angehörend den Weg nach Kanaan.

Verse 15.16

Phil 3,15.16: So viele nun vollkommen sind, lasst uns so gesinnt sein; und wenn ihr etwas anders gesinnt seid, so wird euch Gott auch dies offenbaren. Doch wozu wir gelangt sind, lasst uns in denselben Fußstapfen wandeln.

Der Christ ist geistlicherweise nicht eher an seinem wahren Platze, nicht eher vollkommen oder erwachsen in Christus, bis er die neue Stellung versteht, die Christus als ein aus den Toten Auferstandener eingenommen hat. Aber wenn er dazu angelangt ist, soll er deshalb gewiss nicht andere verachten. Wenn sie etwas anders gesinnt wären, so sagt der Apostel, dann würde Gott ihnen die Fülle seiner Wahrheit offenbaren. Jedoch sollten alle zusammen in einer Gesinnung wandeln in den Dingen, zu denen sie gelangt waren (Lk 3,15.16). Wo das Auge einfältig war, wird es so gewesen sein. Leider gab es jedoch viele, bei denen es anders stand.

Vers 17

Phil 3,17: Seid zusammen meine Nachahmer, Brüder, und hin auf die, sie so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt.

Doch der Apostel war ihr Vorbild und das wollte viel sagen. Warum heißt es hier nicht, dass Jesus ihr Vorbild war? Warum Paulus? Solange Jesus hier auf der Erde lebte, konnte die besondere Kraft dieses Auferstehungslebens nicht in der gleichen Weise offenbart werden. Dazu kam, dass Christus auf der Erde in dem Bewusstsein dessen, was Er bei dem Vater vor Grundlegung der Welt war, seinen Weg gehen. Darum, obwohl Er für die vor Ihm liegende Freude litt, obwohl sein Leben das vollkommene Muster des himmlischen Menschen war, wurde in Ihm doch eine Ruhe, eine Gemeinschaft mit dem Vater gefunden, die einen ganz besonderen Charakter trug. Nichtsdestoweniger ist es lehrreich für uns, weil der Vater uns liebt, wie Er Jesus liebte, und weil auch Jesus uns liebt, wie der Vater Ihn geliebt hat. Bei Ihm war es nicht die Energie eines Menschen, der in der Rennbahn laufen muss, um etwas zu erreichen, das er noch nie vorher besessen hat: Er redete von dem, was Er wusste, und gab Zeugnis von dem, was Er gesehen hatte, von dem, was Er aus Liebe zu uns verlassen hatte – Er, „der Sohn des Menschen, der im Himmel ist“.

Johannes geht mehr auf diesen Charakter Christi – wie er hier auf der Erde war – ein. Daher finden wir in seinem ersten Brief mehr von dem, was Er in seiner Natur und in seinem Charakter ist, als von dem, was wir mit Ihm in der Herrlichkeit sein werden.

Petrus baut zwar auf denselben Grund wie die anderen, wartet aber doch auf das, was geoffenbart werden soll. Seine Wanderschaft auf der Erde geht wohl dem Himmel zu, um einen dort aufbewahrten Schatz zu erlangen, der in der letzten Zeit offenbart werden soll. Aber es steht doch mehr in Verbindung mit dem, was schon offenbart worden war. Von seinem Gesichtspunkt aus erschien der Morgenstern, von dem Paulus erfüllt war, nur an dem äußersten Horizont. Für ihn war das praktische Leben das Leben Jesu unter den Juden. Er konnte nicht mit Paulus sagen: „Seid meine Nachahmer.“ Die Wirkung der Offenbarung der himmlischen Herrlichkeit Christi zwischen seiner Himmelfahrt und seiner Wiederkehr sowie des Einsseins aller Christen mit Ihm im Himmel, trat nur in dem Mann völlig hervor, der sie empfing – nämlich Paulus, so wie in Apostelgeschichte 9 zu lesen. Paulus war dieser Offenbarung durch die Gnade treu. Und ohne einen anderen Gegenstand, der seine Schritte geleitet oder sein Herz in Anspruch genommen hätte, stellt er sich selbst als ein Vorbild hin. Er folgte Christus wirklich nach, aber die Form seines Lebens war durch die Art und Weise, in der Gott ihn berufen hatte, eine besondere. Und genauso sollten die Christen leben, die diese Offenbarung besitzen. Dementsprechend spricht Paulus auch von einer ihm anvertrauten Verwaltung (Kol 1,25; Eph 3,2). Nicht dass er die Augen der Philipper von Christus hätte abwenden wollen. Er besteht vielmehr darauf, dass sie unverrückt ihre Blicke auf Ihn gerichtet halten. Das war es ja gerade, was ihn kennzeichnete, und hierin stellt er sich selbst als Vorbild hin. Aber der Charakter dieses Schauens auf Jesus war ein besonderer. Nicht ein auf der Erde gekannter Christus war der Gegenstand dieses Schauens, sondern ein verherrlichter Christus, den er im Himmel gesehen hatte. Stets diesem Ziele nachzujagen, bildete den Charakter seines Lebens. In gleicher Weise bildet dieselbe Herrlichkeit Christi, als ein Zeugnis für die Einführung der göttlichen Gerechtigkeit und für die Stellung der Versammlung, die Grundlage seiner Lehre. Deshalb konnte er sagen: „Seid meine Nachahmer.“ Sein Blick war stets auf den himmlischen Christus gerichtet, der vor seinen Augen geleuchtet hatte (in Apg 9) und jetzt vor seinem Glauben leuchtete.

Verse 18.19

Phil 3,18.19: Denn viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, dass sie die Feinde des Kreuzes des Christus sind: deren Ende Verderben, deren Gott der Bauch, und deren Ehre in ihrer Schande ist, die auf das Irdische sinnen.

So sollten die Philipper miteinander wandeln und auf jene hinsehen, die dem Vorbild des Apostels folgten. Denn augenscheinlich war es eine Zeit, in der die Versammlung als Ganzes sich schon weit von ihrer ersten Liebe und von ihrem normalen Zustand entfernt hatte. Es gab schon viele, die Feinde des Kreuzes Christi waren, während sie den Namen Christi trugen und einmal gute Hoffnung gegeben hatten, so dass der Apostel mit Weinen von ihnen spricht. Denn das Kreuz in unserem Leben auf der Erde entspricht der himmlischen Herrlichkeit droben. Es handelt sich hier nicht um die Versammlung zu Philippi, sondern um den Zustand der äußeren allgemeinen Gemeinde. Viele gab es schon, die sich Christen nannten und mit diesem großen Namen ein Leben verbanden, das die Erde und das Irdische zu seinem Gegenstand hatte. Der Apostel erkannte sie nicht an. Sie waren da; aber es war nicht eine Sache für die Ausübung örtlicher Zucht, sondern ein allgemeiner Zustand des Christentums, in dem sogar alle das Ihre suchten. Das geistliche Leben war schon so tief gesunken und der Christus der Herrlichkeit wurde so wenig verwirklicht, dass viele, die gar kein Leben besaßen, unter den Christen wandeln konnten, ohne durch solche offenbar gemacht zu werden, die selbst so wenig Leben hatten und kaum besser wandelten als jene. Denn es scheint nicht, dass die, „welche auf das Irdische sannen“, etwas Böses verübt hätten, das eine öffentliche Zucht erforderlich machte. Das allgemeine niedrige Niveau des geistlichen Lebens unter den wahren Christen gab den anderen Freiheit, mit ihnen zu wandeln. Und die Gegenwart dieser rückte wiederum den Maßstab des göttlichen Lebens noch mehr herab. Dieser Stand der Dinge entging dem geistlichen Auge des Apostels nicht. Auf die Herrlichkeit gerichtet, unterschied es schnell und klar alles, was nicht die Herrlichkeit zu seinem Beweggrund hatte. Und der Geist hat uns auf die ernsteste und feierlichste Weise das göttliche Urteil über diesen Zustand mitgeteilt.

Ohne Zweifel ist der Zustand seit jener Zeit um vieles schlechter geworden und die damals wirksamen Elemente haben sich in einer Weise und nach Verhältnissen entwickelt und festgesetzt, die sehr unterschiedlich in ihrem Charakter sind. Trotz alledem bleiben die Grundsätze hinsichtlich des Wandels für die Versammlung immer die gleichen. Dasselbe Böse gilt es jetzt wie damals zu fliehen. Aber auch dasselbe mächtige Mittel, dem Bösen zu entfliehen, ist vorhanden: dasselbe gesegnete Vorbild, dem wir zu folgen haben, derselbe himmlische Heiland, der der herrliche Gegenstand unseres Glaubens ist, dasselbe Leben, das wir zu leben haben, wenn wir in Wirklichkeit Christen zu sein wünschen. Der Apostel redet dennoch mit Milde von den eben erwähnten Personen, sie waren nicht den falschen ins Judentum führenden Lehrern gleich, die die Quellen des Lebens verdarben und den Pfad versperrten, auf dem der Gläubige die Gemeinschaft mit Gott in Liebe genießt. Diese hatten das Leben der Gemeinschaft verloren oder hatten nie mehr als einen Schein davon besessen. Er weinte über sie. Das Kennzeichnende an jenen Personen, die den Namen Christi bekannten, war, dass ihre Herzen auf das Irdische gerichtet waren. So hatte das Kreuz für sie nicht seine praktische Kraft. Diese zu verwirklichen, hätte im Widerspruch zu ihrer Gesinnung gestanden. Ihr Ende war daher Verderben.

Verse 20.21

Phil 3,20.21:  Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen.

Bei dem wahren Christen ist es nicht so. Sein Wandel ist in den Himmeln, nicht auf der Erde. Sein inneres Leben bewegt sich in den Himmeln, seine wahren Beziehungen sind dort. Von dorther erwartet er Christus als Heiland, das heißt, um durch Ihn von der Erde, von diesem irdischen System, welches fern von Gott ihn hier umgibt, befreit zu werden. Denn die Seligkeit wird in diesem Brief immer als das endliche Ergebnis des Kampfes betrachtet, das Ergebnis, das der allmächtigen Kraft des Herrn gebührt. Wenn Christus kommen wird, um die Versammlung zu sich zu nehmen, dann werden die Christen Ihm gleich sein in seiner himmlischen Herrlichkeit, weil sie in Wahrheit himmlisch sind. Es wird eine Gleichheit sein, wonach sie sich immer gesehnt haben (vgl. 1Joh 3,2). Christus wird dies an ihnen erfüllen, indem Er „ihren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leibe der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen“. Dann werden der Apostel und alle Christen das Ziel, die Auferstehung aus den Toten, erreicht haben. Das ist der wesentliche Inhalt dieses Kapitels. Wie wir im zweiten Kapitel gefunden haben, dass der sich selbst erniedrigende Christus die Quelle der christlichen Gnade im Wandel ist, so ist Christus, in Herrlichkeit gesehen, die Quelle der Kraft für ein christliches Leben, das Christus gewinnen will, so dass alles andere Verlust ist. Das sind die beiden Teile des christlichen Lebens, von denen wir nur zu bereit sind, das eine dem anderen zum Opfer zu bringen oder wenigstens dem einen nachzustreben und das andere zu vergessen. In beiden glänzte Paulus auf ganz besondere Weise. Im folgenden Kapitel finden wir das Erhabensein über die Umstände. Auch darin zeigen sich die Erfahrung und der Zustand des Apostels. Denn man wird bemerken, dass es persönliche Erfahrung ist, seine (menschlich geredet) fehlerlose Erfahrung, nicht Vollkommenheit, die sich durch alle seine Belehrungen hindurchzieht. Christus in der Herrlichkeit ähnlich zu sein, ist der einzige Maßstab dafür.

Was dieses dritte Kapitel betrifft, so haben einige die Frage aufgeworfen, ob das Ziel des Apostels eine geistliche Ähnlichkeit mit Christus auf der Erde gewesen sei oder eine vollkommene Gleichförmigkeit mit Ihm in der Herrlichkeit. Es geht hier aber weder um das eine noch um das andere. Es geht vielmehr darum, dass nämlich das Anschauen der himmlischen Herrlichkeit und das Verlangen danach, das Verlangen, den verherrlichten Christus selbst zu besitzen, dasjenige ist, was das Herz auf der Erde christusähnlicher macht. Hier auf der Erde ist nichts zu finden, das wir in uns erlangen müssten, seitdem Christus droben ist. Christus hier auf der Erde ist nicht der Gegenstand, dem wir gleichförmig werden sollen. Sonst würden wir ja von Ihm selbst abgezogen, weil Er ja im Himmel ist. Wir schauen Ihn also im Himmel an, um Ihm dort gleichförmig zu werden. Aber obwohl wir das Ziel auf der Erde nie erreichen, weil es ein verherrlichter Christus und die Auferstehung aus den Toten ist, so macht uns doch die Verfolgung dieses Zieles Ihm mehr und mehr ähnlich. Der Gegenstand in der Herrlichkeit verändert das Leben, das diesem Gegenstand hier auf der Erde dadurch mehr und mehr entspricht. Wenn am Ende einer langen geraden Straße ein Licht brennt, so habe ich dasselbe nicht eher, als bis ich zu ihm gelangt bin. Aber je näher ich dem Ende komme, desto mehr nimmt das Licht für mich zu; ich erkenne es besser, ich bin selbst mehr im Licht. So ist es auch mit einem verherrlichten Christus; und so ist das christliche Leben (vgl. 2Kor 3).

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