Als Christ in der Mediengesellschaft leben

Jochen Klein

© J.Klein, online: 01.09.2016, updated: 15.02.2024

1.     Einführung

Steve Jobs

Steve Jobs (1955–2011) war Mitbegründer und jahrelanger Chef der Firma Apple. Besonders bekannt wurde er durch den Macintosh-Computer (1984), das iPhone (2007) und das iPad (2010). Seit der Markteinführung seines Computers hat Jobs die Welt moderner Medien mehrmals revolutioniert. Er rückte Technik eng an Ästhetik und verkaufte nicht nur Produkte, die auch besonders funktional waren, sondern einen ganzen Lebensstil. Er war eine der bekanntesten und einflussreichsten Personen der Computerindustrie. Aus einer kleinen Firma wurde durch ihn eines der wertvollsten Unternehmen der Welt. So wurden ihm wegen seiner Leistungen schon zu Lebzeiten geradezu religiöse Attribute zugesprochen, und auch der Kult um Apple hat nach Meinung von Experten längst religiöse Züge angenommen. Der Spiegel bezeichnet ihn als den „Mann, der die Zukunft erfand“[1]. Nach Jobs’ Tod am 5. Oktober 2011 erklärte Bill Gates, der Mitgründer von Microsoft, stellvertretend für viele: „Die Welt erlebt selten jemand, der so einen großen Einfluss auf den Lauf der Dinge hat wie Steve. Dieser Einfluss wird noch für viele Generationen zu spüren sein.“[2]

Die grundlegenden Themen, die bei Apple eine Rolle spielen, sind Einfluss, Geld und Lebensstil. Darum geht es in der Computer- und Internetindustrie bis heute, und zwar in vielen Bereichen. 

Ein Blick zurück in die Geschichte

Zur Zeit um Christi Geburt befanden sich Moral und Ethik im Römischen Reich auf einem sehr niedrigen Niveau. Durch die Christen wurden hier Veränderungen angestoßen – positive „Nebenwirkungen“ ihres verwandelten Lebens. So verwarfen sie sowohl die heidnischen Götzen als auch den unmoralischen Lebensstil der griechisch-römischen Gesellschaft.

Ähnliches können wir in der Geschichte immer wieder sehen. In England herrschten um 1740 Gewalt, Perversion, Alkoholismus und Armut. Durch John Wesley und George Whitefield kamen viele Menschen zum Glauben, wodurch sich ihre Persönlichkeit änderte und damit auch die Gesellschaft. So erlebte England, dass viele gesellschaftliche Probleme verschwanden, weil Hunderttausende zu bewussten Christen wurden. Nicht nur im Herzen, sondern auch im Denken und Handeln vieler Menschen fand eine Veränderung statt, die wiederum Auswirkungen auf die Gesellschaft und das öffentliche Leben hatte.[3]

Gehen wir noch weiter in der Geschichte zurück, so sehen wir, dass die oben genannten Themen seit dem Sündenfall nichts Neues sind. Um Einfluss und Macht ging es schon seit Beginn der Menschheit, ebenso um Selbstdarstellung, Egoismus, Stehlen, Lügen, Gewalt, Mord, Hurerei usw. Es ging aber auch um die Suche nach Liebe, Gemeinschaft, Vertrauen, Ehrlichkeit, Geborgenheit und Wertschätzung.

Diese Themen haben die Menschen schon immer berührt, und sie spielen auch im Internet und bei Computerspielen eine zentrale Rolle. 

2.     Nutzen und Notwendigkeit des Internets

Wenn aus christlicher Sicht über das Internet und den Umgang mit dem Computer nachgedacht wird, stehen oft notwendigerweise die problematischen Aspekte im Vordergrund. Deshalb ist es wichtig, sich zunächst einmal die positiven Seiten ins Gedächtnis zu rufen. Hier wären als Erstes natürlich biblische Inhalte auf christlichen Websites zu nennen. Berufstätige und Schüler kommen heute kaum noch ohne das Internet aus: In Schulen werden Elternbriefe oft nur noch per Mail verschickt, Aufgaben für Schüler beziehen sich auf Websites, es müssen Präsentationen erstellt werden usw. Schließlich benötigt man das Internet für unterschiedliche Formen der Kommunikation, zur Informationsrecherche im Alltag, zum Einkaufen usw.

Daraus ergeben sich aber schon die ersten Probleme. Im Internet werden auch zweifelhafte religiöse Inhalte verbreitet. Schüler schreiben ihre Hausaufgaben eventuell ab und geben diese oder andere Arbeiten als eigene aus oder bedienen sich minderwertiger Quellen; Ähnliches gilt für Studenten und Wissenschaftler. Informationen, die das Internet liefert, können falsch sein, und die Kommunikation im Internet kann ausufern oder außer Kontrolle geraten.

Internetnutzer brauchen daher Medienkompetenz und Lebenskompetenz. Medienkompetenz bedeutet nicht nur, den Computer technisch zu beherrschen, sondern für die kritischen Bereiche der digitalen Welt sensibel zu werden und zu lernen, verantwortungsvoll damit umzugehen. Und Lebenskompetenz – also die Fähigkeit, richtig zu leben – bekommen wir durch das Lesen des Wortes Gottes, durch Gebet, Stunden der Belehrung, gute Vorträge, gute Literatur usw.

Mit einigen Bereichen der Medien und des Lebens wollen wir uns im Folgenden beschäftigen. Was genau sind die problematischen Bereiche? 

3.     Negative Seiten des Internets

Im Rahmen dieses Aufsatzes können nur ausgewählte Aspekte angesprochen werden; diese sind jedoch zentral. Zu nennen wären etwa der Verlust der Privatsphäre, jugendgefährdende Inhalte, Cybermobbing, übermäßiger Konsum, zu viel Kommunikation, zu viel Information, Sucht, Schulversagen, Extremismus, Bewegungsmangel, Gewalt, sexuelle Übergriffe, Pornographie, Pädophilie, Rechtsverstöße, Kostenfallen, Schadstoffsoftware, Viren, Trojaner.

Es gibt immer mehr Menschen, die das Haus nicht mehr verlassen und nur noch über das Internet mit der Außenwelt kommunizieren. Millionen verschaffen sich eine andere (erfundene) Identität und leben zum Teil nur noch damit. Die größere Distanz und besonders die scheinbare Anonymität des Internets senkt die Hemmschwelle für Mobbingaktivitäten. Es wird noch mehr gelogen und betrogen als in der realen Welt, und man benimmt sich noch öfter daneben. Dabei ist zu bedenken, dass das Internet nicht wirklich anonym ist. Wir hinterlassen Spuren, die registriert, gespeichert und analysiert werden. Diese Daten werden auch ausgewertet, verkauft und missbraucht. Und was einmal im Netz ist, bleibt dort eventuell für immer.

Um die Dimensionen besser erfassen zu können, seien hier einige konkrete Zahlen genannt. Es gibt ca. 600.000 Computerspielsüchtige in Deutschland; 3 bis 7 Prozent der Internetnutzer sind onlinesüchtig und ebenso viele stark gefährdet. Das sind jeweils zwischen 1,2 und 2,8 Millionen Menschen. Deutsche Schüler sind international Spitze bei der unterhaltungsorientierten Nutzung digitaler Bildschirmmedien. Jungen sind besonders gefährdet: Zwei Drittel der Sitzenbleiber und Schulabbrecher sind Jungen; ein Hauptproblem dabei ist die Lesekompetenz.

Kontaktanbahnungen mit sexuellen Absichten ereignen sich auch auf Chatseiten von Kindern, wo sich scharenweise Pädophile tummeln. Laut Studien sind ca. 40 Prozent der Jugendlichen im Netz nach persönlichen Daten gefragt und 38 Prozent sexuell angesprochen worden, 33 Prozent haben Online-Mobbing erlebt, 22 Prozent haben Happy-Slapping (eine gefilmte Prügelattacke) gesehen, 15 Prozent sind online abgezockt worden, 11 Prozent haben Nacktfotos und 8 Prozent Gewalt- und Pornofilme erhalten. 80 Prozent der 12- bis 19-Jährigen haben bereits unangenehme Medienerfahrungen gemacht. Die tägliche Medienzeit von Jugendlichen beträgt bei Mädchen 4 Stunden und 30 Minuten, bei Jungen 5 Stunden und 20 Minuten. Nur 8 Prozent der Kinder erzählen ihren Eltern von den Problemen im Internet; trotzdem halten 80 Prozent der Eltern die Mediennutzung ihrer Kinder für unproblematisch.

Weitere konkrete Probleme: die Gefahr des Ausspähens von Zugangsdaten oder des Ausspähens über die Webcam; Foren zur Verherrlichung der Magersucht (die häufigste Todesursache bei Frauen unter 25); Selbstmordforen; Grundschüler melden sich in Facebook an; 12-Jährige spielen Killerspiele und 15-Jährige mobben per Internet oft wesentlich weitreichender als im zivilen Leben.

Aus alledem ergibt sich, dass übermäßiger Internet-, Computer- und Handyumgang massive negative Auswirkungen auf die persönliche, geistige und geistliche Entwicklung haben kann. 

4.     Facebook

Ein Jugendlicher behauptet: „Wenn ich jemand real treffe, sehe ich ja nur die Person, aber auf Facebook sehe ich, wie er oder sie wirklich ist.“ Dies zeigt, dass manche den Informationen im Internet mehr Bedeutung beimessen als denen aus dem realen Leben.

Facebook hat vom Nutzer eine weltweite Lizenz für die unentgeltliche Nutzung jeglicher Inhalte, es darf die Informationen und Fotos also weiterverkaufen. Entfernte Inhalte bestehen (eine Zeitlang) als Sicherheitskopien fort, und wenn man eine externe Anwendung aufruft, stehen dieser die Inhalte und Informationen des Nutzers zur Verfügung.

Wer vorhat, sich bei Facebook anzumelden, sollte auf Folgendes achten: Das Mindestalter beträgt 13 Jahre. Am besten legt man sich eine zusätzliche E-Mail-Adresse an, die keinen Aufschluss über Namen und Alter gibt. Das Passwort sollte – wie immer – mindestens zwölfstellig sein, bestehend aus Groß- und Kleinbuchstaben sowie Zahlen, und strikt geheim gehalten werden. Auf Bildern sollten keine Kinder zu sehen sein, und man sollte möglichst viele Einträge nur für „Freunde“ sichtbar machen. Auch bei höchster Sicherheitsstufe sollte prinzipiell nur das sichtbar sein, was jeder sehen darf. Auf keinen Fall sollte man den „Freundefinder“ benutzen, da dadurch sämtliche Kontakte aus dem eigenen E-Mail-Konto preisgegeben werden. Generell ist es wichtig – nicht nur bei Facebook –, die eigenen Sicherheitseinstellungen zu überprüfen.

In den Medien wird immer wieder über abschreckende Beispiele von Feiern berichtet, zu denen über soziale Netzwerke eingeladen wurde: Durch zwei, drei falsche Aktivierungen werden manchmal aus Versehen so viele Leute eingeladen, dass die Feier außer Kontrolle gerät und die Polizei einschreiten muss.

Facebook ist zwar kostenlos, aber man zahlt für die Nutzung mit seinen Daten. Aber nicht nur das: Facebook sieht alles, was man tut (auch gelöschte oder nicht abgeschickte Posts werden gespeichert). Durch Facebook-Einträge können Unbekannte den Wohnort, die Schule, den Schulweg, den Urlaubsort, die Abwesenheit von zu Hause (also auch wie lange das Haus unbeaufsichtigt ist) und andere Daten erfahren. So sind wegen persönlicher Einträge auf sozialen Netzwerken schon Leute öffentlich entwürdigt, bloßgestellt, entlassen worden, in die BILD-Zeitung gekommen, vorbestraft, nicht eingestellt, der Schule verwiesen, vergewaltigt, erpresst worden. Die suchtartige Nutzung von Facebook beruht letztlich auf dem Verlangen nach Gemeinschaft, Zeitvertreib, Unterhaltung und Anerkennung.

Grundsätzlich gilt in Bezug auf Facebook und ähnliche soziale Netzwerke: Wenn es nichts kostet, bist du nicht der Konsument, sondern die verkaufte Ware. Viele Internetfirmen spionieren aus und verkaufen diese Daten an Werbefirmen oder wen auch immer. Der Bürger erfährt nicht, wer seine Daten sammelt, besitzt, verwendet, verkauft. Herauszufinden, was Facebook, Behörden oder Apple über einen gespeichert haben, erfordert komplizierte, langwierige Auskunftsersuchen, und man erhält selten eine befriedigende Auskunft. Facebook hat keine Rechte, die Daten nach der Abmeldung weiter zu nutzen. Wie die Praxis aussieht, wissen wir nicht.

Ein aufschlussreiches Beispiel lieferte ein österreichischer Student. Er ließ sich von Facebook alle über ihn gesammelten Daten schicken und bekam 1200 DIN-A4-Seiten. Darin befanden sich von ihm selbst gelöschte Einträge, Fotos und Nachrichten. Hier wird deutlich sichtbar, dass Facebook nichts löscht, sondern nur die interne Verlinkung der Daten ändert.

Als zentrale Probleme nennen Facebook-Teilnehmer selbst den Umgang mit unangebrachten, ärgerlichen oder lästigen Inhalten, das Angebundensein an Facebook, die fehlende Privatheit und Kontrolle, soziale Vergleiche und Eifersucht und Spannung in Beziehungen. Perspektivisch ist schließlich zu bedenken, dass Facebook an einer Gesichtserkennungssoftware arbeitet. 

5.     Soziale Netzwerke allgemein

Was den Umgang mit sozialen Netzwerken allgemein betrifft, müssen wir zunächst festhalten, dass Sozialverhalten nicht am Bildschirm gelernt werden kann. Erst wenn wir dies gelernt haben, können wir soziale Beziehungen auch medial vermittelt gestalten.

Bei den sozialen Netzwerken dominiert laut Umfragen heute WhatsApp vor Facebook, wobei das offizielle Mindestalter für WhatsApp mit 16 Jahren noch höher liegt als bei Facebook. Instagram, Snapchat und Twitter (jetzt: X) sind demgegenüber weniger verbreitet. Interessant ist, dass laut einer Studie 80 Prozent der Twitter-Nutzer über sich selbst sprechen und dass Twitter kürzlich wegen Hasskommentaren die Regeln änderte.

Wie WhatsApp von Jugendlichen zum Teil genutzt wird, zeigt folgendes Beispiel: In einem Klassenchat von Siebtklässlern wurden zwischen 22 und 6 Uhr 500 Nachrichten gesendet – und das ist keine Seltenheit.

Bei diesen sozialen Netzwerken gilt dasselbe wie bei Facebook:

  • extra E-Mail-Adresse und sicheres Passwort
  • echter Name oder besonderer Name (ausgedacht)
  • maximale Privatsphäre einstellen
  • Inhalte gut überlegt einstellen
  • keine Unbekannten in die Kontaktliste aufnehmen!

Im Zusammenhang mit sozialen Medien ist in letzter Zeit immer wieder von einem neuen krankhaften Phänomen die Rede. Es wird FoMO abgekürzt. Das heißt auf Englisch „Fear of Missing Out“, also die Angst, etwas zu verpassen. Zwar hatten die Menschen schon immer Angst, etwas zu verpassen, aber mit dem Aufkommen ortsbezogener sozialer Medien, die in Echtzeit laufen, ist die Angst geradezu explodiert. Nach einer Umfrage leiden 56 Prozent der Nutzer sozialer Medien daran. Damit geht auch die Furcht einher, falsche Lebensentscheidungen zu treffen. Die Folgen sind zum Beispiel Konzentrationsprobleme oder auch die Gefährdung des Straßenverkehrs. Da die Anzahl der Fußgänger, die beim Schauen auf ihr Smartphone tödlich verunglückt sind, sprunghaft angestiegen ist, wird sogar überlegt, Fußgängerampeln auf dem Boden zu installieren.

Ein zentraler Bestandteil sozialer Netzwerke sind Fotos. Hierfür gilt sehr zentral das Recht am eigenen Bild, was sehr oft nicht beachtet wird: „Jeder Mensch hat das Recht, selbst zu bestimmen, ob Bilder von ihm veröffentlicht werden“ (§ 22, Kunst­urheberrechtsgesetz). Das Posten und Teilen von Bildern und Videos ohne Erlaubnis des Rechteinhabers ist also eine Urheberrechtsverletzung; somit sind Fotos und Filme im Netz ohne Erlaubnis des Abgebildeten strafbar. Es sind aber unzählige Fotos von Personen online, die nichts davon wissen. Der Schadensersatz, wenn jemand rechtliche Schritte einleitet, beträgt bis zu 1000 Euro pro Bild.

Bis zu fünf Jahre Gefängnis oder Geldstrafen werden für folgende Delikte verhängt: Ausspähen von Daten; Datenveränderung; Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung (auch in geschlossenen Gruppen); unbefugte Sprach- und Videoaufzeichnungen (auch ohne Weitergabe); Filmen, Fotografieren in besonders geschützten Räumen (auch ohne Weitergabe); Verbreitung von Porno- und Gewaltdarstellungen; Sendungen von Pornographie an Minderjährige = sexueller Missbrauch.

An dieser Stelle soll noch auf einige weitere rechtliche Aspekte in Bezug auf das Internet hingewiesen werden. Für Plagiate, zum Beispiel bei Hausaufgaben, gilt: Fremdes geistiges Eigentum oder der Inhalt eines fremden Werkes muss kenntlich gemacht werden. Im Extremfall kann es sonst zu Schadensersatzverpflichtungen oder sogar zur Strafverfolgung kommen. Die Benutzung von Handys mit Internetzugang bei schulischen Leistungsüberprüfungen ist ebenfalls Betrug. Kinder dürfen ohne Einwilligung der Eltern keine Verträge abschließen. Die Anmeldung mit falschen Daten, um Betreiber oder Dritte zu schädigen, gilt als Betrug. Wenn man im Internet einkauft, hat man 14 Tage Rückgabe- und Rücktrittsrecht. Man sollte eher bekannte Anbieter bevorzugen und große Beträge nicht per Vorkasse bezahlen. 

6.     Das Smartphone

1973 wurde das erste Mobiltelefon vorgestellt; im Februar 2016 gab es ca. 51 Millionen Smartphones in Deutschland. Auf der Wunschliste von Kindern im Grundschulalter hat das Smartphone heute höchste Priorität.

Es ist unter anderem deshalb so beliebt, weil es eine Fülle von Funktionen bietet. Erst moderne Datenverarbeitung macht es möglich, die Daten, die das Smartphone mit seinen Sensoren liefert, zu verwerten. Mit dem Smartphonegebrauch gehen aber auch Risiken einher. So schauen junge Menschen ca. 150-mal am Tag darauf – das sind in der Regel 150 Ablenkungen. Die durchschnittliche tägliche Nutzung beträgt ca. 4 Stunden und 40 Minuten.

Untersuchungen zeigen, dass eine intensive Nutzung des Smartphones mit schlechteren Leistungen, höherer Angst und geringerer Lebenszufriedenheit einhergeht. In diesem Zusammenhang gibt es eine neue Krankheit: die Nomophobie (no mobile phone + Phobie). Das ist die Angst, von seinem Smartphone getrennt zu sein bzw. es nicht verwenden zu können. So hat der Begriff Trennungsangst im digitalen Zeitalter eine ganz neue Bedeutung erlangt.

In China benutzt eine halbe Milliarde Menschen Smartphones. Bei einer Untersuchung mit Schülern dort wurde gesteigerte Unaufmerksamkeit ermittelt, (1) je mehr Zeit mit dem Smartphone zum Zweck der Unterhaltung verbracht wurde, (2) wenn es tagsüber in der Hosentasche getragen wurde und (3) wenn es nachts nicht ausgeschaltet war. Besonders stark war die Unaufmerksamkeit dann, wenn ein Schüler mehr als eine Stunde täglich auf seinem Handy mit Spielen beschäftigt war.

Eine 8. Klasse in einem bayerischen Gymnasium verzichtete freiwillig einen Monat lang auf das Smartphone. Die Schüler sagten, dass sie entspannter gewesen seien, sich mehr an Träume erinnert hätten und die Stimmung besser gewesen sei. Nicht ohne Grund empfehlen Experten in Bezug auf Jugendliche eine Zeitbegrenzung für Smartphones mit Internetzugang.

Ein allgegenwärtiges Phänomen bei Smartphones sind „Selfies“. Sie sind sehr gut für Erinnerungsfotos geeignet. Süchtige machen jedoch bis zu 200 Selfies am Tag, stellen sie laufend online und hoffen, möglichst viele Likes oder positive Kommentare zu bekommen. Das gilt auch für Fotos in sozialen Netzwerken allgemein. So nennt man die junge Generation heute nicht umsonst „Generation Like“, weil vieles nur deshalb ins Netz gestellt wird, um möglichst viele Likes zu bekommen. Und das Jugendwort des Jahres 2015 lautete „Smombie“. Das ist eine Zusammenstellung aus Smartphone und Zombie und meint jemanden, der von seiner Umwelt nichts mehr mitbekommt, weil er nur noch auf sein Smartphone starrt. 

7.     Neue Medien: Süchte

Hirnforschung, besonders in Bezug auf Kinder

Kinder sind am Computer vielem ungeschützt ausgeliefert: unvereinbaren Reizen, emotional aufwühlenden Bildern, fragwürdigen Orientierungsangeboten. Das hat einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung ihres Gehirns, die wiederum mit der des Verhaltens, Denkens, Fühlens und Gedächtnisses zusammenhängt. Wenn Kinder und Jugendliche täglich mehrere Stunden vor ihren Computern verbringen, verändert das ihre Wahrnehmung, ihr Raum- und Zeitempfinden, ihre Gefühlswelt und ihre Fähigkeit, sich im realen Leben zurechtzufinden.

Bei Kindern, die täglich stundenlang vor ihren Monitoren sitzen, passt sich das Gehirn an diese Art von Nutzung an, und so ist ihr Denken hochgradig von bildhaften Vorstellungen geprägt. Nach und nach kann es dann zu einer suchtartigen psychischen Abhängigkeit kommen.

Der Hirnforscher Gerhard Hüther schreibt:

Wer in den Strudel virtueller [künstlicher] Welten eintaucht, bekommt ein Gehirn, das zwar für ein virtuelles Leben optimal angepasst ist, mit dem man sich aber im realen Leben nicht mehr zurechtfindet. Der Rest ist einfach: Wer dort angekommen ist, für den ist die Fiktion zur lebendigen Wirklichkeit und das reale Leben zur bloßen Fiktion geworden. Ein solcher Mensch ist dann nicht einfach nur abhängig von den Maschinen und Programmen, die seine virtuellen Welten erzeugen. Er kann in der realen Welt nicht mehr überleben.[4]

Wenn heutzutage die Computersucht zunimmt, so hängt dies in erster Linie damit zusammen, dass die Kinder nicht das bekommen, was sie benötigen, und in die virtuelle Welt flüchten. Offenbar wachsen viele Kinder inzwischen unter Bedingungen auf, die ihnen nur wenige Möglichkeiten bieten, ihre wirklich wichtigen Bedürfnisse zu stillen, so dass sie sich „Ersatzbefriedigungen“ suchen.

Neue Medien haben also wie Alkohol, Nikotin und andere Drogen ein Suchtpotential. Häufige Netzaktivitäten bei Internetsüchtigen sind: Einkaufen im Internet, Videokonsum, soziale Online-Netzwerke, Chatrooms, Online-Spiele, allgemein intensive nächtliche Nutzung. 

Spielsucht

Was bieten Online-Spiele und was glauben Computernutzer dort zu finden?

  1. Klare und verlässliche Strukturen und Regeln, die man einhalten muss, wenn man ans Ziel kommen will.
  2. Eigene, selbständige Entscheidungen, die man treffen muss und für die man – wenn sie sich als falsch erweisen – ganz allein verantwortlich ist.
  3. Aufregende Entdeckungen, die man machen, und spannende Abenteuer, die man erleben kann.
  4. Gefahren, Ängste und Bedrohungen, die man überwinden kann.
  5. Ziele, die man erreichen kann.
  6. Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die man erwerben und sich aneignen kann.
  7. Kleinigkeiten am Rande, auf die man achten muss.
  8. Vorbilder, denen man nacheifern kann. Freunde.
  9. Eigene Erfahrungen, auch Fehler, die klug machen.
  10. Geschicklichkeit, die man zunehmend besser entwickeln kann.
  11. Leistung, die sich lohnt. Erreichbare Ziele: Erfolg und Anerkennung

Zusammenfassend kann man festhalten: Hinter jeder Sucht steckt eine Sehnsucht.

Als Symptome von Spielsucht lassen sich folgende Aspekte benennen: ständig steigende Spielzeit, abnehmende Teilnahme am realen Leben, häufiges Fragen: Was soll ich denn sonst machen?, Kontrollverlust/Entzugserscheinungen, ständiger Stress mit den Eltern, nachlassende schulische Leistungen.

Als größter Risikofaktor für den suchtartigen Konsum von Videospielen hat sich der uneingeschränkte Zugang zu Computerspielen im Grundschulalter erwiesen. 81 Prozent der Jungen nutzen Spiele, die nicht für ihr Alter freigegeben sind, und 70 Prozent der Eltern erlauben es. Nach Angaben der Drogenbeauftragten der Bundesregierung gibt es 560.000 Computersüchtige in Deutschland, davon 250.000 im Alter von 14 bis 16 Jahren. 25 Millionen Deutsche über 14 Jahren spielen Computerspiele.

Nur am Rande kann hier erwähnt werden, dass Killerspiele gewalttätig machen, die Gefühle abstumpfen lassen und – im Falle von Ego-Shootern – Aufmerksamkeitsstörungen antrainieren. 

8.     Praktische Überlegungen

Wenn wir aus den obigen Aspekten nun einige praktische Überlegungen ableiten wollen, dann ist es für Eltern zunächst wichtig, ob sie die Hauptrisiken des Internets kennen und sich mit ihren Kindern darüber unterhalten können. Konkret ist es nötig, dass der Computer kindersicher ist, dass Eltern wissen, wie viel Zeit das Kind vor dem Bildschirm verbringt, wie und wem es sich auf Facebook, Instagram, WhatsApp, Skype, Twitter usw. präsentiert, wozu es sein Handy benutzt und welche Inhalte es darauf und auf dem Computer oder Tablet hat. Sie sollten auch ein Auge darauf haben, inwiefern der Medienkonsum die Entwicklung und den Schulerfolg des Kindes negativ beeinflusst.

Als generelle Tipps lassen sich formulieren: Kinder sollten sich nicht zu lange mit den Medien beschäftigen – sinnvolle andere Tätigkeiten sind nötig; Kinder brauchen Netzbetreuung; Eltern sollten Interesse an den Computertätigkeiten ihrer Kinder zeigen, Gefahren und strafbare Handlungen besprechen, in Gefahrensituationen Beweise sammeln und klare Nutzungsregeln und Konsequenzen vereinbaren. Gegen das Argument „Alle anderen dürfen das aber“ ist Stärke notwendig – meistens stimmt das nämlich nicht. Andererseits muss man sich bewusstmachen, dass überzogene Verbote und totale Kontrolle – je nach Alter – das Gegenteil bewirken können.

In vielen alltäglichen Zusammenhängen gibt es Schutz für Kinder und Jugendliche; in die digitalen Welten dagegen werden sie oft ohne Schutz gelassen. Kinder müssen aber nach und nach Selbstkontrolle lernen. So lautet also die Empfehlung: Mindestens bis ca. 14 Jahre ist auch technischer Schutz sinnvoll, aber wichtig ist, dass Eltern informiert sind und mit den Kindern oder Jugendlichen gemeinsam deren Medienkompetenz vorantreiben. Die neueste Shell-Jugendstudie von 2015 besagt, dass 99 Prozent der Jugendlichen in Deutschland Zugang zum Internet haben. Sie nutzen im Schnitt mehr als zwei Zugangskanäle (Smartphone, Laptop usw.) und sind durchschnittlich 18,5 Stunden wöchentlich im Netz.

Der Landesschulelternbeirat Hessen empfiehlt, keine Bildschirme im Kinderzimmer zu haben, den Kindern keine Möglichkeit zu geben, in der Nacht Handys oder mobile Konsolen zu benutzen, und Jugendlichen unter 16 Jahren keinen Internetzugang auf mobilen Geräten zu ermöglichen.

Generelle Sicherheitshinweise – auch für Erwachsene – wären noch, wichtige Daten regelmäßig auf einer externen Festplatte zu sichern, immer auf einen aktuellen Virenschutz zu achten, die Firewall zu aktivieren und die Webcam zuzukleben. Was den illegalen Download von Musik, Filmen und Software betrifft, so wird dieser von den Rechteinhabern scharf verfolgt und kann zu hohen Schadensersatzforderungen führen. Hier gilt: Eltern haften für ihre Kinder. Bei E-Mail-Adressen kann es sicherer sein, nicht den vollständigen Namen anzugeben; andererseits sollten für berufliche Zwecke auf keinen Fall unseriöse E-Mail-Adressen verwendet werden.

Wer ein Baby vor einen Bildschirm setzt, riskiert einen negativen Einfluss auf seine geistige Entwicklung: Kleinkinder, die Baby-Filme schauen, kennen deutlich weniger Wörter als andere, sind also in ihrer Sprachentwicklung verzögert. Wenn ein Elternteil täglich vorliest, ergibt sich hingegen ein positiver Effekt auf die Sprachentwicklung. Auch das tägliche Erzählen von Geschichten hat eine positive Wirkung, ebenso das Hören von Musik. Die Computernutzung im Kindergartenalter hingegen kann zu Aufmerksamkeitsstörungen und später zu Lesestörungen führen.

Es wurde bereits erwähnt, dass der Computereinsatz beim Lernen heutzutage unabdingbar ist. In der Schule nehmen Computer den Kindern mittlerweile aber auch Arbeiten ab, die sie besser selbst erledigen würden. Es gibt bis heute keinen hinreichenden Nachweis dafür, dass die moderne Informationstechnik das Lernen in der Schule verbessert. Sie führt im Gegenteil zu oberflächlichem Denken, lenkt ab und hat zudem unerwünschte Nebenwirkungen. So leistet man zum Beispiel beim Kopieren von Informationen aus dem Netz weniger Denkarbeit und beim Schreiben mit dem Computer weniger Gehirntätigkeit, als wenn man von Hand schreiben würde – man behält das Geschriebene weniger und auch die motorischen Fähigkeiten können darunter leiden. Wenn Vorwissen in einem Fachgebiet da ist, hilft das Internet sehr gut, dieses zu vertiefen – mehr aber auch nicht. In letzter Zeit gibt es immer mehr namhafte Untersuchungen, die feststellen und bestätigen, dass der Computer als Lernmedium lange Zeit völlig überschätzt wurde. Lernen mit Hirn, Herz und Hand ist nach wie vor zentral wichtig.

Der Besitz einer Spielekonsole wirkt sich schon nach wenigen Monaten messbar negativ auf die Lese- und Schreibleistung von Grundschülern aus, wenn die Nutzung nicht klar reglementiert wird. Auch ist zu bedenken, dass Multitasking – laut Hirnforschung – nicht möglich ist (es wird vor allem von Mädchen versucht). Deshalb sollte man zum Beispiel bei Hausaufgaben keine Musik hören und keine sozialen Netzwerke geöffnet haben, denn Menschen, die häufig mehrere Medien gleichzeitig nutzen, weisen Probleme bei der Kontrolle ihres Geistes auf und haben insbesondere Schwierigkeiten bei der Konzentration und Fokussierung.

Es ist allgemein bekannt, dass Depressionen mittlerweile eine Volkskrankheit sind; nach Erkältungen sind sie der zweithäufigste Grund für Krankschreibungen in Deutschland. Digitale Medien begünstigen das Auftreten einer Depression auf verschiedenste Weise. 

9.     Schluss

Wenn wir das Thema Internet und Computer zusammenfassen, müssen wir feststellen, dass es grob drei Aspekte gibt:

  1. Notwendigkeit und Nutzen
  2. zeitraubende Beschäftigung
  3. Kontakt mit Bösem

Diese Aspekte lassen sich allerdings nicht streng voneinander trennen und gehen zum Teil ineinander über. Auch beim Umgang mit Computer und Internet sollten wir also vorsichtig sein und uns „von jeder Art des Bösen“ fernhalten (1Thes 5,22). Denn: „Aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerungen; diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen“ (Mt 15,19.20). Und: „Im Übrigen, Brüder, seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht die ganze Waffenrüstung Gottes an, damit ihr zu bestehen vermögt gegen die Listen des Teufels. Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Fürstentümer, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern. Deshalb nehmt die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag zu widerstehen und, nachdem ihr alles ausgerichtet habt, zu stehen vermögt“ (Eph 6,10-13).

Unser Einfluss auf andere Menschen mag vielleicht nicht dem von Steve Jobs nahekommen, und wir sollten dies wohl auch nicht anstreben. Der Autor seiner einzigen autorisierten Biographie, Walter Isaacson, schreibt nämlich, dass Jobs für sich selbst nie die innere Ruhe gefunden habe, die er suchte. Jobs’ Leben sei daher „Lehre und Warnung zugleich“.

Es wäre zu wünschen, dass wir mehr und mehr das Wichtige vom Vordergründigen zu unterscheiden lernen; dass wir erkennen, was im Leben wirklich zählt; dass unser Einfluss auf andere eine über dieses Leben hinausgehende Dimension hat und dass der Reichtum in Christus mehr und mehr unser Handeln, unsere Beziehung zu anderen Menschen und auch unseren Umgang mit Internet, Handys und Computern bestimmt.

Die Inhalte sind unterschiedlichen Veröffentlichungen[5] zu diesen Themenbereichen entnommen. Sie sind von mir zusammengestellt, verstehen sich als schlaglichtartiger Überblick und dürfen für private Zwecke weiterverbreitet werden.

Die Vorträge von Manfred Spitzer zu den Themen „Digitale Demenz“ und „Cyberkrank“ auf YouTube sind zu empfehlen. Eine Rezension von „Cyberkrank“  ist ebenfalls auf meiner Website zu finden.


Quelle: www.jochenklein.de > Allgemeine Artikel > Aktuelle Themen

Anmerkungen

[1] Titelthema des Spiegel 41/1911 vom 10.10.2011.

[2] Stephan Finsterbusch, „Steve Jobs: Pionier und Visionär“ in FAZ vom 6.10.2011.

[4] Wolfgang Bergmann, Gerald Hüther, Computersüchtig? Kinder im Sog der modernen Medien, Weinheim, Basel (Beltz) 2013.

[5] Vorwiegend klicksafe.de; Manfred Spitzer: „Digitale Demenz“ / „Cyberkrank“ und verschiedene Publikationen von Günter Steppich.


Note from the editors:

The SoundWords editorial team is responsible for the publication of the above article. It does not necessarily agree with all expressed thoughts of the author (except of course articles of the editorial staff) nor would it like to refer to all thoughts and practices, which the author represents elsewhere. “But examine all things, hold fast the good” (1Thes 5:21).—See also „On our own account ...

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