Absonderung oder „Vermengung“?
Jeremia 15,19; 2. Korinther 6,14-18; 2. Timotheus 2,19-21

Charles Henry Mackintosh

© SoundWords, online: 22.06.2007, updated: 11.12.2020

Leitverse: Jeremia 15,19; 2. Korinther 6,14-18; 2. Timotheus 2,19-21

Jer 15,19: Darum, so spricht der HERR: Wenn du umkehrst, so will ich dich zurückbringen, dass du vor mir stehst; und wenn du das Kostbare vom Verachteten absonderst, so sollst du wie mein Mund sein. Jene sollen zu dir umkehren, du aber sollst nicht zu ihnen umkehren.

Der in dieser Stelle niedergelegte göttliche Grundsatz ist von höchster Wichtigkeit für alle, die mit Gott wandeln wollen. Er ist allerdings weit davon entfernt, volkstümlich und bei den Menschen beliebt zu sein. Aber das nimmt ihm nichts von seinem Wert in den Augen derer, die von Gott belehrt sind. Im Gegenteil, in einer bösen Welt ist das Volkstümliche mit Sicherheit verkehrt; und andererseits ist das, was am meisten von Gott, am meisten von Christus und der reinen Wahrheit enthält, sicherlich am wenigsten volkstümlich. Dies ist ein Grundsatz in der Beurteilung des Glaubens, weil Christus und die Welt Gegensätzlichkeiten des moralischen Bereiches sind.

Eine der beliebtesten und verbreitetsten Ideen unserer Tage ist die Verschmelzung oder Vermengung von Personen und Dingen, die nach Gottes Gedanken getrennt bleiben sollten, und alle, die als Menschen von weitherziger Gesinnung und freier Richtung gelten wollen, treten mit Entschiedenheit für diesen Gedanken ein. Doch wir zögern nicht zu behaupten, dass derselbe im unmittelbaren Gegensatz zu dem offenbarten Sinn Gottes steht. Wir sind uns wohl bewusst, dass wir uns dadurch mit dem allgemeinen Urteil der Christenheit in Widerspruch setzen. Aber wir sind darauf vorbereitet. Nicht als ob wir Widerspruch liebten oder suchten; nein, aber wir haben gelernt, dem Urteil der sogenannten religiösen Welt zu misstrauen, weil wir gefunden haben, dass dieses Urteil stets den klaren Belehrungen der Heiligen Schrift widerspricht; und wir wünschen aufrichtig, aufseiten des Wortes Gottes zu stehen, da nichts bleiben wird, was nicht auf die unerschütterliche Grundlage dieses Wortes gebaut ist.

Was lehrt nun die Schrift: Absonderung oder Vermengung? Wie lautet die Belehrung, welche der Prophet Jeremia zu seiner Zeit empfing? Sollte er den Versuch machen, sich mit denen zu vermengen, welche ihn umgaben? Sollte er das Kostbare mit dem Verachteten vermengen? Gerade das Gegenteil. Er wurde von Gott gelehrt, sich von denen getrennt zu halten, welche ihrem Bekenntnis nach das Volk Gottes bildeten, deren Wege aber seinen Gedanken und seinem Sinn widersprachen. „Du sollst vor mir stehen“, sagt Gott, und: „Du sollst nicht zu ihnen umkehren.“

Das waren der Pfad und die Stellung des Propheten. Er sollte in entschiedener Absonderung von dem Bösen aufseiten Gottes stehen, mochten die Menschen, mochten seine Brüder darüber denken, was sie wollten. Mochten sie ihn auch für engherzig, frömmelnd, exklusiv, unduldsam und dergleichen erklären – er hatte nichts damit zu tun. Das Einzige, was er tun musste, war: zu gehorchen. Absonderung von dem Bösen und nicht Vermengung mit demselben war die göttliche Regel. Nach menschlichem Dafürhalten würde ihm eine Vermengung vielleicht ein weiteres Feld nützlicher Tätigkeit eröffnet haben; aber der erste Gegenstand, der vor dem Herzen eines wahren Knechtes des Herrn stehen muss, ist nicht Nützlichkeit, sondern Gehorsam. Das Geschäft eines Knechtes besteht darin, das zu tun, was ihm aufgetragen wird, nicht aber das, was er für richtig oder gut hält. Wenn das mehr von den Gläubigen verstanden würde, so würde es vieles einfacher machen, viele Hindernisse und Schwierigkeiten aus dem Weg räumen. Wenn Gott uns zur Trennung vom Bösen auffordert und wir bilden uns ein, mehr Gutes tun zu können, wenn wir uns damit vermengen – wie wollen wir dann vor Ihm bestehen? Wie sollen wir Ihm begegnen? Wird Er das gut nennen, was aus direktem Ungehorsam gegen sein Wort hervorgegangen ist? Ist es nicht klar, dass unsere erste und letzte Pflicht darin besteht, zu gehorchen? Sicher und gewiss. Gehorsam ist die Grundlage, ja die Summe von allem, was wahrhaft gut genannt werden kann.

Gab es denn nichts für Jeremia auf seinem schmalen Pfad zu tun? Sollte er völlig untätig bleiben? Und still die Hände in den Schoß legen? Keineswegs. Seine Tätigkeit wurde ihm mit möglichster Klarheit vorgeschrieben. Und worin sollte sie bestehen? „Wenn du das Kostbare vom Verachteten absonderst, so sollst du wie mein Mund sein.“ Er sollte nicht nur für sich selbst abgesondert dastehen und auf dem Pfad der Trennung von dem Bösen wandeln, sondern er sollte auch andere abzusondern suchen. Dies mochte ihm in den Augen seiner Brüder das Ansehen eines Proselytenmachers geben oder eines eigensinnigen Mannes, der andere durchaus zu seiner Denkweise bekehren will. Aber auch hierbei hatte er sich um die Gedanken der Menschen nicht zu kümmern. Es war weit besser und gesegneter für Jeremia, Gottes Mund zu sein, als mit seinen Mitmenschen eine gute Beziehung zu haben. Was sind die Gedanken und Meinungen der Menschen wert? Gar nichts. In derselben Stunde, da sein Odem ihn verlässt, gehen seine Gedanken zugrunde. Aber Gottes Gedanken bestehen ewig. Wenn der Prophet sich darangegeben hätte, das Kostbare mit dem Verachteten zu vermengen, so würde er nicht wie Gottes Mund, sondern wie des Teufels Mund gewesen sein. Absonderung ist der Grundsatz Gottes; Vermengung der Grundsatz Satans.

Man nennt es weitherzig, liebenswürdig, liberal und dergleichen, wenn man bereit ist, sich mit aller Art von Leuten zu vereinigen. Verbindungen, Vereine, Allianzen und so weiter sind die Losung des Tages. Was hat der gehorsame Christ nun zu tun? Soll er sich auch mit diesen Dingen beschäftigen, oder soll er sich von ihnen fernhalten? Ohne Zweifel das Letztere, und zwar nicht deshalb, weil er besser ist als andere Leute, sondern weil Gott gesagt hat: „Seit nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen!“ Nicht weil Jeremia besser war als seine Brüder, musste er sich absondern, sondern einfach weil es ihm von Dem befohlen worden war, dessen Wort stets unser Verhalten leiten, unseren Weg bestimmen und unseren Charakter bilden sollte. Und wir dürfen ferner versichert sein, dass Jeremia sich nicht von seiner Umgebung in einer bitteren oder in einer selbstgerechten, andere verurteilenden Gesinnung trennte; nein, es geschah vielmehr in wahrer Demut des Herzens und mit tiefem Schmerz seiner Seele. Er weinte Tag und Nacht über den traurigen Zustand seines Volkes; aber die Notwendigkeit der Absonderung war so klar, wie das Wort Gottes sie machen konnte. Mochte Jeremia auch den Pfad der Trennung mit gebrochenem Herzen und tränenden Augen einschlagen, aber er musste ihn betreten, wollte er wie Gottes Mund sein. Hätte er sich dessen geweigert, so würde er damit erklärt haben, dass er weiser sei als Gott. Seine Brüder und Freunde mochten sein Verhalten nicht verstehen, ja, es ganz falsch beurteilen; aber damit hatte er nicht das Geringste zu tun. Seine Sache war es zu gehorchen, nicht aber Erklärungen zu geben oder sich zu verteidigen. Das konnte er ruhig Gott überlassen. Sie sollten zu ihm umkehren, aber er nicht zu ihnen.

So ist es stets.

2Kor 6,14-18: Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern? Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: ‚Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.‘ Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige.

Wir wissen wohl, was man dagegen einwendet – wann würde das menschliche Herz keine Einwendungen Gott und seiner Wahrheit gegenüber machen? Es wirkt sehr überzeugend und allgemein verständlich zu sagen: „Wir haben kein Recht, über andere zu urteilen; wie können wir wissen, ob jemand gläubig ist oder nicht? Es ist nicht unsere Sache, das zu entscheiden und noch weniger, uns heiliger hinzustellen als andere. Die Liebe hofft immer das Beste. Wenn jemand nur aufrichtig ist, was macht es dann aus, welches Glaubensbekenntnis er für das richtige hält? Ein jeder hat das Recht, seine eigene Meinung zu haben. Es ist schließlich nur ein Unterschied in den persönlichen Ansichten.“

Auf all das erwidern wir nur: Gottes Wort gebietet dem Christen zu urteilen, zu entscheiden und zu unterscheiden, auszugehen und sich abzusondern. Wenn das so ist – und wer könnte das angesichts des klaren, bestimmten Gebotes Gottes leugnen? –, was sind dann alle Einwendungen und Vernunftschlüsse des Menschen wert? Für das Urteil eines aufrichtigen, einfältigen, treuen Dieners Christi haben sie weniger Gewicht als das Stäubchen auf der Waage. Achten wir auf die ernsten, inhaltsreichen Worte des Apostels Paulus an sein geliebtes Kind Timotheus – Worte, welche dem Volk Gottes zu allen Zeiten mit unmissverständlicher Deutlichkeit seinen Weg vorzeichnen:

2Tim 2,19-21: Doch der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt, die sein sind; und: Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit! In einem großen Haus aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene; und die einen zur Ehre, die anderen aber zur Unehre. Wenn nun jemand sich von diesen [den Gefäßen zur Unehre] reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werke bereitet.

Hier sehen wir, dass, wenn irgendjemand wünscht, ein geheiligtes Gefäß zu sein, passend für den Gebrauch des Meisters und zu jedem guten Werk bereitet, er sich von der Ungerechtigkeit und von den Gefäßen zur Unehre um sich her trennen muss. Es ist unmöglich, darüber hinauszukommen, ohne das Wort Gottes über Bord zu werfen; und Gottes Wort verwerfen heißt, Ihn selbst verwerfen. Sein Wort befiehlt mir, mich zu reinigen, von der Ungerechtigkeit abzustehen und mich von denen wegzuwenden, welche nur eine Form der Gottseligkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen.


Originalartikel: „Separation – Not Fusion“ 
aus Short Papers on Scripture Subjects von C.H.M., Bd. 1, S. 145–148


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