Zwölf Söhne – welchem gleichst du?
Jakobs Ausspruch über seine Söhne in 1. Mose 49

Gustav Adolf Runkel

© G.A. Runkel, online seit: 02.04.2020, aktualisiert: 27.07.2023

1 | Vorwort

Beim Studium dieses Kapitels sind mir manche wertvollen Kommentare in die Hände gefallen. Die meisten von ihnen legen den Schwerpunkt auf die prophetische Auslegung, sprich Erklärung. Es ist sehr segensreich, diese Bücher zu lesen und mit Staunen festzustellen, welche tiefen Gedanken Gott schon in das Alte Testament gelegt hat. Welcher Mensch ohne den Heiligen Geist würde in diesen alten Worten die Geschichte Israels erkennen, wer die detaillierten und genauen Hinweise auf den Herrn Jesus?

Ich fand darüber hinaus aber Vorträge und Skripte eines amerikanischen Bruders, Andrew Foster, der den Schwerpunkt auf eine praktische Auslegung legt. Meine Begeisterung wuchs immer mehr, als ich mit seiner Hilfe entdeckte, dass diese Worte Jakobs auch viele neutestamentliche Lehren veranschaulichen. Er gab mir die Genehmigung, seine Gedanken als Hauptgrundlage für dieses Buch zu verwenden.

2 | Einleitung

Stellen wir uns die Situation vor: Der alte Patriarch Jakob ruft seine zwölf Söhne zusammen und sitzt auf seinem Bett. Zwölf erwachsene Männer lauschen den letzten Worten ihres Vaters mit andächtigem Schweigen. Spricht Jakob nun von seinem Leben, den vielen Härten und Tiefen, die er erlebt hat? Nein, er ist ein Kanal, durch den Gott selbst seine Gedanken mitteilen lässt. In den nachfolgenden Kapiteln werden wir versuchen, in diese Gedanken etwas näher einzudringen.

Alle Söhne werden nacheinander einzeln angesprochen, es wird dadurch eine sehr persönliche Botschaft. Darüber hinaus ist es eine Botschaft der Ermutigung für freudelose Tage. Die Worte Jakobs zeigen deutlich, dass das Verhalten seiner Söhne Auswirkungen auf ihre Nachkommen hat. So ist es heute noch. Das, was wir tun, wird Auswirkungen auf unsere Umgebung haben. Diesen Gedanken finden wir übrigens wieder in 1. Korinther 5,6: „Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig die ganze Masse durchsäuert?“

3 | Die Worte Jakobs über seine Söhne

Ruben oder die Sünde der Instabilität

(Lies 1. Mose 29,31.32; 35,22; 37,2-4; 37,22; 42,37.)

1Mo 49,3.4: Ruben, mein Erstgeborener bist du, meine Kraft und der Erstling meiner Stärke! Vorzug an Hoheit und Vorzug an Macht! Überwallend wie die Wasser, sollst du keinen Vorzug haben, denn du hast das Lager deines Vaters bestiegen; da hast du es entweiht. Mein Bett hat er bestiegen!

Ruben wird zu diesem Zeitpunkt ungefähr in der Hälfte seines Lebens gewesen sein – ein gestandener Mann. Sein Name heißt: „Siehe, ein Sohn“, ein Ausdruck der Freude Leas. Denn der Haushalt Jakobs und seine fehlende Liebe wurden von Gott gesehen. Auch heute noch sieht Gott alle geheimen Dinge des Lebens.

Durch seine Sünde, die er mit Bilha, der Magd Rahels, beging, verlor er den Segen des Erstgeborenen für seine Nachkommen.

Ruben hatte eine privilegierte Stellung und alle Möglichkeiten. Er hatte Anrecht auf das doppelte Teil des Erbes, aber noch viel mehr, nämlich den Segen Isaaks. In 1. Mose 28,3.4 lesen wir: „Gott, der Allmächtige, segne dich, und mache dich fruchtbar und mehre dich, dass du zu einer Schar von Völkern werdest; und er gebe dir den Segen Abrahams, dir und deinem Samen mit dir, auf dass du besitzest das Land deiner Fremdlingschaft, das Gott dem Abraham gegeben hat.“ Nach Galater 3,14 wird durch den Herrn Jesus dieser Segen zu allen Menschen auf der Erde ausgehen.

  • Meine Kraft: Ruben hatte physische und natürliche Kraft. Dabei kann man daran denken, dass Ruben viele Sachen leicht fielen, die für andere schwer waren.
  • Vorzug an Hoheit: Er war in einer Stellung, in der ihm alle Ehre zustand.
  • Vorzug an Macht: Innerhalb seiner Familie hatte er das Sagen. Ihm standen alle Möglichkeiten offen.

Was für eine bevorrechtigte Stellung! Und was macht Ruben daraus? Jakob sagt: „Überwallend wie die Wasser bist du.“ Wasser ist instabil und das erinnert an Menschen, die doppelherzig sind und keine geraden Wege gehen, die von jedem Wind umhergetrieben werden (Jak 1,6). Sie haben kein festes Ziel vor Augen und gehen daher keinen geraden Weg. Sie sind wie kochendes Wasser, immer in Bewegung und springen hin und her. In Richter 9,4 finden wir „lose und verwegene [übermütige] Männer“, die sich kaufen ließen.

Rubens moralische Instabilität führte ihn in die überaus schwere Sünde des Inzestes. An seinem Leben sieht man, dass Ruben immer wieder den Willen Gottes tun wollte. Aber weil er schwach und instabil war, führten diese Bemühungen nie zu einem guten Ende. Beispiele dafür finden wir in 1. Mose 37,22, wo er Joseph heimlich retten wollte.

Auch der Ausspruch in 1. Mose 42,37 zeugt von seinem guten Willen, lässt aber nicht erkennen, dass er Einsicht in die Gedanken Gottes hat. Es wäre für Jakob kein Trost gewesen, die Söhne Rubens zu töten, wenn Benjamin tatsächlich auf der Reise nach Ägypten umgekommen wäre. Im Gegenteil, es hätte seine Not nur vergrößert. Ruben war von Gott entfernt, er hatte ein geteiltes Herz. Darauf konnte der Segen des Herrn nicht liegen!

Jakobus schreibt in seinem Brief über die Doppelherzigkeit (auch Wankelmütigkeit): „Reinigt die Herzen, ihr Wankelmütigen“ (Jak 4,8). Genau das finden wir bei Ruben. Diese innere Instabilität geht oft einher mit Unreinigkeit. Bei Ruben war das genau so. Seine ungezügelte Leidenschaft führte ihn in tiefe Sünde und er zahlte einen hohen Preis.

Mindestens dreißig Jahre sind seit seiner Sünde vergangen und nun steht er mit seinen Brüdern am Sterbebett seines Vaters und hört diese Worte. Was wird im Herzen Rubens vorgegangen sein? Welche Beschämung! Seine Sünde lebt weiter und wir lesen heute davon. Warum? Als Warnung! Überprüfen wir unser Leben! Gibt es da nicht auch manchen Wankelmut oder auch Unreinigkeit? Vielleicht sind wir nicht so tief gefallen wie Ruben. Aber wenn wir auf diesem Weg der Sünde des inneren Hin- und Hergeworfenseins weitergehen, hat dies gewaltige Auswirkungen auf unser Leben:

  • Satan wird uns zu weiterer Sünde locken (Jak 1,14).
  • Wir werden keine Ruhe finden und vom Herrn nichts empfangen (Jak 1,6-8).
  • Wir werden das Wort Gottes nicht verstehen (2Pet 2,16).
  • Kraft für den geistlichen Kampf im Reich Gottes ist nicht vorhanden (Ri 5,16).

Um jeden, der auf diesem Weg weitergeht, muss man sich große Sorge machen. So wie Mose in seinem Segen über den Stamm in 5. Mose 33,6. Die Gefahr, dass der Stamm untergeht, war sehr groß.

Welche eine schwere Aufgabe für Jakob in den letzten Augenblicken seines Lebens, die Sünde seines Sohnes ansprechen zu müssen. Aber dieser Mann, der sich in den letzten siebzehn Jahren seines Lebens zu einer gewaltigen geistlichen Höhe erheben konnte, kann die Sünde nicht verschweigen, so wie der Herr auch unsere Sünde nicht einfach übergehen kann. Lasst uns unser Leben überprüfen und alles in das Licht Gottes stellen, damit wir nicht eines gewaltigen Segens verlustig gehen und Unehre auf den Namen unseres Herrn bringen. Nur eine enge Beziehung zu ihm wird uns bewahren!

David bat in seinem Gebet in Psalm 51: „Schaffe mir, Gott, ein reines Herz, und erneuere in meinem Innern einen festen Geist!“

Simeon und Levi oder die Sünde des Ärgers und Eigenwillens

(Lies 1. Mose 29,33.34; 34,1-31; 37,2-4.)

1Mo 49,5-7: Simeon und Levi sind Brüder, Werkzeuge der Gewalttat ihre Waffen. Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, meine Ehre vereinige sich nicht mit ihrer Versammlung! Denn in ihrem Zorn haben sie den Mann erschlagen und in ihrem Mutwillen den Stier gelähmt. Verflucht sei ihr Zorn, denn er war gewalttätig, und ihr Grimm, denn er war grausam! Ich werde sie verteilen in Jakob und sie zerstreuen in Israel.

Simeon und Levi sind wie Ruben Söhne Leas mit wunderschönen Namen. Simeon bedeutet „Erhörung“ (1. Mose 29,33) und Levi „Anschließung“. Lea empfindet, dass der Herr sie segnen will. Und bei der Geburt des dritten Sohnes glaubt sie endlich, die Liebe ihres Mannes gefunden zu haben.

Jakob nennt sie „Brüder“ und das lässt uns daran denken, dass eine lebenslange Freundschaft sie verband. Jakob kommt hier auf die Dinge zu sprechen, die in 1. Mose 34 negativ erwähnt werden. Simeon und Levi handeln dort auf eine sehr beschämende und sündige Weise. Dina, eine Schwester der beiden Brüder, war ausgegangen, um die Töchter des Landes zu sehen. Was war ihre Motivation, was war ihr Ziel? War das mit ihrem Vater Jakob abgesprochen? Das Traurige geschieht: Sie fällt mit Sichem, einem Hewiter, in Sünde.

Ein Mädchen aus gläubigem Haus geht aus, die Weise der Welt zu sehen. Wie diese will sie leben und es kommt, wie es kommen muss: Sehr schnell und leicht fällt sie in Sünde.

Als Jakob dies hört, schweigt er und tut nichts. Er wartet auf seine Söhne, die auf dem Feld sind. Es scheint so, als ob das Geschäft ihm wichtiger ist als der Seelenzustand seiner Tochter. Wie ist das in unseren Familien? Wissen wir als Väter um den Seelenzustand unserer Kinder? Sorgen wir uns um sie, indem wir uns Zeit zum Gespräch, zum Gedankenaustausch nehmen? Oder sind die Kinder schon auf dem Weg in den Ruin und wir tun nichts?

Auch wenn die Überlegungen und Empfindungen Simeons und Levis durchaus verständlich sind, ist es niemals entschuldbar, wie sie handeln. Rachegedanken in dieser Art durchzuführen ist immer Sünde. Schlechtes Handeln ist nie nach den Gedanken Gottes.

1. Mose 34,7 zeigt, dass sie sich in ihrer Ehre gekränkt fühlten und darüber zornig wurden oder, besser ausgedrückt, in Wut gerieten. Ärgerliche Selbstsucht führt zur Sünde!

Werkzeuge der Gewalttat, im Zorn den Mann erschlagen, im Mutwillen den Stier gelähmt, grausamer Grimm. Mit diesen Worten beschreibt Jakob ihre Sünde. Wo kommt diese Haltung her? Jakobus sagt in seinem Brief in Jakobus 4,1, dass diese Dinge aus unseren Lüsten kommen. Da geht es um Genuss, Annehmlichkeiten und den Reiz. Jakobus sagt weiter: „Ihr tötet und neidet {o. seid eifersüchtig}“ (Jak 4,2). Das war auch bei Simeon und Levi der Fall, die auf ihren eigenen Vorteil bedacht waren und ihrer Selbstsucht auf grausame Weise frönten.

Jetzt könnten wir sagen, in dieser Gefahr sind wir nicht. Doch wenn wir lesen, was der Herr selbst in Matthäus 5,21-23 sagt, dann stellen wir fest, dass hinter dem Morden ein Motiv steht. In Vers 22 ist es der Zorn. Und dann geht es weiter und man verletzt und tötet mit dem Mund. Wenn wir die Maßstäbe Gottes anlegen, merken wir, dass die so weit weg erscheinenden Verhaltensweisen des Alten Testamentes für uns viel Belehrendes und Ermahnendes enthalten. Es ist wirklich so, dass diese Dinge jenen als Vorbilder erschienen und zu unserer Ermahnung niedergeschrieben worden sind. Es geht um unsere Herzenshaltung. Wenn wir unserem Eigenwillen freien Lauf lassen, wird das Ende übel sein.

Die Vorgehensweise der beiden Brüder ist umso beschämender, da sie das Mittel der Beschneidung einsetzen. Diese Beschneidung – ein von Gott gegebenes Zeichen, dass der Beschnittene zum Volk Gottes gehört – wird hier übel missbraucht. Es ging Simeon und Levi nicht um die Herzen ihrer Nachbarn, sondern sie suchten einen Weg, ihre Rachegedanken möglichst leicht und schnell in die Tat umsetzen zu können.

Sind wir nicht auch manchmal in Gefahr, Dinge der Schrift zu nehmen, um damit eigene Gedanken durchzusetzen? Ein Beispiel dafür findet man in Johannes 8. Die Schriftgelehrten waren nicht um die Seele der im Ehebruch ertappten Frau besorgt, sondern wollten ihre Religiosität durchsetzen. Aber der Herr erkennt das sofort und kümmert sich um diese Frau. Nicht, dass Er die Sünde zudeckt, aber Er möchte ihr Herz erreichen, Sünde vergeben und Kraft zu einem Leben ohne Sünde geben.

Jakob spricht hier über den menschlichen Geist, der sagt: Ich tue mit meiner Zeit, mit meiner Energie und mit meinem Geld das, was ich will. Was der Herr dazu sagt, interessiert nicht oder nur am Rande. – Das war auch bei Simeon und Levi so. Als die Männer der Stadt in Schmerzen waren, kamen sie kühn, für jeden Mann sichtbar, um ihre Pläne auszuführen. Die Sünde des Eigenwillens kann schön und auch geistlich aussehen, aber irgendwann kommt sie zum Ausbruch. Dann wird sie für jedermann sichtbar.

Sprüche 14,17 sagt, dass der Mann, der Ränke schmiedet, gehasst wird, von Gott und Menschen. Und Sprüche 29,22 zeigt, dass ein Hitziger reich an Übertretung ist. Ungebremster Ärger und Eigenwille führt immer zu Rebellion gegen Gott.

Auch Jakobus warnt vor dieser Gefahr: „Wo Neid und Streitsucht ist, da ist Zerrüttung und jede schlechte Tat“ (Jak 3,16). Das ist das Endergebnis von ungerichtetem Ärger und Eigenwille – jede schlechte Tat. Diese Haltung wird sich immer mehr steigern und zu schlimmen Sünden führen. Lasst uns unsere Haltung überprüfen und nötigenfalls korrigieren, um vor Bösem bewahrt zu werden.

Jakob, als Prophet Gottes, verflucht den Zorn seiner Söhne. Das ist ein hartes Wort und zeigt Gottes Missfallen, verbunden mit dem Unheil, das über sie kommen würde. Es ist keine leichte Sache, mit dieser Sünde zu spielen. Wer ihr nachgeht, stellt sich gegen den großen und heiligen Gott! Alles, was Simeon und Levi in Zukunft taten, hat den bitteren Beigeschmack dieser Tat.

Ihre unheilige Allianz würde gebrochen werden. Das betrifft sogar das an sich göttliche Band der brüderlichen Freundschaft. Die Nachkommen der beiden Stämme werden über Israel verteilt werden.

Eine weitere bittere Folge der Sünde ist auch, dass sie keine Gemeinschaft mit ihrem Vater haben. Der arme Jakob muss sagen: „Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat.“ Die Sünde ist wirklich eine Sache, die nur Leid über uns Menschen bringt.

Jakob ist hier in einer geistlichen Haltung, die wir in Sprüche 22,24 finden: „Geselle dich nicht zu einem Zornigen.“ Obwohl es sich um seine eigenen Kinder handelt, hält Jakob die Sünde nicht zugedeckt und beschönigt sie auch nicht. Nein, mit diesen Dingen will er keine gemeinsame Sache machen. Welch ein leuchtendes Vorbild für uns.

Aber beachten wir, was Jakob nicht tut: Er verflucht nicht seine Söhne, sondern ihren Zorn, ihren Eigenwillen und ihre Handlungen. Das impliziert die Möglichkeit zur Umkehr. Und genau das finden wir bei den Kindern Levis. Ihre weitere Geschichte in den fünf Büchern Moses zeigt das deutlich. Die Nachfolger Levis nennt Mose in 5. Mose 33 „die Frommen“; die, die das Wort Gottes kennen und weitertragen zu den anderen; die, die das Wort beobachten, seinen Bund bewahren, die Rechte Gottes lehren und wohlgefällige Opfer bringen. Levi wird ein bedeutender Stamm in Israel, obwohl die Strafe bestehen bleibt. Der Stamm wohnt nicht zusammen, sondern ist zerstreut. Aber Gott nutzt die Leviten zu einem großen Segen. Und ihr Erbteil in Kanaan ist größer als das der anderen Stämme, denn der Herr selbst war ihr Erbe. So ist Gott, der aus dem Schlechten so viel Gutes macht.

Bleibt noch ein kurzer Satz zu Simeon. Von ihm finden wir keine Umkehr. Nach 4. Mose 1 und 26 schrumpft Simeon vom drittgrößten zum kleinsten Stamm in Israel. Mose erwähnt ihn in 5. Mose 33 schon nicht mehr und der Stamm verliert sich in dem Erbteil seines Bruders Juda (Jos 19,9).

Das sind die zwei Wege: Der eine kehrt um und wird zum Segen; der andere geht weiter und hat kein Erbteil. Auf welchem Weg bist du?

Juda oder die belohnte Umkehr

(Lies 1. Mose 29,35; 37,26; 38,1-30; 44,16-34.)

1Mo 49,8-12: Dich Juda, dich werden deine Brüder preisen; deine Hand wird sein auf dem Nacken deiner Feinde, vor dir werden sich niederbeugen die Söhne deines Vaters. Juda ist ein junger Löwe; vom Raube mein Sohn, bist du emporgestiegen. Er duckt sich, er legt sich nieder wie ein Löwe und wie eine Löwin; wer will ihn aufreizen? Nicht weichen wird das Zepter von Juda noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen hinweg, bis Schilo kommt, und ihm werden die Völker gehorchen. Er bindet an den Weinstock sein Eselsfohlen und an die Edelrebe das Junge seiner Eselin; er wäscht im Wein sein Kleid und im Blut der Trauben sein Gewand; die Augen sind trübe von Wein und weiß die Zähne von Milch.

Eine erstaunliche Wende finden wir in den Worten, die Jakob über Juda spricht. Werden auf seinem Gesicht bei den Worten über Simeon und Levi noch Tränen gestanden haben, so kehrt jetzt das Lächeln auf seine Lippen zurück.

Aber was wird der Grund für diese Wende gewesen sein? War Juda ein besserer Mensch bis dahin gewesen? Überdenken wir kurz seinen Werdegang und wir werden der Lösung näherkommen.

Zum ersten Mal tritt Juda in 1. Mose 37, wo es um Joseph geht, in Erscheinung. Er verhindert den Mord an seinem jüngeren Bruder, obwohl sie ihn alle hassten, und schlägt den Verkauf nach Ägypten vor. Hatte er da schon ein Gefühl für die Sünde, die sie ihrem Vater und Joseph antun würden?

Kurz nach dieser schrecklichen Tat, schildert uns 1. Mose 38, wie Juda in Sünde fällt. Es beginnt damit, dass er seine Familie verlässt. Vielleicht war die große Trauer Jakobs für Juda nicht zu ertragen. Er zog es vor, wegzuziehen. Wieder ein Beweis dafür, dass die Sünde Beziehungen und Familien zerstört. Doch der Niedergang geht weiter.

Juda findet in Hiram einen weltlichen Freund – so würden wir es wahrscheinlich heute ausdrücken. Dann heiratet er eine kanaanäische Frau, wohl wissend, dass sein Onkel Esau sich mit einer solchen Verbindung gegen seine Eltern wandte (1Mo 26,35). Dann werden ihm drei Söhne geboren, von denen zwei so böse waren, dass der Herr sie tötete. Inwieweit Juda hierfür Verantwortung trägt, können wir natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber es wird wohl keine sehr gottesfürchtige Umgebung gewesen sein, in der diese Männer aufgewachsen waren. Zu allem Überfluss schiebt Juda die Schuld noch seiner Schwiegertochter Tamar zu. Er sagt: „Bleibe Witwe im Haus deines Vaters, bis mein Sohn Schela groß sein wird; denn er sagte: Das nicht auch er sterbe wie seine Brüder“ (1Mo 38,11). Mit anderen Worten: Diese Frau wohnt besser nicht in meinem Haus und bringt durch eine weitere Heirat noch den Fluch über meinen dritten Sohn.

Als Tamar diese ganze Ungerechtigkeit bemerkt, verkleidet sie sich als Hure und Juda fällt in die Schlinge. Er schläft mit ihr und gibt ihr als Pfand auf die Bezahlung seinen Siegelring, seine Schnur und seinen Stab. Drei Monate später fällt auf, dass Tamar schwanger ist und Juda soll einen Richterspruch fällen. Er, ganz im Herausstreichen seiner Gerechtigkeit, zögert keine Sekunde und befiehlt, dass sie verbrannt wird. Für Tamar scheint keine Rettung möglich. Erst in letzter Sekunde sendet sie Juda eine Botschaft: „Von dem Mann, dem dies gehört, bin ich schwanger; und sie sprach: Erkenne doch, wem dieser Siegelring und diese Schnur und dieser Stab gehören!“ (1Mo 38,25).

An dieser Stelle berichtet die Bibel ganz nüchtern von der Reaktion Judas. Was in seinem Inneren vorging, können wir nur erahnen. Doch entscheidend ist der Satz, den er sagt: „Sie ist gerechter als ich“ (1Mo 38,26). Ich glaube, dass dies der Wendepunkt in Judas Leben war: (1) die Erkenntnis seiner Ungerechtigkeit und (2) das Bekenntnis seiner Sünde. Dieses Prinzip der Buße finden wir unter anderem auch in Psalm 51 wieder, in dem David davon spricht, dass er seine Sünde kannte, sie betrauerte und bekannte. Der Weg zu dem Herrn Jesus führt immer über diese drei Punkte. In einer Zeit, in der oft ein seichtes Evangelium verkündigt wird, ist das sehr wichtig zu wissen. Ohne Sündenerkenntnis sowie ohne Reue und Bekenntnis wird man nicht zum wahren Leben finden.

Juda hat dies in seinem Leben gelernt und praktiziert. Wir finden ihn wieder in 1. Mose 44,16. Die Brüder sind nach Ägypten gereist und haben Joseph, allerdings ohne ihn zu erkennen, wiedergetroffen. Durch das weise Handeln Josephs kommt ihnen dort das böse Handeln gegen ihren Bruder wieder ins Gedächtnis.

In den dann folgenden Worten Judas sehen wir die Juda gegebene Führerschaft, die bestätigt, was Jakob in seinem Segen sagt: Worin führt er seine Brüder? In den von ihm ausgesprochenen Fragen: „Was sollen wir meinem Herrn sagen? Was sollen wir reden und wie uns rechtfertigen?“ (1Mo 44,16).

Ging es hier um den Verkauf Josephs? Nein, sondern Joseph hatte ihnen eine Probe ganz anderer Art gestellt. Die Brüder konnten nicht wissen, worauf das Ganze abzielte. Und doch sagt Juda: Es gibt keinen Entschuldigungsgrund, wir müssen zu dem, was wir getan haben, stehen. „Gott hat die Ungerechtigkeit deiner Knechte gefunden“ (1Mo 44,16). Juda war klar, dass sie natürlich auch gegen den Bruder gesündigt hatten, aber in erster Linie gegen Gott selbst.

Doch der geistliche Reifeprozess in Juda geht noch weiter. Als Joseph befiehlt, dass die Brüder nach Kanaan zurückkehren sollen, allerdings ohne Benjamin, offenbart Juda in einer ergreifenden Rede sein Herz. Er übernimmt Verantwortung, tritt als Bürge für seinen jüngsten Bruder ein und zeigt eine erstaunliche Zuneigung zu seinem Vater. Er ist bereit, seine Freiheit aufzugeben für den Frieden seines Vaters. „Wie sollte ich zu meinem Vater hinaufziehen, wenn der Knabe nicht bei mir wäre? – dass ich nicht das Unglück ansehen müsse, das meinen Vater treffen würde!“ (1Mo 44,34). An dieser Stelle sei mir wieder eine kurze Frage erlaubt: Wo befindest du dich in deinem geistlichen Reifeprozess?

Wir kehren wieder zurück zu den Worten Jakobs: „Dich Juda, dich werden deine Brüder preisen“ (1Mo 49,8). Hier kommt die Namensbedeutung Judas zum Tragen, denn Juda heißt auf Deutsch „preisen“. Als Lea in 1. Mose 29 ihren vierten und letzten Sohn bekommt, ändert sich auch etwas in ihrem Leben. Bei den ersten drei Brüdern finden wir in ihren Aussprüchen immer sie selbst im Vordergrund. Bei Ruben sagt sie: „weil der HERR mein Elend gesehen hat“, bei Simeon: „weil der HERR gehört hat, dass ich gehasst bin“, und bei Levi: „Mein Mann wird sich mir anschließen, denn ich habe ihm drei Söhne geboren!“ Aber bei der Geburt Judas steht nun auf einmal der Herr im Vordergrund: „Diesmal will ich den HERRN preisen!“ (1Mo 29,32-35). Jetzt findet sie ihre Freude in Ihm allein und kann sich über die sehr schwierigen Verhältnisse im Haus Jakobs erheben. Daran erinnert der Name ihres vierten Sohnes.

Obwohl Juda in seinem Leben manches absolut nicht Preiswürdige tat, wird er doch von seinen Brüdern gelobt. Denn er war es, der mit dem Bekenntnis den Anstoß für die Vergebung gab.

Jakob überträgt Juda nun die Führung, die eigentlich Ruben zugestanden hätte. Aber bei ihm finden wir leider keine Reue und Umkehr. Juda würde seine Hand auf den Nacken seiner Feinde legen, und in der Tat wurde der Stamm Juda zahlenmäßig der größte (4Mo 1,26). Als es um die Einnahme des Landes ging, wurde Juda die Rolle der Führung im Kampf übertragen. Er sollte als Erster ziehen (Ri 1,2). Aus dem Stamm Juda kamen mächtige Männer. So zum Beispiel Bezaleel, der erste Mann, von dem berichtet wird, dass er mit dem Geist Gottes erfüllt war (2Mo 31,2), ein Mann, mächtig an Weisheit und Verstand, fähig, den Bau der Stiftshütte zu leiten. Kaleb, der mit 85 Jahren noch so stark war wie ein junger Mann (Jos 14,11), war ein Nachkomme Judas. Denken wir an David, den großen König, der Israel zu einem großen Reich machte. Und dann, alle überragend, der wahre Sohn Davids, der Herr Jesus selbst. Der so viel „Preiswürdiges“ tat, der den Willen des Vaters erfüllte, der in den Tod ging und auferstand, der die Führung und Herrschaft schon jetzt übernommen hat. Preisen und loben wir Ihn wirklich?

Ein kleiner Gedanke am Rande. Jakob sagt nicht, dass Juda seinen Fuß auf den Nacken seiner Feinde stellen wird, sondern seine Hand. Liegt darin nicht vielleicht der Gedanke, dass Juda nicht der stolze Sieger ist, der sich mit dem Fuß auf seinem besiegten Feind triumphierend ablichten lässt? Ist es nicht möglich, dass Juda auch hier gelernt hat und natürlich den Feind besiegt, aber doch mehr im Bewusstsein, dass er auch einmal besiegt worden und durchaus nicht besser als seine Feinde ist?

Sind wir eigentlich auch Sieger? Paulus sagt in Römer 8,37: „Wir sind mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat.“ Mehr als Überwinder bedeutet, nicht nur soeben gewonnen, sondern strahlende Sieger. Sind wir das in unserem geistlichen Kampf?

Jakob vergleicht seinen Sohn mit einem Löwen. In Kenntnis der Stelle aus Offenbarung 5,5 wissen wir, dass dies kein anderer als der Herr Jesus ist. Aus der Tierwelt ist uns bekannt, dass mit dem Löwen unter anderem Stärke verbunden ist. Wenn nun Jakob dieses Tier in dreifacher Hinsicht erwähnt, fällt uns der Bezug zum neuen Testament leicht:

  • junger Löwe
  • geduckter Löwe
  • alter Löwe (engl. Übersetzung)

Diese drei Stadien im Leben eines Löwen beschreibt uns zum Beispiel Lukas in seinem Evangelium. In Lukas 2,47 heißt es: „Alle aber, die ihn hörten, gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten.“ Wir erkennen den Löwen, der sich für seinen Kampf vorbereitet. In Lukas 22,42 finden wir den für seinen schwersten Kampf bereiten König. Der Herr kniet im Garten Gethsemane und ist bereit für seinen schwersten Kampf. Er würde der Sünde und dem Gericht Gottes begegnen. Wer könnte verstehen, was in der Seele des Heilands war, als sein Schweiß wie große Blutstropfen auf die Erde fiel? Was für eine Gemütsbewegung und welche Bedrängnis seiner Seele? Warum hat Gott uns das wohl aufschreiben lassen? Ist es nicht deshalb, damit wir IHN preisen, nicht nur mit Worten, sondern mit unserem Leben? Und den alten Löwen finden wir dann in Lukas 24,6. Er ist nicht hier, sondern ist auferstanden. Kurze und einfache Worte, aber sie beinhalten den glänzenden Sieg über Sünde, Tod und Teufel!

Nun kommen der Herrschaftsstab und das Zepter vor unsere Augen. Damit sind Autorität, Herrschaft und Königtum verbunden. Aus Stellen wie Psalm 2,9 wissen wir, dass ein Zepter eine Zuchtrute sein kann. Ein Instrument des Gerichtes. Wieder ein Hinweis auf den Herrn, dem der Vater das ganze Gericht übergeben hat (Joh 5,22). Aber es ist auch ein Instrument der Gnade, wie wir das bei Ahasveros sehen, der Esther als Zeichen der Gnade das Zepter entgegenhielt (Est 4,11 und 8,4).

Dann kommt Jakob auf den geheimnisvollen Schilo zu sprechen, der nach der Anmerkung in der Elberfelder Übersetzung (CSV) der „Ruhebringende“ oder „Friedenschaffende“ ist. In diesem Namen Schilo sind mindestens vier Gedanken verborgen:

  • Der Ruhebringende ist gleichzeitig ein Gesandter. Der Herr wurde von Gott gesandt (Gal 4,4). Kennst du Ihn als den von Gott für dich Gesandten?
  • Er ist der Friedefürst (Jes 9,6), der den Frieden bringt. Hast du Frieden?
  • Bei dem Herrn Jesus findet der Sünder die Ruhe des Gewissens (Mt 11,28) und der Gläubige die Ruhe des Herzens (Mt 11,29). Ist Ruhe in deinem Herzen?
  • Der Herr Jesus wird Gehorsam einfordern und bekommen. Wie sieht es aus mit deinem Gehorsam?

Der lange Segen über Juda ist immer noch nicht zu Ende. Nach diesen überaus deutlichen Hinweisen auf den wahren Sohn Judas kommt Jakob noch auf eine besonders friedevolle Zeit zu sprechen. Dass man seinen Esel an den Weinstock bindet, klingt für ein europäisches Ohr recht seltsam, weist aber auf einen überfließenden Reichtum hin. Es wird so viel Wein geben, dass es nichts ausmacht, ob ein Esel einen Weinstock zerstört oder nicht.

Auch 1. Mose 49,12 sieht für uns auf den ersten Blick ziemlich ungewöhnlich aus, ist aber für den Orientalen ein eindrückliches Bild von einem großen Fest, von vollkommener Gesundheit, Vitalität und Schönheit. Die Augen sind funkelnder als Wein. Eine nicht zu beschreibende Freude wartet auf den Stamm Juda und wir beziehen dieses Bild auch auf uns. Denn wir sind mit dem Löwen, dem Schilo, aufs engste verbunden. Bald wird Er uns in seine Herrlichkeit einführen, die noch weitaus größere Reichtümer enthält als die, über die wir nachgedacht haben. Wann werden wir IHN sehen?

Der Segen über Juda endet mit der Milch, nach 1. Petrus 2,2 (besonders Anmerkung) ein Hinweis auf das Wort Gottes. Es ist die beste Nahrung. Nährst du dich davon?

Irgendwie hat man den Eindruck, dass nach diesen inhaltsschweren Worten Jakob erst einmal Luft holen muss, um das alles zu verdauen. Wie viel Freude wird es ihm bereitet haben, diese Worte Gottes zu sagen. Und wie dankbar sind wir dem Herrn, dass Er alle Worte Jakobs für uns heute aufbewahrt hat.

Sebulon oder der ersehnte Hafen

(Lies 1. Mose 30,20; 35,22; 37,2-4.22; 42,37.)

1Mo 49,13: Sebulon, am Gestade der Meere wird er wohnen, und am Gestade der Schiffe wird er sein und seine Seite gegen Sidon hin.

Nach der Weissagung über Juda spricht Jakob über Sebulon. Interessanterweise steht der Wohnplatz Sebulons im Zentrum dieser Aussagen. Das verbindet sie mit seinem Namen. In 1. Mose 30,20 nennt Lea ihren sechsten Sohn Sebulon = „Wohnung“ und verbindet damit die Hoffnung, dass der Zustand im Haus Jakobs sich verändert, denn sie ist trotz ihrer sechs Söhne immer noch die ungeliebte Frau. Dafür hatte Laban mit seiner Trickserei gesorgt. Aber diese Hoffnung erfüllt sich nicht, und Rahel bleibt Jakobs Lieblingsfrau.

Durch den Ausspruch wird Jakob mit Sicherheit die Gedanken Sebulons auf diese Zeit zurückgerichtet haben, wo die Familie geteilt war. Die bekamen das Verhalten Jakobs mit und litten auch darunter. Was ein zerteiltes Zuhause für Schäden anrichtet, sehen wir heute überall um uns herum!

Jakob erinnert Sebulon daran, dass er ein eigenes Erbteil im Land Kanaan haben wird. Und was wird das für ein starker Trost für den sterbenden Jakob gewesen sein, die Sicherheit zu haben: Mein Sohn wird unter den Kindern Gottes wohnen. – Auch für uns als Eltern ist das eine große Ermutigung, wenn wir wissen, dass unsere Kinder erlöst sind, zum Volk Gottes gehören und einmal zusammen mit uns im Himmel sein werden.

Gott beschreibt durch Jakob den genauen Aufenthaltsort des Stammes Sebulon Hunderte Jahre später im  Land Kanaan. Am Gestade der Meere werden sie wohnen. Das bezeichnet ein Gebiet im nordöstlichen Teil Kanaans um den Berg Karmel.

Was ist unsere Bestimmung, unsere Wohnung im  Land, das heißt im Himmel? Weißt du, dass der Herr in deinem und meinem Leben wirkt, um uns dahin zu führen? Manche Aussagen der Bibel ziehen den Schleier über unserer Zukunft weg und lassen uns einen Blick dareinwerfen. Beispielsweise in Johannes 14,2: „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, hätte ich es euch gesagt; denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten.“

Wie auch immer dein Zuhause auf dieser Erde aussehen mag, wie die Umstände des Lebens auch sind – die Hoffnung, im Vaterhaus zu wohnen, wird uns immer weitergehen lassen, bis wir dort sind. Verliere die Hoffnung auch in schwierigen Zeiten nicht!

Das Wort „Gestade“ bedeutet „Küste“, kann aber auch in Verbindung mit den Schiffen mit „Hafen“ übersetzt werden. Das ist ein Ort, wo die Schiffe Zuflucht vor dem Sturm suchen und Ruhe finden, wo die Wellen nicht hochgehen, kurz, ein sicherer Ort. Der Schreiber von Psalm 107 greift das Bild auf: „Er verwandelt den Sturm in Stille, und es legen sich die Wellen. Und sie freuen sich, dass sie sich beruhigen, und er führt sie in den ersehnten Hafen“ (Ps 107,29.30).

Dort wird Sebulon wohnen. Aber noch mehr: Sebulon wird für andere einen sicheren Ort bereitstellen, denn auch fremde Schiffe werden in seinen Häfen geankert haben. So haben auch wir schon hier auf der Erde die Aufgabe, andere Menschen zur Ruhe aus dem Sturm zu führen. Wie? Indem wir sie auf die einzige Person hinweisen, die in der Lage ist, Ruhe zu geben. Das ist der Herr Jesus. „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben“ (Mt 11,28).

Die Seite oder auch Grenze Sebulons war gegen Sidon hin. Auch das ist sehr bedeutsam. Sidon ist eine phönizische Stadt im Norden Israels. Diese Nordgrenze verteidigte unter anderem Sebulon im Kampf gegen Sisera, einem General Jabins, einem kanaanäischen König. Jakob weist schon lange vor diesem Geschehen darauf hin, dass Sebulon die Kraft zum Grenzkampf haben würde.

Auch wir müssen heute manche Grenzkämpfe ausfechten, da nämlich, wo die Feinde oder auch die Welt in unserem Leben und auch in dem Leben anderer Gläubiger Einzug halten möchte. Hast du den Willen und die Kraft zum geistlichen Kampf, und wenn ja, wo nimmst du sie her?

Können wir als Eltern in unseren Häusern einen Platz schaffen für andere, zum Beispiel Kinder, der sicher ist, einen Platz, wo Satan nicht hinkommt und wo etwas von der himmlischen Atmosphäre spürbar ist? Wachen wir, besonders als Väter, über unsere Häuser? Haben wir die Kraft dazu? Mach dein Haus ein klein wenig zum Himmel auf der Erde, halte die Grenze zur Welt und zum Bösen.

Wenn wir den Weg Sebulons weiter anschauen, sehen wir in dem Segen Jakobs einen großen materiellen Reichtum, den der Stamm Sebulon besitzen wird. Aber, und das ist das Erwähnenswerte, sie haben nicht aufgehört, an ihren Gott zu denken. Im Gegenteil, sie bringen dankbar ihre Opfer der Gerechtigkeit und laden dazu andere ein.

Wenn man mit offenen Augen durch die Welt reist, stellt man fest, dass unsere Lebensumstände in Europa sehr, sehr gut sind. Halten uns diese Dinge von der Anbetung und Dankbarkeit dem Herrn gegenüber ab oder halten wir es so wie der Stamm Sebulon? Bringen wir unsere Opfer an Geld, Zeit und Energie dem Herrn?

Sind wir für andere ein Vorbild, was die Anbetung angeht? Ist unsere Anbetung lebendig und kommt sie aus einer tiefen Erfahrung und einer tiefen Erkenntnis unseres Herrn? Oder ist sie oberflächlich und arm?

Wie ist es um unseren geistlichen Reichtum bestellt? Haben wir die verborgenen Schätze des Wortes Gottes gehoben so wie die Sebuloniter? Bist du mal in die Tiefen hinabgestiegen? Nicht zum eigenen Vorteil, sondern um den Herrn in deinem Leben größer zu machen?

Ein interessantes Bild ergibt sich, wenn man die Steigerungen in den Prophezeiungen über Sebulon bis zur letztendlichen Erfüllung sieht:

  • Jakob – Am Gestade wird er wohnen (1Mo 49,13).
  • Mose – Opfer werden sie bringen (5Mo 33,19).
  • Jesaja – Ein großes Licht wird leuchten (Jes 9,2).
  • Matthäus – Das große Licht ist kein anderer als JESUS CHRISTUS (Mt 4,15).

Da, wo der Herr ist, ist der Himmel. Ein Platz des Segens, ein Platz des Friedens, wirklich ein sicherer Hafen. Weißt du ein wenig, was das bedeutet, einen Heiland zu haben und ein Haus, wo Er willkommen ist, wo sein Wort regiert?  

Issaschar oder stark, aber faul

(Lies 1. Mose 30,18.)

1Mo 49,14.15: Issaschar ist ein knochiger Esel, der sich lagert zwischen den Hürden. Und er sieht, dass die Ruhe gut und dass das Land lieblich ist; und er beugt seine Schulter zum Lasttragen und wird zum fronpflichtigen Knecht.

Faulheit ist ein Arm des Fleisches, den wir als Gläubige ein Leben lang bekämpfen müssen. Insofern ist eine Anwendung dieses Ausspruchs nicht nur möglich, sondern unbedingt nötig.

Issaschar ist ein starker Mann, aber faul. Und das Schlimme ist, dass seine persönliche Haltung Auswirkungen auf das Leben seiner Nachkommen hat. Jakob spricht hier über seinen Sohn Issaschar, aber darüber hinaus auch über dessen Kinder und über das Teil, das der Stamm Issaschar einmal im Land Kanaan haben wird. Wir lernen wieder einmal, dass unsere persönliche Sünde tiefe Konsequenzen für andere haben kann.

Wie schnell kann eine fleischliche Gesinnung zur Gewohnheit für einen Christen werden. In Hebräer 10,25 lesen wir: „Versäumen wir unser Zusammenkommen nicht, wie es bei einigen Sitte {oder Gewohnheit} ist.“

Und diese gewohnheitsmäßige Faulheit zog sich durch das Leben Issaschars und das seiner Kinder und Enkel. Er war nicht bereit, die Last zu tragen, die ein Esel normalerweise tragen soll. Sind wir bereit, Last zu tragen und uns in den christlichen Dienst einzubringen? Oder frönen wir lieber anderen Sachen oder dem Nichtstun?

Erinnern wir uns daran, dass diese Aussprüche Jakobs im Angesicht der Ewigkeit getan wurden. Gibt ihnen das nicht ein besonderes Gewicht, und sollten wir nicht wirklich auch unser Leben im Licht der Ewigkeit immer wieder überprüfen?

Ist es vorstellbar, dass diese Worte so ohne weiteres an diesem Mann Issaschar vorbeigingen? Sein sterbender Vater, der bereit ist, vor seinen Gott zu treten, sagt ihm diese Worte im Beisein seiner elf Brüder. Lass diese Worte nicht an dir vorbeigehen!

Dieser Issaschar ist jetzt ein erwachsener, starker Mann, mindestens sechzig Jahre alt. Er ist auf dem Höhepunkt seines Lebens. Er hatte die Kraft und die Möglichkeiten, aber er tat nichts. Er nutzte seine Gelegenheiten nicht. Alles, was er zum Dienst brauchte, war vorhanden, so wie ein Esel perfekt zum Lasttragen geeignet ist. Aber es fehlte der Wille. Es gab keine Ausreden, er war ausgerüstet mit allen notwendigen Dingen. Was immer Jakob ihm für Aufgaben gegeben hatte, er führte sie nicht aus.

So gibt der Herr auch uns Aufgaben. Und keiner von uns kann sagen, dass die Fähigkeit und Kraft zum Erfüllen dieser Aufgaben nicht da ist. Jesaja sagt: „Er gibt dem Müden Kraft, und dem Unvermögenden reicht er Stärke dar in Fülle“ (Jes 40,29).

Egal, was du für eine Aufgabe hast, und es gibt sehr viele unterschiedliche Aufgaben im Reich Gottes mit unterschiedlichen Anforderungen an Kraft, Weisheit und Hingabe. Aber keiner kann sagen: Mir hat der Herr nicht die notwendige Kraft gegeben. Der Herr verspricht, diese Kraft zu geben. Es ist niemals eine Frage des Nichtkönnens, sondern immer des Nichtwollens.

Und wenn wir uns zu schwach fühlen? Auch dafür finden wir Vorbilder in der Bibel. Paulus litt sehr unter diesem Dorn in seinem Körper, möglicherweise eine Augenkrankheit. Sie hielt ihn auf und gab ihm das Gefühl, seinen Dienst nicht ausführen zu können. Dreimal flehte er dafür zum Herrn. Doch der nahm die Krankheit nicht weg, sondern sagt in 2. Korinther 12,9: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“ Paulus war kein Superheld, der mit allem fertig wurde. Nein, er war genauso ein Mensch wie wir. Aber er verstand, dass die Gnade Gottes ihm die Kraft gab, die er brauchte, und zwar zum richtigen Zeitpunkt und in dem richtigen Maß.

Den nächsten Punkt im Blick auf das Erfüllen von Aufgaben finden wir in Philipper 2,12. Dort verbindet Paulus das Wirken mit Gehorsam. Ein unmodernes Wort, aber erforderlich für ein gottwohlgefälliges Werk. Gott hat uns alle zum Dienst berufen! Sind wir bereit, nach ihm zu fragen und ihn dann zu tun? Und ist es nicht auch wahr, dass der Herr von den meisten von uns gar keine so großen Dienste verlangt, zum Beispiel Missionar in entlegenen Gegenden der Erde zu sein? Ist es nicht so, dass es die kleinen täglichen Aufgaben sind, die wir oft nicht tun, weil wir gerade nicht in Stimmung sind? Da gibt es die kleinen Aufgaben in der Familie, an Alten, an Kranken oder Hilfsbedürftigen. Fangen wir an, uns nach dem Leid der Welt umzusehen, dann wird sich ein reiches Betätigungsfeld auftun.

Issaschar war bereit, die Last auf seine Schultern zu nehmen, aber er legte sich damit hin. Er sah die Aufgaben, aber er tat nichts. Was muss das für eine Enttäuschung für Jakob gewesen sein, als er seinen Sohn so sah. Wie viele Väter werden wohl schon enttäuscht auf ihre Kinder geschaut haben! Sie sahen ihre Fähigkeiten, aber auch den fehlenden Willen, damit etwas in der richtigen Art und Weise anzufangen.

Was wird der Herr denken, wenn Er sieht, dass wir als Christen merken, hier oder dort wäre ein Dienst zu tun? Wir nehmen quasi die Last auf unsere Schultern, sagen dann aber: Nein, die Aufgabe ist doch zu groß oder schwer, und tun sie nicht.

Hatte Jakob nicht das Recht, von seinem Sohn etwas zu verlangen? Doch, so hat auch unser Herr das Recht, von uns Einsatz in seinem Dienst zu erwarten. In Römer 12,1 werden wir aufgefordert, unsere Leiber Gott als Opfer darzustellen. Aber wir mögen das Wort Opfer oft nicht, es klingt so streng. Und doch ist es der Wille des Herrn. Es ist eigentlich so selbstverständlich, wie ein Esel Lasten trägt oder der Vater seinem Sohn Aufgaben gibt.

Trug nicht der Herr unsere Last am Kreuz von Golgatha? Sollten wir hier nicht ein wenig Last für Ihn tragen?

Einen beladenen Esel zum Aufstehen zu bringen, ist fast unmöglich. So ist es auch mit einem Christen. Legen wir uns erst einmal hin und gewöhnen uns dann auch noch daran, wird es immer schwieriger, wieder aufzustehen. Bedenke diese Gefahr!

Ein sich ausruhender Christ gibt zudem ein schlechtes Bild ab und steckt auch noch andere an. Die anderen tun doch auch nichts, warum sollte ich mich dann abrackern? Nein, dann legen wir uns doch lieber alle hin. Das ist aber ein fleischlicher Wunsch nach einem bequemen und einfachen Leben, es ist letztendlich Sünde. Und doch sind wir so leicht dabei, eine vermeintlich geistliche Ausrede zu finden. Aber lass dich nicht täuschen. Dienst nicht auszuführen, ist immer Sünde. Warum? Nun zunächst die Frage: Was ist eine geistliche Gesinnung? Die einfache Antwort lautet: so zu denken, wie der Herr es tat. Was sagt Er über den Dienst?

  • Ich muss wirken, weil Gott es mir geboten hat (Joh 9,4).
  • Die Zeit zum Dienst ist begrenzt (Joh 9,4).
  • Der Dienst muss vollbracht (komplett zu Ende gebracht) werden (Joh 17,4).

Dieses Wissen und diese Vision werden uns zum Dienst antreiben!

Was für eine Vision hatte Issaschar? Er sah, dass die Ruhe gut und das Land lieblich ist. Es brachte ihn dazu, sich niederzulegen.

Was ist deine Vision für dein Leben in den nächsten Wochen, Monaten oder Jahren? Führt sie dich dazu, dich hinzulegen und den Dienst im Reich Gottes liegenzulassen? Dann ist sie falsch und führt zur Sünde!

Heißt das jetzt, dass wir nicht mehr ruhen dürfen, sondern von Dienst zu Dienst hetzen? Nein, schon der Herr rief die Jünger und sagte ihnen: „Ruht ein wenig aus“ (Mk 6,31). Aber ein kleines Beispiel möge die Sache verdeutlichen:
Ein Angestellter nutzt seine Arbeitszeit zum Schlafen. Sein Arbeitgeber stellt ihn darauf zur Rede. Dann antwortet dieser Mann: „Aber ich muss doch schlafen.“ Sein Arbeitgeber wird ihm antworten: „Sicher, aber nicht während der Arbeitszeit“, und dann wird er ihm kündigen.

Wenn Ausruhen bedeutet, die Arbeit wird nicht getan, dann ist das kein Ruhen, sondern Faulheit! Ruhen ist zum Auftanken da, zum Erholen für die neuen Aufgaben. In der Woche früh zu Bett gehen, kann eine gute Sache sein, aber es ist bestimmt falsch, wenn an diesem Abend eine Gebetsversammlung stattfindet.

Der Stamm Issaschar bekam ein gutes Stück in diesem Land, das von Milch und Honig floss. Issaschar sah das und vergaß Gott. Schon Mose warnt in 5. Mose 6,12 vor der Gefahr, den Herrn zu vergessen, wenn es einem gutgeht. Aber Gott gibt Segen, um sein Werk zu unterstützen.

Hat Er dir Zeit gegeben oder Gesundheit oder Kraft oder Geld oder oder …? Nutze sie im Dienst für den Herrn. Er sagt, dass wir sein Joch (ein Arbeitsgerät) aufnehmen sollen. Es ist besorgniserregend, wenn ein Christ nicht für den Herrn arbeitet. Kann man erkennen, ob er neues Leben hat?

Issaschars Name bedeutet: „Er gibt Lohn.“ Diesem Namen machte sein Träger keine Ehre. Er musste den Tadel seines Vaters hören. Was werden wir hören, wenn wir einmal vor dem Herrn stehen. Werden es diese Worte sein? „Wohl, du guter und treuer Knecht“ (Mt 25,21).

Es lohnt sich, ein Diener des Heilands zu sein; Treue lohnt sich, worin immer sie besteht; der gütige Heiland lohnt jegliche Tat; es lohnt sich, dem Herrn zu dienen.

Dan oder die Schlange

(Lies 1. Mose 30,6; 37,2.)

1Mo 49,16.17: Dan wird sein Volk richten, wie einer der Stämme Israels. Dan wird eine Schlange sein am Weg, eine Hornotter am Pfad, die in die Fersen des Rosses beißt, und rücklings fällt sein Reiter. Auf deine Rettung harre ich, HERR!

Wir erinnern uns, dass Jakob an der Schwelle zur Ewigkeit steht und sehr, sehr wichtige Aussprüche über seine Söhne sagt. Sprüche, die etwas über den Charakter dieser Männer verraten und auch über die Zukunft ihrer Kinder.

Es scheint so, als ob er das Leben seiner Söhne zusammenfasst und gleichzeitig einen Ausblick auf ihre Zukunft gibt. Und was er hier über Dan sagt, hört sich sehr hart an. Aber dieser Mann, fast schon vor dem Angesicht Gottes stehend, kann sich nicht mit Nebensächlichkeiten aufhalten. Auch nicht mit schön verpackten Worten. Er kommt in kurzen Worten auf den Punkt.

Daraus können wir schon eine wichtige Erkenntnis ableiten. Es gibt Momente im Leben, wo auch wir, vielleicht im Gespräch mit Ungläubigen, auf den Punkt kommen müssen. Wenn wir uns das Gewicht der Ewigkeit bewusstmachen, werden wir nicht zögern. Aber dafür brauchen wir eine enge Beziehung zu unserem Herrn, um solch einen Zeitpunkt zu erkennen.

Erstaunlich, dass dieser sterbende Mann mit seinen letzten Atemzügen so bedeutungsvolle Worte sprechen kann. Er gab ein Wort Gottes weiter. Das war der entscheidende Unterschied.

Und seine Worte über Dan enthalten auch eine tiefe Ermutigung. Es sind nicht nur anklagende Worte, sondern korrigierende und aufbauende. Konnte Dan das wohl so auffassen? Verstehen wir manchmal die nach außen aussehende harte Sprache des Herrn oder eines Bruders? Sehen wir den korrigierenden und ermutigenden Aspekt in diesen Worten?

Dan war das Resultat einer Verbindung Jakobs mit Bilha, der Magd Rahels. Als er geboren wurde, nannte ihn Rahel Dan = „Richter“. Sie meinte, Gott habe ihr nun Recht gegenüber ihrer Schwester Lea verschafft, die zu dieser Zeit schon vier Söhne hatte (1Mo 30,6). Jedes Mal, wenn Rahel Dan ansah, wurde sie daran erinnert, dass Gott da war und in ihr Leben eingegriffen hatte.

Dan ist eine Schlange! Dieser Ausdruck kann in zweifacher, gegensätzlicher Weise verstanden werden. Aber beide Richtungen können uns Belehrung geben.

Meinte Jakob etwas Gutes, als er Dan eine Schlange nannte? In Matthäus 10,16 sagt der Herr selbst: „Seid klug wie die Schlangen.“ Eine Eigenschaft der Schlange, die auch die Jünger auszeichnen sollte. Aber im Zusammenhang zeigt der Herr, dass das Bild der Schlange nur auf diese Eigenschaft limitiert ist. Er meint nur die Klugheit gepaart mit Einfalt, denn er verbindet diese Aussage sofort mit dem Bild der Taube: „Seid einfältig wie die Tauben.“ Nicht die natürliche Klugheit des Menschen steht im Vordergrund, sondern ob sie gepaart ist mit einer aufrichtigen Gesinnung.  

Bei der Einnahme des Landes standen Israel viele verschiedene Gegner gegenüber, die mit unterschiedlichen „Taktiken“ bekämpft werden mussten. Aber nie, ohne auf den Herrn ausgerichtet zu sein und Ihn nach seinem Willen zu fragen.

In 2. Mose 35,34 finden wir einen solchen Mann: Oholiab, ausgerüstet mit einer göttlichen Weisheit, um dieses außergewöhnliche Bauwerk, die Stiftshütte, zu errichten. Dinge, die er aus eigener Weisheit nicht hätte tun können. Möglicherweise liegen diese Gedanken in den Worten Jakobs.

Aber die Schlange hat auch eine negative Bedeutung, eigentlich, wenn man die Bibel studiert, weitaus häufiger als eine positive. Wir denken nur an die alte Schlange, das Bild Satans. Die Eigenschaften einer Schlange verstärken diesen Eindruck. Sie kriechen auf der Erde, haben Kontakt mit ihr und können sich nicht erheben. Das ist auch die Taktik des Teufels, der versucht, uns Menschen so fest an die Erde zu binden, dass wir keine Zeit, Kraft und kein Interesse für die himmlischen Dinge haben.

Die Hornotter ist eine der giftigsten Schlangen überhaupt. Ihr Gift zerstört das Gewebe und führt zu Lähmungen und zum Tod. Auch das versucht Satan zu erreichen. Den Menschen in seinen Gedanken und Taten zu lähmen (d.h. keine Ausrichtung auf Gott) und möglichst in den ewigen Tod zu führen.

Der Herr erwähnt das Bild der Schlange unter anderem in Matthäus 23,33: „Ihr Schlangen! Ihr Otternbrut! Wie solltet ihr dem Gericht der Hölle entfliehen?“ Dieses Bild ist verbunden mit Sünde und sündigen Menschen. Und nun wird von Dan gesprochen als von einer Schlange.

In 1. Mose 37 berichtet die Bibel von der üblen Nachrede, die die Söhne Jakobs über ihren Vater führten. Von dieser verborgenen Sünde wusste Jakob zunächst nichts. Erst als Joseph ihm die Kunde davon überbrachte, wusste er, wie seine Söhne zu ihm standen. In Vers 2 werden die Söhne Bilhas ausdrücklich genannt, das heißt, Dan war an dieser Sünde beteiligt. So scheint sich das, was Jakob hier sagt, im Leben Dans bestätigt zu haben.

Aber nicht nur in seinem persönlichen Leben, sondern eine Geschichte im Buch der Richter weist wieder auf diese Denkweise hin, und das bei dem Stamm Dan. In Richter 18 geht es um die Einnahme und das Wegnehmen von Götzen. An sich eine richtige Aufgabe, aber was machten die Kinder Dans? Sie nahmen diese Götzen und machten sie sich zu eigen. Das war der Beginn eines falschen Gottesdienstes in Israel und die Ursache für den Fall des Volkes.

Auch die Einnahme der Stadt Lais trägt den Charakterzug der Hinterlist wie eine Schlange, die in die Fersen des Rosses beißt. Alles nachzulesen in Richter 18.

Durch diese Gedanken entsteht vor uns ein durchaus komplexes Bild der Schlange. Da ist manches Gute und Erwähnenswerte, aber auch sehr viel Böses. Finden wir darin nicht auch unser Bild? Manches in unserem Leben ist mit der Hilfe des Herrn vielleicht ganz gut gelaufen, aber vieles war auch eigenwillig und führte uns am Ende zur Sünde.

In einem der bekanntesten Söhne Dans finden wir das wieder, nämlich in Simson, einem Richter in Israel, der viele Siege errang und das Volk befreite. Gott konnte mächtige Siege durch ihn erreichen, aber es ist auch derselbe Simson, der aufgrund seiner sexuellen Begierden das Geheimnis seiner Kraft verriet und am Ende mit den Philistern starb. Ein Nasir, ein gottgeweihter Mensch und doch gekennzeichnet durch Eigenwille und Sünde (Ri 13-16).

Unsere Gedanken gehen unwillkürlich zu den Sendschreiben in Offenbarung 2 und 3. Der Herr erkennt manche Dinge in diesen Gemeinden an, aber Er sagt auch: „Ich habe gegen dich!“ (Off 2,4). Lasst uns hier einen Moment stehenbleiben! Was sagt der Herr zu dir und zu mir? Welche Abteilungen in unserem Leben sind Ihm geweiht, aber welche Bereiche gehören noch uns? Hobby, Auto, Freizeitgestaltung, Geld, Urlaubsplanung, Kleider, Schmuck, Kosmetik, Freunde, was es auch sei. Gibt es etwas zu ändern? Müssen wir Buße tun und tatsächlich umkehren? Dann wollen wir es mit der Hilfe des Herrn wirklich tun! Was Ihm so wichtig ist, ist die Bereitschaft zur Überprüfung und zur Buße. Er ist es wert!

Zurück zu Jakob. Ob er etwas von diesen Gedanken wusste? Jedenfalls scheint der Vers 18 eine direkte Folge der Worte bzgl. Dan zu sein: „Auf deine Rettung harre ich, HERR!“ (1Mo 49,18). Das zeigt wieder, was seine Seele erfüllte, denn Jakob wusste, dass er nahe an der Ewigkeit war. Die schlangenähnlichen Charakterzüge seines Sohnes Dan gaben ihm ein Verlangen nach der Nähe des Herrn und er wollte abscheiden von der Erde. Was für eine Tragik. Der Vater schaut in die Augen seines Sohnes, und das erinnert ihn daran, warum er sich nach der Ewigkeit sehnt: Es ist die Sünde in der Welt.

Wie viele Male werden gottesfürchtige Väter sich nach der Ewigkeit gesehnt haben im Anschauen der Taten ihrer Söhne? Was für eine erneute Enttäuschung für den alten Jakob.

Aber liegt in diesen Worten Jakobs nicht auch die Hoffnung, dass der HERR seinen Sohn Dan und seine Nachfahren retten wird? Wird er vielleicht gedacht haben: HERR, du siehst seinen Charakter, und ich warte darauf, dass Du ihn rettest? – Warten deine Eltern vielleicht auch auf deine Errettung und Buße? Denke daran, was das für eine Enttäuschung für die Eltern ist, wenn sie sehen, dass ihre Kinder ihren Lebensweg nicht nach den Gedanken Gottes gehen.

Und wir als Eltern? Warten wir wirklich auf die Rettung des Herrn? Vertrauen wir Ihm unsere Kinder an, auch wenn sie noch nicht errettet sind oder in Wegen gehen, die nicht nach der Bibel sind? Lasst uns die Hoffnung und das Vertrauen nicht aufgeben. Zu seiner Zeit wird Er retten!

Kommen wir noch kurz auf die ersten Worte an Dan zurück: „Dan wird sein Volk richten wie einer der Stämme Israels“ (1Mo 49,16). Was wird das ein Trost für Jakob gewesen sein. Der Herr würde auch mit diesem Mann und seinen Kindern zum Ziel kommen.

Dan, der Sohn einer Magd, eigentlich ausgeschlossen oder zumindest benachteiligt in der Familie, bekommt einen starken Platz in diesem Volk. Dan ist ein gleichwertiger Stamm innerhalb des Volkes Gottes. Dan hat die Verantwortung und das Vorrecht, die Umsetzung der Anweisungen Gottes zu überwachen; das bedeutet richten. Er wird eine Kraft für die Gerechtigkeit werden. Das kann die Gnade Gottes. Nachfahren einer Schlange werden Richter. Ist das nicht auch das Gleiche mit uns? Auch wir waren Kinder des Teufels. Gott hat uns da herausgeholt und gibt uns heute die Aufgabe, für die Gerechtigkeit und seinen Willen zu kämpfen. Sind wir uns bewusst, was das für eine hehre Aufgabe ist, besonders im 21. Jahrhundert? In einer Zeit, wo die biblischen Werte förmlich umgedreht werden, da können wir für den Herrn einstehen und seine Gedanken weiter hochhalten.

Jakob verlässt die Erde mit dem Wissen, dass der HERR seinen Sohn Dan retten und auch den Stamm bewahren wird.

Noch einen interessanten Punkt über den Stamm Dan. 4. Mose 2,31 zeigt, dass Dan das letzte Viertel der Stämme beim Aufbruch zu einer Reise anführt. Und in Offenbarung 7,5-8 fehlt der Name Dan. Es handelt sich hier um eine begrenzte Errettung in der Zeit der Drangsal. Bedeutet das Fehlen Dans, dass der Stamm für alle Zeiten verlorengegangen ist? Ich glaube nicht, denn der Herr selbst sagt in Matthäus 24,30, dass „alle Stämme des Landes wehklagen werden“. Bei seinem Erscheinen wird kein Stamm ausgenommen sein. Und wenn Hesekiel 48 uns ein Bild auf die Zukunft im Tausendjährigen Reich ermöglicht, finden wir Dan an der Spitze der Liste. Paulus bestätigt diesen Gedanken in Römer 11,26, wo er sagt: „Ganz Israel wird errettet werden.“ Welch ein gewaltiges Werk der Gnade Gottes. Dan ist spät dran, aber er ist da!

Gad oder Sieg aus der Niederlage

1Mo 49,19: Gad, Scharen werden ihn drängen, und er, er wird ihnen nachdrängen auf der Ferse.

Dieser Ausspruch Jakobs über seinen Sohn Gad malt uns ein kriegerisches Bild mit hin und her wogendem Kampf. Letztendlich wird Gad aber der Sieger sein. Jakob hatte in seinem Leben sowohl den realen Kampf (1Mo 48,22) mit den Feinden erlebt als auch den Kampf mit dem in ihm wohnenden Bösen.

Und dadurch bekommt dieser Ausspruch auch für uns eine elementare Bedeutung, haben wir doch auch den Kampf wider die geistlichen Mächte der Bosheit zu führen. Heute brauchen wir nicht das physische Schwert, sondern das geistliche. Was können wir nun von diesem alten Spruch lernen? Zwei einfache Dinge:

Jakob weist auf die Realität des Widerstandes und auf Niederlagen hin! Der Kampf ist real, ist wirklich da. Gad ist Teil dieses Volkes Gottes zu der damaligen Zeit auf der Erde. Und wenn du zu dem Volk Gottes heute auf der Erde gehörst, dann wirst du die gleichen Erfahrungen machen, nämlich dass du in einem geistlichen Kampf stehst und auch leider Niederlagen erleidest.

Wer stand Gad damals gegenüber? Es waren „Scharen“; darunter müssen wir uns eine geordnete, disziplinierte militärische Kampftruppe vorstellen. Da waren nicht nur versprengte einzelne Kämpfer, sondern eine gut geführte feindliche Truppe. In 1. Samuel 30,8 fragt David den HERRN: „Soll ich dieser Schar nachjagen?“ Das Wort Schar beinhaltet eine von anderen Menschen abgesonderte Anzahl von Männern, die brutal zu Werke gehen. Diese Männer schlagen tiefe Wunden. Ein wirklich ernstzunehmender Feind. Gad musste damit rechnen, dass ihm dieser Feind gegenüberstehen würde. So ist das heute auch noch mit unserem Kampf. Ein geordneter, gut geführter, Wunden schlagender, ernstzunehmender Feind steht uns gegenüber. Paulus unterstreicht diesen Gedanken in Epheser 6,12, wo er den Feind mit den Worten „Fürstentümer und Gewalten“ beschreibt.

Mancher Christ versteht diesen Kampf nicht. Unser Kampf heute ist nicht gegen Menschen oder Fleisch und Blut, sondern wir sehen dahinter die Weltbeherrscher dieser Finsternis. Es ist ein organisierter Angriff Satans auf die Christen. Dazu benutzt er eben die Welt um uns herum. Erkennen wir das? Es ist wirklich wichtig, zu wissen, wer uns entgegensteht und von einem Leben mit dem Herrn abhält. Und ist es nicht auch so, dass unser größter Feind wir selbst sind? Die Wünsche unseres Fleisches werden so stark und wie oft geben wir ihnen nach. Die Welt, in der wir leben, ist wirklich ein übler Platz, und sie wird immer böser. Schwer fällt es uns, darin zu leben und geistlich zu wachsen.

Jakob macht Gad darüber hinaus klar, dass er Niederlagen würde einstecken müssen. Die Scharen würden ihn drängen oder bedrängen. Und wer Erfahrungen in seinem Leben als Christ gemacht hat, wird bestätigen, dass er immer wieder gefallen ist. Zu groß waren die Versuchungen unseres Fleisches oder die direkten Angriffe Satans oder auch die oft schön verpackten Angebote der Welt. Wir müssen das bekennen. Im Englischen wird „bedrängen“ mit „besiegen“ übersetzt. Gad und auch wir müssen einsehen, dass dieser Feind einfach zu stark für uns ist. Wäre der Kampf „nur“ gegen Fleisch und Blut, könnten wir vielleicht gewinnen. Aber die geistlichen Mächte der Bosheit sind zu groß. Damit zu spielen oder den Kampf aus eigener Kraft zu kämpfen, wird nur zur Niederlage führen.

Paulus schreibt an Timotheus in 2. Timotheus 2,22 aus ebendiesem Grund: „Die jugendlichen Begierden aber fliehe.“ Drehe dich um und laufe wirklich davon, nicht kämpfen. David beschreibt die gleichen Erfahrungen in Psalm 38,4: „Meine Ungerechtigkeiten sind über mein Haupt gegangen, wie eine schwere Last sind sie zu schwer für mich.“

Und in diesem Zusammenhang sei auch noch auf Hebräer 12,1 hingewiesen. Die Sünde umstrickt, umgarnt uns nur allzu leicht. Der Läufer auf der geistlichen Rennbahn trägt auf einmal eine Last, die ihn am Rennen hindert, ja zu seiner Niederlage führt. Geht es dir auch wie den Galatern, die nicht das taten, was sie wollten (Gal 5,17)? Wird dir klar, dass du besiegt wurdest? Wie war die letzte Woche? Du lebst, aber für wen? Wie war der Lauf auf der Rennbahn? Bist du in deinem geistlichen Leben vorwärtsgekommen?

Aber wenn das so ist: Was nun? Gibt es keine Hoffnung? Müssen diese Niederlagen sein? Ist das nicht eine wichtige und spannende Frage? Ein Bruder hat einmal gesagt: „Ja, diese Niederlagen müssen sein, denn wir haben nicht gewusst, wie schlecht wir sind. Gott musste es uns auf diesem Weg zeigen.“ Es ist sicherlich keine schlechte Sache, wenn jemand an diesem Punkt angelangt ist. Aber wie geht es jetzt weiter? Das finden wir im zweiten Punkt, den Jakob erwähnt.

„Und er, er wird ihnen nachdrängen auf der Ferse.“ Diese Verheißung galt Gad und machte ihm bewusst, dass nach vielen Niederlagen doch der Sieg für ihn von Gott bereitet ist. Wird das nicht eine Ermutigung für die Gaditer gewesen sein, wenn sie gerade wieder eine schmerzliche Niederlage bei der Eroberung des Landes erlitten hatten? Die Erinnerung an den Sieg, auch wenn es lange dauert, ist eine Ermutigung und man vertraut weiter auf die Verheißung und deshalb kämpft man auch weiter.

Leidest du unter deinen geistlichen Niederlagen? Dann denke daran: Der Herr hat die Welt überwunden und deshalb werden auch wir überwinden! Das ist eine unumstößliche Tatsache. Kämpfe weiter wie Timotheus, zu dem Paulus sagt: „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens“ (1Tim 6,12).

Welch ein gewaltiges Wort schreibt Johannes in seinem ersten Brief: „Alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt“ (1Joh 5,4).

Aus dem Zusammenhang der Worte Jakobs geht deutlich hervor, dass der Sieg Gads aus Niederlagen kommt. Es ist kein absoluter Sieg, sondern eine Wiederherstellung aus der Niederlage. Und das sind genau unsere Erfahrungen als Gläubige. Niederlage wird in Triumph verwandelt.

Gib nicht auf! Lecke nicht deine Wunden und sage: „Immer wieder nur Niederlagen, es ist sinnlos, dieses Christenleben ist zu schwer für mich.“ Bekenne dem Herrn deine Sünde, schaue auf Ihn und gehe in dieser Kraft weiter, getrieben von der Hoffnung auf eine Ewigkeit, wo alle Gläubigen die Welt wirklich überwunden haben.

Was steht in Sprüche 24,16? „Der Gerechte fällt siebenmal und steht wieder auf, aber die Gesetzlosen stürzen nieder im Unglück.“ Ein Gerechter, ist er sündlos? Nein, er fällt, nicht nur ein einziges Mal, sondern siebenmal (d.h. immer wieder) und steht wieder auf. Er kann im Dreck der Sünde nicht liegenbleiben. Er muss wieder aufstehen. Der Überwinder ist nicht der Perfekte, sondern derjenige, der nach seiner Niederlage die Sünde bekennt, wieder aufsteht und mit Gottes Hilfe weitergeht.

Und wie schön ist es, wenn dieser Gefallene wieder aufsteht und dann eine hilfreiche Hand findet. Denn auch das ist unsere gegenseitige Aufgabe. „Gesegnet sei, der Gad Raum schafft“ (5Mo 33,20), oder: „Einer trage des anderen Lasten, und so erfüllt das Gesetz des Christus“ (Gal 6,2).

Aser oder Leben wie ein König

1Mo 49,20: Von Aser kommt Fettes, sein Brot; und er, königliche Leckerbissen wird er geben.

Aser bedeutet „Glück“ oder „Segen“. Als Silpa, die Magd Leas, ihren zweiten Sohn gebar, drückte Lea ihre Empfindungen über die Geburt dieses Kindes aus, indem sie ihm den Namen Aser gab. Der Wortstamm enthält zudem das Adjektiv „aufrecht“ oder „gerade“. In Aser kann man daher ein Bild des von Gott gesegneten, aufrechten, geraden Mannes sehen. Dieser Gedanke wird noch unterstrichen durch die Worte, die Jakob über seinen Sohn spricht.

„Glückselig der Mann, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen und nicht steht auf dem Weg der Sünder und nicht sitzt auf dem Sitz der Spötter, sondern seine Lust hat am Gesetz des HERRN und über sein Gesetz sinnt Tag und Nacht!“ (Ps 1,1.2).

Das erste Wort dieses Verses, „glückselig“, ist genau das Wort, das wir im Namen Aser finden. Es ist ein glückseliger Mann, der sein Herz zu dem Herrn wendet. Das ist der wahrhaft gesegnete Mann. Ein mit Gott versöhnter Mann, der jetzt aufrecht vor dem Herrn stehen kann.

Die Umstände seiner Geburt müssen wir aus manchen Gründen als verwerflich betrachten. In der Ehe Jakobs waren viele Schwierigkeiten und sie wurde damit Brutstätte mancher Sünde und manches Abweichens von den göttlichen Standards. Und trotzdem wird er als ein gesegneter Mann bezeichnet.

Wenn wir darüber nachdenken, finden wir darin unser Bild. Unsere Geburt war auch verbunden mit Sünde, denn durch Adams Übertretung kam die Sünde zu uns allen. Und heute darf jeder wahre Christ in Christus vor Gott stehen und wird glückselig gepriesen. Gehörst du auch zu diesen gesegneten Leuten?

Und es geht noch weiter. Asers Leben ist ein fruchtvolles Leben, ja eigentlich ein königliches Leben. Denn Jakob spricht davon, dass er königliche Leckerbissen weitergibt. Führen wir ein königliches Leben? Mehrere Punkte machen dieses Leben aus.

Asers Teil im  Land wird ein reiches Teil sein. Offensichtlich spricht Jakob über das Erbteil des Stammes in Kanaan. Als Beispiel sei dafür die Gegend um Karmel genannt, die Aser zufiel. Karmel heißt „fruchtbar“. Es war eine der ertragreichsten Gegenden in Kanaan. Lernen wir nicht daraus, dass wir als Kinder Gottes ein überaus reiches Erbteil besitzen? Natürlich ist ein Großteil davon noch zukünftig. Aber sind wir uns bewusst, dass der Herr uns schon heute mit jeder geistlichen Segnung gesegnet hat? Kannst du davon etwas berichten? 

Wie beschreibt Jakob diese Segnungen? Aser hat fettes Brot, etwas, was zur Krafterhaltung beiträgt. Fett ist hier nicht etwas, was wir als schwabbelig an unseren Fleischstücken entdecken, sondern man kann es auch mit „nahrhaft“ übersetzen. Fett liefert die Energie und ist ein Bild der verborgenen Motivation.

Aser hatte genug Fett, um Frucht zu bringen und damit kräftig zum Aufbau des Volkes Gottes beizutragen. Im Psalm 84,12 verspricht der HERR, dass Er „kein Gutes vorenthalten wird, denen die in Lauterkeit {oder Aufrichtigkeit} wandeln“. Wie viel Gutes können wir mit einem aufrichtigen Leben haben? Der Herr will gern geben.

Aber nicht nur das, sondern königliche Leckerbissen werden da sein. Diese Speise ist purer Luxus und bestimmt für einen König. Asers Nachkommen würden als Könige leben. Wie das ausgesehen haben mag, finden wir in Nehemia 9,25: „Sie nahmen feste Städte ein und ein fettes Land, und nahmen Häuser in Besitz, die mit allerlei Gut gefüllt waren, ausgehauene Brunnen, Weinberge und Olivengärten, Obstbäume in Menge. Und sie aßen und wurden satt und fett und ließen sich’s wohl sein durch deine große Güte.“ Erinnert uns das nicht an Eden, als der Mensch in unberührtem Paradies von Gott besucht wurde?

Jakob hat das ganz normale Brot im Sinn. Es handelte sich für Aser um natürlichen Reichtum. Und das ist heute auch noch wahr, denn Gott gibt „reichlich zum Genuss“ (1Tim 6,17).

Und wenn wir das, was wir an materiellen Gütern haben, vergleichen mit dem, was wir verdient haben, dann wissen wir, dass Gott wirklich reichlich gibt. Aber sind wir nicht in der gleichen Gefahr wie die Israeliten, die Gott vergaßen (Neh 9,26; 5Mo 8,11)? Es ist an der Zeit, wieder neu dankbar zu sein für das, was wir haben! Wie heißt es so schön in einem Kinderlied: „für die Luft, die mir den Atem gibt!“ Ist das nicht etwas überzogen? Ich glaube nicht, denn alles um uns herum ist nur durch die Gnade Gottes.

Aber ist damit der göttliche Gedanke in diesen Versen ausgeschöpft? Nein, denn der Sinn dieser Verse geht weit über die natürlichen Segnungen hinaus. Kanaan ist ein Bild der himmlischen Örter, ein Bild von jenem Land, das einen gegenwärtigen als auch zukünftigen Charakter hat. Es geht um die geistlichen Segnungen. Mose sagt, dass Aser seinen Fuß in Öl taucht (5Mo 33,24), ein Bild vom Heiligen Geist, das wir an vielen Stellen des Neuen Testamentes finden (z.B. 1Joh 2,20).

David kann davon ein Lied singen und drückt es in Psalm 63,6.7 so aus:Wie von Mark und Fett wird gesättigt werden meine Seele, und mit jubelnden Lippen wird loben mein Mund.“ Wann? „Wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager, über dich sinne in den Nachtwachen.“

Paulus betet zu Gott, wenn er sich an die geistlichen Segnungen erinnert (Eph 1,3). Und er betet weiter: „damit ihr, erleuchtet an den Augen eures Herzens, wisst, welches die Hoffnung seiner Berufung ist und welches der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen und welches die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, ist“ (Eph 1,18.19). Warum betet er das? Weil die Christen so oft in Unwissenheit leben. Weißt du, was du in Christus hast? Hast du etwas geschmeckt von diesen Dingen? Lebst du wie ein König? Du bist gesegnet, aber lebst du auch darin? Wie? Bitte den Herrn für geöffnete Augen, lese das Wort und denke darüber nach, ja mach es dir zu eigen und lebe darin. Dann wirst du merken: Ich bin wirklich ein König.

Die Verwirklichung dieser Segnungen ist aber kein leichtes Teil. In Josua 18,3 klagt Josua, nachdem der Hauptkampf vorüber, aber das Land noch nicht vollständig verteilt ist: „Wie lange werdet ihr euch lässig zeigen, hinzugehen, um das Land in Besitz zu nehmen?“ Wir können schon ahnen, dass der Stamm Aser hier leider dazugehörte (Jos 19,24). Sie waren lässig, die Hände hingen schlaff herab, anstatt zu arbeiten und zu kämpfen. Geben wir uns keinen Illusionen hin, auch für uns besteht diese Gefahr, lässig zu sein. Wir könnten von einem Königstisch speisen, ziehen es aber vor, wie ein Hund zu essen oder, besser gesagt, zu fressen.

Gott gab in seinem Segen Aser die Hilfsmittel, anderen zur Stärkung zu sein: „Königliche Leckerbissen wird er geben.“ Denn er gibt seine Segnungen nie, um nur uns satt zu machen oder diese Segnungen in einer selbstsüchtigen Weise zu behalten. Nein, Gott bereitete durch Aser schon einen bereichernden Teil für andere.

Diesen Gedanken finden wir auch in Johannes 4,14. Das göttliche Wasser wird zunächst zum persönlichen Gewinn werden. Aber dann auch zu einer lebendigen Quelle, zur Erfrischung von anderen.

Werden in deiner und meiner Umgebung Menschen erfrischt, gestärkt und bereichert? Können wir königliche Leckerbissen weitergeben? Etwas von dem Erbe, das auf uns wartet?

Paulus setzt uns eine zugegeben ziemlich hohe Messlatte, wenn er in 2. Korinther 12,15 schreibt: „Ich will aber sehr gern alles verwenden und völlig verwendet werden für eure Seelen.“ Das bedeutet einmal das aktive Verwenden dessen, was er hatte (Geld, Zeit, Liebe), als auch dass er Gott und den Korinthern seine ganze Person zur Verfügung stellen wollte. Und das auch noch in einer Zeit, wo er von den Gläubigen immer weniger geliebt wurde. Wahrlich, ein ergreifendes Vorbild!

Aber wie kann das verwirklicht werden? Indem wir das Evangelium annehmen, uns von dem Wort Gottes nähren, mit dem Herrn reden im Gebet, Ihn mehr und mehr kennenlernen, mit Ihm täglich leben, Erfahrungen mit Ihm machen, als wirkliche Christen (Nachfolger und Schüler Christi) leben. Dann wird dieser Gedanke in uns wach werden, anderen zu dienen. Zur Freude unseres Herrn und zu seiner Ehre!

Naphtali oder die Freiheit

1Mo 49,21: Naphtali ist eine losgelassene Hindin {Hirschkuh}; er, der schöne Worte gibt.

Beim Lesen dieser Worte bekommt man den Eindruck, dass es um das Thema Freiheit geht. „Losgelassen“ wird etwas, was mal gebunden war.

Naphtali war der Bruder Dans, der zweite Sohn von Rahels Magd Bilha. Die Worte, die Jakob über diesen Sohn ausspricht, erinnern an die bekannte Stelle aus Jesaja 61,1: „Der Geist des HERRN ist auf mir, … Freiheit auszurufen.“ Diese Stelle deutet schon in alter Zeit auf die gewaltigen Segnungen hin, die wir als Christen heute haben. In Lukas 4, 21 wendet der Herr selbst diese Verse auf sich an und erklärt: „Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt.“ Er kam auf die Erde, um die armen gefesselten Menschen von ihren Gebundenheiten zu befreien.

Die Worte Jakobs deuten sicherlich auf die Zeit hin, wo der Stamm Naphtali seine Freiheit im Land Kanaan genießen würde nach einer langen Zeit der Gefangenschaft in Ägypten. Aber die Worte Jakobs haben eine weitere Bedeutung und auch uns heute viel zu sagen. Hier geht es zwar buchstäblich um die Kinder Abrahams; doch wissen wir aus Römer 4,16, dass Abraham der Vater aller Gläubigen ist. Von daher fällt die Anwendung auf uns leicht.

Naphtali war ein Repräsentant des Volkes Gottes damals und wir sind es heute, wenn wir denn den Fußstapfen unseres geistlichen Vaters, Abraham, folgen.

Naphtali wird von seinem Vater als jemand beschrieben, der die Erfahrung von Freiheit und Stärke gemacht hat. In diesem Abschnitt wollen wir etwas über die Freiheit nachdenken, die uns der Herr durch sein Sterben am Kreuz gebracht hat.

Das erste Bild, das wir finden, ist die Hindin oder Hirschkuh, die losgelassen wird. Im Zusammenhang mit den anderen Stellen, an denen dieses Tier in der Bibel erwähnt wird, werden wir etwas finden, was unsere Herzen unterweist und uns bleibenden Gewinn bringt. Dieses wilde Tier, in Sprüche 5,19 zusammen mit der Gämse erwähnt, liebt das freie Herumlaufen und Erklimmen der Berge. Ein wunderschönes Bild des Christen und vor allem des Herrn selbst. Denn in der Überschrift des Psalms, der am meisten die Leiden des Herrn betont, wird dieses Tier erwähnt. Es ist Psalm 22: „Dem Vorsänger, nach: ,Hirschkuh der Morgenröte‘.“ Nach orientalischem Sprachgebrauch ein Bild der aufgehenden Sonne, deren Strahlen mit den Hörnern einer Gazelle und deren Schnelligkeit mit der Behändigkeit dieses Tieres verglichen wird. Und brachte nicht der Herr die Sonne auf die Erde?

Die Hindin kann Orte in den Bergen erreichen, die für Menschen unzugänglich sind. Hierin ähnelt sie dem Steinbock (s. Hiob 39,1). Ist das nicht alles ein beeindruckendes Bild eines Christen, der seine Freiheit verstanden hat und auch in ihr lebt? In Johannes 8,32 steht: „Die Wahrheit wird euch frei machen.“ Wovon frei? Von den Gebundenheiten der Sünde und den damit verbundenen Gewohnheiten. Diese fundamental wichtige Lehre finden wir besonders im Römerbrief. Paulus schreibt dort in Kapitel 6, „dass wir der Sünde nicht mehr dienen. Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen {oder auch freigelassen} von der Sünde“ (Röm 6,6). Wahre Gläubige sind für immer frei gemacht von der Schuld und Strafe über die Sünde! Und heute: „Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes“ (Röm 8,2).

Aber die spannende Frage ist doch: Wie kann ich diese Freiheit leben? Zugegebenermaßen fühlen wir uns doch vielfach nicht wirklich frei, sondern in unserem Leben eher gehindert. Wie vielen Dingen müssen wir entsagen; Christsein ist doch eigentlich eine „Spaßbremse“. Von der Freiheit erleben wir nicht viel. Wo liegt nun der Schlüssel? Eine nicht einfach zu beantwortende Frage! Versuchen wir, eine Antwort zu finden.

  1. Im ersten Schritt müssen wir uns die Erlösung noch einmal bewusstmachen. Was wird mit den armen Menschen dieser Welt passieren, die ihr Leben so richtig genießen? Sie gehen unversöhnt in die Ewigkeit; dagegen wird die kurze Zeit des auf dieser Erde so genossenen Lebens wie ein Hauch sein. Ein furchtbares Schicksal.
  2. Paulus schreibt im Römerbrief von der Erlösung. Das bedeutete in der damaligen Zeit, dass jemand auf dem Sklavenmarkt gekauft wurde, dann freigelassen wurde und nie mehr wieder als Sklave verkauft werden würde. Gilt das auch für dich und mich?
  3. Christliche Freiheit bedeutet, dass ich als Christ die ganzen Dinge, die mir die Welt als so begehrlich vorgaukelt, nicht brauche, um glücklich zu sein.
  4. Um die Freiheit jetzt wirklich leben zu können, brauche ich die Hilfe des Heiligen Geistes. „Wo der Geist des Herrn ist, ist Freiheit“ (1Kor 3,17).
  5. Der Vers aus Römer 8 kann gut mit einem Beispiel aus der Physik veranschaulicht werden. Eisen fällt aufgrund der Schwerkraft immer nach unten. Hält man aber einen Magneten über ein Eisenstück, wird sich dieses entgegen der Schwerkraft nach oben bewegen. Die magnetischen Kräfte sind einfach stärker. Genau so ist es in unserem Leben als Christen. Je mehr wir den Herrn vor Augen haben, desto mehr Kraft werden wir verspüren. Und das Schönste ist: Tiefe Freude wird in unseren Herzen einziehen. Die Welt wird an Anziehungskraft verlieren. Wenn du das noch nicht erlebt hast, bete ernstlich und bitte den Herrn um die Kraft des Heiligen Geistes in deinem Leben.

Die hebräische Wurzel des Wortes „Hindin“ oder „Hirschkuh“ (ajil) beinhaltet die Wörter für „Widder“ (1Mo 22,13) und „Pfeiler“ (Hes 40,9.10); damit verwandt ist das Wort „Mächtiger“ (ejlej) in Hesekiel 17,13 und somit verkörpert es „Kraft“. Ein Christ, der seine Freiheit lebt, wird Siege über die Sünde erleben und geistliche Kraft in seinem Leben ausstrahlen. Christliche Freiheit bedeutet nämlich nicht, dass wir tun und lassen können, was uns gefällt, sondern sie bringt die Erfahrung des Sieges über die Anfechtung der Sünde in unserem Leben. Ein Beispiel davon finden wir in 2. Samuel 22,34. David singt dieses Lied in dem Augenblick, wo er Befreiung von seinem Feind Saul und Siege über seine Widersacher erfahren hatte. Und mit welchem Tier vergleicht er sich? „Er macht meine Füße denen der Hirschkühe gleich.“

Darüber hinaus ist eine Hirschkuh scheu und leicht aufzuscheuchen. So sollte es auch mit uns sein. Es bedeutet, dass wir schnell alarmiert sind, wenn die Sünde an uns herantritt. Wir brauchen ein zartes, auf den Herrn ausgerichtetes Gewissen, um die Dinge zu erkennen, wie sie sind. Das wird uns die Fähigkeit geben, wachsam und scheu der Sünde gegenüber zu sein.

Der Prophet Habakuk spricht in Verbindung mit der Hirschkuh vom Einherschreiten auf der Höhe (Hab 3,19). Orte, wo der Mensch nicht hinkommt, da ist dieses Tier zu Hause. Der Herr hat viele geistliche Highlights für uns vorgesehen. Das sind Momente, wo wir mit Ihm, allein oder auch mit anderen zusammen sind; in denen wir seine Nähe erfahren; wo wir vielleicht im Angesicht seiner Größe und Herrlichkeit auf die Knie gehen und Ihn anbeten. In diesen Zeiten geht es uns vielleicht wie Josua, dem der Herr im Angesicht seiner schweren Aufgabe sagt: „Nur sei sehr stark und … weiche weder zur Rechten noch zur Linken“ (Jos 1,7). In 2. Petrus 1,5 wird Stärke mit „Tugend“ oder geistlicher „Energie“ bzw. „Entschiedenheit“ übersetzt. Wer dem Herrn mit Entschiedenheit und im Bewusstsein der eigenen Kraftlosigkeit begegnet, wird erfahren, dass er neue Kraft bekommt und auf Höhen geht. „Die auf den HERRN harren, gewinnen neue Kraft; sie heben die Schwingen wie die Adler“ (Jes 40,31).

Christliche Freiheit wird uns aus den manchmal sehr schwierigen und sorgenvollen Zeiten herausbringen auf die Berge in Gemeinschaft nur mit Ihm.

Wenn wir auf die Worte Jakobs zurückkommen und hören, dass er von einer „losgelassenen“ Hirschkuh spricht: Zeigt das nicht auch einen Kampf an? Dies ist im Übrigen die Bedeutung des Namens Naphtali. Als er geboren wurde, sprach Rahel von einem Kampf mit ihrer Schwester, in dem Gott ihr geholfen hatte. Wenn das auch eine völlig falsche Deutung war, so gab sie Naphtali doch diesen Namen. In diesem Fall war es der Ausdruck eines Kampfes im Haus Jakobs aufgrund von Sünde. Dieser Kampf hätte nicht sein dürfen, aber kämpfen wir heute nicht auch oft, wo gar kein Kampf nötig und auch nicht von Gott gewollt ist? Oder gibt es nicht manche Ehen, wo gekämpft wird, in einem Umfeld, wo man eigentlich Freiheit und Gnade Gottes genießen sollte? Tragen wir in unserem Namen (unserer Persönlichkeit) nicht auch oft diesen Charakterzug „Kampf“?

Jedes Mal, wenn Naphtali mit seinem Namen gerufen wurde, wurde er an Kampf erinnert. Anscheinend begleitete ihn das im ganzen Leben. Der Kampf während seiner Geburt prägte ihn. Nun, in seinem Ausspruch über seinen Sohn verspricht Jakob ihm Freiheit von diesem Kampf. Auch wir als Christen haben diese Verheißung. Bist du befreit, kämpfst du noch, oder bist du frei und genießt diese Freiheit? Naphtalis Name betont nicht nur den Kampf, sondern mehr noch: den Sieg. „Kämpfe Gottes habe ich mit meiner Schwester gekämpft, habe auch gesiegt. Und sie gab ihm den Namen Naphtali“ (1Mo 30,8).

Ein Christ ist zur Freiheit berufen. Wende deine Augen ab von eigenen Werken und blicke auf den Herrn. „Für die Freiheit hat Christus uns freigemacht“ (Gal 5,1). Und was ist nun die Konsequenz aus der gelebten und erfahrenen Freiheit? „Nur gebraucht nicht die Freiheit zu einem Anlass für das Fleisch [= das eigene Ich], sondern durch die Liebe dient einander“ (Gal 5,13). Die negative Seite ist, dass wir mit unserer Bekehrung zufrieden sind; es kann uns ja nichts mehr passieren. Also kann ich ja jetzt leben, wie ich möchte. Vor dieser Schlussfolgerung warnt der Apostel Paulus in dieser Stelle.

Die positive Seite der Freiheit ist eine andere: Jeder Christ, der die Freiheit in seinem Herrn erfahren hat, dessen Leben wird in den Dienst einmünden. Nicht gezwungen und mit Stöhnen, sondern getrieben von der Liebe und mit tiefer Freude im Herzen.

Jakobs Segen geht noch ein Stück weiter. Naphtali wird „schöne Worte geben“. Da Jakob anstelle Gottes spricht, können wir davon ausgehen, dass diese Worte nicht nur schön für Jakob waren, sondern für Gott selbst.

Was lernen wir daraus? Christliche Freiheit wird in dem, was wir reden, gehört werden. Naphtali würde diese Worte geben. Sie waren eine Gabe an andere und Gott. Sind deine und meine Worte eine Gabe an die Menschen um uns herum? Sind sie Worte der Gnade oder schädlich, nutzlos und leer? Reflektieren sie die Größe, Gnade und Liebe Gottes? Helfen sie in Klarheit anderen Menschen weiter? Paulus formuliert in 1. Korinther 14,8 im Zusammenhang mit dem Zungenreden eine undeutlich Rede wie folgt: „Wenn auch die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zum Kampf rüsten?“ Wenn das Evangelium verkündigt wird, muss eine klare Sprache mit Liebe gesprochen werden.

Wie sind deine Worte?

Joseph oder ein Leben in Treue

1Mo 49,22-26: Sohn eines Fruchtbaums ist Joseph, Sohn eines Fruchtbaumes am Quell; die Schösslinge treiben über die Mauer. Und es reizen ihn und schießen, und es befehden ihn die Bogenschützen; aber sein Bogen bleibt fest, und gelenkig sind die Arme seiner Hände durch die Hände des Mächtigen Jakobs. Von dort ist der Hirte, der Stein Israels: von dem Gott deines Vaters, und er wird dir helfen, und dem Allmächtigen, und er wird dich segnen mit Segnungen des Himmels droben, mit Segnungen der Tiefe, die unten liegt, mit Segnungen der Brüste und des Mutterleibes. Die Segnungen deines Vaters überragen die Segnungen meiner Voreltern bis zur Grenze der ewigen Hügel. Sie werden sein auf dem Haupt Josephs und auf dem Scheitel des Abgesonderten unter seinen Brüdern.

Die Aussprüche Jakobs über seine Söhne kann man mit einer Gebirgskette vergleichen, aus der zwei Gipfel besonders hervorragen. Das sind die Aussprüche über Juda und Joseph. Einmal fallen sie schon wegen ihrer Länge auf. Dazu sind sie aber von besonderer Tiefe, in die hineinzuschauen es sich wirklich lohnt.

Zehn Söhne hat der sterbende Jakob jetzt schon im Blickfeld gehabt. Nun kommt mit Joseph der Lieblingssohn an die Reihe, denn Jakob hatte Joseph lieber als alle seine Söhne (1Mo 37,3). Natürlich wird dazu beigetragen haben, dass Joseph der Sohn von Jakobs geliebter Frau Rahel war. Aber darüber hinaus hatte Joseph in seinem Leben als Kind und Jugendlicher seinem Vater viel Anlass gegeben, ihn zu lieben.

Das Weitergeben der üblen Nachrede der Söhne Jakobs über ihren Vater darf nicht als Petzen verstanden werden. Joseph konnte es nicht ertragen, dass die Ehre seines Vaters in den Schmutz gezogen wurde. Er war ein Sohn, der die Gedanken und Interessen seines Vaters teilte; ein Sohn, an dessen Treue der Vater viel Freude hatte. Wie ist dein Verhältnis zu deinem Vater? Und vor allem, was sieht dein himmlischer Vater in meinem und deinem Leben?

Josephs Leben war geprägt von Hingabe an seinen Gott, Heiligkeit und Treue. Besonders in der Zeit seiner Verwerfung und Gefangenschaft in Ägypten. Die Aussprüche Jakobs basieren also auf dem Verhalten und Charakter Josephs in der Vergangenheit und gehen bis weit in die Zukunft.

Zwei Bilder nutzt Jakob in diesen Versen, Bilder, die sich ergänzen und uns erklären, wie Gott Menschen Kraft gibt, treu zu sein.

Das erste Bild handelt vom Fruchtbringen (1Mo 49,22), das zweite vom Bestehen auf dem Schlachtfeld gegen die Feinde (1Mo 49,24). Was wir hier beschrieben finden, ist der Kampf des Christen um Fruchtbarkeit im Leben. Und Josephs Leben muss fruchtbar gewesen sein, wie sollte man die Wiederholung des Ausdrucks „Fruchtbaum“ in Vers 22 sonst verstehen?

Worin bestand nun die Fruchtbarkeit Josephs? Einmal kann man sicher an seine Nachfahren denken. Joseph gibt seinem zweiten Sohn den Namen Ephraim, das heißt „doppelte Fruchtbarkeit“. An dieser Stelle fragen wir uns als Eltern, ob wir unsere Kinder dahingehend erzogen haben, dass sie in ihrem Leben für den Herrn Frucht bringen?

Doch bei den Früchten ist sicherlich auch an geistliche Früchte zu denken. Der Abschnitt in Johannes 15 kommt uns in den Sinn, wo der Herr Jesus vom Fruchtbringen spricht. Nur wenn wir in Ihm bleiben und Gemeinschaft mit Ihm haben, können wir Frucht bringen, und Gott, der Vater, wird verherrlicht. So war es bei Joseph, dem Fruchtbaum am Quell! Denn Jakob sagt nicht, dass Joseph ein Fruchtbaum war, sondern dass er es ist. Unser Leben soll beständig vom Fruchtbringen geprägt sein.

Doch was sind denn die Früchte ganz praktisch? Nun, lesen wir Galater 5,22: „Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.“

Ein Christ, dessen Leben von diesen Eigenschaften geprägt ist, wird merken, dass seine Schösslinge, diese kleinen Triebe, über die Mauern hinausgehen. Dort, wo wir Menschen natürliche Grenzen haben, ist die Kraft des Geistes Gottes nie am Ende. Nehmen wir ein simples Beispiel: Es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Schüchternheit nur schwer mit anderen ins Gespräch kommen. Lassen sie aber den Geist Gottes in sich wirken und wollen sie Liebe weitergeben, wird diese Beschränkung plötzlich aufgehoben. So können wir in den kleinen Alltagserlebnissen die Erfahrung machen, was es heißt, Frucht zu bringen.

Aber wir werden bald auch merken, dass da ein Feind auf den Plan tritt, denn wie bei Joseph ist das Fruchtbringen mit Kampf verbunden. Joseph wusste, wie schmerzhaft Pfeile einen verletzen können. Er litt physisch und psychisch. Psalm 105,18 sagt: „Man presste seine Füße in den Stock, er {w.: seine Seele} kam in das Eisen.“ Warum war er im Gefängnis? Weil er sich nicht mit Potiphars Frau einlassen wollte. Er sagt: „Wie sollte ich diese große Bosheit tun und gegen Gott sündigen?“ (1Mo 39,9). Jeder, der auf diesem Pfad der Treue zu Gott gehen will, wird Zielscheibe für die Pfeile des Bösen und des Widerstandes sein! Die Welt kann die Hand nicht mehr an den Herrn Jesus legen, deshalb wird sie die befeinden, die Christus ähnlich sind. Das führt uns zurück zu Johannes 15, wo der Herr diese Tatsache den Jünger in Johannes 15,19 voraussagt.

Joseph erfuhr auf seinem Weg sogar die Feindschaft seiner eigenen Familie. Die Pfeile verletzten ihn (Jer 9,8). Wie muss ihm das weh getan haben, doch er war wirklich „der Abgesonderte unter seinen Brüdern“ (1Mo 49,26). Abgesondert für seinen Gott, um Frucht zu bringen. Das ist wirklich Treue.

Was ist nun das Geheimnis seiner Treue und Kraft? Wie konnte sein Bogen fest und seine Arme gelenkig oder stark bleiben? Joseph hatte einen Quell gefunden, wo er sein Lebenswasser bezog: das Wort Gottes, wie Psalm 105,19 beschreibt oder wie wir es auch in Psalm 1 finden: „Der Mann, der … seine Lust hat am Gesetz des HERRN …, ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen; und alles, was er tut, gelingt.“ Hast du dir diesen Zugang schon erschlossen?

Aber es gibt noch eine zweite Kraftquelle. Als Joseph seinen Bogen hochnahm, um die Kämpfe Gottes zu führen, da spürte er die Berührung Gottes. Er wusste aus Erfahrung, was das bedeutet. Der Mächtige Jakobs war mit ihm, jene Person, die über allem steht und die von nichts und niemand aufgehalten oder gehindert werden kann.

Ein Bild kann diese Berührung vielleicht noch ein wenig deutlicher machen. Stell dir ein Kind vor, das sich beim Bogenschießen versucht. Es legt den Pfeil auf die Sehnen und versucht, den Bogen zu spannen. Aber die Kraft der Sehne ist zu stark. Da kommt der Vater und legt seine Arme um die seines Kindes und gemeinsam ziehen sie den Bogen stramm. Das beschreibt die Erfahrung, die wir als Kinder Gottes machen können, wenn wir im Kampf stehen und merken, wir sind zu schwach. Dann lehnen wir uns an die mächtige Brust unseres Gottes und werden seine Kraft verspüren. Kennst du so etwas wie die Berührung Gottes?

Joseph wurde in seinem Leben von dem Herrn Jesus unterstützt. Erstaunlich, dass Jakob diesem Gott in einem Vers vier Titel gibt:

  1. der Mächtige Jakobs
  2. der Hirte
  3. der deines Vaters
  4. der Allmächtige

Allein darüber nachzudenken wäre schon ein eigenes Studienthema. Hier nur so viel:

  1. Jesaja 49,26 verbindet diesen Titel mit der Hilfe oder dem Retter.
  2. Der Hirte ist uns bekannt aus Johannes 10. Der, der uns hilft und liebevolle Fürsorge trägt, ist der, der uns so liebt, dass Er für uns gestorben ist.
  3. „Gott deines Vaters“ deutet darauf hin, dass der Herr uns nicht fremd bleiben will, sondern an einer Beziehung interessiert ist.
  4. Der Titel „Allmächtiger“ weist auf eine Person hin, die von nichts und niemand eingeschränkt oder aufgehalten werden kann.

Alle, die ihr durch Anfechtungen und Kämpfe geht, macht euch klar, wer es ist, der euch helfen wird!

Hatte Jakob bisher rückwärtsbezogen gesprochen, so wendet er jetzt seine Gedanken nach vorn. In Vers 25 spricht er fünfmal von Segnungen, die Joseph bekommen wird. Nach dem Bibellexikon deutet die „Fünf“ auf die menschliche Unvollkommenheit hin. War Joseph ein Supermann, der alles im Griff hatte, der mit den Anfechtungen von außen und innen alleine zurechtkam? Nein, aber er lebte in der Kraft seines Gottes. Die Belohnung dafür finden wir in diesen Segnungen. Sie umfassen alle Lebensbereiche:

Segnungen des Himmels

Das erinnert uns an die geistlichen Segnungen, die wir haben und vor allem in guten Tagen genießen. Joseph erlebte diese Segnungen in den relativ guten Tagen, die er im Haus Potiphars hatte. „Der HERR war mit Joseph, und er war ein Mann, dem alles gelang“ (1Mo 39,2).

Bei diesen Segnungen handelt es sich nicht um irgendwelche diffusen Segnungen, die nicht fassbar sind. Was ist mit der Segnung der Errettung? Können wir uns nicht täglich über diese wirklich freuen? Und was mit der Freude über die Gemeinschaft mit anderen Geschwistern, Freude im gemeinsamen Singen, Freude im Dienst für den gemeinsamen Herrn?

Segnungen der Tiefe

Handelt es sich hier um Erfahrungen, die wir in der Demütigung machen? Gibt es in solchen Zeiten Segnungen? Kannte Joseph sie auch? Ja, denn als er unschuldig im Gefängnis saß, erfuhr er ausgerechnet dort die Nähe seines Herrn. Wir finden fast die gleiche Formulierung wie oben: „weil der HERR mit ihm war; und was er tat, ließ der HERR gelingen“ (1Mo 39,23). Ich glaube, dass die Erfahrungen mit dem Herrn in den schwierigen Umständen, in denen unser Ruf angekratzt wird, die besonders wertvollen sind. Lassen wir uns durch solche Tage nicht entmutigen, sondern die Nähe des Herrn suchen. Die Sicht auf uns selbst und andere wird sich verändern.

Segnungen der Brüste

Ein deutliches Bild von Nahrung und Unterhalt.

Segnungen des Leibes

Hier haben wir einen Hinweis auf Fruchtbarkeit. Einem Leben in Treue wird die Verheißung gegeben, dass die Frucht auf andere weitergeht; dass auch sie durch dieses Leben Frucht für den Herrn bringen.

So enden diese inhaltsreichen Worte mit einer Verheißung, die sonst nicht mehr zu finden ist. Das war die Belohnung für ein Leben in Treue.

Das Leben Josephs lässt sich in drei Teile gliedern, die man sich leicht merken kann:

  1. adversity – Trübsal oder Ungemach
  2. assistance – Beistand Gottes
  3. approval – Anerkennung Gottes

Lohnt sich ein solches Leben nicht?

Benjamin oder geistlicher Appetit

1Mo 49,27: Benjamin ist ein Wolf, der zerreißt; am Morgen verzehrt er den Raub, und am Abend verteilt er Beute.

In 1. Mose 35 lesen wir, dass Rahel bei der Geburt ihres zweiten Sohnes starb. Sie nennt ihn deshalb Benoni, das heißt „Sohn meiner Not“. Wahrlich Ausdruck einer verzweifelten Seele. Anders aber Jakob. Obwohl er starke Trauer empfindet, ändert er den Namen seines jüngsten Sohnes in Benjamin, „Sohn meiner Rechten“. Dieser Name beinhaltet Privileg, Nähe, Wertschätzung und intensive Liebe, die in Jakobs Herzen für seinen Sohn brannte.

Benjamin war für Jakob eine stetige Erinnerung an seine geliebte Frau Rahel, aber auch an eine Zeit, in der er seine Sache mit Gott in Ordnung brachte, nach Bethel hinaufzog und eine höhere Stufe der Gemeinschaft mit seinem Gott erreichte. Alles nachzulesen in 1. Mose 35.

Jakob benutzt in seinem Ausspruch ein weiteres Tierbild, das des Wolfes, um auch hier einen Charakterzug zu illustrieren und seinem Sohn zu zeigen, wie er in späteren Zeiten leben kann. Stellt man sich einen reißenden Wolf vor, entsteht vor unseren Augen das Bild von gieriger Gefräßigkeit und Rücksichtslosigkeit. Können wir daraus etwas lernen?

Zweifellos erwähnt die Bibel den Wolf an mehreren Stellen in negativer Hinsicht. So zum Beispiel in Apostelgeschichte 20,29, wo die Wölfe mit falscher Lehre in die Herde einbrechen und sie nicht schonen. Oder in Hesekiel 22,27, wo die Beute zum eigenen Vorteil zerrissen wird. Aber auf der anderen Seite können wir in dem Wolf, genau wie in der Schlange, auch Dinge sehen, die uns als Christen auszeichnen sollen:

Als Erstes sehen wir den Wolf seine Beute verzehren oder, wie Luther sagt, „fressen“. Es ist ein gieriges Herunterschlingen seines Raubes. Und das ist in gewisser Weise ein Bild davon, welchen Appetit ein Christ haben sollte. Wie ungewöhnlich sich das auch anhört, der Christ sollte einen geistlichen Appetit wie der Wolf nach Fleisch und Blut haben. In Johannes 6,53-55 spricht der Herr Jesus selbst von seinem Fleisch und seinem Blut. In diesem Kapitel hatte Er fünftausend Männer gespeist, und aus diesem Wunder entwickelte sich ein Gespräch über die geistliche Speise. In Johannes 6,27 sagt der Herr: „Wirkt nicht für die Speise, die vergeht, sondern für die Speise, die bleibt ins ewige Leben, die der Sohn des Menschen euch geben wird.“ Was zählt, ist nicht der Appetit nach natürlicher Nahrung, sondern nach der Nahrung für die Seele, deren einzige Quelle der Sohn des Menschen ist. Wonach geht dein Appetit?

Aber was meint der Herr, wenn Er sagt: Esst mein Fleisch und trinkt mein Blut? – Das Fleisch steht nach Johannes 6,51c für sein Opfer, das Er geben würde für das Leben der Welt. Er spricht also von seinem Werk am Kreuz. Einfach gesagt: Nur der Mensch, dessen Verlangen und Beschäftigung der gekreuzigte Herr ist, wird errettet werden. Deshalb war es Paulus wichtig, nichts anderes zu verkündigen „als nur Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt“ (1Kor 2,2). Entwickeln wir ein Verlangen nach der Lehre vom Kreuz und dem gestorbenen Herrn Jesus? Das Nachdenken darüber; das Anerkennen, dass es mein Platz gewesen wäre; die Buße darüber, dass meine Sünden Ihn ans Kreuz brachten, errettet. Nicht das Sich-für-Ihn-Entscheiden, nicht das Ich-will-jetzt-mit-Ihm-Leben errettet. Nur die Lehre vom Kreuz ist in diesem Punkt entscheidend! Sie öffnet uns den Zugang zu Gott und gibt wahres Leben.

Und an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Entweder man glaubt der Lehre der Bibel oder aber man wendet sich ab, wie es einige von den Jüngern des Herrn in dieser Situation taten (Joh 6,66). Das erlebt man auch heute immer wieder, wenn Nachdruck auf das Wort von Kreuz gelegt wird. Das Kreuz Christ bedeutet das Ende aller Dinge, die uns Menschen oft so wichtig sind, als da wären unsere Selbstgefälligkeit, unser Ehrgeiz, unsere Oberflächlichkeit, unsere Vorurteile, unsere Wichtigkeit, unsere Werke, unser Stolz oder auch unsere Weisheit.

Jakob zeigt Benjamin als zerreißenden Wolf. Darin kann man einen ausgehungerten Wolf sehen. Bist du ausgehungert nach dieser geistlichen Speise?

Ein Beispiel, wie das aussieht, finden wir bei David. Er sagt in Psalm 63,2.3: „Es dürstet nach dir meine Seele, nach dir schmachtet mein Fleisch in einem dürren und lechzenden Land ohne Wasser – so ich dich angeschaut habe im Heiligtum –, um deine Macht und deine Herrlichkeit zu sehen.“ Was sah David im Heiligtum? Nun, blutige Opfer, alles Hinweise auf den gekreuzigten Herrn Jesus. Und in diesen Opfern sah David die Herrlichkeit und Macht des Herrn. Und genau das gab ihm Befriedigung. Er sagt in Vers 6: „Wie von Mark und Fett wird gesättigt werden meine Seele“ (Ps 63,6). Verstehst du, worum es geht? Bitten wir den Herrn, dass Er uns durch den Heiligen Geist diese Dinge verständlich macht und wir daraus Nahrung und Kraft für unsere Seelen ziehen können.

Wir sehen in dem Wolf aber auch einen rücksichtslosen Jagdinstinkt, einen gnadenlosen Jäger. So sollte das Volk Israel mit den Feinden Gottes im Land Kanaan umgehen. In 1. Mose 15,16 hatte Gott Abraham gesagt, dass die Ungerechtigkeit der Kanaaniter noch nicht voll war. Aber in 5. Mose 7,2 war die Zeit der Gnade abgelaufen. Israel durfte keine Beziehung zu den Völkern in Kanaan eingehen, weil diese sie, und vor allem ihre Nachkommen, von Gott abziehen würden.

Das Gleiche gilt für uns heute. Wir dürfen keine Gnade mit dem Bösen haben und auch keine Beziehung zur Welt pflegen, das heißt aber nicht, gnadenlos mit den Menschen umzugehen, sondern nur mit dem bösen Verhalten. Wir müssen strikt trennen zwischen bösen Taten und dem Menschen, der dieses Verhalten an den Tag legt. Gott liebt alle Menschen und möchte sie erretten. Wie sollte das Evangelium laufen, wenn wir die Menschen ablehnend und gnadenlos behandeln?

Das Bild des Wolfes macht uns auch klar, wie ein Christ mit der Sünde in seinem Leben umgehen sollte: gnadenlos und ohne Toleranz. Paulus fordert uns in Kolosser 3,5 auf: „Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind.“ Warum? Weil sie Agenten der Sünde sind und nicht verbessert werden können. Willst du als Christ leben, musst du töten! Wie geschieht das? Nun, durch den Heiligen Geist: „Durch Geist tötet die Handlungen des Leibes“ (Röm 8,13). Wie wir unser Kreuz täglich aufnehmen, so müssen wir diesen Kampf täglich führen.

Und wenn Jakob vom Morgen und Abend in diesem Vers redet, deutet das nicht darauf hin, dass wir diesen Kampf ständig führen müssen? Unser Fleisch ist leider immer da. Erinnern wir uns an Petrus. In Matthäus 16 kündigt der Herr seine Leiden an. Das konnte sich Petrus für seinen geliebten Herrn überhaupt nicht vorstellen: „Dies wird dir nicht widerfahren!“ (Mt 16,22). Dahinter stand die ach so menschliche Gesinnung, Mitleid mit sich und der Sünde zu haben. Eigentlich sagt Petrus dem Herrn: Habe Gnade mit dir selbst, lass das dir ja nicht widerfahren! – Aber der Wille Gottes war ein anderer.

Auch das Volk Israel zeigt in seiner Geschichte immer wieder diese Tendenz. Vielfach ließen sie die Feinde am Leben, die zu töten Gott befohlen hatte. Die Folgen waren immer neue Niederlagen. Deshalb müssen wir uns diesen geistlichen Appetit erhalten und uns ständig mit dem gekreuzigten Herrn beschäftigen!

Und das bringt uns zum Sieg. Bevor der Wolf seinen Raub verschlingt, muss er doch vorher erfolgreich gejagt haben. Wollen wir das nicht auch als Verheißung des Herrn nehmen? Wer Hunger nach Christus hat und sich täglich damit beschäftigt, wird siegen!

Und noch etwas ist bezeichnend. Die gierige Gnadenlosigkeit ist kombiniert mit Freundlichkeit und Liebe. Denn der Wolf Benjamin verteilt die Beute. Er ist interessiert am Wohl der anderen. Sie sollen an seinem Erfolg teilhaben. Jeder, der in seinem Leben mit der Sünde handelt und sich von dem gekreuzigten Herrn ernährt, wird zum Nutzen der anderen sein. In der Familie, Gemeinde und Gesellschaft! Ist das nicht ein lohnendes Ziel?


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

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