Besonderheiten im Text der Heiligen Schrift – Wohnung
nawäh – jaschab – schakan

Christian Briem

© CSV, online: 07.03.2006, updated: 28.06.2023

Leitverse: 2. Mose 15,13.17

2Mo 15,13.17: Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst hast, hast es durch deine Stärke geführt zu deiner heiligen Wohnung. … Du wirst sie bringen und pflanzen auf den Berg deines Erbteils, die Stätte, die du, HERR, zu deiner Wohnung gemacht, das Heiligtum, Herr, das deine Hände bereitet haben.

Diese beiden Verse sind dem ersten Lied der Bibel, jenem kostbaren Loblied entnommen, das Mose und die Kinder Israel nach der Befreiung von der Macht des Pharao am anderen Ufer des Roten Meeres sangen: „Singen will ich dem HERRN, denn hoch erhaben ist er; das Ross und seinen Reiter hat er ins Meer gestürzt.“

In diesem Lied wird zum ersten Mal von der Wohnung Gottes bei den Menschen gesprochen. Nicht eher konnte davon die Rede sein, bis – wenigstens im Vorbild – die Erlösung vollbracht war. Im Garten Eden wohnte Gott nicht bei dem Menschen, Er besuchte ihn. Jetzt aber, da das Volk durch das Rote Meer (ein Bild des Todes Christi) gezogen und von der Macht Pharaos (ein Bild der Macht Satans) erlöst war, konnte von einem Wohnen Gottes bei den Menschen gesprochen werden. Wunderbares Ergebnis der Erlösung: Gott kann nun bei dem Menschen wohnen! Diesen Gedanken hatte Gott von Anfang an. Er durchzieht die ganze Bibel bis zu ihrem letzten Blatt, und er wird in der zukünftigen Ewigkeit in der „Hütte Gottes“ seine Vollendung finden.

Nun fällt uns auf, dass in diesem herrlichen Loblied zweimal von der Wohnung Gottes, aber in verschiedenen Zeitformen gesprochen wird. In Vers 13 heißt es: „Du … hast es geführt zu deiner heiligen Wohnung“, in Vers 17 dagegen wird gesagt: „Du wirst sie bringen … auf den Berg deines Erbteils.“ Das bedeutet: In Vers 13 ist von dem Wohnen Gottes bei dem Volk in Wüstenumständen die Rede. Er wohnte bei ihm durch die Wolken- und Feuersäule, durch die Stiftshütte. Aber in Vers 17 schaut das Volk im Glauben auf etwas Zukünftiges, auf die Wohnung Gottes im Land der Verheißung, auf den Tempel in Jerusalem. Es war etwas Erhabenes, dass Gott mittels der Stiftshütte bei ihnen in der Wüste wohnte. Dennoch sehnten sie sich danach, auf den Berg seines Erbteils gepflanzt und zu jener Stätte gebracht zu werden, „die du, HERR, zu deiner Wohnung gemacht“, dem „Heiligtum, Herr, das deine Hände bereitet haben“.

Das zeigt uns vorbildlich unsere Stellung. Durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist, sind wir, von der Macht Satans befreit, in die Wüste gekommen und erfreuen uns schon jetzt der Wohnung Gottes. Ja, wir selbst, die Gläubigen, sind sein Haus, sind die Behausung Gottes im Geiste. In einem gewissen Sinn können wir in der Stiftshütte ein Vorbild von dem Wohnen Gottes in der Versammlung erblicken, während sie auf Erden ist. So kostbar das auch ist, so sehnen doch auch wir uns nach den „Vorhöfen des HERRN“ droben, nach dem Haus seines Vaters mit seinen vielen Wohnungen, von dem der Herr Jesus bei seinem Weggang aus dieser Welt gesprochen hatte. Er wird auch uns zu jener Stätte bringen, wo Er schon weilt, wird uns pflanzen auf den Berg seines Erbteils. Gesegnete Hoffnung!

Aber da ist noch ein Unterschied zwischen den beiden angeführten Versen aus 2. Mose 15, auf den ich hinweisen möchte. Der Heilige Geist verwendet in ihnen für Gottes „Wohnung“ zwei verschiedene Wörter.

In Vers 13 steht für „Wohnung“ das hebräische Wort nawäh, das hier zum ersten Mal in der Heiligen Schrift vorkommt und eigentlich „Weide, Trift, Aue“ bedeutet. Diese Bedeutung hat es zum Beispiel bei seinem zweiten Vorkommen in der Schrift, in 2. Samuel 7,8: „Ich habe dich von der Trift genommen, hinter dem Kleinvieh weg.“ Es bezeichnet einen Ort, wo die Herde sicher weiden und wohnen kann (vgl. Ps 23,2; Jes 65,10; Jer 33,12), einen Platz der Sicherheit und des Schutzes (vgl. Spr 24,15). Dort kann der Gottesfürchtige sein Zelt in Frieden haben (Hiob 5,24), dort wird das Volk Gottes eine ruhige Wohnstätte haben, „ein Zelt, das nicht wandern wird“ (Jes 33,20). Können nicht auch wir, Geliebte, voll Lobes und Dankes bestätigen, dass wir im Haus Gottes, der Versammlung des lebendigen Gottes, stets Weide und Schutz gefunden haben, obwohl wir, was unsere Umstände angeht, noch in der Wüste sind?

Das andere Wort für „Wohnung“ in Vers 17 ist von dem sehr oft vorkommenden Wort jaschab abgeleitet, das immer dann benutzt wird, wenn sich Menschen irgendwo niederlassen, hinsetzen, wenn sie irgendwo bleiben oder wohnen. Das Bemerkenswerte nun ist, dass dieses Wort im Allgemeinen nicht für das Wohnen Gottes auf der Erde, bei dem Menschen, benutzt wird (da wird fast ausnahmslos das größere Nähe ausdrückende schakan benutzt), wohl aber dann, wenn von dem Wohnen Gottes im Himmel oder zwischen Cherubim oder in Jerusalem die Rede ist. Dann hat es die Bedeutung von „thronen“ (vgl. z.B. Ps 2,4; 135,21; 1Sam 4,4). Wenn also in unserem Vers nicht schakan, sondern jaschab für Gottes Wohnen auf Erden verwendet wird, so redet das von der Hoheit und Erhabenheit des Wohnens Gottes bei seinem irdischen Volk in dem kommenden Reich.

Doch lasst mich noch eine Anwendung in Verbindung mit dem zuletzt Gesagten für uns Gläubige der Gnadenzeit anfügen. Wir haben zwar in Christus Jesus ungleich innigere Beziehungen zu Gott, als die Kinder Israel sie je hatten oder haben werden: Er ist unser Vater. Auch ist unsere Hoffnung eine weit herrlichere als die Israels: Wir werden nicht nur auf dem Berg seines Erbteils hier auf Erden, sondern im Haus des Vaters unseres Herrn Jesus Christus droben wohnen, werden dort wohnen, wo der Vater und der Sohn immer zu Hause waren. Dennoch wird uns die Innigkeit unserer Beziehung zu Gott, in die wir durch die Gnade gebracht sind, nie seine Hoheit und Erhabenheit vergessen lassen. Es ist gut, dass wir das schon heute beachten.

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Aus Ermunterung und Ermahnung
Dieser Artikel und viele andere sind auch erschienen in dem Buch Antworten auf Fragen zu biblischen Themen
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