- Wahrheit und Gottseligkeit vor der Welt
- Die Verantwortung des Christen gegenüber den staatlichen Behörden (V. 1)
- Die Verantwortung des Christen gegenüber den Menschen in der Welt (V. 2-3)
- Eine Zusammenfassung dessen, was das Christentum für diejenigen tut, die an das Evangelium glauben (V. 4-8)
- Die Verantwortung des Christen gegenüber falschen und spalterischen Lehrern (V. 9-11)
- Schlussfolgerungen (V. 12-15)
Wahrheit und Gottseligkeit vor der Welt
In diesem letzten Kapitel geht Paulus auf das Zeugnis des Christen vor der Welt ein. Wir lernen aus seinen Ausführungen hier, dass eine gesunde Lehre und ein gottgefälliges Leben nicht nur für unser Leben in der Versammlung bestimmt sind, sondern dass sie in uns sichtbar werden sollen, wenn wir durch diese Welt gehen. Gott möchte, dass unser Leben die Macht Gottes zeigt, Sünder in Heilige zu verwandeln. Die Menschen in dieser Welt sollen sehen, was die Güte und Liebe Gottes für sie tun kann. Leider fehlte diese moralische Veränderung, die mit der Rettung unserer Seelen einhergeht, bei den Gläubigen auf Kreta, und das beeinträchtigte ihr öffentliches Zeugnis vor der Welt stark. (Vergleiche Römer 2,24.) Paulus spricht dieses Thema in Kapitel 3 an und konzentriert sich dabei insbesondere auf zwei Bereiche: auf die Verantwortung des Gläubigen gegenüber den staatlichen Behörden und auf die Verantwortung des Gläubigen im sozialen Umgang mit den Menschen dieser Welt.
Die Verantwortung des Christen gegenüber den staatlichen Behörden (V. 1)
Vers 1
Paulus sagt:
Tit 3,1: Erinnere sie daran, Obrigkeiten und Gewalten untertan zu sein, Gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein; …
Aus dieser Ermahnung und aus der Beschreibung ihres Charakters in Titus 1,12 geht hervor, dass die kretischen Gläubigen in dieser Hinsicht nicht sorgsam waren und sich gegenüber den römischen Behörden respektlos und aufsässig verhielten. Titus sollte sich dieses Problems annehmen und es sofort korrigieren. Die Pflicht des Christen gegenüber der Regierung („den obrigkeitlichen Gewalten“; Röm 13,1), unter der er lebt, ist: beten, zahlen und gehorchen. Wir sollen für die amtierenden Machthaber beten (1Tim 2,1-2), unsere Steuern zahlen (Röm 13,6-7) und alle staatlichen Anordnungen befolgen (1Pet 2,13). Dies soll geschehen, damit unser Zeugnis für das Evangelium nicht durch schlechtes Verhalten getrübt wird. Wer uns ansieht, soll keine Aufrührer und Rebellen sehen, sondern gesetzestreue Menschen, die das haben, was die Welt braucht.
Wenn Paulus dieses Thema anspricht, sagt er Titus nicht, dass die kretischen Gläubigen sich in der Weltpolitik engagieren oder sich für soziale Reformen einsetzen sollen, denn als Christen sind wir nicht dazu berufen, diese Welt zu verbessern. Der Christ versteht, dass die Welt unverbesserlich verdorben ist und dass es jeden Tag schlimmer wird, und deshalb steht sie unter dem Urteil Gottes, das in Kürze bei Christi zweitem Kommen vollstreckt werden wird. Unsere Energie darauf zu verwenden, die Bedingungen hier zu verbessern, käme daher dem Umstellen der Liegestühle auf der untergehenden Titanic gleich! Christen, die sich auf den Versuch einlassen, die Welt in Ordnung zu bringen, werden nur beschmutzt und frustriert und scheitern unweigerlich an ihrem Ziel. Lot wird uns in der Heiligen Schrift vor Augen geführt, um uns zu lehren, dass der Gläubige die Welt nicht in Ordnung bringen kann, indem er sich in ihre politischen Angelegenheiten einmischt (1Mo 19). Der Versuch, die Welt zu reformieren, ist Ausdruck eines grundlegenden Missverständnisses der Berufung des Christen und des unverbesserlichen Charakters der gefallenen Natur des Menschen. Die Pflicht des Christen gegenüber den obrigkeitlichen Gewalten besteht darin, „zu jedem guten Werk bereit zu sein“, das heißt den Regierungen, unter denen er lebt, fügsam zu sein.
Natürlich gibt es Grenzen für unseren Gehorsam gegenüber den staatlichen Autoritäten, die über uns herrschen. Wenn sie uns befehlen würden, etwas moralisch und ethisch Falsches zu tun, sollen wir „Gott mehr gehorchen als Menschen“ (Apg 5,29). Der Zweck der staatlichen Obrigkeit besteht jedoch im Allgemeinen darin, dem Bösen Einhalt zu gebieten und das Gute zu fördern (Röm 13,2-4).
Die Verantwortung des Christen gegenüber den Menschen in der Welt (V. 2-3)
Verse 2-3
Paulus spricht dann über das Verhalten des Christen gegenüber ungläubigen Freunden, Nachbarn und Bekannten in der Welt. Er sagt:
Tit 3,2: … niemand zu lästern, nicht streitsüchtig zu sein, milde, alle Sanftmut zu erweisen gegen alle Menschen.
Das zeigt, dass es wichtig ist, den verlorenen Menschen dieser Welt gegenüber einen gütigen Geist zu bewahren, damit sie in uns das gelebte Christentum sehen und wir durch unser gottgefälliges Verhalten Gelegenheiten erhalten, ihnen das Evangelium zu verkünden. Mit unseren Mitmenschen zu streiten ist kaum der Weg, sie für Christus zu gewinnen. Einen rechten Geist gegenüber Ungläubigen zu zeigen, sollte nicht schwer sein, wenn wir uns daran erinnern, dass wir einst genauso waren wie sie, bevor wir gerettet wurden.
Vers 3
Deshalb fügt Paulus hinzu:
Tit 3,3: Denn einst waren auch wir unverständig, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Begierden und Vergnügungen, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend.
Jeder Christ sollte in der Lage sein, aufrichtig zu sagen: „Ohne die Gnade Gottes bin ich verloren!“ Das Gefühl, dass uns diese göttliche Gnade zuteilgeworden ist, sollte uns Geduld mit allen Menschen und echte Liebe und Mitleid für sie geben.
Eine Zusammenfassung dessen, was das Christentum für diejenigen tut, die an das Evangelium glauben (V. 4-8)
Verse 4-6
Paulus gibt eine weitere schöne Zusammenfassung dessen, was das Christentum für denjenigen tut, der an das Evangelium glaubt. Er sagt:
Tit 3,4-6: 4 Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien, 5 errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes, 6 den er reichlich über uns ausgegossen hat durch Jesus Christus, unseren Heiland, …
Wie bereits erwähnt, sollte die Welt an den Christen sehen, was das Evangelium für den Menschen tun kann. Kurz gesagt: Wenn man daran glaubt, befreit es einen Menschen nicht nur von der Strafe für seine Sünden, sondern es verwandelt auch sein Leben vom Schlechten zum Guten und macht ihn zu einem wirklich glücklichen Menschen, indem es ihn in eine lebendige Beziehung zu Gott bringt.
Paulus beginnt diese Zusammenfassung mit dem Eingreifen von Gottes Güte und Liebe, die sich gegenüber den Menschen zeigt. Dies bezieht sich auf das Kommen Christi, um die Sünde durch sein Opfer zu tilgen (Heb 9,26). Ohne dieses Opfer konnte es keinen Segen für irgendjemand geben, denn zuerst musste die Frage der Sünde geklärt werden. Paulus geht hier nicht darauf ein und spricht auch nicht über den Glauben und den Gehorsam des Gläubigen gegenüber dem Evangelium, die für die Rettung notwendig sind. Der Grund dafür ist, dass er sich auf die positiven Vorteile der Errettung konzentriert, die Gott denen schenkt, die glauben.
Indem er diese Seite der Dinge hervorhebt, macht Paulus deutlich, dass die Rettung, die Gott für den Menschen gesichert hat, nicht durch irgendwelche Verdienste des Gläubigen verdient ist. Er sagt: „Er errettete uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit.“ Die „Barmherzigkeit“, „Liebe“ und „Gnade“ Gottes, die zu unserer Rettung gehandelt hat, ist also nicht etwas, was wir uns erarbeiten müssen; sie ist „eine Gabe Gottes“ (Eph 2,4-5.8). Der Gläubige kann sich daher seine Errettung nicht anrechnen lassen; sie ist „nicht aus Werken, damit niemand sich rühme“ (Röm 4,4-5; Eph 2,9).
Paulus fügt dann hinzu: „durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes“. Dies bezieht sich auf einen neuen moralischen Zustand des Gläubigen, der durch den Geist geformt wird. Sie wird sich in einer äußeren Veränderung seines Lebens offenbaren, und das wird etwas sein, was die Menschen sehen werden. W. Scott bestätigt dies, indem er feststellt:
Die Waschung der Wiedergeburt kann mit dem Auge des Menschen erkannt werden, denn sie ist eine äußerliche Veränderung.[1]
Diese äußere „Waschung“ des eigenen Lebens wird in der Taufe veranschaulicht. Der Neubekehrte lässt seine Habseligkeiten (Zigaretten, Schnapsflasche, weltliche Zeitschriften usw.) am Ufer zurück und steigt ins Wasser. Nachdem er getauft ist, geht er mit den Christen, die bei der Taufe dabei waren, seines Weges. Aber jemand ruft ihm zu: „He, Johannes, du hast deine Sachen vergessen.“ Er antwortet: „Lass sie da liegen, sie gehören dem alten Johannes.“ Die praktische Auswirkung der Waschung der Wiedergeburt besteht also darin, dass eine moralische Trennung (und damit eine Reinigung) von dem alten Lebensstil erfolgt, in dem die Person einst lebte. Die Menschen in der Welt werden das beobachten und sagen: „Er hat sein Leben gereinigt; er ist jetzt auf dem rechten Weg!“ Die „Erneuerung“ durch den Heiligen Geist, den Gott „reichlich über uns ausgegossen hat“, wird hier erwähnt, weil es der Geist ist, der das neue Leben belebt und uns befähigt, ein gottgefälliges Leben nach dem Willen Gottes zu führen. Die Erneuerung durch den Geist ist ein fortwährendes Werk im Gläubigen, während die Ausgießung des Geistes auf uns der einmalige Empfang des Geistes ist, nachdem wir an das Evangelium geglaubt haben (Röm 5,5). F.B. Hole sagt:
Er ist „reichlich über uns „ausgegossen“. Er versorgt das neue Leben, das wir besitzen, mit Kraft und bewirkt eine tägliche Erneuerung in uns, und diese bewirkt wiederum eine ständige und wachsende Befreiung von dem alten Leben, das wir einst führten.[2]
Paulus erwähnt „die Waschung der Wiedergeburt“ im Zusammenhang mit „errettete er uns“. Das liegt daran, dass die moralische Veränderung ein integraler Bestandteil der Errettung eines Menschen sein soll; die beiden Dinge gehören zusammen. Gott will nicht, dass wir an das Evangelium glauben und dadurch von der ewigen Strafe für unsere Sünden befreit werden, und dann danach genau die Sünden begehen, für deren Befreiung Christus gestorben ist! Ein solches Verhalten ist Heuchelei und wirft die Frage auf, ob so jemand gerettet ist. Paulus betont diese Seite der Dinge gegenüber Titus, weil Titus in seinem Dienst auf Kreta darauf bestehen musste, denn daran mangelte es den Gläubigen dort sehr.
Die einzige andere Stelle in der Heiligen Schrift, an der das Wort „Wiedergeburt“ vorkommt, ist Matthäus 19,28. Dort bezieht es sich auf die neue äußere moralische Ordnung der Dinge, die auf der Erde errichtet werden wird, wenn Christus in seinem tausendjährigen Reich regiert. An jenem kommenden Tag werden alle Menschen nach Gottes heiligen Maßstäben leben (Ps 101,7-8; Sach 5,1-4). Während dieser Tag noch nicht gekommen ist, sollen Christen in der Gegenwart die Waschung der Wiedergeburt in ihrem Leben offenbaren.
Dennoch haben Christen aus allen theologischen Richtungen die Wiedergeburt missverstanden. Sie denken, dass das Wort „Wiedergeburt“ sich auf die neue Geburt bezieht, da es „neu anfangen“ bedeutet, und verwenden die Begriffe daher austauschbar. J.N. Darby sagt jedoch:
Weder ist regeneration (Wiedergeburt) dasselbe Wort wie „von neuem geboren“ noch wird es in der Schrift so verwendet.[3]
F.B. Hole sagt:
Wir müssen beachten, dass die „Wiedergeburt“ in unserem Vers nicht genau dasselbe ist wie die neue Geburt.[4]
W. Scott sagt:
Die neue Geburt ist nicht dasselbe wie die Wiedergeburt; Wiedergeburt kommt im Neuen Testament nur zweimal vor (Tit 3,5; Mt 19,28). Neue Geburt bezieht sich auf ein inneres Werk, Wiedergeburt auf eine äußere Veränderung.[5]
Die Wiedergeburt wird fast allgemein als gleichbedeutend mit der Neugeburt angesehen, aber in der Heiligen Schrift ist das nicht so. Die Wiedergeburt ist ein objektiver Zustand oder eine Bedingung, während die neue Geburt der Ausdruck eines inneren subjektiven Zustands ist.[6]
Neugeburt und Wiedergeburt beziehen sich beide auf einen Neuanfang im Leben eines Menschen, aber es sind zwei verschiedene Anfänge. Die Neugeburt, die zuerst in der Geschichte eines Menschen stattfindet, ist ein innerer Neuanfang in der Seele durch den Empfang eines neuen Lebens von Gott. Dies zeigt sich darin, dass der Mensch nach Gott sucht. Die Wiedergeburt ist ein äußerer Neubeginn im Leben eines Gläubigen, nachdem er gerettet ist und den Heiligen Geist empfangen hat. Die neue Geburt und die Wiedergeburt haben beide mit einem „Bad“ zu tun, was so viel bedeutet wie Waschen oder Reinigen. Das Bad bei der Neugeburt bedeutet eine innere Reinigung der Seele durch den Empfang eines neuen, reinen Lebens von Gott (Joh 13,10; 1Kor 6,11), während das „Bad“ bei der Wiedergeburt eine äußere Reinigung des Lebens der Person im praktischen Sinn bedeutet (Tit 3,5).
Vers 7
Paulus geht von Gottes Werk in uns zu Gottes Werk für uns über. Er sagt:
Tit 3,7: … damit wir, gerechtfertigt durch seine Gnade, Erben würden nach der Hoffnung des ewigen Lebens.
Wir können nicht allein durch das Werk des Geistes in uns zu Erben Gottes werden; wir müssen auch durch seine Gnade gerechtfertigt werden, wodurch wir in unsere volle christliche Stellung vor Gott „in Christus“ versetzt werden – was die Rechtfertigung bewirkt (Gal 2,17). So hat Gott uns errettet und gerechtfertigt, und so sind wir „Erben“ des Erbes geworden – was alles Geschaffene ist (Röm 8,17; 1Kor 3,22; Gal 4,7; Eph 1,11.14). Und nicht nur das: Wir haben die „Hoffnung“ (eine aufgeschobene Gewissheit) auf das ewige Leben. Wir haben dieses Leben jetzt als gegenwärtigen Besitz, aber wir müssen warten, bis wir in den Himmel heimgeholt werden, um dieses Leben in unserem verherrlichten Zustand zu haben, von dem Paulus hier spricht.
Vers 8
Er schließt ab mit den Worten:
Tit 3,8: Das Wort ist gewiss; und ich will, dass du auf diesen Dingen fest bestehst, damit die, die Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben. Dies ist gut und nützlich für die Menschen.
Titus sollte also darauf bestehen, dass die Wahrheit im Leben der Gläubigen in gottgefälligem Charakter praktisch umgesetzt wird, was sich in ihren „guten Werken“ zeigen würde.
Die Verantwortung des Christen gegenüber falschen und spalterischen Lehrern (V. 9-11)
Verse 9-11
Paulus wusste, dass das Bekenntnis zur Wahrheit, wie er es Titus aufgetragen hatte, sicherlich auf den Widerstand der judaisierenden Lehrer stoßen würde, die sich auf Kreta aufhielten (Tit 1,10). Da er dies voraussah, gab er Titus einen einfachen, aber wichtigen Rat:
Tit 3,9-11: 9 Törichte Streitfragen aber und Geschlechtsregister und Zänkereien und Streitigkeiten über das Gesetz vermeide, denn sie sind unnütz und wertlos. 10 Einen sektiererischen Menschen weise ab nach einer ein- und zweimaligen Zurechtweisung, 11 da du weißt, dass ein solcher verkehrt ist und sündigt, wobei er durch sich selbst verurteilt ist.
Die judaisierenden Lehrer liebten es, sich über religiöse Fragen zu streiten, die mit dem Gesetz zu tun hatten, aber Titus sollte darauf achten, nicht in diese Streitereien hineingezogen zu werden. Er sollte in seinem Dienst alles vermeiden, was streitsüchtig war; das würde ihn nur verderben.
Paulus vermutet, dass es sogar jemand geben könnte, der sich so sehr mit diesen unnützen Fragen beschäftigt, dass er zum Anführer einer Partei wird, die sich um diese Sache schart. Eine solche Person würde einen spaltenden Geist offenbaren und sollte gemieden werden. Paulus warnte die römischen Gläubigen davor: „Ich ermahne euch aber, Brüder, auf die zu achten, die Zwiespalt und Ärgernis anrichten, entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, und wendet euch von ihnen ab. Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch süße Worte und schöne Reden verführen sie die Herzen der Arglosen“ (Röm 16,17-18). Beachte: Es heißt nicht: „Achtet auf die, die den Spaltungen folgen“, sondern: „Achtet auf die, die Zwiespalt und Ärgernis anrichten.“ Das bedeutet, dass wir zwischen den Führern und den Verführten unterscheiden müssen, wenn in der Versammlung ein Parteigeist aufkommt. Wenn der Parteiführer sich nicht selbst richtet, werden seine Tätigkeiten zu einer äußeren Spaltung in der Versammlung führen, wo er und seine Partei sich von der Gemeinschaft der Heiligen lösen und sich anderswo treffen werden. Indem er eine äußere Trennung herbeiführt, wird er sich selbst als „Ketzer“ erweisen, was „Sektierer“ bedeutet.
Viele denken, Sektiererei bedeute, eine schlechte Lehre zu vertreten, wahrscheinlich weil die meisten Sektierer eine schlechte Lehre vertreten (2Pet 2,1). In den meisten Kreisen ist sie als solche akzeptiert worden. In Wirklichkeit bedeutet Sektiererei jedoch die Spaltung der Gläubigen. In seiner Verblendung wird ein Sektierer glauben, dass das, was er tut, richtig und gut ist und der Ehre des Herrn dient, aber es ist eindeutig ein „Werk des Fleisches“ (Gal 5,19-20). Ein „Schisma“ ist eine innere Spaltung unter den Gläubigen, ein Riss (1Kor 11,18; andere Übersetzung des Wortes „Spaltung“). Eine „Parteiung“ hingegen ist eine äußere Spaltung von Gläubigen, die sich abspalten und etwas Neues beginnen (1Kor 11,19). Eine Spaltung wird, wenn sie nicht gerichtet wird, zu einer Sekte (Partei) werden. Paulus sagt zu Titus: „Einen sektiererischen Menschen weise ab nach einer ein- und zweimaligen Zurechtweisung, da du weißt, dass ein solcher verkehrt ist und sündigt, wobei er durch sich selbst verurteilt ist.“ Paulus sagt ihm nicht, dass die Versammlung den Mann ausschließen soll, denn er ist bereits ausgeschlossen, weil er seine Gruppe zur Trennung von der Versammlung geführt hat. Wenn Titus auf so jemand stößt, der eine Trennung herbeigeführt hat, soll er ihn ein ums andere Mal „zurechtweisen“. Danach soll er ihn „abweisen“, weil er „verkehrt“ ist.
Schlussfolgerungen (V. 12-15)
Vers 12
Tit 3,12: Wenn ich Artemas oder Tychikus zu dir senden werde, so befleißige dich, zu mir nach Nikopolis zu kommen, denn ich habe beschlossen, dort zu überwintern.
Paulus schließt den Brief mit einigen kurzen Weisungen für die Arbeit. Er plante, „Artemas“ oder „Tychikus“ zu schicken, damit sie Titus auf Kreta ablösten, so dass Titus frei war, um Paulus in „Nikopolis“ (Westgriechenland) zu treffen. Aus 2. Timotheus 4,12 geht hervor, dass Tychikus nicht nach Kreta, sondern nach Ephesus gesandt wurde, was bedeutet, dass Artemas wahrscheinlich derjenige war, der nach Kreta ging.
Vers 13
Tit 3,13: Zenas, dem Gesetzgelehrten, und Apollos gib mit Sorgfalt das Geleit, damit ihnen nichts mangle.
Offenbar sollten „Zenas, der Gesetzgelehrte, und Apollos“ die Insel besuchen. Paulus ermutigte Titus, ihnen „mit Sorgfalt“ in ihrem Dienst zu helfen. Zenas war ein jüdischer Anwalt, der sich bekehrt hatte. Er würde Titus eine große Hilfe sein, wenn es darum ging, das judaisierende Element zu widerlegen, das die Gläubigen dort bedrängte. Zenas war perfekt geeignet, um ihre Streitigkeiten über Details des Gesetzes zu lösen. Das mag der Grund sein, warum er und Apollos dorthin gingen.
Vers 14
Paulus gibt eine letzte Ermahnung bezüglich der Notwendigkeit guter Werke:
Tit 3,14: Lass aber auch die Unseren lernen, für die notwendigen Bedürfnisse gute Werke zu betreiben, damit sie nicht fruchtleer seien.
Paulus bestand in diesem Brief viele Male auf „gute Werke“; ihre Bedeutung kann nicht heruntergespielt werden – vor allem nicht in der Situation, die auf Kreta herrschte. Die einst faulen Kreter sollten sich bemühen, ihr öffentliches Bild auf der Insel durch gute Werke zu verändern; das würde helfen, das negative Zeugnis, das sie dort hatten, umzukehren. Paulus fügt hinzu: „für die notwendigen Bedürfnisse“. Das zeigt, dass Christen im weltlichen Leben Arbeiten oder Dienste verrichten können, die für das Leben auf der Erde eigentlich nicht notwendig sind. In der Regel sollte unsere weltliche Beschäftigung etwas sein, was nicht von zweifelhaftem und fragwürdigem Charakter ist.
Vers 15
Tit 3,15: Es grüßen dich alle, die bei mir sind. Grüße die, die uns lieben im Glauben. Die Gnade sei mit euch allen!
Paulus’ abschließender Gruß zeigt, wie wichtig es ist, dass unter den Heiligen echte Liebe zum Ausdruck kommt – vor allem, wenn sie mit der kalten Verfolgung der Welt konfrontiert sind, die von allen Seiten kommt. Wir alle brauchen diese Art von Ermutigung.
Originaltitel: „Truth and Godliness before the World: Titus 3“
in The Epistle of Paul to Titus.
Quelle: www.bibletruthpublishers.com
Übersetzung: Stephan Isenberg
Anmerkungen
[1] W. Scott, Doctrinal Summaries, S. 28.
[2] F.B. Hole, Grundzüge des Neuen Testaments, Bd. 4: Galaterbrief – Philemonbrief, Hückeswagen (CSV) 1998, S. 302.
[3] J.N. Darby, Fußnote zu seiner Übersetzung von Titus 3,5.
[4] F.B. Hole, Grundzüge des Neuen Testaments, Bd. 4: Galaterbrief – Philemonbrief, Hückeswagen (CSV) 1998, S. 300.
[5] W. Scott, The Young Christian, Bd. 2, S. 131.
[6] W. Scott, Bible Handbook, Old Testament, S. 372.