Leben in der Kraft der Auferstehung
Der Herr Jesus in Johannes 11 und 12

John Gifford Bellett

online seit: 30.01.2020, aktualisiert: 30.01.2020

Die Kapitel 11 und 12 im Johannesevangelium zeigen uns, in welch unterschiedlichen Bahnen die Gedanken des Herrn von jenen des Herzens des Menschen flossen. Seine Gedanken über Elend und Glück waren so verschieden von dem, was die Gedanken des Menschen von Natur aus sind.

Kapitel 11 beginnt mit einer Szene des menschlichen Elends. Die Familie in Bethanien (Martha, Maria und Lazarus) wird von Krankheit heimgesucht. Gesundheit gibt es nicht mehr. Statt Dank hören wir Trauer und Klagen, weil das Leid hier eingezogen ist. Aber Er, der von allen die größte und liebevollste Anteilnahme hatte, ist der Ruhigste unter ihnen, denn Er trug jene Voraussicht auf die Auferstehung mit sich, die Ihn über das Krankenzimmer, den Tod und das Grab hinwegsehen ließ.

Als Jesus hörte, dass Lazarus krank war, blieb Er zwei Tage länger an dem Ort, wo Er war. Aber als diese Krankheit mit dem Tod endet, beginnt Er seine Reise in der vollen, hellen Aussicht auf die Auferstehung. Und das macht seine Reise fest und ungestört. Und als Er sich dem Schauplatz der Trauer nähert, ist sein Handeln ganz genauso. Er antwortet immer wieder auf die schmerzerfüllten Gefühle von Marthas Seele von jenem Ort aus, an dem das Wissen um eine Macht, die jenseits der des Todes lag, Ihn in aller Gelassenheit ruhen ließ. Und obwohl Er noch weitergehen muss, hat Er keine Eile. Denn bei Marias Ankunft ist Er noch immer am selben Ort, an dem Martha Ihm begegnet war. Die Gelegenheit würde zu gegebener Zeit kommen, um diese Stille seines Herzens und diese scheinbare Verspätung seiner Reise zu rechtfertigen.

So sah es hier mit Jesus aus. Sein Weg war ein besonderer Weg, den nur Er ging. Als der Mensch in Trauer bei dem Gedanken an den Tod niedergebeugt war, wurde Er im Sonnenschein der Auferstehung emporgehoben.

Obwohl das Bewusstsein von der Auferstehung den Gedanken Jesu diese eigenartige Bewegung verlieh, ließ es sein Herz für die Sorgen der anderen dennoch lebendig sein. Denn Er war nicht gleichgültig, sondern erhaben über die Umstände. Und so ist der Weg des Glaubens immer. Jesus weint mit Maria und ihrer Gesellschaft. Seine ganze Seele war im Sonnenschein jener todeslosen Gegenden, die weit weg vom Grab von Bethanien lagen; aber sie konnte das Tal der Tränen besuchen und dort weinen mit den Weinenden.

Als jetzt der Mensch in der Erwartung von etwas Gutem und Großartigem auf der Erde emporgehoben wurde, war die Seele Jesu voll der heiligen Gewissheit, dass der Tod hier auf alles wartet, wie vielversprechend oder angenehm die Situation gerade auch sein mag. Gerade jetzt war Er sich bewusst, dass Ehre und Wohlstand nur in anderen und höheren Regionen zu erhoffen sind. Das zwölfte Kapitel zeigt uns dies.

Nachdem die Menschen von der Auferweckung des Lazarus gehört hatten, strömten viele von Bethanien nach Jerusalem und bejubelten Ihn sofort als den König Israels. Sie wollten mit dem Herrn Jesus zum Laubhüttenfest hinaufgehen und das Zeitalter der Herrlichkeit vorverlegen, indem sie Ihn in die Ehrungen und Freuden des Königreichs setzten. Auch die Griechen nehmen in einer solchen Stunde ihren Platz bei Israel ein. Sie wenden sich an Philippus. Es ist, als wollten sie, wie in Sacharja 8 vorhergesagt, den Rock eines Juden ergreifen: Sie wollten Jesus sehen und anbeten. Aber mitten in all dem sitzt Jesus selbst einsam. Er weiß, dass die Erde nicht der Ort für all diese Feste und das Halten eines heiligen Tages ist. Während ihre Gedanken von einem Königreich mit den damit verbundenen Ehren und Freuden erfüllt sind, kreisen seine Gedanken um seinen Tod: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein“ (Joh 12,24).

Das war der sonderbare Weg des Geistes Jesu. Die Auferstehung war für Jesus alles. Sie war sein Trost in den Sorgen des Lebens (Joh 11) und sein Gegenstand inmitten der Erwartungen und Versprechungen der Welt (Joh 12). Sie gab seiner Seele ruhigen Sonnenschein, als über Bethanien dunkle und schwere Wolken lagerten; sie beruhigte sein Gemüt und zog seine Gedanken ab, als der blendende Glanz eines Festes den Weg von dort nach Jerusalem beleuchtete.

Der Gedanke an die Auferstehung stand vor seinem Geist inmitten des Kummers und der Freude rings um Ihn her. Sie war alles für Ihn. Sie machte Ihn zu einem vollkommenen Beispiel jenes schönen Grundsatzes des Geistes Gottes, dass „die Weinenden seien als nicht Weinende“ und „die sich Freuenden als sich nicht Freuende“ (1Kor 7,30).

Wenn wir doch nur ein wenig mehr von dieser Gesinnung kennen würden! Dass wir doch ein wenig mehr von der Erhabenheit über die Umstände und Schwierigkeiten des Lebens erleben könnten!

Möge der Glaube und die Hoffnung des Evangeliums durch das Wirken des innewohnenden Geistes das Glück und den Ausblick unserer Herzen formen!


Originaltitel: „The Lord Jesus in John 11, 12“
aus Miscellaneous Papers


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