Wurde Christus am Kreuz vom Vater verlassen?
Matthäus 27,45.46

Stanley Bruce Anstey

© SoundWords, online seit: 31.03.2021, aktualisiert: 03.04.2023

Leitverse: Matthäus 27,45.46; Johannes 19,30

Mt 27,45.46: Aber von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Um die neunte Stunde aber schrie Jesus auf mit lauter Stimme und sagte: Eli, Eli, lama sabachthani?, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? 

Joh 19,30: Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und übergab den Geist.

Dies rief der Herr Jesus aus, als Er am Kreuz hing. Beide Ausrufe stammen aus dem Psalm 22. Der Psalm beginnt mit dem ersten Schrei und schließt mit dem zweiten. Solche, die mit der Originalsprache des Alten Testaments vertraut sind, sagen uns, dass der Ausdruck „dass er es getan hat“ (Ps 22,32) gleichbedeutend ist mit: „Es ist vollbracht.“ Der erste Ausdruck war ein stellvertretender Ruf; der zweite ist ein Siegesruf![1]

Es gibt allerdings einige Verwirrung hinsichtlich der Frage, was der Vater tat, als Christus am Kreuz verlassen war. Einige denken, dass Er zu dieser Zeit liebevolle Gemeinschaft mit seinem Sohn gehabt habe, obwohl Er von Gott verlassen war. Dieser Gedanke wird mit der Tatsache begründet, dass die Heilige Schrift nicht sagt, dass der Herr in jener dunklen Stunde vom Vater verlassen war. Es wird daher angenommen, dass der Herr in voller Gemeinschaft mit seinem Vater gewesen sei, als Er von Gott verlassen war. Auf irgendeine geheimnisvolle Weise habe demnach der Vater Gemeinschaft mit Ihm gehabt, aber Gott nicht.

Aber das ist eine gefährliche Art, die Heilige Schrift auszulegen. Man nimmt etwas an, weil die Schrift darüber schweigt. Das ist kein gesundes Prinzip der Bibelauslegung, denn es öffnet die Tür, um Dinge in die Schrift hineinzulesen. Wenn dieser Gedanke wahr wäre – dass der Vater während des Verlassenseins des Sohnes Gemeinschaft mit Ihm hatte –, dann könnten wir auch sagen, dass Jahwe, der Allerhöchste, der Allmächtige usw. zu dieser Zeit Gemeinschaft mit dem Herrn hatte, denn die Schrift sagt nicht, dass sie nicht in Gemeinschaft waren! Grundsätzlich lernen wir die Wahrheit nicht aus dem, was nicht in der Schrift steht, sondern aus dem, was in der Schrift steht.

Die biblische Verwendung der Ausdrücke „Gott“ und „Vater“

Die Heilige Schrift schweigt deshalb darüber, ob der Herr am Kreuz vom Vater verlassen war, weil es sich um Sühnung handelt. Wenn die Schrift von der Sünde und dem Gericht über sie spricht, wird grundsätzlich der Ausdruck „Gott“ verwendet. Wenn es in der Schrift um unser Leben und unsere Beziehung in der Familie Gottes geht, wird der Ausdruck „Vater“ verwendet. In Übereinstimmung damit rief der Herr mit lauter Stimme, als Er für unsere Sünden litt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46). Es erfüllte sich, was wir in Psalm 22,2 finden.

William Kelly kommentiert:

Gott ist der Richter über die Sünde. Es war also nicht eine Frage in Bezug auf den Vater als solchen, sondern in Bezug auf Gott als Gott, der mit der Sünde handelt. ... Wenn es um Befreiung oder um eine glückliche Beziehung geht, spricht der gottesfürchtige Israelit von Jahwe. Aber im Neuen Testament – obwohl Gott immer Gott bleiben und der Richter der Sünde sein muss – ist Vater der charakteristische Begriff für eine Beziehung, die der Sohn Gottes von Ewigkeit her kannte.[2]

Die Heilige Schrift achtet sorgfältig auf diese Ordnung und unterscheidet, was zu „Gott“ und was zu „dem Vater“ gehört, obwohl es sich um dieselbe Person handelt. In Übereinstimmung damit sagen wir bei der Verkündigung des Evangeliums dem Sünder nicht, dass er es in der Frage seiner Sünden mit dem Vater zu tun hat; wir sagen ihm, dass er es mit Gott zu tun hat. Es verrät einen Mangel an geistlichem Verständnis, den Vater mit Dingen in Verbindung zu bringen, die mit der Sühnung der Sünde zu tun haben.

John Nelson Darby schreibt:

Während seines ganzen Lebens des Dienstes, durchgehend, einschließlich Gethsemane, spricht Christus Gott nie mit dem Namen Gott an. Er sagt immer: „Vater“. Am Kreuz sind seine Worte: „Mein Gott, mein Gott“. In seinem Leben wäre diese Anrede fehl am Platz gewesen – obwohl Gott natürlich immer sein Gott war  –, weil es nicht der Ausdruck der ungetrübten Beziehung und der bewussten Segnung der Sohnschaft war, in der unser Herr immer stand. Am Kreuz handelte Gott mit Ihm wegen der Sünde und deshalb als Gott – nach seinem Wesen, seiner Majestät, seiner Gerechtigkeit und seiner Wahrheit. Hier sollte die Sünde als solche von Gott behandelt werden, und der Gesegnete drückt der Wahrheit gemäß die Stellung aus, in der seine heilige Seele stand.[3]

Die Gemeinschaft war unterbrochen

Einige gehen so weit, zu sagen, dass die „Gemeinschaft [zwischen dem Vater und dem Sohn] nie süßer" gewesen sei als in dem Moment, als Er von Gott verlassen war! Solche Vorstellungen missverstehen das Verlassensein und implizieren, dass der Vater in Gemeinschaft mit der Sünde war, denn in diesem Augenblick wurde Christus „zur Sünde gemacht“ (2Kor 5,21)! Die Wahrheit ist, dass in jener dunklen Stunde die Gemeinschaft zwischen der ersten und zweiten Person in der Gottheit unterbrochen war.[4]

Die folgenden Schriftstellen weisen darauf hin. In Lukas 23,34 sagt der Herr vor den drei Stunden der Finsternis: „Vater“, und nachdem die drei Stunden der Finsternis vorbei waren, sagt Er wieder: „Vater“ (Lk 23,46). Aber dazwischen, während des Verlassenseins, gebrauchte Er diese Worte nicht. Er sprach also zum Vater vor den Stunden, in denen die Sühnung stattfand, und danach, aber nicht währenddessen. Auch sagt der Herr in Psalm 69, der mit seinen Leiden am Kreuz während des Martyriums in den ersten drei Stunden zu tun hat: „Ich aber, mein Gebet ist zu dir, HERR, zur Zeit der Annehmung“ (Ps 40,14). Aber in Psalm 22, der sich auf die letzten drei Stunden bezieht, sagt Er: „Mein Gott! Ich rufe am Tag, und du antwortest nicht“ (Ps 22,3). In Übereinstimmung damit sind wir zu Recht belehrt worden, nicht solche Ausdrücke wie „Der Vater hat den Sohn verlassen“ zu verwenden. Das liegt aber nicht daran, dass der Vater mit Ihm Gemeinschaft hatte, sondern daran, dass es unvernünftig ist, den Vater mit dem Gericht über die Sünde in Verbindung zu bringen.

Die sühnenden Leiden Christi werden abgemildert, falls der Vater Christus getröstet hat, als Er verlassen war

Wie bereits erwähnt, stellen sich manche vor, dass der Vater in voller Gemeinschaft mit seinem Sohn gewesen wäre, als Christus die Sühnung für die Sünde bewirkte. Diese falsche Vorstellung könnte dazu führen, dass jemand denkt, Er sei zwar von Gott verlassen gewesen, hätte aber dennoch den Trost seines Vaters gehabt! Das würde die sühnenden Leiden Christi abmildern und vermittelt kein richtiges Bild von dem, was während des Verlassenseins geschah. Im Grunde genommen macht es den Tod Christi am Kreuz zu einem „im Wasser gekochten Opfer“ (2Mo 12,9). Bei dem Vorbild des Passahlamms gab der HERR Mose genaue Anweisungen, dass es „keineswegs im Wasser gekocht“ (2Mo 12,9) werden sollte. Das Lamm sollte nicht gekocht werden, denn das würde das Vorbild auf die Leiden Christi verzerren. Die Hitze von Wasser kann nur bis zu 100 Grad Celsius steigen und nicht höher. Das Lamm sollte in der offenen Flamme des Feuers gebraten werden. Das versinnbildlicht viel besser die Intensität der Leiden, durch die Christus ging.

Sie trennt die erste Person der Gottheit in zwei Personen!

Außerdem bedeutet die Aussage, dass Gott keine Gemeinschaft mit Christus gehabt hätte, während der Vater sie sehr wohl gehabt hätte, dass die erste Person der Gottheit in mehr als einer Person handelt. Es ist unnötig, zu sagen, dass dies ein gefährlicher Boden ist. Die einfache Wahrheit ist, dass die Gemeinschaft in jener finsteren Stunde des Verlassenseins zwischen Gott und dem Herrn Jesus Christus unterbrochen war.

Der Grund, warum die Heilige Schrift den Namen des „Vaters“ nicht verwendet, als Christus verlassen war, ist, dass Gott zu dieser Zeit nicht in der Eigenschaft als Vater handelte; der Grund war nicht, weil Er als Vater mit Ihm in Gemeinschaft war. Es wird erzählt, dass ein Richter einem Jungen, über den er ein Urteil fällte, die strengste Strafe (eine hohe Geldsumme) auferlegte, die nach dem Gesetz möglich war. Der Junge war sein eigener Sohn. Nachdem er das Urteil gefällt hatte, verließ er die Richterbank und bezahlte die Geldstrafe. Auf der Richterbank konnte er nicht als Vater des Jungen handeln, obwohl er es die ganze Zeit gewesen war. Genauso ist es am Kreuz. Während des Verlassenseins, als Christus den schrecklichen Zorn Gottes über die Sünde trug, handelte Gott nicht als Vater, obwohl Er in diesem entscheidenden Moment der Vater des Sohnes war. Er handelte mit der Sünde gemäß den Ansprüchen seines Wesens als Gott, und so musste Er Christus verlassen.

Wohlgefallen ist nicht Gemeinschaft

Nachdem das klargestellt ist, ist es wichtig, zu verstehen, dass der Herr Jesus, selbst als Er verlassen war, immer noch der Gegenstand des Wohlgefallens des Vaters war […]. Der Herr Jesus hatte einen besonderen Platz in den Zuneigungen seines Vaters, der immer bestand und immer bestehen wird (Spr 8,30; Mt 3,17). Er war immer „im Schoß des Vaters“ (Joh 1,18). Er hörte nie – auch nicht in den drei Stunden, als Er verlassen war – auf, von seinem Vater geliebt zu werden und Ihm wohlgefällig zu sein. Vielleicht war Er seinem Vater nie wohlgefälliger als während dieser Zeit, weil Er den Willen des Vaters vollkommen erfüllte (Jes 53,10). Aber Christus konnte diese Tatsache nicht genießen, weil die Gemeinschaft unterbrochen war.

John Nelson Darby sagt:

Niemals gab es einen Augenblick, in welchem der Vater ein vollkommeneres Wohlgefallen an Ihm hatte.[5]

Aber das ist leider so ausgelegt worden: „Die Gemeinschaft war nie süßer …“, was einfach nicht stimmt. Wohlgefallen bedeutet nicht Gemeinschaft. Dass der Vater sich zu keiner Zeit mehr über Ihn freute, bedeutet nicht, dass Er mit Ihm Gemeinschaft hatte.

John Nelson Darby sagt fernerhin:

Ich glaube, dass es nie eine Zeit gab, in der das Wohlgefallen des Vaters am Sohn so groß war wie in jenem ernsten Augenblick; aber es bedeutet nicht wohlgefällige Gemeinschaft. „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ ist nicht der Genuss der Gemeinschaft.[6]

Eine Illustration

Um den Unterschied zwischen Wohlgefälligkeit und Gemeinschaft zu verdeutlichen, nehmen wir an, jemand hätte vor einigen Jahrhunderten – als noch keine modernen Kommunikationsmittel vorhanden waren – wichtige Geschäfte in Übersee zu erledigen gehabt. Wegen eines persönlichen Hindernisses war er nicht in der Lage, dorthin zu gehen, und schickte deshalb seinen Sohn. Das würde bedeuten, dass die beiden während der Abwesenheit des Sohnes nicht miteinander kommunizieren konnten, denn in jenen Tagen war so etwas nicht möglich. Auch wenn sie keine Möglichkeit hatten, miteinander zu kommunizieren, verlor der Sohn dennoch nie die Zuneigung des Vaters. Der Vater freute sich sehr darüber, dass sein Sohn diese Aufgabe für ihn übernommen hatte. Während die Gemeinschaft zwischen den beiden unterbrochen war, galt dies nicht für das Wohlgefallen des Vaters.

Der Vater liebt den Sohn aufgrund dessen, wer Er ist (Joh 3,35; 5,20), und für das, was Er am Kreuz zur Sühnung tat (Joh 10,17), aber Er konnte zu dieser Zeit, als der Sohn zur Sünde gemacht wurde, keine Gemeinschaft mit Ihm haben, weil Gott der Vater keine Gemeinschaft mit der Sünde haben kann (2Kor 5,21). Die ewige Beziehung des Sohnes zum Vater und die ewige Haltung des Vaters Ihm gegenüber blieben unverändert und ungebrochen, auch als der Sohn verlassen war – aber die Gemeinschaft war unterbrochen. Wie ernst ist das! Das, was der Herr am meisten schätzte, war abgebrochen. All das gibt uns einen Hinweis auf den hohen Preis, den Er bezahlt hat, um unsere Sünden auszutilgen.

Zitate von anerkannten Bibelauslegern zu diesem Thema

John Nelson Darby schreibt:

Die Schatten des Todes wurden bis zum Garten Gethsemane immer dunkler, bis die dunkelsten Schatten die Seele Jesu einhüllten. Hier nahm Er den Kelch aus der Hand des Vaters an, der das beinhaltete, was sich bereits wie ein Schatten auf seinem Weg auf der Erde abgezeichnet hatte. Jetzt drang es mit tiefster Dunkelheit auf Ihn ein. Nur eines blieb Ihm bis zum Kreuz und selbst in den Leiden des vollkommenen Gehorsams – die Gemeinschaft mit seinem Vater; am Kreuz war der Gehorsam vollendet, und die Gemeinschaft ging verloren.[7]

William Kelly schreibt:

Er musste den Kelch bis zur Neige trinken. Er musste zur Sünde gemacht werden und unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz tragen. Er musste es über sich ergehen lassen, dass Gott, sein Gott, mit Ihm handelte, also Er sich selbst Gott als Opfer für die Sünde hingab, wo alles Finsternis war und kein Strahl des gütigen Lichtes eindringen konnte. Bis dahin wandelte Er im ungetrübten Genuss der Liebe seines Vaters.[8]

Johannes 1,18: „der im Schoß des Vaters ist“. Am Kreuz stand Christus unter dem Zorn Gottes, und deshalb – obwohl Er etwas tat, weswegen der Vater Ihn in einem ganz besonderen Maße liebte – konnte Er sich nicht an der Beziehung zwischen Ihm und dem Vater erfreuen. In einem gewissen Sinn hat der Vater den Sohn nie so sehr geliebt wie zu der Zeit, als Er am Kreuz hing. Diese Gedanken konnte der Vater über den Sohn haben, aber der Sohn konnte sich nicht gleichzeitig an seiner Beziehung zum Vater erfreuen und den Kelch des Zornes trinken.[9]

F.G. Patterson schreibt:

Sein Leben war ein Leben des Leidens auf der Erde, aber es gab nie eine Wolke während seines ganzen Weges zwischen Ihm und seinem Vater. Es war ein Leben der vollkommenen Einheit in den Gedanken und Zielen, da Er „des Vaters wegen“ lebte (Joh 6,57). Es gab nur einen sehr ernsten Augenblick, als die drei Stunden der Finsternis und das Tragen der Sünden und das Gericht am Kreuz dies unmöglich machten.[10]

A.H. Rule schreibt:

Es gab nichts um Ihn herum, überhaupt nichts in dieser von Sünden gekennzeichneten, traurigen Szene, um sein ermüdetes, leidendes Herz zu trösten. Aber Er konnte immer nach oben schauen und dort immer Trost finden. Die Strahlen eines liebenden Vaterantlitzes und der Glanz der himmlischen Herrlichkeit leuchteten immer auf Ihn, und so ging Er seinen Leidensweg, denn während hier unten alles dunkel war, war oben alles hell. Jedoch wartete eine noch schrecklichere Stunde auf den Herrn – die letzte auf seinem irdischen Weg und in seinem Leben des Leidens. Als das Ende näher rückte, legte es sich als dunkler und düsterer Schatten auf seine Seele, und Er sprach die folgenden Worte: „Meine Seele ist sehr betrübt, bis zum Tod“ (Mk 14,34). Als die Schrecken jener Stunde durch die Macht des Widersachers auf seine Seele gedrückt wurden, finden wir, dass sein Schweiß wie große Blutstropfen von Ihm herabfiel und dass Er mit starkem Geschrei und Tränen zu dem schrie, der Ihn zu erretten vermochte. Sogar dann wurde Er erhört – wegen seiner Frömmigkeit – und ein Engel wurde gesandt, um Ihn zu stärken. Er befand sich immer noch im Genuss der ungebrochenen Gemeinschaft mit seinem Vater; das Licht schien immer noch von oben auf Ihn herab. Aber die Stunde des tiefsten Leidens kam, und Er begegnete ihr mit fester Entschlossenheit. Er übergab sich selbst in die Hände der Menschen und stellte sich Gott zur Verfügung, um für uns zur Sünde gemacht zu werden, zum Fluch für die, die unter dem Fluch standen, zum Opfer, um das Gericht Gottes über die Sünde zu tragen. So opferte Er sich Gott und wurde zum Opfer für die Sünde gemacht, obwohl Er keine Sünde kannte. Und nun wurde das Licht, das bis dahin auf seinem ganzen Weg in absoluter Umfänglichkeit auf Ihn geschienen hatte, zurückgezogen.[11]

John Nelson Darby sagt:

Aber es wird nie gesagt, dass Er Gefallen daran fand, für die Sünde zu leiden; Er sagt: „Wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber“ (Mt 26,39), wobei das Antlitz des Vaters von Ihm abgewandt war, als Er die Sünde trug.[12]

Keiner von uns kann ermessen, was es für jemand war, der im Schoß des Vaters gewohnt hatte, als Mensch von Gott verlassen zu werden, und das, als Er zur Sünde gemacht worden war.[13]

Am Kreuz, während der Zeit, als Er den Kelch trank, sagte Er: „Mein Gott“; danach (da Er nun im Begriff stand, als Mensch in Gerechtigkeit in die Herrlichkeit zu gehen und uns dorthin mitzunehmen): „Mein Gott und mein Vater“, denn Er ist wieder in den vollen Genuss der Sohnschaft eingetreten.[14]

Sein Geist hatte immer die Empfindungen, die Gott im Menschen hervorbringt, und war in absoluter Gemeinschaft mit Gott, außer als Er am Kreuz litt.[15]

Die Beziehung eines Sohnes zu einem Vater, der immer gehört wurde, genoss Er zu jeder Zeit, bis zum Kreuz.[16] 

Bis zum Kreuz wandelte der Herr im Genuss der Beziehung eines Sohnes zum Vater.[17]

Möge Gott uns die Gnade geben, das „zuverlässige“ Wort festzuhalten (Tit 1,9).


Engl. Originaltitel: „The Forsaking of Christ“
aus The Forsaking of Christ – Was the Father in communion with Christ when He was forsaken?
1. E-Book-Auflage März 2019 
Version 1.3

Übersetzung: Stephan Isenberg

Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Im Englischen gibt es hier ein Wortspiel: The first was a vicarious cry; the other is a victorious cry!

[2] W. Kelly, Bible Treasury, Bd. 8 NS, S. 114.

[3] J.N. Darby, Collected Writings, Bd. 7, S. 201.

[4] Anm. d. Red.: Wir können dieser Aussage nicht zustimmen, dass die erste und zweite Person der Gottheit keine Gemeinschaft gehabt hätten. Die Heilige Schrift schweigt darüber und die Aussage führt auch zu großen Problemen in Bezug auf unser Verständnis von Gott. Es heißt in 1. Timotheus 2,6: „Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gab als Lösegeld für alle.“ Statt zu betonen, dass Gott „einer“ ist und der Mensch Jesus Christus sich am Kreuz gab, verleitet dieser Satz zu der Schlussfolgerung, dass Gott am Kreuz von Gott verlassen worden wäre und Gott am Kreuz gehangen hätte. Zu diesem Thema empfehlen wir den Artikel „Hing Gott am Kreuz?“ von Christian Briem. In Bezug auf die Menschheit und Gottheit Christi wollen wir uns so nah wie möglich an die Ausdrucksweise der Bibel halten. Die Zitate am Schluss dieses Artikels betonen übrigens gerade die Menschheit Christi, als Er am Kreuz hing und von Gott verlassen war.

[5] J.N. Darby, Collected Writings, Bd. 17, S. 331.

[6] J.N. Darby, Collected Writings, Bd. 7, S. 202, Fußnote.

[7] J.N. Darby, Collected Writings, Bd. 33, S. 236.

[8] W. Kelly, Bible Treasury, Bd. 4 NS, S. 272.

[9] W. Kelly, Girdle of Truth, Bd. 7, S. 375.

[10] F.G. Patterson, Words of Truth, Bd. 1, S. 141.

[11] A.H. Rule, Selected Writings, Bd. 1, S. 62–63.

[12] J.N. Darby, Collected Writings, Bd. 26, S. 60–61.

[13] J.N. Darby, Letters, Bd. 3, S. 195.

[14] J.N. Darby, Collected Writings, Bd. 23, S. 249.

[15] J.N. Darby, Letters, Bd. 1, S. 282.

[16] J.N. Darby, Letters, Bd. 1, S. 269.

[17] J.N. Darby, Collected Writings, Bd. 7, S. 201–202.

Weitere Artikel des Autors Stanley Bruce Anstey (42)


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

Bibeltexte im Artikel anzeigen