Die Ölbergrede in Matthäus 24 und 25 (1)
Matthäus 24,1-44

Stanley Bruce Anstey

© SoundWords, online seit: 25.02.2022, aktualisiert: 25.07.2022

Leitverse: Matthäus 24,1-44

Einleitung

Ich möchte heute Nachmittag über die Endzeitreden (auf dem Ölberg) des Herrn in Matthäus 24 und 25 sprechen. Diese beiden Kapitel haben prophetischen Charakter. In letzter Zeit [Mitte der 2000er Jahre] ist viel über die Dinge gesprochen worden, die sich im Nahen Osten wieder abspielen. Da eine Reihe von Fragen zu prophetischen Themen gestellt werden, dachte ich, es wäre gut, dieses Thema aufzugreifen.

Vor nicht allzu langer Zeit fragte mich jemand: „Wo stehen wir denn jetzt in der Prophetie?“ Ich sagte: „Nun, wir sind eigentlich nicht in der Prophetie – die Kirche ist eigentlich kein Teil des Themas der Prophetie.“ Daraufhin sagte er: „O ja, natürlich, das weiß ich; es hat mit Israel zu tun, richtig?“ Dann sagte ich ihm: „Eigentlich ist Israel auch nicht das Thema der Prophethie!“ Er war etwas verblüfft und sagte: „Was ist denn dann das Thema der Prophetie?“ Ich sagte ihm: „Das große Thema der Prophetie ist Christus selbst!“ Auch wenn Christus nicht in jedem einzelnen Vers der prophetischen Schriften direkt erwähnt wird, so bezieht sich der Geist einer jeden Prophezeiung doch auf das, was letztlich zur Darstellung der Herrlichkeit und der Ehre des Herrn dienen wird. Das ist gemeint, wenn es heißt: „Der Geist der Weissagung ist das Zeugnis Jesu“ (Off 19,10).

Um es noch einmal zu sagen: Die Kirche ist ebenso wenig das Thema der Prophetie wie Israel und die Nationen; die Prophetie hat mit dem zu tun, was Christus und seine Herrlichkeit betrifft. Jede prophetische Einzelheit in Bezug auf Israel und die Nationen in der Heiligen Schrift ist lediglich dem großen Ziel untergeordnet, dass Gott Christus verherrlicht. Es ist seine Absicht, seinen Sohn in zwei Bereichen zu verherrlichen: im Himmel und auf der Erde (Eph 1,10). Die Prophetie gibt uns lediglich verschiedene Einzelheiten darüber, wie Gott dieses Ziel erreichen wird.

In diesen beiden Kapiteln geht es um das Kommen des Herrn in Bezug auf die drei verantwortlichen Bereiche des Menschengeschlechts: Israel, die Christenheit und die heidnischen Völker. Um Zeit zu sparen, werde ich nicht die ganzen zwei Kapitel auf einmal lesen, sondern nach und nach verschiedene Teile herausgreifen. Lesen wir zunächst die Verse 1 bis 3, um den Rahmen zu verstehen:

Mt 24,1-3: Und Jesus trat hinaus und ging von dem Tempel weg; und seine Jünger traten herzu, um ihm die Gebäude des Tempels zu zeigen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Seht ihr nicht dies alles? Wahrlich, ich sage euch: Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird. Als er aber auf dem Ölberg saß, traten die Jünger für sich allein zu ihm und sagten: Sage uns, wann wird das sein, und was ist das Zeichen deiner Ankunft und der Vollendung des Zeitalters?

Die Jünger stellten dem Herrn Jesus drei Fragen. Ihre erste Frage bezog sich darauf, wann kein Stein des Tempels auf dem anderen gelassen würde. Darüber wollten sie natürlich mehr wissen. Der Herr bezog sich auf die Zerstörung des Tempels durch die römische Armee im Jahr 70 n.Chr., was etwa vierzig Jahre nach seinem Tod geschah.

An diesem Tag betrat der Herr zum letzten Mal den Tempel (Mt 23,38.39). Er wird den Tempel in Jerusalem erst wieder betreten, wenn Er bei seinem zweiten Kommen [auf die Erde] wiederkommt! Als die römischen Heere einrückten und die Stadt zerstörten, wurde der Befehl gegeben, den Tempel nicht zu zerstören. Aber ein Soldat, der den Befehl nicht kannte, warf eine Fackel hinein, und der Tempel brannte nieder. Das Gold, das die Wände bedeckte, schmolz und rann zwischen den großen Steinen herunter. Nach dem Brand retteten die Menschen das Gold, indem sie es zwischen den Steinen herauskratzten, und dabei entfernten sie jeden Stein, bis keiner mehr auf dem anderen lag. So erfüllte sich die Prophezeiung unseres Herrn.

Der Herr beantwortete ihre erste Frage nicht direkt, sondern konzentrierte sich auf ihre beiden anderen Fragen, die sich auf „das Zeichen seiner Ankunft“ und „die Vollendung des Zeitalters“ bezogen. Wie wir wissen, hat das Kommen des Herrn zwei Phasen: sein Kommen für die Gläubigen und sein Kommen mit den Gläubigen. Das Kommen des Herrn für uns wird gemeinhin als Entrückung bezeichnet. Das wird sein, wenn der Herr mit einem Ruf herniederkommt und uns in den Himmel ruft – die Toten in Christus werden auferstehen und die lebenden Gläubigen werden zusammen mit ihnen entrückt werden (1Thes 4,15-18). Das ist es, worauf wir warten, und was für ein Moment wird das sein!

Dann wird eine siebenjährige Trübsalszeit über die Erde kommen. Das wird die Erfüllung der siebzigsten Woche von Daniel sein (vgl. Dan 9,24-27). Nach der großen Drangsal wird der Herr [auf die Erde] wiederkommen, aber dieses Mal wird Er mit seinen Heiligen zum Gericht kommen, wobei Er sein Reich in Gerechtigkeit gemäß den Verheißungen der alttestamentlichen Propheten errichten wird. Diese Phase seines Kommens wird die Erscheinung Christi genannt. Die beiden Teile des Kommens Christi sind also die Entrückung und die Erscheinung – dazwischen liegt die siebenjährige Trübsal. Der Schwerpunkt dieser Prophezeiung liegt auf der zweiten Phase.[1]

Das „Zeichen“, nach dem die Jünger fragten, hat mit dem Erscheinen des Herrn und der „Vollendung des Zeitalters“ zu tun; es hat nichts mit der Kirche zu tun. Es gibt keine Zeichen für das Kommen des Herrn für die Kirche, die Entrückung.

The night is far spent, and the day is at hand:
No sign to be looked for; the Star’s in the sky;
Rejoice then, ye saints, ’tis your Lord’s own command;
Rejoice, for the coming of Jesus draws nigh.[2]

Die Nacht ist weit, der Tag ist nah.
Kein Zeichen fehlt, der Morgenstern strahlt.
Freut euch, ihr Heiligen, so sagt es der Herr,
Freut euch, das Kommen des Herrn ist nah.[3]

John Brereton (1930–1979) erklärte anhand einer Illustration, dass die Kirche keine Zeichen zu suchen hat, während sie auf das Kommen des Herrn wartet. Er sagte, dass man auf dem Weg zu Gordon Hayhoes Hütte, die etwa 7 Meilen vor Parry Sound lag, ausrechnen konnte, wie nah man an Gordons Haus war, indem man 7 Meilen von der Entfernung abzog, die auf den Straßenschildern bis Parry Sound angegeben war. Wenn man zum Beispiel an einem Schild vorbeifuhr, auf dem stand, dass es noch 40 Meilen bis Parry Sound waren, wusste man, dass man noch 33 Meilen von Gordons Hütte entfernt war. Die Schilder wiesen auf einen Ort hin, zu dem man nicht unterwegs war, aber anhand der Schilder konnte man herausfinden, wie nahe man seinem Ziel war.

In ähnlicher Weise haben die Zeichen, von denen die Prophezeiung spricht, nichts mit der Kirche zu tun, sondern mit Israel und den Nationen. Wir werden sieben Jahre vor der Erfüllung dieser Zeichen (die mit der Erscheinung des Herrn und der Aufrichtung seines Reiches zu tun haben) in den Himmel entrückt. Die Zeichen beziehen sich zwar nicht direkt auf die Kirche, aber wenn wir solche Dinge am Horizont sehen, dann wissen wir, wie nahe sein Kommen für uns sein muss!

Drei Teile des Diskurses

Zunächst möchte ich einen Überblick über diesen Diskurs als Ganzes geben. Der Herr geht auf sein Kommen in Beziehung zu jeder verantwortlichen Gruppe von Menschen auf der Erde ein, und um die Jünger nicht zu verwirren, spricht Er von jeder Gruppe in getrennten Abschnitten. Die Rede besteht also aus drei Teilen:

  1. sein Kommen in Bezug auf Israel (Mt 24,4-44)
  2. sein Kommen in Bezug auf die christliche Welt – das Christentum (Mt 24,45–25,30)
  3. sein Kommen in Bezug auf die heidnischen Völker (Mt 25,31-46)

1  |  Das Kommen des Herrn in Bezug auf Israel (Mt 24,4-44)

Der Herr geht zuerst auf sein Kommen in Bezug auf Israel ein, denn das Matthäusevangelium ist vor allem an die Juden geschrieben. Sein Kommen in Bezug auf Israel hat mit seinem Erscheinen nach der großen Drangsal zu tun, nicht mit der Entrückung. Er wendet sich an seine Jünger, als wären sie der jüdische Überrest, der an jenem kommenden Tag auf der Erde sein wird. Sie nehmen also moralisch den Platz der Jünger jener Zeit ein. In Jesaja 8,15.16 heißt es: „Viele unter ihnen werden straucheln und fallen und werden zerschmettert und verstrickt und gefangen werden. Binde das Zeugnis zu, versiegle das Gesetz unter meinen Jüngern.“ Die Masse der Juden wird an jenem Tag durch die Täuschungen des Antichristen in die Falle gehen und seiner Lüge glauben, aber ein Überrest („meine Jünger“) wird sich dem Gesetz beugen und an jenem Tag für Ihn Zeugnis ablegen.

Die Erscheinung des Herrn wird der Befreiung des jüdischen Überrestes von seinen Verfolgern und der Wiederherstellung der Nation dienen. Es gibt jedoch bestimmte Probleme zwischen dem Herrn und seinem irdischen Volk, die zuerst gelöst werden müssen, nämlich die Schuld der Juden, die Ihn vor zweitausend Jahren abgelehnt und gekreuzigt haben. Gott wird die Drangsalszeit, die der Erscheinung Christi vorausgehen wird, benutzen, um sie zu demütigen und an den Punkt zu bringen, an dem sie ihre nationale Blutschuld an seiner Kreuzigung anerkennen und Ihn als ihren Messias annehmen werden. Dies wird jedoch nur bei einem gläubigen Überrest der Nation geschehen; die Masse des Volkes (Abgefallene) wird von ihren Unterdrückern – dem König des Nordens – vernichtet werden (vgl. Dan 11,40-45).

In diesem Abschnitt gibt es drei Gruppen von Zeichen:

  1. Die erste Gruppe bezieht sich auf Dinge, die in der ersten Hälfte der siebenjährigen prophetischen Woche Daniels stattfinden werden.
  2. Die zweite Gruppe von Zeichen bezieht sich auf den Angriff und den Beginn der großen Drangsal, die die zweite Hälfte von Daniels prophetischer Woche darstellt.
  3. Die dritte Gruppe von Zeichen hat mit dem zu tun, was unmittelbar nach der großen Drangsal geschehen wird, wenn der Herr erscheint.

Zeichen, die sich auf Dinge vor der großen Trübsal beziehen (Mt 24,4-14)

Mt 24,4-14: Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Gebt acht, dass euch niemand verführe! Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: „Ich bin der Christus!“, und sie werden viele verführen. Ihr werdet aber von Kriegen und Kriegsgerüchten hören. Gebt acht, erschreckt nicht; denn dies muss geschehen, aber es ist noch nicht das Ende. Denn Nation wird sich gegen Nation erheben und Königreich gegen Königreich, und Hungersnöte und Seuchen und Erdbeben werden an verschiedenen Orten sein. Dies alles aber ist der Anfang der Wehen. Dann werden sie euch der Drangsal überliefern und euch töten; und ihr werdet von allen Nationen gehasst werden um meines Namens willen. Und dann werden viele zu Fall kommen und werden einander überliefern und einander hassen; und viele falsche Propheten werden aufstehen und werden viele verführen; und weil die Gesetzlosigkeit überhandnimmt, wird die Liebe der Vielen erkalten. Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird errettet werden. Und dieses Evangelium des Reiches wird auf dem ganzen Erdkreis gepredigt werden, allen Nationen zum Zeugnis, und dann wird das Ende kommen.

Bevor der Herr in Matthäus 24,27.28 von seiner Erscheinung spricht, gibt Er den Jüngern verschiedene Einzelheiten bekannt, die die Drangsalszeit im Allgemeinen kennzeichnen würden.

Nicht viele Bibelstellen in der Heiligen Schrift sprechen von der ersten Hälfte der prophetischen Woche. Der Herr nennt diese Zeit „den Anfang der Wehen“ (Mt 24,8). Außerdem geht es im ersten Buch der Psalmen (Ps 1–41), in diesen Versen in Matthäus 24 und auch in Offenbarung 6 um diese Zeit. Obwohl sich die Bemerkungen des Herrn in diesem Abschnitt hauptsächlich auf die erste Hälfte der Jahrwoche beziehen, sind sie allgemein genug, um für den gesamten Zeitraum von sieben Jahren zu gelten.

Arthur Copeland Brown (1887–1982) wies darauf hin, dass die Einzelheiten,  die der Herr hier in Matthäus 24 gibt, mit den „Siegeln“ in Offenbarung 6 übereinstimmen, die ebenfalls mit der ersten Hälfte der prophetischen Woche zu tun haben. Matthäus 24,4.5 sind vielleicht eine Anspielung auf das erste Siegel, wenn das päpstliche Rom (der Reiter auf dem „weißen Pferd“) versuchen wird, die Massen zu verführen, damit sie eine westliche Konföderation von zehn Nationen bilden – dies wird manchmal die Wiederbelebung des Römischen Reiches (Dan 2,40-45; 7,7.8) oder das Tier (Off 17,1-13) genannt.

Matthäus 24,6.7 bezieht sich auf das zweite Siegel von Offenbarung 6, das von der Zeit spricht, in der der Friede von der Erde genommen wird und in der es „Kriege und Kriegsgerüchte“ geben wird. Vers 7b steht im Zusammenhang mit dem dritten Siegel von Offenbarung 6, wenn es auf der Erde zu weitverbreiteten „Hungersnöten“ kommen wird. Vers 7c stimmt mit dem vierten Siegel überein, wenn es verheerende „Seuchen“ (Krankheiten) geben wird, an denen viele sterben werden.

Matthäus 24,9-14 bezieht sich auf das fünfte Siegel in Offenbarung 6, wo das Martyrium überhandnehmen wird. Der Herr sagt hier: „Dann werden sie euch der Drangsal überliefern und euch töten; und ihr werdet von allen Nationen gehasst werden um meines Namens willen“ (Mt 24,9). Unter den Juden im Land Israel wird sich an jenem kommenden Tag ein Überrest durch echten Glauben an Gott von der Masse abheben. Sie werden Gott fürchten und vor seinem Wort zittern (Jes 66,2). Der Überrest wird das Evangelium vom Reich Gottes verkünden, zuerst im Land Israel und dann in der ganzen Welt. Es wird eine Botschaft sein, die den jüdischen Messias ankündigt, der kommen wird, um die Welt in Ordnung zu bringen und sein Reich zu errichten. Sie werden es ihren jüdischen Mitbürgern (Ps 95) und den Nationen (Ps 96) verkünden. Das korrupte religiöse System Roms, das die neu gebildete westliche Konföderation der Nationen kontrollieren wird, wird über diese Bemühungen erzürnt sein. Sie werden diese jüdischen Evangelisten als Revolutionäre betrachten, die versuchen, ihre Kontrolle über das Reich zu untergraben, indem sie die Lehren einer anderen Macht verbreiten, die kommen und sie stürzen wird. Es wird zu Verfolgungen kommen, da das Imperium versucht, sich von diesen Evangelisten zu reinigen. 

In diesem Zusammenhang sollte ich erwähnen, dass der gottesfürchtige jüdische Überrest an jenem Tag aus zwei Teilen bestehen wird: aus dem Teil, der bewahrt wird, und aus dem Teil, der den Märtyrertod stirbt. Viele dieser Juden werden während der großen Drangsal auf wundersame Weise bewahrt werden und „bis zum Ende“ des Zeitalters ausharren – das ist das Ende der großen Drangsal (Mt 24,13). Dann werden sie in das Tausendjährige Reich Christi auf der Erde eingehen. Der andere Teil des Überrestes wird um seines Zeugnisses willen den Märtyrertod sterben (Off 6,9-11). Sie werden am Ende der großen Drangsal auferweckt (Off 14,13), um ein besseres Teil mit den verherrlichten Heiligen im Himmel zu erhalten (Off 20,4).

Zeichen, die auf den Angriff und den Beginn der großen Drangsal hinweisen (Mt 24,15-28)

Mt 24,15-28: Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel, den Propheten, geredet ist, stehen seht an heiligem Ort – wer es liest, beachte es –, dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge fliehen; wer auf dem Dach ist, steige nicht hinab, um die Sachen aus seinem Haus zu holen; und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um sein Oberkleid zu holen. Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen! Betet aber, dass eure Flucht nicht im Winter stattfinde noch am Sabbat; denn dann wird große Drangsal sein, wie sie seit Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist und auch nicht wieder sein wird. Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch errettet werden; aber um der Auserwählten willen werden jene Tage verkürzt werden. Dann, wenn jemand zu euch sagt: „Siehe, hier ist der Christus!“, oder: „Hier!“, so glaubt es nicht. Denn es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und werden große Zeichen und Wunder tun, um so, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen. Siehe, ich habe es euch vorhergesagt. Wenn sie nun zu euch sagen: „Siehe, er ist in der Wüste!“, so geht nicht hinaus. „Siehe, in den Gemächern!“, so glaubt es nicht. Denn ebenso wie der Blitz ausfährt vom Osten und leuchtet bis zum Westen, so wird die Ankunft des Sohnes des Menschen sein. Wo irgend das Aas ist, da werden sich die Adler versammeln.

Wenn die Mitte der prophetischen Woche näher rückt, wird es Zeichen geben, die auf den Beginn der großen Drangsal hinweisen – das ist die zweite Hälfte der prophetischen Woche Daniels. Der Herr spricht als Nächstes über diese Gruppe von Zeichen.

Aus Offenbarung 12 erfahren wir, dass der erste Krieg in der Prophezeiung „ein Kampf in dem Himmel“ sein wird. Michael und seine Engel werden Satan stürzen und ihn und seine Abgesandten auf die Erde werfen (Off 12,7-9). Da Satan weiß, „dass er wenig Zeit hat“  und sein Wirkungskreis begrenzt ist, wird er vor allem zwei Männer ermutigen, die seine Pläne auf der Erde ausführen werden. Es sind das „Tier“ (derselbe Name wie für das Weltreich) oder „das kleine Horn“ (Off 13,4-7; Dan 7,8.19-25) und der „Antichrist“ oder „der falsche Prophet“ (Off 13,11-18; 1Joh 2,18; Off 19,20). Das erste Tier wird sich mit den politischen Angelegenheiten des Weltreichs befassen, das zweite mit den religiösen Angelegenheiten. 

Sie werden eine Umwälzung in der westlichen Regierung verursachen (Off 6,12-17; das sechste Siegel), und die korrupte römische Kirche, die während der ersten drei Jahre über das Reich geherrscht hat, wird gestürzt werden (Off 17,16-18). Das Tier oder kleine Horn wird als Diktator an die Macht kommen. Um das Reich unter seiner Hand zu vereinen, wird es mit Hilfe des Antichristen die Abschaffung aller Anbetung des Judentums veranlassen, was einen Bruch des Bundes darstellt, den das Reich mit den Juden geschlossen hat (Dan 9,27). Auch die Ausübung des (von der falschen Kirche verdorbenen) Christentums wird verboten werden (Off 17,16). Dies wird einer neuen Religion Platz machen: der Anbetung des Tieres und seines Bildes (Off 13,4.15). Der Antichrist wird im Tempel in Jerusalem ein Bild aufstellen, das ein „verwüstender Gräuel“ genannt wird (Dan 12,11). Der Herr spricht davon in Vers 15 unseres Kapitels und nennt es den „Gräuel der Verwüstung“. Jeder in diesem Weltreich wird gezwungen sein, das Tier und sein Bild anzubeten!

Die abtrünnige Masse der Juden wird sich an die neuen Vorschriften halten, da sie ohnehin wenig Interesse an den langwierigen Prozeduren der jüdischen Zeremonien und Gottesdienste haben. Sie werden den Antichristen als ihren lang ersehnten Messias ansehen, und er wird als ihr „König“ über sie herrschen (Joh 5,43; Dan 11,36-38). Zu dieser Zeit wird Gott durch die Lügenpropaganda des Antichristen „eine wirksame Kraft des Irrwahns“ senden, um die westliche Welt zu verblenden, die „die Liebe zur Wahrheit“ – das Evangelium von der Gnade Gottes – verworfen hat (2Thes 2,8-12; Off 9,1-12). Die Abtrünnigen, sowohl in der christlichen Welt als auch im Land Israel, werden der Lüge glauben und verdammt werden.

Die Übrigen jedoch werden den Antichristen als den erkennen, was er wirklich ist: ein Hochstapler. Sie werden sich nicht vor dem Bild verneigen und auch nicht das Malzeichen des Tieres an ihre Hand oder auf ihre Stirn annehmen. Das wird ihnen das Leben sehr schwer machen, denn ohne das Zeichen des Tieres werden sie nichts kaufen oder verkaufen können (Off 13,16.17). Die Regierungen werden Gesetze erlassen, die die Verhaftung und Hinrichtung aller vorsieht, die sich den Verordnungen des neuen Regimes nicht fügen. Weil sie sich der Korruption nicht fügen wollen, werden die Überlebenden wie Tiere gejagt, und viele werden getötet, während die Regierungen versuchen, das Reich von Unangepassten zu reinigen. Dies wird eine weitaus schlimmere Verfolgung sein als die, die Rom in der ersten Hälfte der Woche anrichten wird. Der jüdische Überrest in den letzten dreieinhalb Jahren der prophetischen Woche wird über alle Maßen verfolgt werden – schlimmer als in den Tagen des Holocausts!

Wir sehen hier die zärtliche Fürsorge des Herrn für die Überlebenden jener Tage. Er gibt ein Zeichen, das, wenn es befolgt wird, sie in der Zeit der großen Reinigung bewahren wird. Wenn „der Gräuel der Verwüstung“ im Tempel aufgestellt wird, sollen sie „in die Berge fliehen“, um sich in Sicherheit zu bringen (Mt 24,16-20). Sie sollen nicht umkehren, nicht einmal, um ihre Mäntel zu holen, sondern um ihr Leben rennen! Es gibt mindestens sieben verschiedene Richtungen, in die sie gehen werden (Mt 24,14.16; Ps 42,7; Off 12,14-17; Jes 16,3-5; Mt 10,23; Off 11,1-13).

Die Verse in Matthäus 24,16-26 weisen darauf hin, dass der Überrest in dieser Zeit einer zweifachen Prüfung unterworfen sein wird:

  1. Erstens werden sie einer physischen Prüfung durch Verfolgung ausgesetzt sein. Ihr Leben wird buchstäblich jeden Tag auf dem Spiel stehen (Mt 24,16-21).
  2. Zweitens werden sie einer geistlichen Prüfung durch Verführung ausgesetzt sein (Mt 24,22-26). Viele „falsche Christi und falsche Propheten“ werden aufstehen, die „große Zeichen und Wunder“ tun werden. Wenn sie diese Dinge sehen, sollen sie ihnen ein Zeichen sein, dass solche Dinge falsch sind und nicht geglaubt werden dürfen.

Diese zweifache Prüfung wird auch in Offenbarung 12 erwähnt. „Der Drache“ (Satan) wird aus seinem Mund Wasser „wie einen Strom“ ausstoßen, um den gläubigen Überrest „fortzureißen“ (Off 12,13-15). Dies ist eine Anspielung auf die Flut des Abfalls, die der Antichrist in jenen Tagen verbreiten wird – eine geistliche Prüfung der Verführung. Der Drache „ging hin, Krieg zu führen mit den Übrigen“ (Off 12,17). Das wird die physische Prüfung der Verfolgung sein.

In den Versen Matthäus 24,2.7.28 fährt der Herr fort und sagt, dass sein Kommen am Ende der großen Drangsal (die Erscheinung) eine öffentliche Manifestation sein wird. Es wird keine private Sache sein, die „in den Gemächern“ stattfindet, wie die Verführer jener Tage behaupten werden. Beachte: Dies ist „das Kommen des Sohnes des Menschen“, nicht die Entrückung. Wann immer vom Kommen des Herrn als dem Kommen des Sohnes des Menschen gesprochen wird, steht es nicht in Verbindung mit der Gemeinde. Tatsächlich wird dieser Titel nicht einmal in den Briefen verwendet, in denen die christliche Stellung und Praxis entfaltet wird. Der „Sohn des Menschen“ ist ein Titel, den der Herr annahm, als Er von seinem Volk – Israel – abgelehnt wurde. Dieser Titel wird in der Heiligen Schrift nur in Bezug auf Israel und die heidnischen Völker der Erde verwendet und bezieht sich auf sein Kommen zum Gericht.

Der Herr fügt hinzu: „Wo irgend das Aas ist, da werden sich die Adler versammeln“ (Mt 24,28). Damit sagt uns der Herr, wo sein Kommen zum Gericht stattfinden wird. Ein Aas ist bekanntermaßen ein toter Körper, ein Körper ohne Leben. Der Herr benutzt dieses Bild, um den abtrünnigen Teil der Nation zu beschreiben, der nur ein lebloser Körper im Land Israel ist. Sie werden kein geistliches Leben in Bezug auf Gott haben. Die „Geier“ sind die konföderierten arabischen Nationen unter dem König des Nordens, die über das Land herfallen und die abgefallenen Juden ausrotten werden (Dan 11,40-45; Ps 79,1-3). Es wird eine Zehn-Nationen-Konföderation islamischer Völker sein (Ps 83,5-8). Diese Konföderation ist nicht zu verwechseln mit der Zehn-Nationen-Konföderation im Westen unter dem Tier (Off 13,1.2).

Was der Herr hier also sagt, ist: Er wird genau an dem Ort, wo diese Nationen über die abtrünnigen Juden herfallen werden (d.h. im Land Israel), als Sohn des Menschen zum Gericht wiederkommen. Gott wird diese Nationen als sein Werkzeug benutzen, um das Gericht über die abgefallene Masse der Juden zu vollstrecken, die Christus verworfen und den Antichristen angenommen haben.

Zeichen, die sich auf die Zeit unmittelbar nach der großen Drangsal beziehen (Mt 24,29-31)

Mt 24,29-31: Sogleich aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden. Und dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen am Himmel erscheinen; und dann werden alle Stämme des Landes wehklagen, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit. Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Winden her, von dem einen Ende der Himmel bis zu ihrem anderen Ende. 

In Matthäus 24,29-44 finden wir die dritte Gruppe von Zeichen. Diese beziehen sich auf die Zeit unmittelbar nach der großen Drangsal. Vers 29 beschreibt den Zustand der Dinge, die im Land als Folge des Wirkens des Antichristen bestehen werden. Die „Sonne“, der „Mond“ und die „Sterne“ sind Illustrationen, die die normalen Quellen des geistlichen Lichts beschreiben. Aber an jenem Tag werden sie nicht in die Herzen der Menschen scheinen (Off 6,12.13; 9,2; 16,10; Jes 5,30; 8,22; 13,10; Joel 2,10.31; 3,15). Die Täuschungen des Antichristen werden die Menschen praktisch ohne geistliches Licht – das heißt ohne die Erkenntnis Gottes – zurücklassen. Sie werden von Finsternis umhüllt sein (Jes 8,21.22).

„Dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen am Himmel erscheinen“ (Mt 24,30). Der Herr wird als Menschensohn zum Gericht aus dem Himmel kommen. Die Worte „auf den Wolken des Himmels“ weisen darauf hin, dass es eine öffentliche Manifestation sein wird. Sein Erscheinen zu dieser Zeit wird der Wiederherstellung Israels dienen.

Zwei Phasen der Wiederherstellung Israels

Die Wiederherstellung Israels wird in zwei Phasen erfolgen:

Die erste Phase

Erstens werden „die Stämme des Landes“ in Reue „wehklagen“. Dies bezieht sich auf die zwei Stämme, den Überrest der Juden. Sie werden Buße tun, wenn sie den Herrn sehen und verstehen, dass Er der ist, den sie als Volk gekreuzigt hatten (Sach 12,10-14; Jes 53,1-12). Sie werden Ihn als ihren Messias annehmen (Ps 110,3). Diese „Stämme“ sind nicht die zehn Stämme, die „von den vier Winden her“ gesammelt werden. Wir wissen das, weil hier von den Stämmen „im Land“ die Rede ist, und die zehn Stämme werden nicht im Land sein, wenn der Herr erscheint. Das Wort „alle Stämme des Landes“ wird in manchen Übersetzungen mit „alle Stämme der Erde“ übersetzt. Es sollte mit „des Landes“ übersetzt werden.

Die Prophetie unterscheidet drei Sphären des Handelns Gottes auf diesem Planeten:

  1. Erstens gibt es „das Land“, das heißt das Land Israel, und zwar nicht nur das, was sie gegenwärtig bewohnen, sondern das, was Abram verheißen war.[4]
  2. Dann gibt es zweitens „die Erde“. Dies wird manchmal als die prophetische Erde bezeichnet und bezieht sich auf einen größeren Bereich, der nicht nur das Land Israel, sondern auch Westeuropa und vielleicht sogar Amerika umfasst.
  3. Dann gibt es drittens „die Welt“, die noch weiter gefasst ist und das Gebiet jenseits der prophetischen Erde umfasst.

Einen interessanten Hinweis, der den Unterschied zwischen diesen drei Bereichen verdeutlicht, finden wir in Jesaja 26: „Mit meiner Seele verlangte ich nach dir in der Nacht; ja, mit meinem Geist in meinem Innern suchte ich dich früh; denn wenn deine Gerichte die Erde treffen, so lernen die Bewohner des Erdkreises [o. Weltkreises] Gerechtigkeit. Wird dem Gottlosen Gnade erwiesen, so lernt er nicht Gerechtigkeit: Im Land der Geradheit handelt er unrecht und sieht nicht die Majestät des HERRN“ (Jes 26,9.10; vgl. Jes 18,2.3).

Die zweite Phase

Die zweite Phase der Wiederherstellung Israels hat mit den zehn Stämmen zu tun. Auch sie müssen vor dem Herrn wiederhergestellt werden, aber aus anderen Gründen. Die zwei Stämme [Juda und Benjamin] haben sich schuldig gemacht, indem sie Christus abgelehnt und den Antichristen angenommen haben; die zehn Stämme haben sich keines von beiden zuschulden kommen lassen. Die zehn Stämme waren zur Zeit des ersten Kommens des Herrn vor zweitausend Jahren nicht im Land Israel und können nicht für seine Ablehnung verantwortlich gemacht werden. Sie werden auch während der großen Drangsal nicht im Land sein, wenn die Juden den Antichristen annehmen. Die zehn Stämme haben sich jedoch des Gesetzesbruchs schuldig gemacht, und die Folge ist, dass sie in „alle Königreiche der Erde“ (5Mo 28,25) vertrieben worden sind.[5]

In Matthäus 24,31 heißt es, dass es einen „Posaunenschall“ geben wird, der über die ganze Welt erschallen wird, und die zehn Stämme, die jetzt verloren oder verborgen sind, werden aufgefordert werden, in das Land Israel zurückzukehren. Es ist unwahrscheinlich, dass dies ein buchstäblicher Trompetenruf sein wird. Vielmehr wird irgendein Signal die zehn Stämme erwecken. Dies wird geschehen, kurz nachdem der Herr erschienen ist. Der Herr wird „seine Engel“ aussenden, um den zehn Stämmen zu helfen, in ihr Heimatland zurückzukehren. Einige heidnische Nationen, die wissen, dass Israels Messias in Macht und Herrlichkeit zurückgekehrt ist, werden ebenfalls freiwillig Hilfe für ihre Rückkehr leisten (Jes 11,12; 14,1.2; 49,9-23; 60,8.9). Sie werden das Land betreten, nachdem sie vom Herrn an der Grenze gesichtet worden sind (Hes 11,10; 20,34-38), und sie werden zu dieser Zeit zur Erkenntnis des vollbrachten Werkes Christi am Kreuz kommen (Sach 13,6).

Der Feigenbaum (Mt 24,32-35)

Mt 24,32-35: Von dem Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon weich wird und die Blätter hervortreibt, so erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. Ebenso auch ihr, wenn ihr dies alles seht, so erkennt, dass es nahe an der Tür ist. Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen ist. Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen.

In Matthäus 24,32-35 gibt der Herr ein weiteres Zeichen, das mit der Wiederherstellung Israels zu tun hat: das Gleichnis über den Feigenbaum. Der Feigenbaum ist in der Heiligen Schrift ein Symbol für das Volk Israel. Wenn sie sehen, dass er „Blätter“ treibt, dann sollten sie verstehen, dass der „Sommer“ – die Zeit des Fruchtbringens – nahe ist. In den vielen langen Jahren der Diaspora [Zerstreuung] Israels hat dieses Volk keine wirkliche Frucht für Gott gebracht. Sie werden erst dann Früchte tragen, wenn der Herr kommt und sie zu Ihm zurückgebracht werden.

Der Herr erklärt, dass es zunächst eine Zeit geben würde, in der „Blätter“ ohne Frucht hervorgebracht werden. Mit anderen Worten: Das Volk wird ein Bekenntnis des Lebens ablegen, aber es wird keine Frucht für Gott bringen. So wird es zu Beginn der Trübsalszeit sein, wenn die Juden massenhaft in ihr Heimatland zurückkehren (Jes 18,1-4). Sie werden im Unglauben zurückkehren, dass der Herr Jesus Christus ihr wahrer Messias ist, und sie werden die Nation mit ihren eigenen Mitteln aufbauen (Ps 73,1-12). In das heutige Land sind bereits vier bis fünf Millionen Juden zurückgekehrt; das ist ein Vorläufer des Feigenbaums, der seine Blätter treibt – ein Vorgeschmack, aber keine Erfüllung dieser Dinge.

Der Herr sagte, dass, wenn „all diese Dinge“ geschehen würden (die verschiedenen Zeichen, die wir bereits weiter oben in diesem Kapitel betrachtet haben), sie wissen würden, dass die Nation bald zum Herrn zurückkehren und wieder für Ihn Frucht bringen würde.

Niemand kennt die Stunde, wenn der Herr kommt (Mt 24,36-44)

Mt 24,36-44: Von jenem Tag aber und jener Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel der Himmel, sondern der Vater allein. Denn wie die Tage Noahs waren, so wird die Ankunft des Sohnes des Menschen sein. Denn wie sie in jenen Tagen vor der Flut waren: Sie aßen und tranken, sie heirateten und verheirateten – bis zu dem Tag, als Noah in die Arche ging und sie es nicht erkannten –, bis die Flut kam und alle wegraffte, so wird auch die Ankunft des Sohnes des Menschen sein. Dann werden zwei auf dem Feld sein, einer wird genommen und einer gelassen; zwei Frauen werden am Mühlstein mahlen, eine wird genommen und eine gelassen. Wacht also, denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. Das aber erkennt: Wenn der Hausherr gewusst hätte, in welcher Wache der Dieb kommen würde, so hätte er wohl gewacht und nicht erlaubt, dass sein Haus durchgraben würde. Deshalb auch ihr, seid bereit! Denn in einer Stunde, in der ihr es nicht meint, kommt der Sohn des Menschen.

Die Verse in Matthäus 24,36-44 enthalten weitere Einzelheiten, die mit der Erscheinung des Herrn als Sohn des Menschen zu tun haben. Er sagt: „Von jenem Tag aber und jener Stunde weiß niemand.“ Dies ist oft fälschlicherweise auf die Entrückung bezogen worden, aber der Herr bezog sich auf seine Erscheinung: auf „die Ankunft des Sohnes des Menschen“. Zur Veranschaulichung dieses Punktes wird das Gericht zur Zeit Noahs herangezogen. Damals waren es die Bösen, die im Gericht durch die Flut von der Erde genommen wurden, während die Gerechten (d.h. Noah) weiterlebten. So wird es auch sein, wenn der Herr zum Gericht erscheint. Die Engel werden über die prophetische Erde hinausgehen und „die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern“ (Mt 13,38-43.49.50). Der Herr sagte: „Dann werden zwei auf dem Feld sein, einer wird genommen und einer gelassen; zwei Frauen werden am Mühlstein mahlen, eine wird genommen und eine gelassen.“ Die, die „genommen“ werden, werden durch Gericht von der Erde weggenommen. Die anderen werden zurückgelassen, damit sie in das Reich Gottes eingehen. Bei der Entrückung wird es genau umgekehrt sein: Die Gläubigen werden von der Erde in den Himmel entrückt und die Ungläubigen werden auf der Erde zurückgelassen.

Seine Engel in einem zweifachen Werk

Wenn der Herr erscheint, wird Er seine Engel für ein zweifaches Werk aussenden: eines zum Segen, das andere zum Gericht. Einige der Engel werden über die Welt ausgesandt und die zehn Stämme in das Land Israel zurückholen, damit sie mit den zwei Stämmen – den Juden – gesegnet werden (Mt 24,31). Andere Engel werden über die prophetische Erde hinausgehen und das Gericht vollziehen, von dem wir sprechen.

Diejenigen, die beim Gericht „genommen“ werden, werden direkt und lebendig in den Feuersee geworfen (Mt 13,42.50.51). Sie werden nicht sterben und in den getrennten (körperlosen) Zustand gehen und darauf warten, am großen weißen Thron auferweckt zu werden, um gerichtet zu werden. Bei der Erscheinung Christi werden sie dem Richter selbst gegenüberstehen und keinen weiteren Gerichtstermin benötigen. Die Ersten, die zu diesem Zeitpunkt in den Feuersee geworfen werden, sind das Tier und der falsche Prophet, der Antichrist (Off 19,20). Aber auch diejenigen auf der prophetischen Erde, die das Evangelium der Gnade Gottes verworfen und das Malzeichen des Tieres angenommen haben, werden dort hineingeworfen werden! Sie wollten das personifizierte Tier und den Antichristen und hielten sich für die Heilsbringer (1Thes 5,2.3), und am Ende ordnet Gott an, dass sie an ihrem Gericht teilhaben.  

Drei Klassen von Menschen verlassen die Erde, ohne zu sterben

Die Heilige Schrift weist darauf hin, dass es tatsächlich drei Klassen von Menschen geben wird, die diese Welt verlassen werden, ohne zu sterben!

  1. Es gibt diejenigen aus der Kirche, die zur Zeit der Ankunft des Herrn – der Entrückung – „die Lebenden, die übrigbleiben“, genannt werden (1Thes 4,17).
  2. Dann gibt es diejenigen, die bei der Erscheinung Christi direkt in den Feuersee geworfen werden (Mt 13,42.50.51).
  3. Und schließlich wird es nach Ablauf des Tausendjährigen Reiches diejenigen geben, die in den „neuen Himmel und die neue Erde“ versetzt werden, ohne den Tod zu sehen (1Kor 15,26; 2Pet 3,13).

Mt 24,42-44: Wacht also, denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. Das aber erkennt: Wenn der Hausherr gewusst hätte, in welcher Wache der Dieb kommen würde, so hätte er wohl gewacht und nicht erlaubt, dass sein Haus durchgraben würde. Deshalb auch ihr, seid bereit! Denn in einer Stunde, in der ihr es nicht meint, kommt der Sohn des Menschen.

In Matthäus 24,42-44 werden die Jünger aufgefordert, „zu wachen“ und „bereit“ zu sein. Die Aufforderung zu wachen kommt im Neuen Testament achtzehnmal vor. Der jüdische Überrest wird wachen müssen. Wozu sollen sie wachen? Sie sollen auf die Zeichen achten, die dem Kommen des „Sohnes des Menschen“ vorausgehen, damit sie wissen, dass sein Kommen nahe ist. Es wird mit dem Einbruch eines „Diebes“ verglichen, weil es eine Zeit des Gerichts sein wird. Fünfmal wird im Neuen Testament von der Ankunft des Herrn als von dem Kommen eines Diebes gesprochen; es bezieht sich immer auf seine Erscheinung und nie auf die Entrückung (Mt 24,43; 1Thes 5,2; 2Pet 3,10; Off 3,3; 16,15).


Übersetzt aus The Olivet Discourse (Matthew 24–25): The Lord’s Coming in Relation to Israel, Christendom, and the Gentile Nations 
E-Book-Version 1.1, August 2019;
nach einem Vortrag in Regina, Saskatchewan (Kanada), August 2006

 

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Möglicherweise liegt zwischen der Entrückung und der siebenjährigen Drangsalszeit ein Zeitraum X.

[2] Lied 168 aus Spiritual Songs. Autor: Thomas Kelly (1769–1854).

[3] Übersetzung: TR. Online auf: https://hymns.growingrace.com.

[4] Walter Scott sagte, dass die Kinder Israel selbst zur Zeit Davids und Salomos nur zehn Prozent von dem bewohnten, was Gott ihnen gegeben hatte! Ihnen wurden etwa 300.000 Quadratmeilen gegeben, aber sie nahmen nur etwa 30.000 ein.

[5] Auch die Juden haben das Gesetz gebrochen und sind zerstreut worden, aber sie werden zu Beginn der siebenjährigen Drangsalszeit mit Hilfe einer Seemacht – wahrscheinlich der wiederbelebten Zehn-Nationen-Konföderation im Westen – in ihr Land zurückkehren (vgl. Jes 18).

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